Sehr geehrter Herr Tilkowski,
ich habe Ihren Kommentar löschen müssen, auch wenn er meiner Arbeit sehr zugeneigt ist. Aber schon jede Titelnennung meines verbotenen Buches hält über mich die Drohung von 250000 strafhalber zu zahlenden Euros. So etwas würde mich komplett für alle Zeiten ruinieren. Ich bitte Sie deshalb, auf direkte Nennung, zumal von Quellen, über die das Buch gegenwärtig weiterzubeziehen sei, zu verzichten. Daß die ganze Sache ein Skandal ist, darüber sind wir uns einig. Dennoch will ich in keinem Fall von dem Rechtsweg abweichen, der ja immerhin auch zum Erfolg, also eines fernen Tages zur Freigabe des Buches, führen kann. Diese Möglichkeit darf ich nicht gefährden und werde also, wo es in meiner Macht steht, alles dafür tun, daß ich nicht in Verdacht gerate, die gegenwärtige Rechtslage durch Mißachtung zu unterlaufen. Wenn das Buch anderswo gehandelt wird und es den Händlern nicht untersagt ist, will ich für meinen Teil damit nichts zu tun haben.
Auf einer Lesung in Wien etwa, auf der ein Buchhändler das verbotene Buch anbot, wies ich ihn deutlich darauf hin, daß der Vorgang mein Mißfallen hatte; daß er dann lachte und trotzdem verkaufte, konnte ich nicht ändern, da mir dagegen keine rechtlichen Möglichkeiten zur Hand waren. Allerdings habe ich mich gegenüber Käufern geweigert, die jeweiligen Bücher zu signieren.
Ich befinde mich in dieser Sache in einer höchst problematischen Situation und kann Sie nur bitten, das zu respektieren.
Ihr
ANH
@Herbst Sehr geehrter Herr Herbst ,
selbstverständlich respektiere ich diese Ihre Situation. Ich wußte nicht , daß bereits den Titel nur ! des Buches zu nennen eine derartige Bedrohung , gegen Sie , fördert bzw. i s t .
Das Buch “ das verbotene Buch “ zu nennen , erschien mir wie ein zwar ernsthafter , zugleich aber heiterer… Stubser…
Hoffentlich kehrt dieser jetzt namenlose , ent-namte Junge , mit seinem Namen, der ihm zusteht , und gemäß ist , zurück , er , der Verschwundene überhaupt , in seiner Gänze , verdammt nochmal.
Gerade aufgestanden , und etwas müde noch , dachte ich gleich „Knarre“ , um es sehr verkürzt zu sagen…
Ihr Anwalt , Herr Herbst , vermag es , das wünsche ich Ihnen , mit Panzer und spitzem Zahnstocher zu… kämpfen…?
Denn das ist es ja , ein Kampf , leider.
Freundliche Grüße , Tilkowski.
Das muß ich einen K r i e g nennen. Einen nämlich sehr bitteren. Kampf hingegen ist für mich eine durchweg positiv besetzte Bezeichnung. Aber seien Sie insofern beruhigt, als mein Anwalt in der Tat wunderbar ist, auch wenn er derzeit noch gar nicht offiziell tätig wird, da die Verfahren gegen mich selbst derzeit ruhen (der Maulkorb bleibt also umgebunden, und ich muß schmale Wörter finden, die’s durch Litzen schaffen). Derzeit steht erst einmal „nur“ der Verlag zwischen Schuß und Gegenschuß, und das kann noch eine Weile dauern. Ich selbst hatte eine Vergleichs-Fassung geschrieben, die mir unterm Strich wunderschön vorkam und auf die sich der Gegner wohl auch eingelassen hätte. Aber ich verstehe literarpolitisch meinen Verlag sehr gut, wenn er schon aus prinziellen Erwägungen den Originaltext durchsetzen will. Tatsächlich ist hier – eben nicht nur für diesen Fall – eine grundsätzliche Entscheidung der Rechtsprechung erfordert. Am Beispiel meines verbotenen Buches geht es mehr als in anderen vergleichbaren Fällen um die Frage, wie ernst die Bundesrepublik Deutschland es mit der Kunstfreiheit meint. Dieser Prozeß hat neben vielen weiteren auch eine betont ideologische Seite. „Ideologie“ verwende ich in diesem Zusammenhang nicht als einen polemischen, sondern als einen Ausdruck, der das Gefüge von Ideen und ihre Verhältnisse untereinander meint. Etwa denen, die im Grundgesetz normativ gemacht worden sind.