Ich, Hagen, ich! – Zur Ehre eines Henkers.

HAGEN
mit furchtbarem Trotze herantretend
Ja denn! Ich hab’ ihn erschlagen!
Ich – Hagen – schlug ihn zu Tod.
Das wäre das Mindeste: daß der Delinquent seinem Henker ins Gesicht schauen kann, daß man ihn nicht zwingt, vor dem Tod den Blick zu senken. D i e s e n Stolz ihm zuzugestehen, wäre wahrlich ein Wenigstes… und zwar für den Henker. Daß e r sich hinstellt und sagt: Ja, ich tu’s! Sieh mich an, ich vollstrecke. (Wobei es f ü r die Todesstrafe ein kleines Moment gäbe: vollstreckte nämlich der Richter s e l b s t, der das Urteil sprach… und begleitete er und begleiteten all die, die es mitsprachen, den Delinquenten auf seinem – so weit wir wissen – letzten Weg: wenigstens eine Nacht die Todeszelle mit ihm und auch die Henkersmahlzeit teilen und einmal bei ihm schlafen, a l l e, die Richter, die Schöffen, die Staatsanwälte. Man würde, seien Sie sicher, mit solchen Urteilen sehr zurückhaltend werden. Das Problem hier ist nämlich ebenfalls eines der Entfremdung und keines des strafend jemanden-Umbringens-an-sich.)
Und umgekehrt desgleichen. Bei einer Erschießung wird dem Delinquenten eine Binde über die Augen gelegt, auch er soll nicht offenen Antlitzes sein – Verweigerung, daß er noch Stolz habe. Was nun, wenn er sich wehrt? Was nun, wenn ein zu Erschießender sich weigert, diese Binde zu nehmen? Ah, man wird sie ihm mit Gewalt aufpressen, wird ihn niederringen, ihn schlagen womöglich, damit er nicht mehr sehen , damit man sagen kann: Du bist n i c h t s! – In dieser Imagination von Gewaltsamkeit der Henker wird vollkommen klar, was die Todesstrafe in Wahrheit i s t. Sie wollen nicht angesehen werden, nicht die Henker, nicht die Richter. Es ist das geheime Symbol ihrer Scham. Es verbirgt, daß sie wissen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .