Dieser unfaßbare Kitsch. § 1: Rosenstolz.

Vor dir der Berg
Du glaubst du schaffst es nicht
Doch dreh´ dich um und sieh´
wie weit du bist
Im Tal der Tränen liegt auch Gold
Komm lass es zu
dass du es holst

Wenn du jetzt aufgibst
wirst du´s nie verstehn
Du bist zu weit um umzudrehen
Wenn es auch weh tut
so wird es doch gescheh´n
Die dunkle Nacht wird mal vergeh´n

Aus der Anthologie DIE SCHLECHTESTEN GEDICHTE.

(Die sich kräuselnde Zunge. Belag auf der Seele. Ein Abscheu, der aus der Tiefe des Stilgefühls aufsteigt. Und Ekel vor so viel billiger Schlichtheit, die einen Ekel vor den Menschen nährt.)

13 thoughts on “Dieser unfaßbare Kitsch. § 1: Rosenstolz.

  1. ergiebig – nicht das Gedicht. Ist es tatsächlich purer Ekel und schleicht sich nicht auch ein Gefühl ein, beLustigt zu sein? Eine gewisse erotische Erfahrung, vor und nach dem Schauer? Was bleibt, ist eine Unzahl schlechtester Gedichte. Das stimmt zuversichtlich.

    1. Den Ekel verursacht mehr. Die M e n g e der auch intellektuellen Rosenstolz-Anhänger. Die offenbar um sich greifende (wahrscheinlich masochistische) Lust am schlechten Geschmack. Das ist schon bei Tarantino zu beobachten gewesen, bei dessen mehrheits-begeisterter Rezeption es sich offenbar um eine Art Verlust-Onanie handelt: „Nehmt uns n o ch mehr weg! Noch mehr! Bis wir a ll e s verloren haben!“

    2. Es dürfte sich um eine Band aus Deutschland handeln. Vor Jahren fiel sie kurz auf, einen Hinweis folgend, wurde sie, nach kurzer Recherche, gleich wieder verworfen. Mit Texten auf deutsch wahrscheinlich – poetische Texte scheinbar. Popkunst also. Wie sagt man? – Backfischlyrik. Man muss Menschen, schimpfen sie sich auch, in irgendeiner Weise, intellektuell, ihren Elend überlassen. Verlust und Herzschmerz – das ist eine Schiene, auf die jeder aufspringen kann. Gleich den Mechanismen in Politik und Religion – hier punktet man mit der Verbreitung von Angst. Ja, das wissen wir schon. Gerade wenn der Mensch sich am tiefsten wiegt, verfällt er dem Stumpfsinnigsten. Er leidet mit, ergriffen von schlechten Umständen. Das ist alles, was er dann noch hat. Eine schillernde Figur, bar jedem Geist.

    3. Die Tiefe ergibt sich aus der Bereitwilligkeit, Elend zu empfinden, was dem einen eine Farce, ist dem anderen das Messer in der Brust. Vielleicht ist es sogar der hungrige Geist, der den Menschen zum Elend treibt, ein Ende der Langweile herbeisehnend.

      (Böser Wortspieler? Wo? Wer?)

    4. Da herrscht ein Mißverständnis bzgl. des Elends. Die Dschungel haben keines gemeint, das luxuriös ist, also aus dem Überdruß aufgesucht oder hergestellt wurde. Sondern eines aus der ödesten Schlichtheit, die man auch „Dummheit“ nennen könnte.

      (Ein wieder anderes Elend wäre das materielle in seinen verschiedenen Abstufungen bis hinab in den Hungertod. Darüber verbietet sich jeglicher Spott. Rosenstolz bedient das z w e i t e Elend, das des zu schlichten Gemüts.)

    5. Erkläre dem Elenden sein Elend, es wird ihm einerlei sein.

      (Über tatsächliches Elend zu spotten, käme mir nie in den Sinn.)

  2. ich kenne deren gesülze erst aus diesem zusammenhang.
    und tatsächlich sind mir jetzt in Berlin auch veranstaltungsplakate aufgefallen.
    wenn ich mich nach art von Karl Kraus über jeden nebbich dieser art aufregen wollte, käme ich nie zu einer stunde der selbstbetrachtung, geschweige denn zu einem gedicht.

    mir scheint, wer sich über kitsch aufregt, steht ihm noch zu nahe.
    ein anderes ist es, die minderwertigkeit der deutschen populären musik zu beklagen. aber das ist ein allgemeinplatz, etwas besseres kriegen wir nicht her, solange leute wie Kreisler und sogar die Walldoff nur in nischen überdauern.
    der größte verrat Biermanns war nicht der politische sondern der künstlerische, er schrieb und sang nur noch für seine exulanten, deren bessere vertreter ihn heute hassen.
    aber was finden wir in anderen sprachen vor, dem englisch-amerikanischen, dem französischen oder russischen?
    wir hängen noch zu sehr der volksverherrlichung Herders an, wenn wir glauben, hohe kunst würde sich anonym, quasi von selber gestalten.
    schon Achim und Clemens tricksten herum in ihrem Wunderhorn und „entnannten“ gedichte und lieder.

    was bleibt dem, der noch etwas schaffen möchte?
    fleiß, arebeit und das kluge horchen auf die stille, hoffend, dass sie zu ihm zu sprechen beginnt.

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