Godzilla und Nationalpsychologie.

Beim Betrachten von Roland Emmerichs „Godzilla“, der 1998 herauskam, drängt sich der Gedanke auf, es werde ein noch nicht erlittenes Trauma vorausbeschworen, zumal ein Nachrichtensprecher im Film von der „größten Katastrophe seit dem Anschlag auf das World Trade Center“ spricht – ein Satz, der fast fünf Jahre nach dem 11. September 2001 völlig anders als 1998 klingt, zwar einen anderen Anschlag m e i n t; dennoch schwingt heute Al Qaida notwendig mit. Den nicht zu vermeidenden Gedanken selber stärkt die zur Zeit der Dreharbeiten längst kanonisierte Interpretation, die ‚ursprüngliche’ Figur Godzillas sei das im Film als Monster objektivierte japanische Trauma durch Hieroshima und Nagasaki. Besinnt man sich zudem darauf – und spinnt die psychosymbolische Dynamik weiter -, daß dieses Trauma keineswegs – und nie – auch eines der Täter wurde (was US-Amerika, nebenbei gesagt, von Deutschland sehr unterscheidet), dann bekommt der Umstand etwas geradezu Bizarres, daß US-amerikanische Produzenten ausgerechnet einen Deutschen mit der Umsetzung des Filmprojektes betrauten. Es ist die unbewußte Bewegung eines im Unbewußten Schuldigen, der bestraft werden möchte und das de facto nicht selber tun kann. Die innere Abwehr sucht sich dafür aber nicht etwa das Opfer – das käme dem Unbewußten wie die Anerkenntnis der Schuld vor -, sondern seinerseits einen Täter. Allerdings einen, der besiegt war. Diese Nähe zu Japan zieht das Korsett der symbolischen Selbstbestrafung unweigerlich zusammen. Daß ihr – immer symbolisch gesprochen – drei Jahre nach dem symbolische Akt im Kino eine objektive ‚Bestrafung’ folgt, scheint dann fast notwendig zu sein: die Symbolisierung materialisiert sich und kommt konkret zur Welt. Das zugefügte Trauma gleicht sich durch eines aus, das man nun selbst hat.

[Noch, daß im Spielfilm die Schuld an der Entstehung des Monsters nicht etwa die USA trifft, sondern es lösten hier französische Atomtests die Mutation aus, spricht für die Interpretation: Symbolisch gelesen haben dann nicht US-Amerikaner, sondern Franzosen den über Generationen nachwirkenden Massenmord durch Abwurf der Atombombe verschuldet – so weit deutet das Unbewußte dem Bewußtsein Verdrängtes und zu Verdrängendes um. Verstellt es, aber tragisch läßt sie es wi(e)derkehren.]

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