DTs. 18. August 2005. (Donnerstag).

5.32 Uhr:
[Ligeti, Doppelkonzert für Flöte, Oboe & Orch.]

Ziemlich müde hoch. Aber: hoch.

Nachts zuvor noch durchs Netz geflirtet, durchs Netz gesprochen. Lilith aus Wien spielte im Messenger mit mir herum, eher ich mit ihr, na egal; jedenfalls war das angenehm, als ihre Freundin hinzukam, die wir beide, man kann es nicht anders sagten, verführten. Alles rein geistig sozusagen, denn das hier ist ja das Netz,und von Realität kann keine(r) hier reden: Selbst die Fotos, die man mir sandte, könnten werweißwoher stammen. Einzig meine Webcam ist echt wie sowieso, insgesamt, dieses Tagebuch… was wollt’ ich sagen? ah ja: – Jedenfalls meldete sich EvL endlich, ich hatte sie sehr vermißt; sie war aber leicht gallig wegen der Frau, die mir am Morgen diesen Akte-zu-Brief geschrieben hatte… von so einer habe sie gar nichts gewußt und w e n n sie’s gewußt hätte… ich fing schnell an, etwas von meiner Schwester zu erzählen, der aus Bonn, das machte sie aber n o c h fuchsiger, das mit einer Schwester fand sie wohl eklig, weshalb ich von Bongartz’ und meinem Inzest-Buch von 2002 in Norbert Wehrs Schreibheft erzählte – aber da hat sie reagiert wie die meisten Literaturfreunde: tief und mit Abscheu. Offenbar sind wir jetzt wieder zerstritten, da ich keine Ahnung mehr habe, wie diese Nacht – und vor allem wann – zuendeging. Hier neben mir, also neben dem rechten vorderen Stuhlbein vorm Schreibtisch, steht die leere 1-ltr.-Flasche eines ehemaligen schlechten Soaves. Aber das kann es nicht gewesen sein. Außerdem habe ich keinen Kater, sondern A r b e i t s l u s t.



Tagesplanung.

6 – 8 Uhr:

ARGO.

8 – 10.45 Uhr:

DAS WUNDER VON SAN MICHELE.

11 Uhr:

Analyse.

12.30 – 13.30 Uhr:

Schlafen.

13.30 – 15.30 Uhr:

DIE DSCHUNGEL.

16 Uhr:

Kinderzeit.

nach 21 Uhr:

DIE DSCHUNGEL
DSCHUNGELBUCH.


8.19 Uhr:

Die z w e i-Stunden-Aufteilung ist nicht sehr gut; man ist kaum drin im Text,muß man schon wieder raus. Aber geht heute nicht anders. Also: Sozusagen Ligeti jetzt vorübergehend beendet, nun kommt was Helles… – Schubert vielleicht. Ja, gibt es: in den Fantasien und moments musicaux. Hör grad rein. Nee, der Schoeck gestern war besser. Aber ich will mich jetzt nicht weiter aufhalten.
Wo kommen in der Küche – Tee aufsetzen, ich trink bei der Arbeit immer viel – bloß die winzigen Hunderte Fruchtfliegen her? Den Mülleimer mach ich schon gar nicht mehr auf; als ich das letzte Mal den Deckel hob, kam mir eine schwarze Wolke entgegen.

10.39 Uhr
[Schubert, Der Tod und das Mädchen, Streichorchesterfassung von Mahler.]

EvL schweigt immer noch. Ist aber auch erst 5.40 Uhr da drüben. Ich hab unterdessen die nächste Wendung für SAN MICHELE gefunden, auch wenn der Text selbst eher mühsam vorankam: Beschreibungen üben. Gut, daß ich fotografiert hab, so rette ich Details. Muß jetzt los.

(Ärgerlicher Briefwechsel wegen des Dschungelbuches. Ich hab vielleicht etwas zu brüsk reagiert; aber künstlerisch ist dieses Sich-beugen vor den Usancen ausgesprochen bedenklich.)

15 Uhr:

Kaum hab ich mich wieder einmal mit einem Verlag über das öffentliche Tagebuch in Den Dschungeln und darüber zerstritten, daß ich – ja, tue ich! – Namen nenne, kommt nach dem Mittagsschlaf die nächste Hiobsbotschaft: Die Vermietfirma der Kinderwohnung hat unseren Keller ausräumen, die darin befindlichen Dinge auf den Müll schaffen lassen und den Keller an jemanden anderes weitervermietet. Toll war auch die Bemerkung eines Mitarbeites der Firma, der zu Katanga sagen zu müssen glaubte: „Sie haben den Keller wahrscheinlich absichtlich nicht abgeschlossen, damit durch ihn in das Geschäft darüber eingebrochen werden kann. Wir werden dem auf den Grund gehen.“ Gleich eine geharrschte Email aufgesetzt, sie mit dem Justitiar der Fiktionäre durchgesprochen und weggesandt. Darüber ging der letzte Arbeitsansatz total in die Hose, und zwar ohne jeden Lustgewinn. In einer halben Stunde muß und will ich los, meinen kleinen ABC-Schützen abholen. Vielleicht komm ich aber abends noch mal an die Arbeit.

Was mich freut allerdings: Offenbar ist >>>> eb von Abdullah Ibrahim genau so süchtig geworden wie ich. Ich hörte ihn jetzt gern, sozusagen synkopiertes Atlantikkabel Amerika-Europa, aber hab blöderweise nicht die Ruhe.



Arbeitsfortschritt:
ARGO, bis TS roh 243.
SAN MICHELE, bis TS roh 11.
DIE DSCHUNGEL.

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