5.40 Uhr:
[Am Terrarium.]
Gestern den ganzen Tag über immer ein wenig wie in Trance gewesen wegen der durchgearbeiteten Nacht; so bereits um halb elf abends ins Bett und eben erst um halb sechs auf. Ich bleibe heute früh hier, um es zu übernehmen, den Jungen für die Schule zu wecken, vorzubereiten, ihm seinen Morgenkakao zu bereiten usw. Der Laptop läuft jetzt, >>>> AEOLIA ist einstweilen abgeschlossen (ich warte allerdings noch auf Dielmanns Lektorats-Vorschläge), und ich kann die BAMBERGER ELEGIEN nun wieder aufnehmen, damit sie rechtzeitig für ihr Erscheinen im Winter nächsten Jahres fertigwerden.
Einiges Administrative ist liegengeblieben, auch war ich immer noch nicht beim Zahnarzt, finanziell muß ich mir dringend was einfallen lassen (stand eben für die Morgenzigarette vorm Haus, da stelle ich immer, wenn ich die anzünde, meinen Kaffeekumb auf die leere Angebotsfläche des kleinen noch geschlossenen Ladens, auf die „Bank“ also – und dachte: „zerbrochene Bank“ – banca rotta… Bankrott… und war im Herzen versöhnt, nur, weil der sprachliche Ausdruck so wunderschön seine Herkunft bewahrt hat), es liegt viel zu bearbeitende Post in der Arbeitswohnung, insgesamt ist ja einiges Viele zu tun, bei dem man gar nicht weiß, womit beginnen… außerdem muß ich allmählich auch an die ARGO-Überarbeitung zur Dritten Fassung denken; die Hunderte Fußnoten und Arbeitsnotate sind einzubauen, EA Richter ist als Figur durchzuentwickeln (auch, >>>> wenn er sich seit über einem Jahr auch auf fragende Emails nicht mehr gemeldet hat; im übrigen brauchte ich gerade jetzt dringend das Geld, allein, um die Miete zu bezahlen); darüber hinaus ist der Fünfte, hexametrische, Teil noch zu schreiben – rund dreißíg Seiten, die ich mir wie ein Meer vorstelle, das wie ein schneller Fluß, aber breit, so breit, s t r ö m t (ans Ende der Welt, könnte man sagen, und dort vom Rand hinabstürzend…)… und, wenn sich vom DLF endlich Zenke mit einem „hoffentlichen“ Okay meldet, ist AEOLIA für das >>>> Hörstück zu dramatisieren, sind die O-Töne von Stromboli durchzuhören, zu protokollieren und zuzuordnen, ist an die Auswahl der Musik zu denken, die unterm Stück, neben den O-Tönen, her- und mitlaufen soll. – Kein Arbeitsmangel nirgends.
Und gestern, ab Nachmittag, war Schulfest des Jungen; da war an Arbeit auch nicht zu denken. Manchmal frag ich mich, wie Leute das machen, die angestellt sind oder eine Firma führen (ich führe ja eine Firma: ANH Ltd. … also wenn’s nach dem Finanzamt geht, das sich derzeit ein sadistisches Hobby daraus zu machen scheint, mir heimliche Rieseneinnahmen nachweisen zu wollen oder sie sogar, vermittels seltsamer Nachforderungen, vorauszusetzen – zahlen kann ich eh nicht, also was soll’s? denk ich mir).
9.22 Uhr:
Bin immer noch hier, da die Geliebte tief schlief und ich für die Zeit die Babies betreute… gehe dann, nachdem sie eben auf ist, auf die Straße für eine Zigarette… da liegt eine herausgefallene Buchseeite auf der Straße… ich heb sie auf, lese… keine Ahnung, wer der Autor ist, ein Franzose offenbar… aber hübsch ist’s… also ich lese… nein, nein, sowie ich nachher in der Arbeitswohnung sein werde, scanne ich Ihnen die beiden Seiten und stelle sie dann ein. Also kommen Sie wieder!
12.10 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Sehen Sie, >>>> es hat sich gelohnt.
Latte macchiato. Bin nach einem Whiskey, dessen Alkohol ich sofort merkte, mit Eisenhauer nun hier eingetrudelt; auf dem Rad, nein vorher schon, noch Am Terrarium, fiel mir eine Langgedicht-Zeile ein; wahrscheinlich setz ich mich nach dem Mittagsschlaf sowas in zwei Stunden daran, zumindest um weiterzuskizzieren; allerdings wartet die Fünfte Elegie und pöchelt mit den Fingerspitzen auf meinem Schreibtisch herum, unter dem momentan meine Füße im Pflegebad spielen. Meine Arbeitssituation hat entschiedene Vorteile, also solche jedenfalls.
Vor dem Mittagsschlaf sind Freunde anzurufen, die ich ziemlich vernachlässigt habe über das nun wohl gelöste Computerproblem: C. in Bamberg, L. in Frankfurt, vor allem aber auch der Profi, bei dem ich mich nun fast eine Woche nicht gemeldet habe… Am späten Nachmittag gibt’s noch mal Zwillings„dienst“, da arbeite ich dann wieder drüben.
Und rasieren und duschen muß ich mich mal wieder dringend; es scheint unterdessen auch zu meinem gängigen Erscheinungsbild Polarisierendes zu gehören: mal renn ich ungepflegt und in, man kann’s nicht anders sagen, an mir herumhängenden Klamotten durch die Gegend, mal erwischen mich die Anzüge dann aber d o c h wieder… nicht mal ich selbst mehr hab noch ein gestandenes Selbstbild. Wurscht.
Schöner Versuch, Herr Herbst, rauskriegen zu wollen, aus welchem Buch die Seite wohl stammen könnte, und die Frage dann in die große Runde zu werfen. Aber Vorsicht: Geht das urheberrechtlich noch als Zitat durch, oder darf man das auch schon nicht mehr?