5.19 Uhr:
[Arbeitswohnung. >>>> Scelsi, Aion.]
Das erinnert mir daran, daß ich ein Gedicht angefangen, aber liegengelassen habe, das ich „Scelsi hören“ nennen möchte. Daß ich es u n b e d i n g t schrieben möchte. Aber mir fehlt dafür noch die Form. Sie muß streng sein, aber von der Süße eines Sonetts, indes ohne auf etwas Klassizistisches oder gar Klassisches Bezug zu nehmen, sondern frei strömend; dennoch, eben, Form.
Alles etwas verlangsamt: Grippe. Wie eigenbestimmt tropfende Nase, Husten, die Ohren schwellen von innen an, so daß man angetaubt hört, auch die Augen sind dicker, was sich an mangelnder Sehschärfe bemerkbar macht. Immerhin kein Fieber. [1]Die Geliebte: „Ich will ja nichts sagen, aber: heute trink mal keinen Wein, ja?“ „Ja.“ Ich las dem Jungen zur Nacht vor, dann ging ich bereits selber schlafen, sowas Viertel nach zehn, dick eingepackt; um heute um halb fünf hochzukommen. Was gelang, zwar zehn Minuten später, und ich brauchte länger als sonst, mein Zeug vom Abend in den Rucksack zu packen und herzuradeln. Es hatte wir irre geregnet gestern abend; ich war mit dem in mehreres Regenzeug verpackten Jungen noch mal draußen gewesen, er war quietschvergnügt mehrfach in jede Pfütze getrampelt – wozu er sich nicht anstrengen mußte, weil die Straße insgesamt eine Pfütze war. Ich hätte gerne mitgetrampelt, aber zog meinen Trenchcoat um mich zusammen und fror. Ließ ihn aber trampeln, und weil er meine Hand dabei genommen hatte, wurde ich dennoch von dem Trampeln naß, von unten nach oben, und von oben nach unten sowieso durch den Regen. Ich dachte mir: Auf Gift mit Gegengift reagieren. Und schlief dann tatsächlich wie ein Stein.
Gestern sämtliche >>>> ANNO-Texte gelesen; ’sämtliche‘ heißt, alle bis auf die drei, die noch fehlen. Es sind schöne Sachen darunter, aber auch mancher Schmonzes. Zu den s e h r schönen Geschichten gehören die von >>>> Titania, sowie die von >>>> Daniela Danz; an beiden wäre nur noch wenig zu tun; mal hier ein Adjektiv überlegen, mal da eine Satzkonstruktion etwas geraderücken, mehr wirklich nicht. Dann ist da ein Text, der sehr viel Witz hat, aber an einigen Stellen von den eigenen vielen Einfällen erstickt wird; das müßte etwas verschlankt werden. Zwei sehr schöne Gedichte sind dabei. Aber es gibt auch einen ziemlichen Schmonzes dazwischen. Es muß also wirklich, dringend, ein Lektor darangehn, dem ich mich auch gerne selber unterstellte. Für meine Rahmengeschichte notiere ich zu jedem der vierzehn Texte ein Stichwort, eine Person etwa, auf die die Rahmengeschichte direkt oder indirekt Bezug nimmt. Aber mir fehlen halt noch drei Texte, so daß ich nicht eigentlich schon anfangen kann.
Mehr beschäftigt mich unterschwellig >>>> das.
Die Arbeitszeit ist auch heute eingeschränkt, weil mein Junge ab 11.45 Uhr ein Judoturnier hat, zu dem ich ihn hinbringen und bei dem ich auch dabeisein will. Das wird wiederum nach hinten hin knapp, weil ich >>>> heute um 18 Uhr in die Oper muß, fürs >>>> Opernnetz, wo nun endlich >>>> mein Henze-Text erschienen ist. Ich hoffe, daß ich bis abends nicht mehr allzu sehr rumbölke; es wäre sonst ungut unterm Publikum, und sowieso auch, für die Konzentration. Aber ich freu mich auf René Jacobs.
Guten Morgen. Ich schreibe jetzt mein Arbeitsnotat zu >>>> MW und lege dann den Link.
>>>> Moobicent ist mal wieder langsam heute früh; kein UMTS-, sondern nur ein GPRS-Signal. Macht aber nichts, sondern paßt zu meiner gegenwärtigen Verfassung.
7.24 Uhr:
[Scelsi, Chukrum.]
Melusine Walser: Erst einmal numerische Ordnung geschaffen und >>> eine eigene Rubrik angelegt; da ging so einiges durcheinander. Außerdem muß ich mal schauen, wo ich mich im Arbeitsjournal noch zu MW geäußert habe; das wäre herauszukopieren undn zusammenzufassen. Scheißarbeit, aber schließlich – wahrscheinlich – hilfreich. Außerdem, wenn ich wüßte, wo auch nur einer meiner eigentlich zahllosen Labello-Stifte hingekommen ist, ginge es mir auch besser; die Dinger verhindern nämlich exzellent, daß bei der vielen Schnauberei die Nasenflügel wund werden. Ahh! UMTS geht wieder. Das beschleunigt die Arbeit jetzt entschieden.
7.42 Uhr:
[Scelsi, Hurqualia.]
Nee, in der riesigen Schreibtisch-Grabbelschublade gibt’s auch keinen Labello. Dafür alles mögliche andere Zeug, von dem man besser keinem Sittenrichter erzählt. Und Grippetabletten, klasse, italienische aus meiner Villa-Massimo-Zeit, also von 1998. Ich mag das ja, sowas auszuprobieren, ob es noch und wie es dann wirkt. Und twoday ist down, auch nett. Nu kann ich nicht tun, was ich tun wollte. Na gut, dusch ich halt. Und zieh schon mal, falls das von Judoturnier zu Opernpremiere knapp werden sollte, einen Anzug an.
8.39 Uhr:
[Beethoven, Diabelli-Variationen, Richter.]
Na bitte, geht ja wieder. Aber nur GPRS. Egal, ich muß jetzt eh los.
Hab eben das Scelsi-Gedicht wieder aufgenommen.
Nee, geht doch nicht. Irgendwas stört die Kommunikation zwischen Modem und System. Wurscht, stell ich’s halt von drüben ein. – Upps, j e t z t geht’s. Versteh das wer….
23.18 Uhr:
[Am Terrarium.]Soeben von der Staatsoper zurück. >>>> Die Aufführung dauerte an die viereinhalb Stunden, war sehr schön, aber nicht berauschend – was am Stück selbst und durchaus nicht an der Inszenierung liegt. Erst hatte ich vor, die Kritik für das >>>> Opernnetz jetzt gleich noch zu schreiben, aber es wird mir nun doch zu spät. Ich bin von der Rückfahrt durch den Regen, ja noch von der Hinfahrt naß und geh, vergrippt wie ich bin, besser zu Bett, um morgen um halb fünf fit zu sein. Ich werd mich dann gleich an die Premieren-Rezension setzen und denk mal, gegen neun wird sie in Der Dschungel stehen und tags darauf dann im Opernnetz.
Haben Sie eine gute Nacht.
References
↑1 | Die Geliebte: „Ich will ja nichts sagen, aber: heute trink mal keinen Wein, ja?“ „Ja.“ |
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