….. „bin schon auf der autobahn“, brüllte mein bruder am telefon. er kam tatsächlich. wir aßen zusammen, redeten eine stunde, danach setzte er sich ins auto und fuhr wieder. „ich mach mir sorgen um dich, ich seh dir an, wie es dir geht“, sagte er, als er sich verabschiedete. „ich seh’s auch“, antwortete ich. „dieser zug um die mundwinkel gefällt mir nicht.“ „mir auch nicht.“
um 16.00 uhr stand u. pünktlich vor der tür. „du hast abgenommen.“ „ja, obwohl ich wie ein scheunendrescher fresse, der körper zehrt alles sofort wieder auf.“ sie wollte mit mir um die alster gehen, woraus nichts wurde, weil das wetter umschlug. kalt war nicht nur der wind, sondern auch die feuchtigkeit. sie zeigte mir die staatsoper, die kunsthalle… und noch so einiges. eine jacke kaufte ich mir, eigentlich nur, weil ich jämmerlich fror, aber auch, weil sie um 50 % runtergesetzt war. diese jacken findet man so gut wie nie zu einem reduzierten preis, das geschäft feierte heute aber jubiläum, deshalb der preis. „muß ich die wachsen?“ „nur dann, wenn ihnen die baumwolle zu trocken wird.“ ich liebe diese jacken, weil sie praktisch sind, und einfach zu allem passen, meine älteste ist 10 jahre alt, inzwischen völlig zerschlissen, aber ich trage sie immer noch. u. schaute mal hier, mal da… „guck mal, ist das nichts für dich?“ „igitt, sieht ja scheußlich aus.“ „guck mal, wie findest du denn die schuhe?“ „da tun mir die füße ja schon beim ansehen weh.“ „und das da?….“ „neee….“ nach einer weile: „shoppingtouren sind wohl nichts für dich.“ „so reine touren nicht wirklich, ich will in ein geschäft gehen, anziehen… für passend befinden, bezahlen und wieder rausgehen, wenn ich nix kaufen will, brauch ich auch nicht zu gucken.“ „ohhhh…. guck mal da, ist das nicht ein entzückendes strickjäckchen?, das könntest du doch gut tragen.“ „ich will nix mit schleifchen und rüschchen.“ „ich geh mit dir nie wieder einkaufen.“ „oh… du kannst mich in einen bücherladen nach dem anderen schleppen, in ein wirklich gutes schuhgeschäft auch, wenn wir dann jetzt noch einen tabakladen fänden, wär ich froh, hab meine zigaretten vergessen.“ irgendwann schloß ich frieden mit diesem nachmittag, ließ mich in ein geschäft nach dem anderen schleppen. u. fand alles mögliche, unter anderem ein kleines rotes jäckchen, ein paar rosa schühchen, ein passendes täschchen dazu….. in einer kleinen seitenstraße blieb ich dann wie angewurzelt stehen. „die willst du doch nicht kaufen, guck mal auf den preis.“ „sie sehen einfach geil aus.“ „aber da ist doch garnichts dran.“ „eben, und guck dir mal das leder an.“ „ich geh da nicht rein, die behandeln dich doch sicherlich ganz von oben herab.“ „wieso… weil es handgefertigte schuhe sind?. wenn die zu diesem preis im fenster stehen, hat sich eine kundin die anfertigen lassen, und hinterher nicht genommen, ich geh da jetzt rein.“ „die passen dir bestimmt nicht.“ „wetten doch?“ ein sehr netter verkäufer kam uns gleich entgegen. ich hob meine hand, zeigte in richtung schaufenster: „die schuhe da bitte.“ „sie haben einen guten blick.“ „das hätte ich an ihrer stelle jetzt auch gesagt. geh ich recht in der annahme, daß eine kundin sie hat sich anfertigen lassen?“ „ja, aber sie wollte sie hinterher nicht, wir nahmen sie zurück.“ „ich möchte sie gern anprobieren.“ „woher wollen sie wissen, daß das ihre größe ist.“ „ich seh das.“ „nehmen sie bitte platz.“ die stiefelette saß wie angegossen, cognacfarbenes leder, flacher absatz, sehr feste und dicke ledersohle, die spitze nicht zu spitz, aber auch nicht rund gearbeitet, oben am einschlupf rechts und links über dem eingesetzten gummibandkeil jeweils eine lasche, ein absolut schlichtes blatt, und… ein wunderschön gearbeitetes leder. „und?, möchten sie die verkaufen?“ er sah mich an, ich sah ihn an. er ging 10 % runter. ich sah ihn immer noch an. „ich hätte da als kleine zugabe noch einen schmalen schlichten gürtel in der gleichen farbe, sehr gutes leder.“ „auch in größe 70?“ „in größe 70?… ja, hab ich da.“ „ok.“ u. lief währenddessen rot an, trat von einem fuß auf den anderen: „ich geh schon mal vor die tür.“ „ja, ich komm gleich.“ der verkäufer packte beides ein: „möchten sie den karton?“ „nein, den schmeiß ich sowieso weg, hätten sie einen schuhbeutel?“ „ja, selbstverständlich.“ er öffnete mir die tür, als ich das geschäft verlassen wollte: „habe die ehre“, sagte er tatsächlich. u. bekam kaum luft, war völlig baff: „das hätte ich mich nie getraut.“ „wieso nicht, fragen kostet nie was, und handeln grundsätzlich weniger. du hast dir drei jacken, ein kleid, zwei paar schuhe, und zwei taschen gekauft, ich mir eine runtergesetzte jacke, und ein paar stiefeletten, hab noch einen gürtel umsonst dazu bekommen. jetzt rechne mal nach, wer hat mehr ausgegeben?“ sie rechnete: „scheiße verdammte, ich natürlich.“ „und wer hat sich die besseren qualitäten gekauft?“ „na du natürlich. ich würde mir nie so eine jacke und auch nicht solche stiefeletten kaufen.“ „du kannst davon ausgehen, daß ich beides mindestens 10 jahre tragen werde, ich mach so etwas nicht jedes jahr.“ „schuhe 10 jahre?, wie geht denn das?“ „in dem man sie pflegt, nach jedem tragen die spanner wieder einsetzt, sie regelmäßig putzt, besohlen, und neue absätze machen läßt.“ „du putzt deine schuhe regelmäßig?“ „ja natürlich.“ „ich kauf mir neue, wenn die absätze abgelaufen sind, sind ja auch meistens saisonschuhe.“ „da brauch ich jetzt nicht zu fragen, wer von uns beiden in den nächsten 10 jahren mehr für schuhe ausgeben wird.“ „möchtest du jetzt noch in einen buchladen?“ „ja gern, ich such noch eines.“ ich fand es, freute mich darüber. zur staatsoper wollte ich dann auch noch mal, mich informieren, nahm noch ein programmheft mit. „ist dieses gebäude nicht einfach schrecklich?“, fragte u.. „wenn die akustik stimmt, ist das äußere eines solchen gebäudes völlig unwichtig.“ „oh, weib, was bist du zicke heute.“ „ich weiß, ich sagte es dir aber, bevor wir losfuhren.“ „fühlst du dich jetzt besser?“ „ganz bestimmt, wenn wir am wasser sind.“ sie fuhr mit mir zu einem restaurant. als wir auf das gebäude zugingen, hielt ich inne: „das ist jetzt aber nicht dein ernst, oder?“ „doch, sehen und gesehen werden. die glühen schon mal vor.“ „wie?, was?“ „die nacht fängt doch erst an.“ ich ließ mich darauf ein, bereute es schon nach einer halben stunde. diesen geräuschpegel der auch noch so unterschiedlichen geräusche, der klänge, des sprachgewirrs… alles schlägt wie wellen an die decke des gebäudes, hält kurz inne, schwappt kurz zurück, steigt noch mal nach oben, und knallt dann von oben ganz herunter. nach einer stunde rauschte es nur noch in meinen ohren, ich konnte kaum verstehen, was u. mir erzählte. irgendwann hielt ich das einfach nicht mehr aus: „ich geh kurz raus, eine rauchen.“ die stille draußen haute mich fast um. ich setzte mich auf den steg, schaute auf das wasser, zündete mir eine zigarette an. diese fünf minuten waren die besten des ganzen tages. u. verstand meinen gemütszustand aber, sie wünschte mir beim abschied alles gute: „ich ruf an, bin zwar in london, aber ich ruf dich an. smse mir deine telefonnummer im krankenhaus. will doch wissen, wie es dir geht, und ob alles gut verlaufen ist, bringt dich jemand hin, holt dich jemand ab?“ „ja… ist alles geregelt, hin fahr ich mit dem taxi, j. wird mich abholen.“ „ich drück dir die daumen.“ „danke.“ „küssi, küssi… und tschüssi, mein geiger wird gleich noch anrufen.“ „der geiger aus österreich?“ „ja, nicht der falsche kärntner. mit dem geiger flieg ich übrigens anfang mai nach florida.“ „anfang mai?, da ist doch regenzeit, wenn jemand das wissen müsste, dann doch du.“ „ach du scheiße, stimmt, hab ich ja garnicht dran gedacht. ich werde ihm sagen daß er umbuchen muß.“ „macht er das dann?“ „ja… er geigt so gern“, anwortete sie, und grinste, „und er bezahlt den urlaub, er bezahlt immer alle urlaube, die wir zusammen verbringen.“ „und? was für ein gefühl ist das für dich?“ „naja, es verpflichtet.“ „tolle wurst.“ „ja, aber ich sehe länder, die ich nie zu gesicht bekäme, ich könnte es mir ja garnicht leisten.“ „na, das hat doch was, du bekommst umsonst deinen urlaub, und er kann so geigen, wie er möchte.“ „du nun wieder.“ „ja ich nun wieder, ich wünsch dir ein paar schöne tage in london, und wenn du milkyway midnight bekommen kannst, bring mir welches mit.“ „mach ich doch glatt.“
ich kann mit der außenwelt im moment nichts anfangen. ich vermisse den engel im kakao, und den riesen mit der schneekugel.