Pettersson Requiem (33). BAMBERGER ELEGIEN (99), Überarbeitung der ZF, Anhang: Fünfter Satz.


Haben wir’s aufgeˇgeben und schaun nicht mehr hin?
Sehen den Terror, doch nicht ˇden Schmutz unsrer eigenen
Städte und Stätte? wo Hilfe gerecht wär, weil möglich,
ihnen, Verarmenden, zulächeln nur und alltäglich
uns untern Augen? da Hilfe doch nah wär?
Wolln wir denn wissen, was nicht so entfernt ist und läßt sich
ausgleichen nicht mit Soziallotterie, die uns freistellt?
Sondern wir müßten es riechen und kosteten anders
als mit Bedauern, das wohlfeil wie leer unser Mitleid
preis- und gewinnbringend anlegt? ˇSo läßt sich’s schlafen.
Bleibt uns was anderes? Leid ist nicht teilbar und nicht
mitteilbar… jedem sein eignes Erbarmen, wir können’s
denken, nicht zahlen, wir ließen die eigenen Kinder,
ließen die Lieben, das Haus, denn zurückstehen, Opfern
opfernd und wäre bald keine ˇKultur mehr, noch Wohlstand.
Hilft einem Kranken das Siechtum des Nächsten – und was?
Nichts hilft’s; und mich sieht er, sieht mein gutes Befinden,
ohne zu neiden – doch schmerzt es ihn, wenn wir uns speisen,
sein Kind jedoch ˇkaut die geschwollene Zunge,
hat ja sonst nichts; ˇkrank ohne Schuld an Zirrhosen
siech und der Atem… er pfeift wie Gespenster im Staub
ausgeˇtrockneter Truhen, da stirbt es gleich dreifach:
Hungers, oh Arme! oh Mensch! und an Durst , oh Nationen!
und an der Krankheit. – Der Vater steht hilflos, die Mutter
dörrte am Fieber vorweg, und sie danken noch immer
Göttern und Gott, die barmherzig die Schicksale böse
lenkten, ein unerˇforschlicher Ratschluß dem Rufen,
den das gequälte Geschöpf ihnen fand – den Gesang,
um ihren tauben ˇOhren, damit sie ihn hören,
ausreichend schön zu sein; solche verklärenden Töne,
milde, und solche Melodik, damit nicht auch Du,
Schöpfer der Leiden, zu leiden bekämest, creator
spiritus, Dir nicht das Kind, dem Du’s zumaßt, die Neugier
miesmacht am Grauen, die Lust interesselos-müden
Quälens, weil sonst nichts zu tun ist vor Ewigkeit, Vater.
Wir wie die Fliegen und Du, der sie rupft, sie verspielt,
zwischen den Fingern, die Flügelchen, anseh’nd, die Haut,
so filigran sind die Rippen, und siehst, daß es gut ist.
Liebst Du die Kunst, die, verfallen im eigenen Schaffen,
Dich widerspiegelt, so sehr, ˇdaß wir sie ständig,
Dir zum Gefallen, die fallen, erneuern und weiter
hoch aus dem Tod ˇhochschleudern müssen, Dir z u,
der Du nur deshalb das Leid ˇschufst und es leichthin
hinnimmst als Grundstoff gelangweilter Großmut, um Zeit,
die Dir zu öd ward, Dir totzuˇschlagen mit Possen –
Lehnsherren gleich, als die mit Bauern, lebendigen, Schach
spielten, mit Pferden und Läufern – und opferst so uns,
eignes Geschöpf, ˇschonungslos ewigen Regeln
kosmischer Divertimenti? und bläst Dir den Flügel
kühl von den Fingern und so auch des Engels, der einsprach?

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