Montag, der 10. Oktober 2005.

5.30 Uhr:
[Maderna, Quadrivium.]
Beim latte macchiato: Merke, daß mir gerade mal wieder die MorgensAufstehStruktur zerfällt, jedenfalls komm ich nur unter Mühen um 4.30, heute kam ich sogar g a r nicht früh genug hoch, ich stellte sogar den Wecker auf nach 5 Uhr n a c h. Die FehlHandlung ist traumgesteuert: Ich t rä u m e, daß ich den Wecker verstelle – und tu es dann. Das macht den Eindruck, als würde eine Fernsteuerung vom Traum zur autonomen Handlung erklärt und in eine autonomoe Handlung hineininterpretiert. Was ausgesprochen, finde ich, faszinierend ist. Zumal doch die Arbeit selbst nicht leidet: Fünf TS-Seiten ARGO sind ja nun kein schlechtes Ergebnis (im Buch, je nach – bei mir immer eher kleiner – Type, wären das zwischen zehn und zwölf Seiten). Und nicht einmal das DSCHUNGELBUCH hab ich unbearbeitet gelassen. Nur DIE DSCHUNGEL selbst haben ein wenig gelitten, bisweilen gleiten sie in den Kommentaren nun ins s e h r Persönliche, sehr Bedingte ab (Geldmangel vor allem, Sorge wegen der nicht gezahlten laufenden Kosten und daraus erwachsener Folgen, die nötige Jobfrage dann);; das muß sich regeln, sowie das – ich nenn es einmal: – PRIMAT DER LEBENSERHALTUNG in seine Schranken rückverwiesen wurde, was ja nur geht, wenn das Grundproblem gelöst worden ist. Zum ersten Mal in meinem Leben kam mir gestern ein prostitutiver Gedanke: sehr sehr reich heiraten, egal ob häßlich. Aber ich wär dann nicht fähig, die ehelichen Pflichten zu erfüllen – und würde also schnellstens wieder geschieden und mit mehreren Tritten die Treppen des HaziendaPortales hinuntergeworfen. A u c h keine Lösung, nö.

7.45 Uhr:
[Bei ARGO.]
D a s ist aber schön!: Bruno Maderna, Venetian Journal für Sopran und 17 SoloInstrumente nach Texten von James Boswell. Wird hiermit zur heutigen >>>>> MDTFEB erklärt.

8.52 Uhr:
[Maderna, Streichquartett.]
Die Freunde – ü b e r h a u p t Freunde – sind klasse: U.F. steckt eine Pressekarte für die Buchmesse in ein Couvert und schickt es mir. Nun komm ich schon mal hinein, und nur noch die Frage der Unterkunft ist offen. – Längeres Morgentelefonat eben, wieder über Verlage für ANDERSWELT gesprochen überlegt angerissen. U. sprach von einem holländischen Autor, der grandios sei (gewesen sei, denn er ist, Jahrgang 1912, schon längere Zeit tot), den man aber als Kommunisten diffamiert habe; nie habe er seitdem bis zu seinem Tod mehr einen Fuß auf den Boden bekommen. Wenn man sich in der Literaturgeschichte umschaue, so U., finde man H u n d e r t e Namen, die aus Machtkalkül weggedrängt worden seien. Um die Qualität der Literatur sei es letztlich niemandem gegangen. Sondern immer nur um einen persönlichen Vorteil.

14.47 Uhr:
[Dallapiccola, Ulisse.]
Es i s t schon absurd: Da gibt es einen Job zum Brotverdienen… ähm, es geht ja mehr um Miete, Strom, Krankenkasse und so (und auch letztres nur wegen meines Jungen)… also ich würde sogar wahnsinnig g e r n e als Fahradkurier durch Berlin flitzen, es würde mir, meiner Muskulatur, meinem Gehirn und also insgesamt meiner Gesundheit auch noch guttun… und dann k a nn ich die Tätigkeit nicht annehmen, weil sie fiskalisch als Gewerbe eingestuft wird, was buchhalterische Folgen hat, denen ich nicht gewachsen bin. Also dem Job selbst bin ich m e h r als gewachsen, aber dem ganzen Bürokram, den Abrechnungen, der Buchführung – das ist für mich völlig unmöglich und würde mich jeden Tag in Depression stürzen, was wiederum bedeutete, daß ich der Buchhaltung aus dem Weg ginge, sie also liegenließe… so daß, wie schon seinerzeit, plötzlich Bußgeldandrohungen, Strafgebühren, schließlich Kontopfändung und dergleichen ins Haus stünden… das ist aber auch s o w a s von absehbar! Das ist doch alles nicht zu fassen! Ich will Kurierdienste machen, keinen Handel treiben, aber werde von diesem System – ja, da i s t es System noch und nicht Matrix – letztlich genau daran gehindert. — Je mehr ich jetzt tippe, desto wütender werde ich; desto ekliger wird mir auch. Ich zieh mich mal besser in die Bearbeitung der zweiten DSCHUNGELBUCH-Tranche zurück. Und die fehlenden Unterlagen und überhaupt die Unterlagen für Hartz IV hab ich natürlich a u c h nicht gefunden. Man nennt das: verlorene Arbeitszeit (es wäre wenigstens eine weitere Seite ARGO entstanden….)…. [MittagsEspresso mit s e h r viel Zucker.]

11 thoughts on “Montag, der 10. Oktober 2005.

  1. Weshalb könnten Sie Ihre ehelichen Pflichten nicht erfüllen? Weil Sie davon ausgehen, die Angeheiratete wäre hässlich, oder weil Sie sich prostituierten und das Wissen darum es Ihnen verunmöglichte, das Bett mir ihr zu teilen? Im südamerikanischen Hinterland gibt es s e h r schöne Frauen (sehr reiche zwar selten, egal ob hässlich, aber auch da, mit ein bisschen Glück)…

    1. Weil es… … P f l i c h t e n wären.

      *lacht.

      [‘Südamerikanisches Hinterland’: Es ist mir verwehrt, Deutschland, ja Berlin zu verlassen, weil ich diesen kleinen Jungen habe, dem ich liebend verpflichtet bin. Es wäre sonst alles gar kein Problem; so moralisch bin ich nicht, daß ich nicht vor Schulden und Geldnot abhauen würde. Das haben viele Künstler v o r mir getan, das werden viele n a c h mir tun; durch ein Werk – sofern eines entsteht – ist das immer gerechtfertigt. In Indien etwa, zumal es überall Netzanschluß gibt, könnte ich für das Honorar von sagen wir drei kleinen Zeitungsartikeln ganz wunderbar leben und schreiben. Aber ich habe ein Kind. Ich k a n n nicht weg, so gerne ich auch wollte.]

    2. ‘Südamerikanisches Hinterland’ Von diesem sprach ich, weil Sie das ‘HaziendaPortal’ erwähnten. Da regten sich Erinnerungen in den Lenden.

  2. “fiskalisch als Gewerbe …” Gewerbe anmelden, es ” machen” !
    ..als “Kleinunternehmer” (Sie dürfen nicht über 17500€ im Jahr kommen)
    anmelden und schon können Sie die Arbeit wenigstens mit der Vorsteuer vergessen.

    http://www.steuerlexikon-online.de/Kleinunternehmerregelung.html

    (Eventuell können Sie sich vom “Job-Center” mit “Einstiegsgeld”, meines Wissens nach,
    unterstützen lassen. Lassen Sie sich am besten beraten, aber es werden sich Wege finden. Die Türen
    müssen Sie allerdings öffnen.[wahrscheinlich eintreten 🙂 ]

    lg. M.G.

    1. Tagtäglich.
      Das System ist auch: Hartz 4, Straßen, auf denen man Kurier fahren kann, Krankenkassen, Grundschulen, Rentenkassen…., alles sehr nützliche Dinge.

    2. Keine Frage. Dazu wird auch gern der Beitrag geleistet. Es ist aber, von einem Mann ohne Beine zu verlangen, daß er 100 m laufen solle und auch noch gewinne dabei, kaum im Sinne dessen, der seinen Beitrag haben noch in dessen, der ihn leisten will. Vorschriften wie die des (ja eben rein-kapitalistisch interessierten) Gewerberechts für Fahrradkurierfahrer (übrigens gelten auch Künstler als Unternehmer und sind merhwertsteuerverpflichtet; kein Angestellter muß sich dem aussetzen und hat zudem so gut wie nie einen 14-18-Stunden-Arbeitstag) z w i n g e n mich jetzt, mich an Hartz IV zu wenden, anstatt mein Problem alleine zu lösen. Als 50jähriger bin ich aller Voraussicht nach nicht vermittelbar, werde also – obwohl ich meinen Beitrag gerne leistete durch solche Fahrradkurierfahrten – dazu verdonnert, dem Staat auf der Tasche zu liegen. (Dem ich durch mein Werk [schauen Sie sich einfach mal mein Werkverzeichnis an] ohnedies schon s e h r vieles geschenkt habe… und wenn Sie daran denken, welchen Beitrag etwa van Gogh post mortem zum Bruttosozialprodukt geleistet hat, dann kann man nur kotzen. Ähnliches gilt für viele Künstler, an denen spätere Generationen sich dumm und dämlich verdienten. Und da kommen jetzt S i e mit Ihrer Begeisterung fürs System. Pardon, aber Sie sollten ein wenig nachdenken, bevor Sie posten.)

      Und was die Grundschule anbelangt: D ü r f t e ich das, ich bildete meinen Sohn ganz sicher besser aus als die Lehrerin, die er bislang gehabt hat. Es ist mir dies aber v e r b o t e n, da es Schulpflicht gibt. Ich kann Ihre Begeisterung also wirklich nicht teilen. Von den politischen Abhängigkeiten einmal ganz abgesehen, denen sich unser Wohlstand verdankt – also I h r Wohlstand, Frau Evi, meiner ja schon lange nicht mehr.

    3. Intererssant. Meine Replik erscheint nicht.
      Ist wohl irgendwie unangenehm.
      Übrigens: meinen Sie im Ernst, nur Sie denken, bevor Sie schreiben?
      Desavouiert man so andere Meinungen?
      Wie kommts?

  3. Boon es handelt sich um louis paul boon, belgier!! (solltest du unbedingt mal lesen) lebte von 1912-1979. bekannt auch als grafiker. hat in den 40er jahren die ersten bemerkenswerten sachen veröffentlicht. und ist mit seinen ter-muren-romanen in benelux – wie harry mulisch sagen würden – weltberühmt geworden. in der nachkriegszeit gab es in d. einen einflußreichen übersetzer aus dem nl, und der hat boon als kommunisten verschrieen. hanser hat ein bißchen was von ihm gemacht, später alano – und sehr verdienstvoll – peter selinka (3 bücher). im osten sind 4 bücher von boon erschienen, und seitdem ist ruhe. und wenn wir einmal bei holland sind: es gibt nix von menno ter braak auf deutsch, nix von hendrik marsman, arche hat jetzt (nach ein paar versuchen schon in den 40ern) simon vestdijk zu veröffentlichen, nachdem sie auch endlich mal einen remco campert gemacht haben: du siehst – at all mehr fehlstellen als was anderes…

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .