17.58
„Ich brauche noch ungefähr eine halbe Stunde hier beim Gericht.“ [mit dem Beglaubigen der Übersetzungen – es war viertel nach elf]
„Ich mache mir ein wenig Sorgen. Sie müssen dann noch zum Piazzale Clodio [ein weiterer Gerichtssitz in Rom] mit den Kopien.“
„Leider ist heute die Frau nicht da, die sonst die Übersetzungen ins Buch einträgt.“
„Ich habe Ihnen aber doch gestern abend gesagt, sie müssen zum Piazzale Clodio. Der Rechtsanwalt hat doch gesagt, daß Sie dort alles erledigen können.“
„Aber ich muß doch erst die Übersetzung beglaubigen lassen, das kann ich dort nicht.“
„Der Rechtsanwalt hat mir aber gesagt, daß dort alles erledigt werden kann.“
„Was mich betrifft, so müssen die Übersetzungen hier [bei dem Gericht, von wo aus ich spreche: in der via Giulio Cesare] beglaubigt werden. Ich mache das schon seit fast 20 Jahren. Eine Alternative wäre der Friedensrichter, aber der ist in einer anderen Straße.“
„Und die drei Kopien?“
„Hinterher lasse ich mich dann von Ihrem Fahrer zum Piazzale Clodio fahren. Auch wenn ich immer noch nicht verstanden habe, was ich mit den Kopien machen soll.“
„Also, sie hätten wirklich lieber gleich zum Piazzale Clodio fahren sollen, da hätten die alles gemacht, wie der Rechtsanwalt sagte.“
Die Frage mit den Kopien hatte sich gestern Abend gestellt. Mir würde vor dem Gericht das zu beglaubigende Original mit den Unterschriften übergeben werden, das für die Beglaubigung der Übersetzung zu benutzen sei (eine Klageschrift), dann würden mir noch drei Kopien übergeben werden, die in irgendeinem Büro bei der anderen Stelle des Gerichts als Kopien zu beglaubigen seien. Der Rechtsanwalt würde alles auf dem Umschlag angeben. Nachdem ich also das Original beglaubigt hatte, ließ ich mich zum anderen Sitz fahren. Fragte nach dem angegebenen Büro: „Gibt’s nicht.“ Weiteres Telefonat mit der Kundin:
„Also hier sagt man mir, das vom Rechtsanwalt angegebene Büro gibt’s nicht.“
„Ich brauche das aber alles heute.“
„Ich weiß jetzt nicht, was ich mit den Kopien machen soll.“
„Sie hätten gleich zum Piazzale Clodio fahren sollen.“
„Das hätte keinen Sinn gehabt, denn auch hier sagt man mir, für die Beglaubigungen für Übersetzungen ist Viale Giulio Cesare zuständig.“
„Dann hätten Sie das mit den Kopien dort gleich erledigen sollen.“
„Sie sagten aber, ich solle mit den Kopien zum Piazzale Clodio zum Büro, das der Rechtsanwalt angegeben hat. Das aber gibt es nicht.“
„Wo sind Sie jetzt?“
„Am Piazzale Clodio.“
„Warum sind Sie da eigentlich hingefahren?“
„Ihr Fahrer hat mich gerade hergebracht.“
„Ah. Und die Kopien?“
„Signora, ich weiß jetzt wirklich nicht, was ich eigentlich mit den Kopien machen soll.“
„Beglaubigen lassen. Ich brauche die heute. Ich hab’s Ihnen doch gestern abend gesagt.“
„Sie meinen, auch die Kopien hätte ich als Übersetzungen beglaubigen lassen sollen? Das wäre dann schon erledigt, wenn Sie das genauer gesagt hätten.“
„Nein, sie sollten nur das Original beglaubigen lassen.“
„Was ich ja nun erledigt habe.“
„Fahren Sie doch zurück zum Büro, wo Sie vorher waren, und sagen Sie, sie hätten vergessen, die Kopien beglaubigen zu lassen.“
„Ich weiß nicht, ob das der Gerichtsbeamte machen wird. Am liebsten würde ich sowieso alles dem Fahrer übergeben und mich da raushalten. Hat denn der Anwalt keine Sekretärin, die das routinemäßig macht mit dem Beglaubigen lassen von Kopien?“
„Aber der Anwalt sagte doch, daß Sie dort alles hätten machen können.“
„Was aber nicht möglich. Ich weiß jetzt wirklich nicht, was ich machen soll mit den Kopien.“
„Verstehen Sie mich recht, es geht mir nicht um die Ausgaben.“
„Schon verstanden, aber ich bin nun völlig ratlos.“
Kurz, ich ließ mich breitschlagen, fuhr zurück zum vorherigen Büro. Natürlich gab’s da nicht den ersehnten Stempel. In der Zwischenzeit hielt ich mir den Rücken frei und rief die Agentur an, über die dieses absurde Stück vermittelt wurde. Und hatte meine Ruhe. Blöd nur, daß ich beim Nachhausefahren merkte, daß in der ganzen beglaubigten Übersetzung dieser Klageschrift ein Satz von mir vergessen wurde: „Unter Verurteilung zu den Kosten des Verfahrens.“
FRANZ IST NOCH LEBENDIG Moi qui pense chaque jour à Kafka et qui l’imagine à son ordinateur, en train d’écrire son blog, aujourd’hui, je suis comblée, merci !!