Am Fuß des Vulkans oder Briefe aus Catania (3)

Wie immer in Catania habe ich, Alexandra, in der Pensione Sudland Quartier bezogen, zur Straße hin und schräg gegenüber dem herrlichen Giardino Bellini, kleiner Balkon zum Vulkan hinauf, den man aber nicht sieht, so in Wolken ist der Ätna gehüllt. Sizilianer erleben dichte Bewölkung und Regen als wohltuend, obwohl er im Winter oft sturzflutartig niederstürzt, den Fels freispült und die wenigen fruchtbringenden Böden wildströmend dem Meer zum Fraß entgegenreißt. – Ganz klamm fühlt sich das Bettzeug an. – Hinaus.O-Ton-Wechsel: Türenschlagen, Gang, Treppenhaus. Um das hölzerne, lasierte Treppengeländer hat sich ein feuchter Film gelegt, über den die Handfläche wie auf einem dünnen Luftkissen gleitet. Dicker weißgrauer Marmor die Wände. Im Mobilchen kein Empfang. O-Ton-Wechsel: Via Etnea Noch jetzt steht, im späten November, dicke Wärme zwischen den Häusern. Mir läuft der Schweiß. Lachen auf der Piazza, nicht nur vom Regen, sondern zur Siesta nach Marktschluß wird das Pflaster von armdicken Wasserstrahlen aus Tankwagen saubergespritzt. Im heißen Sommer verdunstet das in Minuten, jetzt faulen, in fetten Pfützen, Gemüse- und Fischreste; das dampft vor sich hin. Man hat aber keine Zeit, sich zu schaudern. Denn es gibt, Alexandra, unendlich schöne Frauen hier, sie sehen einen immer an. Ihre vollkommenen Blicke streichen wie Hände über dich weg… und dauernd wirst du von diesen kurzen Windböen geküßt, die einen schon mitten in den nächsten Vormittag stellen und auf den mercato storico der barockenen weiten Piazza Carlo Alberto, verzeih, wenn ich den ersten Abend so schnell überspringe… Denn noch beiße ich in mein mit gesüßter Ricotta gefülltes Plunderstückchen und schau auf eine Schütte mahagonileuchtender Maroni hinaus und auf Schütten voller Nüsse, noch tappert langsam ein hüftkrummer Greis vorüber; man hört seinen Stock auf dem Pflaster klacken, und ein gar nicht viel jüngerer, doch noch agiler, kräftiger Mann kommt in Turnschuhen und mit der Kippe zwischen den Fingerschwielen herein, läßt sich ein Glas Whisky geben, stürzt es, während von der Schlachtbank gegenüber der Fleischer hinzutritt, die Schürze voller hellroter, voller rostroter Flecken, er nimmt seinen Cafè, lehnt sich mit dem Rücken an die hintere Ablage und liest die weit ausgebreitete Zeitung.

[Sah gerade die Ankündigung. Ganz plötzlich eine kleine jubelnde Vorfreude auf diese Produktion.]

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