ein porsche….

… fahrender praktikant arbeitet noch bis ende dezember bei uns. ich treffe ihn immer dann im flur, wenn ich rauchpause machen will, weil er dort steht und raucht. er hat sich heute über sein so schweres leben beklagt. das das studium an sich nicht nur teuer sei, sondern auch die ganzen lernmittel, die er benötigt, daß die benzinpreise doch so hoch wären, er sich deshalb jetzt gezwungen sah, sich in einem kurs spritsparendes autofahren beibringen lassen zu müssen, weil er die 12 kilometer zur firma doch schließlich nicht mit öffis fahren könne, weil dies ja viel zu unbequem sei. die miete für seine wohnung wäre auch sehr hoch, sein geld würde hinten und vorne nicht reichen, er hoffe aus diesem grund, daß sein praktikantengehalt in diesem monat sehr früh, und im dezember doch noch vor weihnachten eintreffe. ich ließ mich auf diesen kleinen dialog ein: „sagen sie mal, sie fahren einen porsche, studieren, haben eine wohnung, brauchen unterhalt für lebensmittel, benzingeld, studiengebühren, geld für die lernmittel, gehen doch sicherlich am wochenende auch auf die piste, wie finanzieren sie das alles eigentlich, ihr praktikantengehalt reicht dafür doch niemals.“ „zahlt alles mein vater.“ „ahja, dann begreif ich auch, wieso sie einen porsche fahren können.“ „wie meinen sie denn das?“ „ihr vater finanziert das alles, sie brauchen nur zu studieren und zu lernen, jetzt in ihrem praktikum zu arbeiten, ansonsten können sie einfach leben, wissen sie eigentlich wie gut es ihnen geht?“ „na ja, ich weiß schon, wie es mir geht.“ „nein, sie wissen es nicht. es gibt studenten, die beantragen bafög, bekommen es bewilligt, und weil dieses vorn und hinten nicht reicht, gehen sie zusätzlich neben dem studium jobben, sie wohnen in wohngemeinschaften, müssen für ihre studiengebühren ein darlehn aufnehmen, welches sie später nach beendigung wieder zurückzahlen müssen, zahlen ihre lernmittel selbst, und fahren ihre strecken nicht mit einem porsche, sondern mit einem alten klapprigen fahrrad, wenn überhaupt. ich verstehe nicht, was in ihnen vorgeht, wenn ich sie so klagen höre. sie werden später lernen müssen, für die summe des geldes, welches sie für ihr leben zur verfügung haben wollen, arbeiten zu müssen.“ „nee… muß ich eigentlich nicht, mein vater hat ein unternehmen, das erbe ich sowieso.“ da mußte ich tief tief durchatmen: „das ihr vater ein unternehmen hat, ist bekannt, sind sie der meinung, daß die erwartung dieses erbes sie zu ihrer jetzigen lebenseinstellung berechtigt?“ „wie meinen sie das, ich kann doch garnicht verhindern, daß ich erbe.“ „sie nicht, aber ihr vater könnte das.“ „das würde er nie tun.“ „sind sie sicher? , meinen sie nicht, daß er als vater erwartungen an sie als seinen sohn hat?, die er auch erfüllt sehen möchte, besonders dann, wenn er ihnen eine ganze firma hinterläßt, und sich wünscht, daß sie diese später weiterführen?“ „will ich garnicht.“ „weiß er das?“ „neee, sag ich ihm auch nicht, ich kann mit dieser firma nichts anfangen, obwohl er sie aufgebaut hat.“ „sie wollen sie verkaufen wenn sie erben?.“ „ja, dann kann ich endlich so leben, wie ich will.“ „wissen sie denn schon, wie sie leben wollen?.“ „ich will einfach nur vor mich hinleben, nichts tun müssen, das leben schön sein lassen, was ich ja, wenn ich erbe, auch tun kann.“ „das ist ein sehr hoher anspruch, den sie da an sich stellen. ich wünsche ihnen, daß das leben sie die erfahrungen sammeln läßt, die ihnen später einmal sagen, wie sie wirklich leben wollen.“ „sie meinen das ironisch, oder?“ „gut erkannt, und warum sage ich das so?“ „weiß nicht.“ „na, wenn sie schon erkennen, daß ich das so meine, müssen sie sich doch gedanken machen, warum ich das so sage.“ „sagen sie es mir.“ „haben sie schon einmal selbst brot gebacken, sind sie schon einmal auf die felder gegangen, haben sich das korn angeschaut, wie es wächst?, ahnen sie, wieviel arbeit es bedeutet, es wachsen und gedeihen zu lassen?, haben sie sich schon einmal hopfen und malz angesehen?. sie werden nie wissen, wie es sich anfühlt, um sein brot kämpfen oder hart arbeiten zu müssen, weil es immer schon auf ihrem teller liegen wird.“ „hopfen und malz, warum erwähnen sie jetzt ausgerechnet das?“ „das können sie sich auch denken… weil ihr vater, wie wir alle wissen, eine große, alte, und wirtschaftlich sehr gesunde brauerei hat. weil er hopfen und malz benötigt, um das bier brauen zu können. er hat diese firma mit eigenen händen aufgebaut, er wird ihnen sein lebenswerk hinterlassen.“ „ja, aber dafür kann ich doch nichts.“ „was ist mit dem abschluß ihres studiums?… sie könnten doch auch in diesem bereich in der firma ihres vaters arbeiten, wenn ihnen diese arbeit spaß und freude bereitet.“ „mein studium?… ich weiß garnicht, ob ich das überhaupt beenden will.“ „wissen sie was?, ich wünsch ihnen jetzt noch etwas, nämlich, daß hopfen und malz nicht irgendwann für sie verloren sind.“ er schaute mich an, ich sah, daß er zwar gehört hatte, was ich sagte, aber nicht wirklich verstanden hatte.
vorgestern vernahm ich, als ich mit einer kollegin kurz in der treppenhaustür stand, weil ich mit ihr noch etwas klären musste, ganz ganz s c h w e r e und l a n g s a m e schritte auf der treppe, diese schritte kamen die treppen wirklich nur sehr schwer hoch, es klang, als waren die füße so schwer, daß derjenige nur ganz mühsam jeden fuß auf die nächste stufe setzen konnte. als ich nach unten blickte, sah ich diesen jungen mann. „ist klar, dir kann im laufen die schuhe besohlen“, dachte ich und schaute mir das an. völlig geschafft kam er bei uns im dritten stock an: „dieser arbeitsweg, diese scheiß fahrerei, die schaffen mich, und dann noch diese scheiß treppen jeden morgen.“ „warum nehmen sie nicht den fahrstuhl.“ „das dauert ja ewig, bis der kommt.“ „sie könnten eine rauchen derweil.“ „gute idee, mach ich morgen.“ er reichte mir die hand zum morgengruß. bei einem solchen händedruck weicht meine hand reflexartig in sich zusammen, weil sie garnicht zufassen will, so weich, schlaff und schwitzig ist seiner. kurz bevor er sein praktikum bei uns begann, sagte mir mein chef: „da kommt ein praktikant, der ist sohn von beruf. sein vater hat seit vielen jahren eine sehr gute geschäftsbeziehung zu uns, ich konnte nicht nein sagen.“
wenn ich dann auf transparenten beim schülerstreik lese: „reiche eltern für alle“, krieg ich graues haar. vorhin sprach ich mit meiner schwester darüber, fragte sie: „mit welchem recht wird eine solche forderung gestellt.“ sie lachte: „was erwartest du von kindern, die lila kühe malen.“