Arbeitsjournal. Donnerstag, der 3. Mai 2007.

6.11 Uhr:
[Arbeitswohnung. Berio: Laborintus 2.]Ich liebe solche Zahnärzte: sehr männlich, vital, gut aufgelegt, so daß sie pfeifen oder singen, wenn sie den Bohrer ansetzen… und dann stellt sich heraus, bevor sie Zahnarzt wurden, haben sie sich in Literaturwissenschaften und Philosophie promoviert („Weshalb bist du dann Zahnarzt geworden!“ „Die Aussichten für die Zukunft…“) und haben einige Jahre im außereuropäischen Ausland verbracht, sprechen fließend Portugiesisch und Italienisch, dürfen obendrein in Portugal an Grundschulen unterrichten… sind so voller Bildung einerseits und Lebenslust andererseits… wirklich, der Profi hatte recht, mir diesen Zahnarzt zu empfehlen. Ich rief ihn an, bedankte mich, er: „Das wußte ich, daß ihr zueinander paßt.“ Also von so einem, der auch zupackt, läßt man sich s c h o n mal Schmerzen zufügen, wenn die sich nicht umgehen lassen. Er versucht jetzt, den lebenden Zahn unter der Brücke zu retten, und ich, sozusagen, assistiere dem durch Hinhalten… heute nachmittag geht’s weiter. Er hat mich zu Zahnseide verdonnert; meine Verrenkungen gestern nacht, als ich von M. nach Hause kam, wären einen Chaplin-Sketch wert gewesen…

… also später bei M., bis nach ein Uhr nachts, den Laptop („Du brauchst dringend einen neuen, der hier kann jeden Tag tschüß sagen…“) software-seitig gereinigt, die Registratur gereinigt und entmüllt, dadurch sehr beschleunigt und insgesamt auf den neuesten Stand gebracht, dabei viel geplaudert; ich brachte ihm und >>>> Su Schleyer, die nebenan arbeitete, >>>> das Gedichtbändchen mit. Einige Absinths getrunken, dazu viel Wasser. Männerfreundschaftsgespräche, ruhig, locker, auf dem gerne leben, das wir beide empfinden, gesurft. Eine gebrauchte USB-Tastatur gab mir M. dann noch mit, weil ich die andere bereits wieder „durchgeschrieben“ habe.

Zur eigentlichen Arbeit kam ich gestern drum nicht oder nur kaum. Heute wird’s nur morgens anders sein; mittags und nachmittags geht’s zu meiner schönen Fußpflegerin, dann wieder zum Zahnarzt. Da sei, sagt er, „einiges“ zu richten. Mir fiel ein, ich könne das Motiv des Zahnschmerzes mit in die Stromboli-Dichtung hineinnehmen, als eine Art Ruf, die die Stoik begründet, mit der der Protagonist des Textes in die Welt schaut (ich selber werde bei körperlichem Schmerz immer ganz ruhig, werde auch schweigsam, fast wie unter sedierendem Medikamenteinfluß; sowieso vermeide ich die Einnahme von Medikamenten immer sehr lange und bin auch bei verschriebenem Zeug höchst unzuverlässig; am liebsten sind mir „Hämmer“; die schluckt man einmal, und gut is’… homöpathische Dosen machen mich nervös und unwillig).

[Dallapiccola, Tre poemi.]


UF mahnt meinen Niebelschütz-Text für die ZVAB an. Von Schöffling & Co., denen ich, sollten sie nicht bald über die Lizenzrechte verfügen, die Verlagsrechte am >>>> New-York-Buch gekündigt habe (Schöffling hat, ohne mich vorher zu informieren, einen Teil der Auflage verramschen lassen, was einen Kündigungsgrund darstellt), liegt ein Brief hier, den ich aber noch nicht öffnen mochte. >>>> Keul schreibt aus Wien, die Aufnahme des >>>> MEERE-Abdrucks bei VOLLTEXT sei kontrovers, aber überwiegend positiv, und er selbst habe immer noch Freude an dem Projekt. Wegen der Taschenbuchrechte von >>>> marebuch noch keine neue Nachricht, ebenso wenig ist bislang die schriftliche Benachrichtigung wegen der Nominierung für den diesjährigen Döblinpreis eingetroffen; ich habe tatsächlich >>>> nur diesen Anruf auf Stromboli (ZWISCHENSPIEL) als Versicherung; aber auch die Zeitungen, insgesamt, schweigen, als sollte über die sechs Kandidaten ein Geheimnis liegen, das die Unterhaltungsindustrie „Spannung“ nennt. „S i n d die Wettkampf-Lesungen am 12. Mai nun öffentlich?“ fragen mich meine Verleger und manche Freunde jetzt immer wieder. Je nun, ich weiß es letztlich selbst nicht. „Ruft doch beim >>> LCB an“, antwort‘ ich darum, „und fragt direkt nach. Ich selbst mag das nicht tun.“

http://Twoday.net hat heute morgen deutliche Zugriffsschwierigkeiten, so daß es dauern kann, bis dieses Arbeitsjournal in Der Dschungel eingestellt sein wird.

21.40 Uhr:
Hab vorhin die Namen der anderen fünf Kandidaten für den Döblinpreis 2007 erfahren. Das wird ein spannender 12. Mai werden, r i c h t i g spannend. Fürwahr. Und: Die Lesungen seien n i c h t öffentlich, sondern es ergingen persönliche Einladungen an ausgewählte Vertreter des Literaturbetriebs.

(Mehr als einen Handschlag kam ich heute mit AMNION {Stromboli} wieder nicht weiter.)

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