Paul Reichenbachs Dienstag, der 23. Oktober 2007. Wir kommen näher…

Nicht jeder Tag ist ein Abenteuer. Der gestrige war keins und der heutige, das war schon am Morgen abzusehen, verspricht auch keine besonderen Vorkommnisse. Alles scheint ruhig. Stapel von Büchern auf meinem Schreibtisch schauen mich an. Ich habe das Gefühl sie beobachten mich. Eine CD-ROM liegt vereinsamt neben meiner Tastatur, sie hebt nicht mal ein Lid, so desinteressiert, so scheißegal ist ihr mein Nichtstun. Nichtstun ist falsch, das kann die CD nicht wissen, denn seit Stunden sitze ich da und überlege, wie und auf welche Weise ich dem Büro heute entfliehen kann. Eine herrliche Herbstsonne, die nach Draußen lockt, fädelt sich vor meinem Fenster durchs Gesträuch. Jetzt an der Kurischen Nehrung sein. Aber das wird wohl nie werden, wenn ich realistisch bin. Sie will nach Süden und ich in den Osten. Aber ihre Wetterargumente gaben bisher bei der Wahl unseres Jahresurlaubs den Ausschlag. Und trotzdem, als wir in diesem September durch die Garfagne streiften erfasste mich eine große Sehnsucht nach Wanderdünen und Backsteingotik.
Das war vor 3 Wochen.
Aktueller Anlass für diese, immer mal wieder aufblitzenden Wünsche, ist >>>Johannes Bobrowskis Roman „Litauische Klaviere“, den ich gestern aus meinem Bücherregal geangelt habe und die Suche nach neuerer litauischer Lyrik. Bei >>>Lyrikline, wo sonst, wurde ich fündig.

[Artėjame, ir vandeniu skaidriu…]

Artėjame, ir vandeniu skaidriu
be garso slysta lengvos mūsų valtys,
ir tik žuvėdros vėjuose suveltos
mus pasitinka mėlynu būriu;
ir jųjų klyksmas skamba ausyse,
ir jau jaučiu vėjuotą tavo ranką,
tačiau dvi tuščios valtys prasilenkia,
nes mes tik atsispindime jose.

Donaldas Kajokas

[Wir kommen näher…]

Wir kommen näher, und auf klarem Wasser
gleiten unsre leichten Boote ohne einen Laut,
und nur die Möwen, die vom Wind zerzaust,
empfangen uns in ihrem blauen Schwarme;
und ihr Geschrei bleibt in den Ohren klingen,
und schon spür ich im Wind dich an der Hand,
jedoch das leere Boot nicht zu dem andern fand,
weil wir uns nur in ihnen spiegeln.

(Übersetzung Cornelius Heil.)

R. fehlt mir.

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