B.L.’s 5.10. – me like much no see no people

21:39
Die Ästhetik des stillen Landlebens ist ernsthaft bedroht: vom Elektriker, das hieß den halben Nachmittag Blackout und nicht an Arbeit zu denken, von wildfremden Leuten, die wie meine Frau einer Organisation angehören, deren Mitglieder sich gegenseitig umsonst beherbergen, das hieß dennoch der Höflichkeit halber dasitzen und konversieren. Die bleiben über Nacht, und werden auch morgen hier übernachten. Von der Tatsache, daß der Kopfhörer nicht in den Fernseher paßt, den sie von ihren Eltern geerbt und nun endlich ins Wohnzimmer gestellt hat. Da ich aber fast neben dem Wohnzimmer schlafe und irgendeine Fernsehsendung, die sie scheinbar sehen mußte (wie auch schon am Abend davor), bis halb zwölf dauerte, war bis dahin an schlafen nicht zu denken. Dennoch wachte ich um 5 auf, so daß Mittagsschlaf angesagt war, doch schlief ich trotz bohren und hämmern ein. Angeschwärzt durch ihren Satz gegenüber den Gästen als „He doesn’t like to meet people.“ verließ ich ihre Philosophie des So-viel-wie-möglich-sehen-müssens und fing an Tagebuch zu schreiben. Ich jedenfalls werde auch verreisen, aber erst am 18.11. (d.h. ich habe den erwähnten Weihnachtstermin sausen lassen und mich für ein früheres Datum entschieden), den Freund in B. mal wieder zu besuchen und mich aus ihrem Bann-Blick (der zwar wortlos Bände spricht, in denen jedoch schon steht, an was sie sich nicht erinnern will („Tu noch etwas Milch und etwas Käse an die Eier.“ – „Weißt du nicht mehr, daß ich das schon so oft gemacht habe, daß ich’s im Schlaf kann.“ – „Besser, ich weiß es nicht mehr.“)) zu entfernen. Vielleicht ja auch nur, um mal wieder freundliche Worte zu hören, die über eine bloße Höflichkeit hinausgehen.
Völlig überrascht hat mich der Tod Oskar Pastiors, und als ich davon bei ANH las, fiel’s mir wie Schuppen von den Augen: Das was er schrieb, war doch so ein in der Sprache wohnen, wie ich’s gestern meinte! Aber das ist halt nicht die gängige Ware. Spitz, Lamp’, drum die Ohren, es findet sich, es findet sich. Auch was in dir verloren.

5 thoughts on “B.L.’s 5.10. – me like much no see no people

  1. Schenken Sie Ihrer Frau… …mal dieses Buch hier: Angela und Juliana von Gatterburg: Liebe – Drama – Wahnsinn. Wie Frauen endlich glücklich werden. Goldmann, München. 252 S., 12 EUR. Die Welt: „(…) ein gelungener Ratgeber für Frauen, die aus der Falle des Nörgelns und Zweifelns herausfinden wollen. Der Rat ist simpel und doch so schwer zu befolgen: Wenn Frauen glücklich sein wollen, statt in ihren negativen Erwartungen recht zu behalten, sollten sie nicht die Bestie vermuten, sondern an das Beste im Manne glauben. Die meisten Männer sehen ihre Frauen gern glücklich und täten alles dafür – wenn die ihnen nicht immer das Gefühl vermittelten, sie könnten es ihnen nie recht machen.“ 🙂

    1. Ich werde mich hüten, ihr solches zu schenken. Das gäbe ihr das Gefühl, ich wolle sie kritisieren & korrigieren & kujonieren. Sowas sollte man schon von Frau zu Frau weiterempfehlen. Mit der Einschränkung meinerseits, daß solche Ratgeber meist da ihren Weg finden, wo schon eine Bresche vorhanden ist. Also Skepsis meinerseits, was meinethalben eine Aussage sein mag über die bei mir vorhandenen Breschen. — Indirekt geht das auch in die Richtung der Medizin: Wer vermag schon all die individuellen Ausformungen und Anlagen auszuloten? Wir sind nun mal keine von hinten bis vorn genormten DIN-Entitäten.

  2. oskar pastior ich lese hier vom tod oskar pastiors. traurige nachricht. oskar war ein großer zauberer. die experimentelle literatur hat einen brillant polemischen verteidiger gegen das übermächtige erzählen-müssen verloren.

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