Arbeitsjournal. Montag, der 16. Oktober 2006. Berlin. Frankfurtmain.

4.45 Uhr:
[Berlin, Schönhauser Küchentisch.]
Gestern kam ich nicht mehr ins Netz, weil ich im Zug eine Freundin von vor Jahren traf („Bist d u das nicht, Alban?“), Schauspielerin und langjährige Gefährtin eines anderen Freundes, wir redeten und redeten, mein Junge seinerseits traf einen Schulkameraden und spielte im ICE dann mit einer ganzen G r u p p e von Kindern; und andererseits war, als ich in die Kinderwohnung kam, der Netzanschluß zusammengebrochen, in meinem Gerät, nicht qua Anschluß, und ich kann wieder einmal meinem Webmaster Katanga nur danken: wo bliebe ich bloß ohne ihn? Er richtete alles neu ein, vergab ein neues Paßwort – und schon flutschte es. Aber da war es dann zu spät, und ich mußte und wollte los. Erst privat familiär mit Kind und Geliebter. Danach traf ich nachts nach ebenfalls langem den Profi wieder im Atamé. Er ist auf einer kleinen Safari gewesen, hatte vieles davon zu berichten, dessen eines mir nachgeht… nein, zweierlei. Zum einen sagte er: „Kann es sein, daß >>>> Arndt unterdessen Jagdleiter in Kenia wurde?“ Und zum anderen erzählte er von einer Bekannten, die ebenfalls mitwar und die sich in der Woche zuvor darüber beschwerte, daß ihr Freund Krebs bekommen habe. „Jetzt weiß ich doch gar nicht, ob ich die Safari nicht absagen muß! Wie kann er mir so etwas antun?“ Es ist schon erstaunlich, welche Prioritäten in Menschen ihr Unbewußtes setzt, und merken ihr eignes Gemütloses nicht.
Ich erzählte ihm von meinen Arbeitsprozessen und wie wenig es mir derzeit ausmache, es nicht mehr ganz so diszipliniert mit dem frühen Aufstehen zur Arbeit zu halten. Daraufhin er: „Du bist eh ein Tier, wie du arbeitest. Laß es gut sein.“ Und die Geliebte eine Woche zuvor. „Du mußt auch mal schlafen, du hast einen K ö r p e r!“ So sie, die freilich, wegen der kommenden Zwillinge, momentan enorm viel schläft. Ich hingegen denke mir, für viel Schlaf ist nach dem Tod genügend Zeit. Viel zu viel Zeit.
Als ich jedenfalls um halb zwei nachts zurückkam, hatte ich absolut keine Lust mehr aufs Netz und also auch nicht auf Die Dschungel, sondern verzog mich eilends ins Bett – damit ich gut hochkäme, wie ich jetzt hochgekommen b i n, um den Sprinter nach Frankfurt zu erreichen und das Abenteuer PETTERSSON anzugehen. In etwa zwanzig Minuten muß ich los. Ich werde wohl im Zug noch das eine und andere notieren und dann übers Mobilchen hier einstellen. Einige Kommentare sind ihrerseits zu kommentieren. Danach bereite ich mich auf die Sitzung mit den Sprechern im Frankfurtmainer hr-Studio vor. Ein bißchen ein laues Gefühl hab ich s c h o n. Zur Produktion von PETTERSSON werd ich später, wie für jede Produktion, einen eigenen Beitrag eröffnen; wahrscheinlich aber erst abends.
Bei alledem ist die achte Elegie in ihrer Rohform nun doch noch nicht fertiggeworden; ich hab mich an einer heiklen Stelle festgehakt, die über den Primat des Körpers spricht – mein altes Thema: Körperlichkeit ./. Geist, bzw. ihre Verbindung.
Bis später, Leser.

6.19 Uhr:
[ICE Sprinter, Berlin-Frankfurtmain.]
SPÄTER NOCH EINFÜGEN: “Zukunftsblick Berlin Hbf 161006”

Zukunftsblick. Es füllen, was du siehst.

Hab einen Computerplatz (mit Stromzugang) ergattert und meinen reservierten Platz gar nicht erst eingenommen. Rechts neben mir unterhalten sich zwei Staubstumme mit heftiger Gebärdensprache, die von Stöhn- und aufgeregten, ja, Urlauten durchsetzt ist, ausgesprochen mienenreich-outriert. Das gibt etwas Befremdliches in die morgenmüde fast-Stille des Waggons. Wobei es die saubergesinnige Kriminalisierung des Rauchers mit sich bringt, daß das Raucherabteil nicht so voll ist, wie es die anderen Abteils sind; ein ironischer Umstand, der leider nicht gut riecht. Aber bei meinen dicken Zigarillos merk ich’s eh bald nicht mehr.
SPÄTER NOCH EINFÜGEN: Sprinter Laptop 161006.
Zu >>>> Arndt noch einmal. Es hat mich s c h o n erstaunt, daß wieder von ihm zu hören war. Allerdings war sich der Profi nicht sicher, er hat den >>>> Menschenjäger nur einmal kurz, während einer Strafverhandlung, zu Gesicht bekommen, „ein sehr stummer Mann“, erzählte er jetzt, „also wenn er es ist. Man kam mit ihm nie ins Gespräch. Unsere Kommunikation beschränkte sich auf Anweisungen, die er uns gab. Und er achtete darauf, daß niemand schoß. Einen von uns wies er aus; man holte den Mann mit dem Helikopter ab.“ Sie waren auf Löwenjagd gegangen, aber die Jagd ist bei Ankunft der Teilnehmer verboten worden: wegen der TB, die momentan die Großkatzen massenhaft sterben läßt. Und sofort hab ich im Kopf, was Arndt zu den Teilnehmern hätte sagen können und bei m i r ganz zweifelsfrei sagte, also wäre des Profis Safari meine literarische Erzählung: „W i r lassen sie sterben, sie sterben a u s. Und wir sterben mit.“ Auch dies >>>> ein bleibendes Tier, das geht.

Entschuldigen Sie, daß ich auf die Fotografien nur einen Hinweis geben und sie selbst erst später einstellen kann. Die GPRS-Netzverbindung übers Mobilchen weigert sich, Bilder hochzuladen. Möglicherweise übersteigt so etwas die Funkkapazität.

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