5.32 Uhr:
[Am Terrarium.]
Hab, aufgrund >>>> eines Films, einen Gedanken in mir, der für mich selbst mit einem Tabu belegt ist, dennoch gedacht wird und vielleicht gedacht werden muß, weil er eine nicht ganz unwichtige Spur in eine Grundfrage nach der Moral legt, oder nicht legt, sondern findet, aber nicht weiß, wohin sie führt. Ich muß das erstmal für mich formulieren, anformulieren; es ist zu heikel, um es einfach als Provokation einzustellen.
Später, vielleicht, davon mehr. Vielleicht landet die Überlegung auch nur in dem von anderen Überlegungen gleichsam überquellenden Dateiordner, der eben schon so viel An-Gedachtes/Skizziertes enthält, das bis heute nicht ausgeführt worden ist. (Solche Ordner gehören als Giftschränke verschlossen zu bleiben, wenn ein Autor stirbt; ein Mißbrauch, wie ihn Elisabeth Förster-Nietzsche betrieb, liegt zu nahe als Möglichkeit, sonst heißt es nämlich: ah, das ist einer, der hat die Todesstrafe idealisiert, ja gepredigt, wenngleich die Skizze selbst erst einmal nichts anderes aussagt, als daß man über sie nachgedacht und sich gefragt habe, was sie eigentlich sei).
Dann finde ich eben >>>> einen s e h r guten Brief André Thieles in Der Dschungel und diese damit bei einem ihrer Worte genommen. Wiederum >>>>> gestern auf dem Podium der Deutschen Oper ein nahezu sofortiges, wenn auch, ich möchte sagen: getrenntes Einverständnis mit >>>> Udo Bermbach, vor allem, als es um die Frage einer nach Wagner anzustrebenden „ästhetischen Gesellschaft“ ging und überhaupt darum, was das denn sei, Ästhetik. Das Gespräch war aber viel zu unvorbereitet; ich selbst etwa hatte bis zum Morgen des Tages keinerlei Ahnung gehabt, daß es um den Tannhäuser gehen würde, der >>>> soeben Premiere hatte; für mich war das Gespräch an die neuen Kompositionen, die aufgeführt werden sollten, geknüpft. Es war dann auch nur ein Anreiß- und Hoppelpodium ohne größeren Erkenntnisgewinn, wohl auch nicht einem fürs Publikum. Das zahlreich war, muß ich sagen. Zu den Kompositionen muß ich hingegen nichts sagen; das beruhigt mich etwas; nur, daß mir die Arbeit >>>> Tchemberdjis sehr gefällt in ihrer mätzchenlosen, die Nähe suchenden Haltung, das möchte ich s c h o n ganz gern loswerden, öffentlich. Wie sie mit Elke Erbs Gedichten umgeht, ist einfach wunderbar; ihre Vertonung meines Kindergebetes aber ja auch. Wiederum, wir begrüßen uns, ich sage ihr noch einmal Danke, aber eigentlich haben wir uns nichts zu sagen, sondern lächeln uns nur kurz an, als stünde man an weit auseinanderliegenden Ufern. Was wohl auch stimmt, persönlich, personal, aber dann nicht mehr, hat sich die Arbeit je von der Person getrennt und tritt einem als pures Phänomen gegenüber, das sinnlich-künstlerische Reaktionen auslöst.
Was ansteht? Mit der Steuerscheiße fange ich erst nach Heidelberg an; für die BAMBERGER ELEGIEN ist wiederum nicht Zeit genug, wenn erstmal wieder die Steuerscheiße in die Zeit klatscht. Zu lektorieren ist nicht viel, aber Briefe sind zu schreiben. Und das Cello ist da, das ein wenig vernachlässigte. Auch ist Geldzeug zu erledigen und zu bitten, daß solches Zeug noch vor Weihnachten wieder mal hereinkomme.
8.41 Uhr:
[Arbeitswohnung. Britten, The Turn of the Screw (Cass.-„Projekt“ Nr. 93).]
Eben erst hereingekommen; eine Kette von kleinen Unglückstücken hielt mich auf. Vor allem einmal ist der Zwillingsbub seit gestern abend krank, 39.6, er übergab sich gestern schwer, bekam ein Fieberzäpfchen; die Nacht war dann ruhig, aber heute morgen, das Fieber schien fast ganz wegzusein, erbrach er sich abermals, jetzt übers halbe Bett. Handtücher drauf und, während K. den Buben säuberte und beruhigte, das Bett abziehen, das ganze Zeug in die Waschmaschine, die aber erstmal geleert werden mußte, weil C., der entglittene Junge, seit gestern abend wieder bei uns ist und jede Menge Schmutzwäsche mitbrachte; okay, das soweit geklärt, Aufbruch mit meinem Jungen, er zur Schule, ich zu einer Bank; eine frisch gewaschene Jeans hinten in den Korb… da macht’s (offenbar) PENG, und die Gummilitzen reißen, die den Korb halten. Aber das merk ich erst an der Ampel Eberswalder/Schönhauser. Also umgekehrt, dem Jungen noch einen Kuß gegeben, die Jeans gesucht. Da kommt mir, ich ahne schon nix Gutes, ein Kehrwagen der BSR entgegen. Mehr muß ich, denke ich, nicht erzählen… okay, noch d a s, daß sich obendrein der Haken einer Gummilitze in der Wurfschaltung verfangen hatte, das war zudem eine ewige Reißerei, und ein Stück steckt jetzt noch immer mitten drin, also muß ich um zehn zum Fahrradladen… Als ich aber wieder bei der Bank ankomme und mein Rad abschließen will (das so allerdings eh keiner klauen würde), ist der Schlüssel des Fahrradschlosses abgebrochen und obendrein verschwunden…
Ich sag mir, nimm es mit großer großer Ruhe. Es handelt sich bloß um die >>>> Tücke der Objekte. Und hab mir meinen latte macchiato bereitet und eine Pfeife gestopft, um mit dieser großen großen Ruhe alle die weiteren Briefe anzugehen, die zu schreiben sind wie einige Amtsantworten auch. Dabei hör ich den Britten und werd mich um zehn erstmal ans Cello setzen. Außerdem muß ich >>>> Eigner im Krankenhaus anrufen, den ich nun m o r g e n besuchen will, da ich nach dem Cellounterricht eh an der Charité vorbeiradel.
An die Arbeit, Leute, an die Arbeit.
langer sonntag. auf der paulista http://www.youtube.com/watch?v=nlOQ7eo3MV4 ‚wall-e. der letzte räumt die erde auf‘ erstanden. die verkäuferin, vielleicht 15, musste erst mal ihre jungs davon abhalten, sich zu prügeln. die frau war zucker. spfc haben gewonnen http://de.wikipedia.org/wiki/FC_São_Paulo. so langsam bekennt man sich hier wieder, nach der vergurkten weltmeisterschaft, zum land des fussballs. rumgegurkt. abends wall-e geschaut. der ist soo süß. ich will auch so einen. mich an robbi tobbi erinnert gefühlt. letztlich sind es vermutlich die geräusche, die ihn so einnehmend machen. viel slapstick. wenn die objekte selbst mit menschlichen tücken hadern. der sommer ist da. der britten war in der livraria cultura nicht zu bekommen, leider.