Wir treffen uns nur, um zu vögeln.

Mylady, Sie wissen’s genau:
da hat die Seele keinen Ort
wo sie verweilt

Es eilt ein Sturm durch uns hinfort
durchschwemmt die Frau
und macht den Mann sich bäumen

Wir träumen, wenn wir kommen
nahe aneinander, ja
daß uns das heilt

und teilt den Schmerz benommen
in harte Gier auf, da
und in die milde Zärtlichkeit

des Schlafs dort in den Räumen
aus den Sekreten und der Zeit
für Haut und fast kaum kein Wort

[Überlegung um 18.51 Uhr:
Hinten den Reim offen lassen; das entspricht
sowohl der Erschöpfung wie auch, momentan,
meinem Gefühl dazu. Deshalb die Streichung.]


15 thoughts on “Wir treffen uns nur, um zu vögeln.

  1. Schoener Text – prinzipiell Aber Sie kriegen es nie hin, auch die angemessene Geilheit in die Woerter zu bekommen. Ich habe den Eindruck, dasz Sie “geil” sogar als Terminus vermeiden wollen, was ich fuer arg unzeitgemaesz halte, in Ihren Sachen ist immer viel zu wenig Schmutz. Auch -> DA war das schon so. Entweder ficken Sie zu wenig und stellen sich das immer nur vor, oder Sie haben eine Hemmung, die ich nicht nachvollziehen kann. Aus beidem ergibt sich offenbar diese Sentimentalitaet, die mich bei Ihnen schon immer gestoert hat. Seltsam eigentlich, weil das in Ihrer erzaehlenden Schreiberei anders ist. Woran liegt das?

    1. @Vergil. Was Sie, glaube ich, unter Sentimentalität verstehen, ist etwas, worauf ich gerade, wenn die Liebesspiele hart werden, großen Wert lege, und zwar >>>> deshalb. Ich bin auf das für mich fundamentale Gedicht schon mehrmals eingegangen, zuletzt >>>> hier. Das von Ihnen so genannte und wohl auch so empfundene Sentimentale schließt nämlich, weil es Innigkeit und Nähe braucht, mißbräuchliche Verhalten aus, von denen ich in Ihren Aufzeichnungen manchmal >>>> eine Spur wittere, auch wenn Sie sehr viel Kreide aßen.

    2. Na ja Herr Vergil, wenn Sie es den hinkriegen, aber Sie kriegen
      es gar nicht hin, es nutzt da auch wenig wie ein kleiner pubertärer
      Sockel immer wieder “Ficken” zu schreiben und zu glauben, dass
      sich irgendein Mensch darüber aufregt, oder gerade erregt.

    3. Nun, immerhin erregen Sie mich scheinbar doch, denn
      sonst würde ich ja alles so schreiben dass man es
      auch verstehen kann, also scheint es doch etwas arges
      zu sein, wenn sie ficken schreiben, das ist wie damals,
      als wir noch Stifte hatten und all diese verbotenen Worte
      in unseren Köpfen auftauchten und manche von ihnen
      trauten sich sie aufzuschreiben und hinterher waren alle
      ganz verlegen, zumal wenn es die Lehrerin bemerkte,
      da war ein krachen unter den Tischen, also das war
      wirklich kribbelnd.

    4. @ Herbst Was Sie da als wittern, ist ein irrtuemliche Spur. Es geht mir ganz und gar nicht um Miszbrauch. Haben Sie aber nicht selbst irgendwo geschrieben, Leute mit dominanten und sadistischen Neigungen sind gegenueber Frauen, die sie ihnen erfuellen, Kriegsgewinnler? Ich finde das n ach wie vor ein gutes Bild. Auch dann, wenn solche Maenner wie wir die Frauen in keiner Weise zwingen (allerdings merke ich bei Ihnen, anders als bei mir, nichts sonderlich Bewegendes von Sadismus, auszer seelischem vielleicht): Es ist die Praegung, die diese Frauen zwingt. Man kann das als einen verlorenen Krieg betrachten, auch damit hatten Sie recht. Nur bin ich genau deswegen nicht bereit, den Prozesz zu verklaeren, wie Sie das dauernd tun. Das ist genau mein Eindruck, dasz Sie so eine waermende Decke drueberlegen wollen. Der Prozesz ist aber nicht warm und der Akt weder schoen noch menschlich, keine Erniedrigung und kein Schmerz, egal, wie sehr er herbeigewuenscht wird und wie sehr man fuer solche Frauen letztlich eine Art Erfuellungsgehilfe ist. Und weil das alles alles andere als schoen ist, weil eine von sowas hervorgerufene Geilheit nicht schoen ist, wehre ich mich dagegen, wenn jemand das z.B. in Gedichten schoenredet. Die inneren Widersprueche, die Leute wie wir und solche Frauen in ihrer Sexualitaet ausleben, sind krude, sind hart, sind letzten Endes nicht human. Dasz wir selber aus Praegungen handeln, tut dazu nichts zur Sache.
      Aber vielleicht liegt das Problem, das ich mit Ihnen und Ihren lyrischen SM-Texten habe, ganz einfach in der Sache selbst: dasz Gedichte kein geeignetes Medium sind, um diese Prozesse angemessen dazustellen. Entweder sie werden pornographisch und damit schlecht, oder sie werden kitschig und damit auch schlecht.

  2. Dysphrasie droht Dystrophie Nur ein kurzer Kommentar, bevor mich Hunger und eben jene drohende Dystrophie an den Kühlschrank und zurück an meine ANH-Studien treiben: Das Gedicht fängt in meinen Sinnen sehr schön die Dissonanz der körperlichen (in diesem Fall heteronormativen) “Liebe” ein, die um der Körperlichkeit und ihrer Begierden Willen eingegangen wird, sich jedoch dem Wunsch nach einem Heilen der Seele, das jedoch nur für kurz erreicht werden kann, nicht zu entziehen in der Lage ist.

    Hier mehr “Geilheit” (ohnehin ein inzwischen wortwörtlich abgewirtschaftetes Wort) im Wortlaut zu verlangen und dahinter noch eine Sprach (oder andere) -hemmung zu vermuten, scheint mir die Sinnaussage zu verfehlen.

    1. Addendum Um nicht unkritischer Lobhudelei verdächtig zu wirken, möchte ich bekennen, dass der Beginn mich verwirrt. Erscheint mir der Eingang recht salopp, gehalten in einer anglizistischen Ansprache, vornehm aber vornehmlich möglicherweise, um die nachfolgende Sinnhaftigkeit nicht des Versmaßes zu berauben, wird die Perspektive nachfolgend allgemeiner, dann persönlicher und selbstreflexiver, schließlich (zeit-)lupenhaft detailliert und ein wenig trauernd. Hmm… vielleicht sprach hier der Dichter aus seiner Perspektive eben nicht nur als Dichter, sondern auch als Mann – Konflux, der schlechterdings zu trennen ist, wohl aber von Zeit zu Zeit (oder Vers zu Vers) andere Perspektiven gestattet. Zunehmend weniger verwirrt…

  3. warum ueberhaupt die anrede? da das gedicht in der zusammenfassung des gemeinsamen “wir” weiter geht, wuerde ich es mit: “wir wissen es genau” beginnen lassen. “Zeit fuer Haut” ist sehr schoen, so wuerde ich auch titeln. nach wie vor bin ich aber der meinung, es muessen andere nomen her als seele, schmerz und gier und sturm, und andere verben als baeumen und eilen. aber dann waere es ein anderer stil, deshalb weiss ich auch wieder nicht, ob ich das empfehlen wollte, wenngleich ich ihre faehigkeiten ja fuer sehr wandelbar halte, und warum nicht einmal im stil eines sachlichen praeraffaeliten?
    die sonne laesst sich blicken, ich will los, wenngleich mir heute eher nach massage ist.

    1. @diadorim. “warum ueberhaupt die anrede?” Wegen des Rhythmus; da muß auf jeden Fall wieder ein dreisilbiges Wort hin, ein anderes, das ist mir klar, aber vielleicht eben wirklich ein Name…
      “es muessen andere nomen her als seele, schmerz und gier und sturm, und andere verben als baeumen und eilen.” Das möchte ich gerade n i c h t, nicht in jedem Fall. Seele und Schmerz bezeichnen genau, was ich meine; wir haben es uns nur angwöhnt – ich meine: als Ergebnis eines Prozesses, der die pragmatischen Naturwissenschaften internalisiert hat und, was der Hauptgrund meines Widerstandes ist, zugleich das Selbst in die Warenform bringt – solche Wörter als vorgeblich kitschig zu vermeiden. Das hatte nachvollziehbare Gründe, ist aber längst seinerseits fetischisiert.
      “aber dann waere es ein anderer stil.” Ein anderes Gedicht. Doch ist Ihr Vorschlag reizvoll, nicht für dieses, doch halt für ein anderes. Ich drehe mich ja doch um die immer gleichen Themen.
      “warum nicht einmal im stil eines sachlichen praeraffaeliten?” Haben Sie da ein Beispiel? Ganz spontan dachte ich: Ja. – Ich hab aber ein Problem mit dem Paar Sachlichkeit & Präraffaelismus, wenn ich mir >>>> Rossetti, >>>> Millais und vor allem >>>> Collier, der mir sehr liegt, so ansehe… (Elisabeth Siddal, à propos Rossetti, tritt in meinen >>>> zweiten Andersweltbuch sogar persönlich als Figur auf).

    1. @parallalie. Ja, Helmut, das ist genau die Richtung. Nur daß die Minne im troubardourschen Verständnis eine keusche war. Ich will genau das umdrehen und drehe es auch, real, dauernd um. Allein deshalb ginge myfouw(e) nicht, davon abgesehen, daß das Wort in seinem Umfeld arg belastet ist, fälschlicherweise, aber das Ergebnis wäre noch problematischer, als es nun mit “Mylady” ist. Wie ich >>>> eben schon an diadorim und auch im gestrigen Arbeitsjournal schrieb, muß das Wort aber auf jeden Fall ersetzt werden. Ich find nur derzeit keine Lösung, bin ein wenig zu ungerichtet…

    2. Minne ohne Keuschheit? Wenn ich es also recht verstehe, so suchen Sie nach einem Ausdruck, der einerseits die der Frau gezollte Bewunderung transportiert, andererseits aber das körperliche Begehren einschließt?
      Verbände man dies nun mit der vorigen Idee, einen Namen zu verwenden, so müsste man einen weiblichen Namen suchen, der eben dies ausdrücken kann. In der Ihnen ja vertrauten griechischen Sagenwelt könnte es solche Gestalten geben, oder? Helena vielleicht? Sie ist ja in der Anderswelt schon ähnlich konnotiert. Aber wenn Sie diesen “Link” nun meiden wollten, kämen sicher auch andere Gestalten in Frage. Sehr kraftvoll als Gestalt vielleicht Hekabe/Hekuba/Cisseis?
      Andererseits mag das Problem sein, dass die Konnotation in der griechischen Mythologie das Gedicht als Ganzes neu konnotiert, was auch wiederum vielleicht nicht Ihre Absicht ist. Aber vielleicht lohnt es sich dennoch, in diese Richtung weiterzudenken.

  4. Ich sehe nicht, daß der Vorwurf, Herr Herbst ließe es in seinen Zeilen an Geilheit missen, gerecht ist, auch wenn er dem subjektivem Empfinden nach zutreffen mag. Dieses kann jedoch für jeden Versuch geltend gemacht werden, einem grundlegenden menschlichen Gefühl sprachlichen Ausdruck zu verleihen. Woraus womöglich die Macht der nicht abbrechen wollenden Wiederkehr eben dieses Versuches sich speist. Gerecht würde seinen Versuchen (ich schließe damit manche seiner anderen Texte bewußt ein) für mein Urteil eher, das prinzipielle Ungenügen des je betrachteten Versuches gegenüber dem eigenen Empfinden zunächst zu postulieren. Gelänge ein abschließender und umfassender sprachlicher Ausdruck, wäre das ganze Spiel banal. Wie es das Wort ‘geil’ zu werden droht angesichts seiner allfälligen Verwendung.

    Dieses Ungenügen aber einmal gesetzt, liegt der Reiz solcher Versuche für mich gerade in der nicht abschließenden Folge immer neuer Annäherungen. So, als wollte ich einen Kreis durch die endlose Angabe seiner Tangenten stets nur näherungsweise herzeigen, statt ihn mit einem Zirkel kurzerhand direkt hin zu zeichnen. Eine Vorstellung, die meinen Ideen über Geilheit und das mit ihr bewertete Handeln deutlich näher läge als die in die Mitte zielende Tat.

    Zum Ersetzen des Mylady: ich finde den Ausdruck in dieser Form gar nicht mal so übel, paßt er doch zu der etwas wahllosen Wortwahl des gesamten Gedichtes und bringt mit sich eine gewisse Frische und Leichtigkeit. Griechische Namen empfinde ich persönlich immer als ein wenig geschmacklos und streberhaft bemüht, außerdem wäre ein persönlicher Name mir an dieser Stelle viel zu spezifisch. Vielleicht wäre ‘Demoiselle’ (ich hoffe, es richtig geschrieben zu haben) noch eine Möglichkeit, wenn das Mylady zu viele unpassende Echos aufwirft. Ich nehme nicht an, daß Sie ‘amante’ (Geliebte) in Betracht ziehen, weiß allerdings nicht genau, wie ich auf diese Annahme komme.

    1. Geliebt, so oder so Warum dann nicht gleich “Geliebte”? Zumal der Begriff durchaus zweideutig aufgefasst werden kann. Dem “amante” (oder auch dem Mademoiselle resp. “Fräulein”) ginge dann m.E. doch die Leichtigkeit des “Mylady” zugunsten einer etwas hochnäsigen Künstlichkeit ab. Den Einwand higegen gegen die griechischen Namen kann man gelten lassen.

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