Arbeitsjournal. Sonntag, der 5. Oktober 2008.

6.31 Uhr:
[Am Terrarrium.]
Habe bis sechs geschlafen, um halb fünf den Wecker noch mal weitergestellt, a), weil ich eh heute früh am Terrarrium bleiben will; K. ist bei >>>> Bob Rutman gewesen und gerade erst heimgekehrt, hat die Nacht durchgemacht; das Konzert hätte ich freilich auch gerne gehört, wir wären einmal wieder gemeinsam unterwegs gewesen, aber K. hat es erst gestern nachmittag entdeckt, und die Zwillingskinder kann man nicht allein lassen; der „Große“ freilich übernachtet wieder bei seiner Freundin; – b) braucht der Körper noch etwas Kraft gegen diesen grippalen Infekt, der nun zwar weitgehend abgeschmettert, aber nicht ganz ohne Landverheerung geblieben ist; in jedem Fall kauern hie und da noch Heckenschützen. Also: ausschlafen. Und – c) will ich selbst heute abend, wahrscheinlich in Sachen Unterwelt, unterwegs sein; vielleicht laß ich die Hand aber auch nur auf der Klinke jener Tür liegen, hinter der die Gänge so schwindelnd tief hinabführn.

Nachts sah ich mir auf DVD die García-Márquez-Verfilmung der >>>> Liebe in den Zeiten der Cholera an; der Roman ist ja, sozusagen, ironischer Vorwurf meiner „Liebe in den Zeiten des Internets“, die so lange liegenblieb jetzt und vielleicht einmal wieder aufgenommen und fertiggeformt werden sollte. Es ist ein schöner, wirklich schöner Film, richtiggehend Kintop, in langen Bildern, langen Blicken und mit einer melancholischen Vergeblichkeit, deren Wendung in Erfüllung vollkommen überzeugt und nur ganz am Ende, mit den letzten zehn Minuten, ein wenig wie abgekappt wirkt. Woran das liegt, darüber werde ich noch etwas nachdenken. (Wunderschön aber, sowieso, García Márquez Einsicht, daß obsessiv ausgelebte Sexualität den Schmerz verschmähter Liebe mildert. Das Wundersame daran – und der Film zeigt es, es geht in ihm nicht verloren -, ist, daß eine solche Sexualität den Partnern nicht nur körperliche Befriedigung gibt, nein, sie werden einer Milde teilhaftig, die einiges von Gnade hat. Wär ich nicht solch ein Gegner der Uneigentlichkeit, ich schriebe, sie habe etwas von gütiger Ironie.)

Eben las ich eine Mail einer jungen Autorin und Leserin, die mir zu >>>> MEERE schreibt: >>>> sirenomele. Ich mag nicht drüber tratschen, w a s sie mir drüber schreibt, aber daß sie die erste und einzige ist, der aufgefallen ist, daß der Name „Irene“ die „Sirene“ anklingen läßt, gerade in einem Buch, das immer wieder vom Meer erzählt, das sollte hier schon stehen. Achtung, wirklich Achtung.

Mit der Dritten Elegie nicht viel weitergekommen gestern, immer wieder hänge ich an einzelnen Zeilen fest. Außerdem bin ich insgesamt nicht sehr arbeitskonzentriert; mich zieht es mehr zum Cello als an einen Text, und wegen der Buchmessen-Publikationen und auch >>>> deshalb hab ich einiges Vorbereitende zu tun. Deshalb laß ich vorübergehen >>>> die Dts-Rubrik unbeachtet; es wäre (und war ja zuletzt) ein blödes Gestocke und Gestotter, da ist gar keine Kontinuität im Moment. Zudem habe ich das Angebot, die Entstehung von >>>> Birtwistles Io-Passion von den Proben bis zur Premiere bloggend mitzuverfolgen, das reizt sehr, würde aber enorm viel Zeit binden. Insofern bin ich noch nicht entschieden; die ersten Proben laufen aber schon auf der Probebühne in Kreuzberg. Außerdem fällt die Buchmesse in die Probenzeit. Zudem gibt es mal wieder kein Honorar. Und ich könnte natürlich auch keine Kritik für die FAS schreiben, wenn ich zugleich vorher in die Proben so eingebunden bin. Also ist es eine Ermessenssache. Die Aktion wäre eine große Werbung fürs Haus, keine Frage; aber auf meine angespielte Idee, okay, ich hätte mit dem Gedanken gespielt, die >>>> AEOLIA im Konzerthaus vorzustellen (find ich wirklich einen schönen Gedanken), wurde gar nicht erst eingegangen. So b l e i b e ich unschlüssig.

7.29 Uhr:
[Schulhoff, Cellosonate.]
Die Kleinen sind wach, haben schon jedes ihre Fläschchen bekommen, sind gewickelt und spielen jetzt um mich herum am Boden. Ich kann jetzt Musik hören, das ist prima. Die Schulhoff-Sonate kenne ich noch nicht, sie kam heut nach herein. Briefe werde ich erst einmal schreiben/beantworten, jede Stunde mein Metavirulent nehmen, dann die Kleinen füttern, sowas gegen neun, und ab zehn ans Cello gehen. Um elf bringe ich die Kleinen schlafen, dann werd ich den Frühstücks-/Mittagstisch decken und um 12 Uhr K. wecken. Vielleicht ist der Junge dann ja auch schon wieder daheim. Gefrühstückt wird mit Sommerrollen in Reispapier, die K. gestern abend, bevor sie ging, noch zubereitet und mit mir verspeist hat – aber eben nicht alle, sie machten enorm satt, und mit Muscheln diesmal, die ich selbst dann nachts um zehn noch zubereitet habe, damit sie nicht kaputtgehen. Muscheln zum Frühstück, das ist etwas, das mir seit je gelegen hat; ich eß da auch gern heiß aufgebackenen Räucherfisch. Nur für den Fall bemerkt, daß ich, geschätzte Leserin, einmal bei Ihnen übernachte. Sò.

8.31 Uhr:
[Diene Reeves, Palo Alto Sessions.]
Wirklich unschön. Jetzt ist mein >>>> Etta-Scollo-Text w i e d e r nicht in der Sonntagszeitung. Das macht so wirklich keinen Spaß. Hab eben ziemlich säuerlich an Eleonore Büning geschrieben.

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