Der Vorschein des Authentischen. Kleine Theorie des Literarischen Bloggens (40).

Insoweit ein Großteil aller Weblogs persönlichen, bisweilen intimen und meist zwar ausgewählten, aber doch eines dokumentarischen Charakters ist, wie er hier bereits mehrmals erörtert wurde, hat das Literarische Weblog stets die Annahme auf seiner Seite, daß es e b e n f a l l s authentisch sei – also über Geschehen berichte, die sich tatsächlich abgespielt haben. Das kann nun aber gerade ein Irrtum sein, den ein inszeniertes Täuschungsmanöver unterschiebt; der E i n d r u c k nämlich, den das Weblog dadurch vermittelt, stützt die literarische Glaubwürdigkeit, und zwar auch und gerade dort, wo im aragonschen Sinn wahrgelogen oder wo vermittels einer “dokumentierten” Volte eine Spannung erzeugt wird, die den Leser das Gefühl haben läßt, Zeuge eines realen, doch novellesken Geschehens zu sein, ohne sich selber dabei gefährden zu müssen. Darauf kommt es dem Leser ja eben an: “Abenteuer zu erleben, o h n e sie zu erleben” (Die Verwirrung des Gemüts, Roman, 1981), das heißt ohne den möglichen Konsequenzen eines solchen Abenteuers ausgesetzt zu sein. Daß sich aber die meisten Leser, w ä r e n sie es, in die Hosen machten, rechtfertigt den poetischen Betrug und hält den Dichter – in dieser einzigen Hinsicht – schadlos.

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