Arbeitsjournal. Freitag, der 2. Januar 2009.

7.48 Uhr:
[Arbeitswohnung. Stille.]
Wären nicht meine Hände, ich würde wirklich auch in diesem Winter nicht heizen müssen, so warm ist mir. Dabei schlafe ich immer mit weit offenem Fenster, und draußen liegt Schnee. Aber eben. Die Hände. (Ich erinnerte mich, als ich eben den latte macchiato bereitete, Glenn Goulds, über den man sich lustig machte, weil er in der letzten Zeit, da er noch Konzerte gab, direkt auf der Bühne neben den Tasten seine Hände in heißes Wasser legte, bis sie aufgeheizt und weich genug waren; man nahm ihm das als Macke übel, verspottete ihn; tatsächlich hatte er eine Krankheit, die den Körper auskühlen ließ. Als Monsaingeon, für Canada TV, seine legendären Gould-Sendungen machte, war das Studio derart aufgeheizt, daß der Mann es kaum habe aushalten können, erzählte er; man sieht den Interviewer auch regelrecht schwitzen. – Also dachte ich: Gut, wenn das Schloß zum Kellerräumchen mit den Kohlen eben nicht funktioniert, füllst Du Dir vorm Cello-Üben eben a u c h eine Schüssel mit heißem Wasser.)
Einen s e h r schlechten Film mit Angelina Jolie gesehen nachts, sehr sehr schlecht, „Wanted“, man kann nur warnen und dabei den Kopf schütteln; es reicht nicht mal, um sich zu ärgern. Nebenbei pikante Chats geführt inklusive einem so blöden Mißverständnis, daß ich richtiggehend nervös wurde vom blubbenden Testosteron. Wiederum >>>> hier stört mich nach wie vor das „Mylady“; es fällt mir aber kein deutsches Wort ein, das sich als ähnlich angemessene Ansprache verwenden ließe; unser „gnädige Frau“ ist zu sperrig und ja erst recht unzeitgemäß, außerdem fügt es sich rhythmisch nicht; „Madame“ zu nehmen, wäre dafür wie ein Zitat, was ich nicht will, jedenfalls kein solches; „Mylady“ hat den Vorteil, im Bedeutungshof etwas sozusagen shakespearsches/renaissance’sches mitzutransportieren; „Madame“ wäre irgendwie 19. Jahrhundert und deshalb g a n z falsch; auch gehen einige Konnotationen des Worts in restlos blöde Richtungen.

3 thoughts on “Arbeitsjournal. Freitag, der 2. Januar 2009.

  1. Mylady Wie schon im Kommentar zum Gedicht angedeutet, befremdete mich eben jenes „Mylady“, wohl nicht allein aufgrund seiner sprachlichen Herkunft, sondern auch wegen mitschwingender Konnotation und der Konstituierung eines bestimmten Geschlechterverhältnisses, das mir das nachfolgende Gedicht nicht aufzunehmen scheint.
    Vielleicht ist es mit seinen Konnotationen eben dieses Wort, das auch manch anderen Lesern Befremden bereitet, bringt es doch Erwartungen von keimfreier Distanz und höfischer Bewunderung mit sich (für den einen vielleicht auch die Idee von Unterwerfung), die das Gedicht wohl gar nicht einlösen will.
    „Gnädige Frau“ und „Madame“ wären wohl ähnlich missverständlich konnotiert. Vielleicht wäre ein eher personalisierender Einstieg denkbar, z.B. mit einer namentlichen Anrede, die vielleicht sogar das „Sie“ beibehält, um die merkwürdige und auch quälende emotionale Distanz zu wahren, etwa „Annabelle, Sie wissen’s genau…“ – dies sei aber nur eine Idee eines ansonsten des Dichtens gänzlich Unvermögenden…
    Etwas konnotationsärmer ginge es vielleicht auch mit „Schöne Frau…“ – ist aber auch nur so eine Idee, um die Sie ja im Grunde nicht gebeten haben.

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