I saw a ship a-sailing,
A-sailing on the sea;
And oh, it was all lading
With pretty things for me !
Rudyard Kipling
in gesellschaftliche und ästh. Zusammenhänge.
Es ist in der Tat schwierig moderne oder besser postmoderne Kunst in Worte zu übersetzen, das liegt vielleicht daran, dass Künstler sich ungern vergleichen lassen. Ist ihnen doch bewusst, dass originale Kunst, bei genauem Hinschauen, nur dann entstehen kann, wenn sie Rückbindungen an bereits Existentes zulässt. Das spornt Kreative an und beleidigt ihr künstlerisches Ego zugleich.
Der Mut unbekannte Künstler zu fördern ist Galeristen immanent. Kunstkritikern oder die sich dafür halten, geht er ab. In der Literatur ist das diffiziler, weil die Beziehungsnetze ein anderes Strickmuster,als in der Bildenden Kunst haben.
Für Musiker und Literaten sind Zitate und Tradition selbstverständlich, sie verbergen sie nicht, sondern tragen sie in der Regel vor sich her, ja bemühen sie als dramaturgisches Moment für ihre Arbeiten. Bei bildenden Künstlern der Postmoderne wird die Rückbindung entweder verborgen oder als Satire, Travestie oder Parodie genutzt. Es gibt aber grenzüberschreitende Kunstformen und Gebrauchskünste, z. B. die Typographie oder Werbedesign, deren Ausgangsmaterialien in der Regel sich auf bereits existente Werke beziehen, aus denen sie NEUES schaffen. Da werden Ursprünge, Herkunft der Werke nicht aus falscher Eitelkeit verborgen, sondern bekannt.
Die Augenblickskunst, Performances aller Art, Installationen, dagegen bemüht sich, und nutzt dabei das Wissen um ihre schnelle Halbwertzeit, das Erkennen ästhetischer Rückbindungen zu vermeiden. Das, ich bin mal vorsichtig, kann man auch hin und wieder in der neueren Lyrik beobachten. Die mangelnde kritische Bekenntnislust zu Zeitläuften, das fehlende Pathos bei individuellen Liebes – und Leiderfahrungen in vielen neueren deutschsprachigen Gedichten, führt zu einem leeren Impressionismus, der im Gedächtnis der Leser kaum Spuren hinterlässt. Ähnlich verhält es sich in der heutigen Kunst. Das alles muss noch belegt werden.
bekenntnis zu den quellen ich denke, das problem ist eigentlich auch ein zeitunabhängiges. (selbstbewusstsein, offenheit)
sich zu seinen anleihen, einflussquellen zu bekennen, ist auch mit einem stückweit mut verbunden, seinen mythos zu zerstören, sich zu relativieren, mitunter stecken naivität und dünkel drin, etwas zu verheimlichen und:
man unter- oder überschätzt sein publikum. mitunter gehen künstler davon aus, dass das publikum von selbst auf diese quellen kommt und rechnet mit der fachkenntnis ohne die das verständnis des neuen, eigenständigen werkes gar nicht möglich wäre (oder nur eingeschränkt). andererseits hält man den betrachter für ungebildet und meint, man könnte das fahrrad noch einmal neu erfinden.
ich sah vorige woche die ausstellung eines zeitgenössischen, brasilianischen künstlers, der hier momentan ausstellt. darin hat er anleihen aus ganz verschiedenen stilen der europäischen kunst mit ureigener, man könnte meinen völkerkundlicher, sprache, unter seinen persönlichen blickwinkel verarbeitet. ich denke, es ist unmöglich, bei null anzufangen, wenn man in der zivilisation lebt- alles, was uns umgibt, fließt bewusst und unbewusst in die kunst ein.
auch wenn ich den mythos liebe, bin ich auch für selbstbewusste offenheit im umgang mit den quellen. und veralbern lass ich mich nun gar nicht gern. das spiel mit der vergangenheit in der kunst, die bewusste auseinandersetzung mit dem erbe kann erkenntnis- und erlebnisgewinn bringen.
siehe auch: Diskussion