Sonntag, der 27. November 2005.

ERSTER ADVENT 2005.

4.54 Uhr:
Pott Filterkaffees. Kapuze. Keine Musik. Erste Überarbeitung ARGO III.

(Ich merke, ich vernachlässige derzeit wieder ein wenig die Hauptseite Der Dschungel. Später, in der Bearbeitung und bei zeitlichem Abstand ohnedies, zieht sich das zusammen,wird unauffällig werden, wie gewollt. Auch das gehört in eine poetische Ästhetik. Der dies alles doch vornehmlich dient und weniger, Ihren Voyeurismus an fremder Seele zu befriedigen. Wobei mir s c h o n klar ist, daß es sich bei der ‚fremden’ Seele immer auch um das Bild der eigenen handelt: fremd sind nur Rahmen und Glas – und der Griff, an dem Schneewittchens Stiefmutter den zu Befragenden hält.)

Dramatis personae Der Dschungel (AUSZUG):
Lilith
Prothoe
Die Wiener Augustin.
Calisma.
P.
gsp
Die Geheimen, die sich nie zeigen (elbig erwischt einen aber manchmal ein Luftzug: dann haben sie sich am Ohr der Dichters bewegt, vielleicht – unhörbar kichernd oder grollend – hineingeblasen).

6.56 Uhr:
Man könnte, was ich heute morgen bin, dekonzentriert nennen. Finde keinen rechten Zugang in den K l a n g von ARGO; was die Überarbeitung schwierig macht. Denke ständig über die Zuschrift einer Chatfreundin nach, sie wolle ihre – bei mir völlig anonymisierten – Gedanken nicht in Den Dschungeln wiederfinden. Als wären Gedanken einzig, als gehörten sie uns und wären nicht ein ganz allgemeiner Reflex auf Wirklichkeit, der etwas Privates allenfalls dann hat, wenn es im Kontext mitformuliert wird (wo wohne ich, was arbeite ich, was esse ich gerne, wie heiße ich?). Was stört die Leute daran, wenn offenb a r wird, wie wir sind? Weshalb die ständigen Versteck- und Täuschungsmanöver? Mein Verdacht: Es soll das Unbehagen an der eigenen Autonomie verborgen werden, also daran, daß die Grundlagen dieser Autonomie so brüchtig sind. Was die Menschen sehr wohl spüren, was sie aber eben deshalb so ängstigt. Deshalb wollen sie vor anderen die Illusion der Autonomie kultivieren, also letzten Endes nicht an einen Glauben rühren. Das würde die Schärfe des Tabus erklären.
Und in meinem Innern hallt der Wiener Augustin Bemerkung nach, wenn eine Frau mich liebe, dann lese sie Die Dschungel in jedem Fall. Es ist, halte ich mir dieses vor Augen, sehr schwer, das Weblog nicht strategisch zu mißbrauchen – also Die Dschungel so zu schreiben, daß sie der Erfüllung meiner (persönlichen) Wünsche dienen -, sondern die konsequente Klarheit des ästhetischen Konzepts weiterzuverfolgen. Man bestimmt sozusagen sein mögliches Opfer selbst – den Verzicht aufs Begehrte. Zwar läßt sich das als ein Preis begreifen, den man für große Kunst bezahlt. Es schmerzt aber ja dennoch.

NACHTRAG I. Der Nachmittag.

NACHTRAG II: Der Abend.
Webcam: Lilith in der Badewanne. Lilith, die sich schlafenlegt. Über tausend Kilometer entfernt. Cybernähe.
DVD: Marebito. Japanohorror. Die Liebe zu einem vampirischen Tier. Verfallenheit. Innigkeit. Selbstopfer. Und beide, das Mädchen wie der Mann, sind ergeben.