18.20
Als ich Donnerstag nach Rom fuhr, notierte ich mir auch dem Schutzumschlag des 2. Bandes von „Von Sternen und Schnuppen“ in Ermangelung anderen Notiermaterials folgenden Buchtitel: How to be an entrepreneur. Darin unterstrich – von Handy-Anrufen gelegentlich unterbrochen – der mir gegenüber sitzende Afrikaner (der „Schwarze“, der Mann) Stellen, die ihm wohl wichtig erschienen. Er sprach Englisch ins sein Handy, allerdings dieses schwerverständliche Englisch der Afrikaner. Also wohl ein Nigerianer, denn die meisten anderen Afrikaner stammen aus den ehemals französischen Kolonien und sprechen ein dito schwer verständliches Französisch, wie ja auch der Vater meiner Zwillingsneffen: Senegal. How to be an entrepreneur. Also denkt er ins Große hinein. Vor den Supermärkten hier stehen dann diejenigen, die keine „entrepreneurs“ sind, sondern nur Husch-Husch-Ware feilbieten. Alles hineingestopft in einen Einkaufswagen. Die Anrede an den Supermarktbesucher (sofern er männlich ist) lautet: „Fratello!“ Da steh’ ich dann immer, wenn ich nicht grad’ unwirsch vorbeigehe, und lasse mich gern auf einen Plausch ein. Aber schließlich will er dann doch nur verkaufen. Das ist unangenehm und macht alles Plauschen zu einem Blick auf die Geldbörse. Böse bin ich ihnen nicht. Aber was soll ich mit den Billigsocken? Am Ende ist alles eine einzige Heuchelei. Zuletzt ist es dann der Kauf dieser Billigsocken. Um ihm etwas zu geben, kaschiert durch einen Scheinkauf. Wobei ich mir gar nicht großmütig vorkomme. Klein werde ich dabei. Da ist nichts Großes in der Geste. Feigheit fällt mir ein als Wort. Aber es spannt sich nicht weit genug über die Geschichte der Europäer auf dem afrikanischen Kontinent. Wie es etwa die ganz andere deutsche Geschichte tut. „Fremde Nähe“ (wer schrieb das doch gleich: Schädlich? – aber nie gelesen), wie alles, was als Nähe sich gebiert und als Fernes sich entfernt NACH dem Abschluß des Kaufs. Frieden ist das nicht. Für niemanden. How to be an entrepreneur. Es ist immer ein Verkaufen dessen, was man nicht braucht. Aber wie sagt der Neapolitaner: „Tengo famiglia“. Ich habe ein Familie zu ernähren. Weil man es aber nicht braucht, kommt es daher wie die Werbung zu Weihnachten. Und auch Weihnachten ist etwas, was ich nicht brauche. Daß ich heute abend hier allein sitze, behagt mir. Es gibt mir das, was ich brauche: Mich. Am Telefon sagte ich heute statt des „Frohe Weihnachten!“: „Schönes Wochenende!“