das war ostern. ostermontag? in brasilien kein feiertag. m hatte samstag geburtstag, wir fuhren mit den rädern durch die ziemlich autobefreite stadt. es ist verrückt, wie gut er sich hier auskennt, er kennt die stadt besser als mancher paulistano, weil er beinahe überall schon mit dem rad war. es gibt keine radwege, rad fahren in sao paulo heisst fortbewegung als guerilla, aber es werden mehr, und es wäre ein leichtes durch die wohnviertel ein radleitsystem zu legen. kassab http://en.wikipedia.org/wiki/Gilberto_Kassab hatte es bei seiner wahl versprochen. aber nunca sabe = keiner weiss es, ist das sprachspiel, das auf seinen namen lautet. abends ging es zum chef do ano der japanischen restaurants aqui. maraviloso. und diese japanische keramik, auf der das alles so liebevoll angerichtet war, die lichtregie, die innen und aussenräumlichkeiten. brasilianisierte japaner sind jedoch oft froh, nicht mehr an das erbe strengerer rituale ihrer heimat gebunden zu sein. irgendmal möchte ich auch dieses land noch bereisen. takeshi kitanos hana bi und juzo itamis tampopo gehören in meinen archiven zu den filmen, die mir unvergesslich sind. beim übersetzerworkshop im lcb war es nora bierich, die mit einem spannenden tattoo-krimi aus dem japan der 50er jahre vertreten war. ist der schon erschienen? eine sympathische frau. ich könnte hier mit einem japanischkurs beginnen, es gibt so viele möglichkeiten. aber ich sollte lieber mal was fertig machen, als schon wieder was neues anfangen. unter anderem die übersetzungen. gestern ging es in den botanischen garten. tudo tranquilo, trampolingrosse spinnennetze, kolibris, holzstege führen durch einen rest mata atlantica. affen waren dies mal nicht zu sehen, die suchten ostereier. was sao paulo fehlt, sind solche freiflächen, tiergarten hier, wann- und müggelsee dazu, darin die brüllaffen, tukane und faultiere, das wäre irre, irgendwie hat die oligarchie nicht kapiert, dass sie sich selber was nimmt, statt gibt.
‚impossible germany / unlikely japan‘ http://www.youtube.com/watch?v=97IT0-EDTtw
wir fuhren in den rückreisestau, and i was listening, hell i was,
all the time. nach zappas watermelon in easter hay eines der schönsten gitarrensoli, die er kenne, sagt m.
jippi muss mir doch gleich mal die roxy & elsewhere auflegen – obwohl mir sone pieces
wie „more trouble every day“ einfach zu pessimistisch sind …
E-Gitarre. Etwas, das ich nie recht verstanden habe, ist, daß ich den Klang von E-Gitarren nicht mag, ja mir schlecht davon wird, daß ich ihn aber sofort mag, wenn er in sinfonischem Zusammenhang auftaucht, in Neue Musik mit hineingenommen ist; dieses nichtMögen wird ausgesprochen verstärkt, wenn noch ein durchlaufender Beat übers Schlagzeug hinzukommt, ich fühle mich dann durchweg vergewaltigt. Als hätte ich da ein Trauma abbekommen. Ohne Schlagzeug ist es mit mir und den E-Gitarren auch schon besser; es bleibt dann aber dieser – von mir so empfundene – jaulende Klang: als klagten nicht Menschen, sondern die hätten zu schweigen, weil die Maschinen klagen. Höchst seltsam, weil mir das bei anderen elektronischen Instrumenten nicht so geht, etwa gar nicht bei Klangverfremdungen durch Ringmodulatoren.
(Nehmen Sie diese Zeilen als Beleg dafür, daß ich mich sehr wohl aussetze, wenn ich aufgefordert werde und/oder einen Hinweis bekomme).
Radfahren als Guerilla-Akt: d a s würde mir gefallen! Sofort wär ich dabei. In deutschen Städten radzufahren, ist schlicht ein bißchen langweilig, vor allem, wenn man Fahrrradwege benutzen soll. Was ich gerne vermeide.
schnippischer zuwurf das solo verlangt von dem rezipienten ein interesse an unterworfen-sein ab.
je weniger ein interesse an soli ( auch solo-konzerten ) in einer gesellschaft vorhanden ist, desto kollektiver wäre diese gesellschaft.
ein abschaffen darüberhinaus von melodie ( als leitfunktion stets fungierend )
implizierte komplett die abgabe von macht an den einzelnen innerhalb des kollekivs.
die letzte konsequenz eines maschinenzeitalters, und ausdruck eines grösstmöglichen gefühls – so jedenfalls meine theorie.
klingt sicherlich für die meisten haarstreubend insofern das ohne geschichte gedacht würde.
man braucht also die geschichte immer aber eben als geschichte – als etwas hinter sich gelassenem, an deren farbenspiel man sich erfreut und dessen dramatik einen fremd ist.
putzig.
oh, aber scofield, ribot, rosenwinkel, izmailov, frisell? mir geht es mit saxophon so, dass ich es kaum noch ertrage, was vielleicht daran liegt, dass es nun wirklich immer herhalten muss, wenn gerade irgendwo knisternde erotik einzug halten soll. klassische gitarre höre ich dazu sehr gern, hätte aber lieber trompete oder klavier gelernt, von heute aus betrachtet, weil es ist einfach nicht einfach, klassische gitarre so zu spielen, dass was halbwegs hörbares dabei rauskommt anfangs, wer mal julian bream bach hat spielen hören, ahnt, was ich meine. und meine fingernägel sind sehr weich dazu, immer musste ich nagelhärter nehmen, wenn ich zur gitarrenstunde fuhr. vielleicht folge meiner vorwiegend vegetarischen ernährung, aber ich ekel mich nicht vor fleisch, nur mochte ich es nie gerne, und die letzten 20 jahre weitgehend drauf verzichtet zu haben, macht sinn, wenn ich hier sehe, was an regenwald dem futtersoja weichen muss, um nur ein übel der massentierhaltung zu benennen. allerdings, wenn man an die überfischung der meere denkt, ist auch bald mal mit sushi schluss, viele ekeln sich eher mal vor rohem fisch, dabei geht echt nichts über sehr frischen rohen thunfisch.
wenn ihre liebsten so fahren würden, wie m fährt, dann würd ihnen das auch nicht immer nur gefallen, zumal nicht, wenn sie sie dazu schon mal aus dem strassengraben gefischt haben. wenn wir zu zweit fahren, ist es jedes mal ein gegenstand der diskussion, da ich unterstelle, dass er mich so noch mal an den strassenverkehr verliert, während er sich wirklich an keine rote ampel hält, das mag in berlin noch gehen, aber hier ist das lebensgefährlich, und wenn mich hier jemand platt macht, will ich, dass derjenige schuld hat und nicht ich, so einfach. die guerilla nennt sich sampa bikers und sprüht ihre radsignets nachts auf die strassen, sie stellt weiss lackierte ghostbikes an den stellen auf, wo radfahrer umgekommen sind, sie alle streiten für radrechte und radwege, wenn sie sich auch ihr recht noch erzwingen müssen, mittwochs abend fahren sie im pulk durch sp, manche mit grubenlampen an den helmen.
als ich mal noch ganz im deutschen modus hier ohne zu schauen über einen zebrastreifen spazieren wollte und ein auto in die eisen ging, zog mich m verschreckt zurück und prägte den denkwürdigen satz: du weisst doch, zebrastreifen in sao paulo markieren nur die stellen, wo man totgefahren wird…
man muss nicht überregulieren, nein, sicher nicht, aber ich möcht mich auch nur ungern von einem unnötig ressourcenverschlingenden suv auf sao paulos strassen herbarisieren lassen.
@ppa. Kollektive. Ich w i l l keine kollektive Gesellschaft; alles, was Kollektiv ist – schon Gruppen ab dreivier Personen erlebe ich so: sie haben mir früher regelrecht Panik gemacht; unterdessen, seit ich meine Position definiert habe und bereit bin, sie durchzukämpfen, mag ich sie nur nicht mehr, und zwar nirgends -, ist ungut und führt direkt in die Katastrophe. Ohne kollektives Denken wäre ein Hitler völlig machtlos gewesen, das K o l l e k t i v hat Auschwitz verschuldet, n i c h t haben es einzelne Verbrecher und wären sie noch so machtvoll gewesen; es waren in der Tat – mit wenigen Ausnahmen – d i e Deutschen. Alleine durch Kollektive sind auch Kriege möglich.
ich werde immer für die solis streiten, wenn auch manches jazztrio drauf verzichten darf und könnte, jedem mal die bühne zu bereiten, das wirkt mitunter reichlich quälend, stimmt schon, andererseits, no way, real existiert habenden kommunismus irgendwie auch nur ansatzweis auf kunst transponieren, ist so ziemlich das letzte, was sich noch sinnvoll tun lässt. dass jeder ein künstler sei, ist eine höchst exklusive erkenntnis und ein noch exklusiverer weg dorthin. worte wie kollektiv jagen mir angst ein, ich hab schon den teuer bezahlten kindergarten geschwänzt, wenn eben möglich.
oh, da reagieren wir scheinbar auf das selbe reizwort – hihi.
Jazztrios @diadorim. Einverstanden. Es liegt daran, daß Jazztrios, wenn sie gut sind, eh nur aus Solisten bestehen, ähnlich manchen Ensembles für Kammermusik. Hier erreicht sich der Ton aus dem Miteinander der Soli: d a s ist Utopie. Und realgeworden als Klang. Deshalb brauchte es, strenggenommen, die Soli da nicht. Wie in sehr guten, weil gleichberechtigt arbeitenden Teams. (In solchen läßt sich auch der Dirigent als ein Solo inter pares begreifen und nicht als Generalmusikdirektor).
herbst – – es geht doch ums prinzip – wo war denn das III reich ein kollektiv ?
das war doch die krasseste form einer herrschaft von eliten.
ich rede ja eben nicht von geschichte sondern von geschichte die sich völlig überholte – sicherlich in eine absolut utopistische vorstellungs-skizzierung.
aber bemerkt man wohlwollend die geamte ideenwelt, der sich die meisten täglich psychisch vor allem noch unterwerfen müssen so müsste man sich schon fragen, was man eigentlich generell von sich halten sollte.
und dazu gehört halt nun mal die fähigkeit der distanzeinnahme zu sich selbst.
aber wiegesagt – ich bin weder gesellschaftstheoretiker noch anthropokybernetiker
oder auch „nur“ therapeuth – der sowas etwas weiterformuliert …
herbst – letzte schnippischkeit – an anderer stelle redeten sie was von homophobie – ja von der angst sag ich mal über den tisch gezogen zu werden – eine weitverbreitete form von schwacher, motivational wirksamer paranoia.
nun möchte ich mal wissen wie in einem echten kollektiv paranoia entstehen sollte aber eigentlich darüber hinaus erstmal wie ein kollektiv möglich wäre, das den einzelnen nicht nivelliert.
meiner meinung nach läuft das auch über „träume“ – über gedankliche realitäten, die den einzelnen begleiten müssen – über bildungshorizonte die sich letztlich wieder mit menschlich-sozialer grundempathie zusammenschlösse.
hm
machteliten bildeten die nazis sicherlich, aber bildungseliten? vor allem haben sie einen gesamten bildungsstand vergast. elite in einem atemzug mit nazis zu nennen, läuft meinem empfinden von diesem begriff völlig zuwider. waren sie nicht viel mehr getrieben von einem hass auf alles, was sich bildung oder moderne verschrieb? ‚entartete‘ kunst, bauhaus, neue musik…
distanznahme zu sich selbst, hm, als pose, als ironie, ok, als demutsgeste, nicht ok. statt kollektivität würde ich immer die gemeinschaft der diversität bevorzugen, und, ja, eine gemeinschaft von teamfähigen solisten.
was soll ich generell von mir halten, wenn ich gerade in einer besonders verzwickten situation stecke? ich fahr mein generell-programm hoch, aber das meldet nur fatal daemon-failure. kommunismus war nicht die beste antwort auf nazideutschland, aber es war eine, und viele intellektuelle schlossen sich aus notwehr, nicht aus überzeugung, an. man kann um nichts einen zaun ziehen und sagen, dahinter iss nu das bessere leben. das kann ein kapitalist so wenig wie ein kommunist.
Herbst, unschnippisch: Sie mögen den Krieg nicht direkt, aber son bisschen in den vibes soll er sein?
Sie dissen Kollektive, aber grooven mythisch herum?
Also ich sag mal, wer Fleisch und Blut sagt, der muss auch Kollektiv sagen.
Wer A wie Anfang sagt, der muss auch B – wie Bakchen sagen.
Aus A wie Alpha folgt Orgie wie Omega.
So ganz spontan jetzt ohne jedes Versmaß
aber in jeder dusseligen pizzeria kann ich sagen, ich hätt gern die napoli, aber lieber ohne oliven. ich hab nienich verstanden, warum man auch b sagen muss, echt nicht, muss zb, wer ficken will, freundlich sein, nein, ich könnte wetten, es ficken sich auch viele, die sehr unfreundlich zueinander sind. die welt ist voll von falschen prämissen und schlechten arbeitshypothesen.
dagegen stehen immer konzepte wie der paco paco http://de.wikipedia.org/wiki/Paco_Paco, dürfts nicht geben, dürft nicht fahren, aber gibts und fährt doch.
@HölderLine & ppa. Ich versteh schon Ihre ganze Sprache nicht. Was ist bitte „dissen“, und was ist „grooven“, vor allem auf mich bezogen und weshalb in diesem Kauderwelsch? Wer Fleisch und Blut sagt, muß durchaus nicht Kollektv sagen, nicht mal, wer Blut und Boden sagte, müßte das? Weshalb s o l l er denn müssen? Das bekäm ich gern mal erklärt, aber in S p r a c h e, nicht vermittelt gekauter Gummis.
„Homophobie“ hat nicht „Menschenangst“ gemeint, ppa. Und wenn Sie, wie ich es erlebte, als Schulkind jeden zweiten Tag von den „Kameraden“ zusammengeschlagen worden wären, hätten Sie ein gutes Gefühl dafür, was ein Kollektiv i s t, und davon, daß es nicht darum geht, „über den Tisch gezogen“ zu werden – sondern um eine prinzipielle Ablehnung j e d e r Form von Kollektiv.
diadorim – ein hauchen dazu es geht nicht um regulationsformen, diadorim, sondern erst einmal um technik,
die sich von einer verhaltenstechnik ablöst und deutlich in den bereich ideenwelt
einsteigt – also eigentlich was projektieren anbetrifft.
das bild einer gesellschaft aus solisten deckt sich sowohl mit herbst als auch mit
meinem eigenen und sicherlich auch mit dem von hölderline so ich das vermute.
die lähmende paranoia setzt da ein, wo der einzelne anfängt dem kollektiv zu misstrauen – und die technik im allgemeinen erfährt missachtung, insofern ein statischer zustand der gesellschaft zum vorteil von eliten künstlich und manipulativ aufrechterhalten wird.
ads mit der massenorgie ist die konsequenz eines anderen denkens, dem ich mich anschliesse, h.
( ein kleines fruchtbarkeitsfestchen aufm dorf ist wo auch immer in der welt ist
das uns menschen im allgemein sich ritualisiert habende – die letzte konsequenz
daraus aber wäre die das als inszenierung der natur zu begreifen oder so )
schnell korrigiern müssen ich mich jetzt ein kleines fruchtbarkeitsfestchen aufm dorf ganz egal wo in der welt ist der rituelle
vorläufer einer auschliiesslich sexuell verstandenen massenorgie – das meinte ich schon eher als konsequenz einer eine sexualität bejahenden gesellschaft.
ohne technik ist sowas allenfalls auf einer insel vorstellbar oder halt in clubs.
( zabriskie point – diadorim )
@Diadorim, Herbst Es gibt einfach mal so ein paar Oliven, die wir mit dazu nehmen müssen. Also zur Pizza Leben krieg ich die Olive des Todes, also ich kann da jetzt nicht zu dem Kellner gehen und sagen: Die Pizza ohne Oliven bitte. Das is halt so.
geht halt nich.
Und so wollte ich zu Herbst sagen, dass da so lebenstechnisch – dichtungsmäßig, einfach son paar Pizzen und Oliven samt Peperonie zusammengehören, wo man dann nicht sagen kann – iehgitt – das gefällt mir nicht. Man kann das schon sagen, oder denken, aber dann muss das eben auch zu spüren sein. Weil sonst kriegt man ne Pizza serviert, wo dann die Oliven drauf aus Marzipan sind oder irgendwas.
zunächst einmal bezweifle ich, dass paranoia eine lähmende technik ist, ich denke, sie ist eine, die alle motoren des zweifelns in gang bringt, sprich, ihr nutzen ist gar nicht so klein, bis sie dann heiss läuft. worin aber besteht denn der vorteil der bildungseliten zur zeit? in schlecht ausgestatteten lehrstühlen? massenhaft überstunden als assiarzt im krankenhaus? dolle vorteile. gut, schlimmer geht immer, aber kann das der masstab sein? elite meint für mein verständnis gut ausgebildete menschen, die ihre kenntnisse zum wohle anderer einsetzen und weiter geben, ich bin froh, dass es sie gibt, der vorteil einer bildungselite wäre ein ganz und gar altruistischer und er ist es schon in sehr viel mehr fällen, als gemeinhin angenommen wird.
canetti hat immer pizza ohne oliven bestellt. ich bin mit dem tod nicht einverstanden. ich muss ihn hinnehmen, aber ich bin nicht einverstanden, ich hab nicht b gesagt, mag sein, die olive ist drauf, aber ich hab sie nicht bestellt, ich hab nicht gesagt, ich will die olive. ich hab, was das angeht, nicht mal a gesagt, irgendwann war ich da, im jahre 70 – da konnt ich noch gar nix sagen – und bis ich mal ne pizza bestellen konnte, vergingen einige jahre.
die erste pizzeria am ort, meine schwester musste mit dem rad hin und eine besorgen, zum test, man ließ sich dann überzeugen, und war man auch noch nie in venedig, kein eis, das je wieder besser schmeckte, als das vom dorf-venecia.
stimmt nicht ganz, stuppendo aqui kann mithalten. fehlt noch für den sommer eine gute berliner eisadresse.
herbst herbst – das hört sich nach trauma an – und sogesehen wäre es mir kein rätsel, warum sie darüber ein kollektiv auf teilgruppen – meiner meinung nach – eines kollektiven reduzieren.
nun woraus entstehen denn asoziale schlägertrupps ?
ich sag mal ganz oberflächlich aus notwehr einem eben nicht kollektiv auffassbaren gegenüber, nicht ?
mit abstand betrachtet wird aus disharmonie harmonie herbst – davon zeugt fast
jeder geschlechtsakt.
eigentlich halte ich harmonie für sexualitätsfeindlich.
jetzt werd ich schon wieder schnippisch, sorry.
herbst – wir müssen doch alle unsere schlechten erfahrungen aus der kindheit zertrümmern – sonst greifen sie uns doch ständig in unsere gegenwart rein und halten uns auf.
eine form dieser zertrümmerung ist halt der ironische abstand oder wenns schlecht läuft der colt in der tasche – das wäre dann retrograd und allzu simpel.
bevor ich jetzt den faschismusvorwurf kassiere ich sagte das wohl oben schon, dass mich eliten absolut nicht interessieren und somit auch kein faschismus.
über so etwas wie altruistische eliten, wie diadorim gerade einschob denke ich allerdings gerne mit nach.
hey, und was ist mit den guten erinnerungen? ist benjamins berliner kindheit ein grosses zertrümmerungswerk? ich glaube nicht.
„eigentlich halte ich harmonie für sexualitätsfeindlich.“
ich halte sätze wie diesen für eine absolut falsche arbeitshypothese und für leicht widerlegbar, denn somit dürften harmonische beziehungen keinen oder nur schlechten sex haben. recht eigentlich ist sexualität aber doch wohl eher ein mittel zur harmonieherstellung und -erhaltung. harmonische beziehungen ohne sex, die nicht freundschaft sind, sind ein eher selten anzutreffendes phänomen, würde ich mal behaupten, und nicht sehr leicht zu stabilisieren. dass es dennoch gelingen kann, heisst aber nicht im umkehrschluss, dass harmonie sexualitätsfeindlich sei. kappes. krieg in der kiste find ich echt hinderlich. ehrlich.
ich halte umgekehrt einige sexuelle riten für harmoniefeindlich, das schon, aber da frage ich mich dann auch sofort, was könnten übergeordnete interessen sein, harmonie zwischen sexualpartnern nicht aufkommen lassen zu wollen, sorum würde für mich ein schuh draus, der direkt zu pasolini stiefelt.
die interessen, die mir da einfielen, kennzeichnen eine herrschaft von kollektiv perversen, wie sie in salò vorgeführt wird. das muss man sich mal vor augen führen, für theweleit ist es der erste film, der die kz-greuel dokumentiert hat, er hat damit nicht ganz unrecht.
Diadorim das mag sein…irgendwie darf man ja die Pizza auch ohne Olive haben wollen, und das gibt wohl nicht einen einzigen Menschen, der das nicht unterschreiben würde, aber letztlich muss man es wohl so sehen. Wir bekommen die Olive, nur diese schwarze Olive, ohne Pizza, sie ist leicht eliptisch geformt, gekrümmt, sie glänzt – fettig, und was sich darin spiegelt, auf dieser öligen Olive, so leicht verzerrt, im Auge der Reflexion, wenn wir dicht rangehen – das ist das Leben. Dann sehen wir es beinahe 360 Grad wie auf einer schwarz glänzenden Weihnachtsbaumkugel.
@ppa. Kollektive morden. Sie vergessen hierbei, daß meine Erfahrungen aus Kindheit und Jugend (es ging schon im Kindergarten los, in MEERE, das Sie mal lesen sollten, wird das erzählt) mit den Erfahrungen zusammengehen, die mir – als ob ich als 55 Geborener persönlich schuld gewesen wäre – für meine Familiengeschichte und ihre Verquickung ins NS-Reich immer wieder persönlich gemacht worden sind; dahingehende Unterstellungen kann man bis heute, auch hier in Der Dschungel, immer wieder sehr „schön“ nachlesen. Ja, ich halte das sog. Dritte Reich (eigentlich ein Terminus aus der christlich-jüdischen Mythologie) für ein Kollektiv: die Deutschen haben a l l e (bis auf Ausnahmen) Hitler g e w o l l t, und es gab k e i n e n kollektiven Aufstand, als Juden, Homosexuelle und Widerständler samt ihren Kindern aus den Wohnungen geprügelt wurden. Wohin man die, die auf den Straßen zusammengekarrt und in Laster „verladen“ wurden, gebracht hat, konnte man sich sehr wohl ausrechnen. Stattdessen versuchte, wer immer die Chance hatte, in der Partei dabei mitzumachen: weil es eben ein kollektives Allgemeines g a b, das das so als gewünscht wollte. Da war eben nicht nur Angst vor den sog. „Machteliten“, die, wenn schon, kleinbürgerliche Prügler waren, sondern da waren auch F r e u d e und Lust dabei.
Vielleicht sehen Sie es mal s o: Was Ihnen wie ein Trauma vorkommt, das ich erlitten hätte, könnte eine E r f a h r u n g sein. Aus der ich mit guten Gründen meine Konsequenzen gezogen habe. Die Prügeleien hörten übrigens erst auf, als ich Zähne zeigte; das hat lange gedauert. Ich habe zu jenen Kindern gehört, die sich nicht wehren wollten, wenn man sie schlug, sondern immer weiter auf sich einschlagen lassen. Das änderte sich, als ich 14/15 war, weil mein Großvater mich in einen Verein für Kampfsport gab. Der Masse kann man nur mit Gewalt begegnen: sie ist Gegengewalt. Kollektive wollen Führer. Immer. Überall. Sie sind dankbar für den Ich-Verlust und m o r d e n, wenn sie ihn bekommen können. Es hat seinen Grund, weshalb ich gegen den mainstream bin: es wirken dieselben Strukturen.
@diadorim. Erinnerungen. Selbstverständlich habe ich auch andere Erinnerungen als nur die an prügelnde Kollektive. Aber sie haben viel mit Alleinsein zu tun, mit Träumen in verwunschenen Braunschweiger Geländen, efeuvoll, an jeder Ecke Elfen und Unholde, derer man sich erwehrte… oder mit einzwei Freunden durch die Gegend striff oder aufsah von Büchern, in die man hineingefallen war, ganz verhangen der Blick, und Sonne weht durch verschlierte Fenster… und die erste Liebe, da war ich sechs, sie hieß Sabine Schwarzkopf… dieses Anhimmeln, die vielen Träume, ich traute mich sogar, glaube ich, ihr eine Blume zu schenken, die sie, glaube ich, gar nicht annahm, woraufhin ich mich vertrübte, aber ein Märchen schrieb, in dem ich sie bekam… und die M u s i k dann, so mit elf/zwölf, aus dem Plattenschrank meiner Großeltern, der erste Tschaikowski (b-moll, weiß ich heute), der erste Beethoven, ganz allein für mich, weil meine Familie kaum je hörte, und die anderen, die Gleichaltrigen, die von draußen bekamen d i e s e Schönheiten nicht, sondern spielten lieber Fußball und hörten irgendwelches Zeug, das gut, fand ich, zu ihnen paßte, weil man es auch immer in der Menge hörte. Ich erinnere mich, das Hochhaus der TU – damals noch TU – von außen hochgeklettert zu sein, bis man einen Einschlupf fand… sowas gab es damals selbst in Hochhäusern noch. Wie wir dann zu zweit durch die Gänge des leeren Hauses streiften…
herbst – u.a. womöglich – als logische konsequenz aus ihren letzten sätzen heraus würde ich mal sagen,
dass man letztlich neben dem wort kollektiv auch das wort gesellschaft aus seinem persönlichen vokabular herauszuhalten hätte – das verstünde ich persönlich dann als kathartisches moment.
man müsste allerdings dabei nicht vergessen dass man eben in einer gesellschaft lebt und imgrunde der künstlich inszenierte event oder halt die sexuelle massenorgie einem das „utopistische“ aber eben auch reale möglichkeitsfeld eröffnet, ganz anders auf die welt zurückzublicken zu dürfen – aus der inszenierung
letztlich heraus – auch lernen inszeniert mit über projektionen.
ist dies nicht der fall, hat man schwer mit einem rückwärtsgang zu kämpfen, meine meinung dazu.
und ob eine rückwärtigkeit die kraft einer erneuerbarkeit besitzt, wage ich ernsthaft zu bezweifeln.
dazu gehört eine : enorme innere distanz, die absolut pathosfrei sein müsste und
sich einer heiterkeit komplett verschrieben haben müsste.
so vermute ich das mal.
@diadorim. Salò und KZ-Greuel. Da hat, meine ich, Theweleit unrecht; er verkennt hier vor allem den Unterschied, der zwischen dem italienischen Faschismus, der so etwas wie die deutschen KZs gar nicht hate, und dem deutschen Nationalsozialismus. In Italien war wohl tatsächlich auch eine Elite am schrecklichen Werk, während Eliten in Deutschland gerade wegradiert wurden – es sei denn, sie arbeiteten wie Wernher von Braun, den die US-Amerikaner dann mit Handküssen heimholten, direkt für die Vernichtungsindustrie. Die KZs sind brutale industrialisierte Maschinen des Kleinbürgertums gewesen u n d des Proletariats: d i e tobten sich da auf das gehässigste aus, nicht etwa die Eliten. Salò aber kommt immer auch noch von de Sade her, sogar die Kapitel des Films sind eigentlich -und spielen selbstverständlich auf Dantes Inferno an – enzyklopädisch angelegt, also stehen im (perversen) Vollzug der Aufklärung.
@ppa. „ob eine rückwärtigkeit die kraft einer erneuerbarkeit besitzt“ Am Anfang nahezu jeder neuen Entwicklung steht ein Regreß, hat Vilèm Flusser nicht zu Unrecht bemerkt. Ich bin darauf in meinen >>>> Heidelberger Vorlesungen explizit eingegangen, als es um die Literarizität der Neuen Medien geht.
Ich frage mich gerade (lacht) mit wasfür einem Gesichtsausdruck man all diese sonderbaren Schwachsinnigkeiten schreibt, wo guckt de hin der es schreibt, an was denkt er? An seine Großmutter vielleicht?An einen stolzen Raben der gerade einen Käse zum Bahnhof rollt, oder denkt er an Sabine von Maydell?
ja, es ist verzwickter, das sieht auch theweleit, aber er hat nicht unrecht, weil es im film den hinweis auf marzabotto gibt, als man die jugendlichen entführt, der ort, wo die deutsche ss unter walter reder meuchelte, pasolini verschränkt also die regime.
dass hitler gewählt wurde, steht ausser frage, von klein- wie grossbürgern, steht zu befürchten. wie gesagt, elite bringe ich mit nazis nicht über die lippen, aber auch proletariat war nicht in allem stumpfe gefolgschaft, hitler wurde gewählt, durch alle stände hindurch.
Ich frage nicht mich sondern Herrn Herbst ob er den Herrn Broch kennt und mag, kennen tut er ihn bestimmt, aber mag er ihn auch?
Hitler hatte keine Mehrheit, das dürfen wir nicht vergessen, er wurden von dem alten verkalkten Bismarck zum Kanzler ernannt, aber eine Mehrheit hatte er nie.
herbst hören sie herr herbst – sagen sie das als philosoph und schrieben sie auch demzufolge ausschliesslich abstrakt wäre ich sofort dabei.
der letzte zug hier ist schon geschichte – dem allerdings noch angefügt.
soziologisch betrachtet verweise ich auf ihren umgang mit mythos und möglichen kongruenzen hinsichtlich tragiken und dramatischem überhaupt.
man kann kein drama vom dramatischen lösen, es sei denn man lächelt zurück zur geschichte, das meine ich.
ironisches – ironisiertes – pathos vielleicht – sience fiction.
was man den rest seiner fiktionalen zeit macht, weiss ich nicht – ackern halt ( im sinne von arbeiten ).
also das gebe ich auch nur zu bedenken geht es um alte sachen – eine art genregebundener verfahrenstechnik.
lässt sich vielleicht noch in ihr werk einarbeiten wer weiss.
das entscheiden sie, klar.
@diadorim. Nahezu einverstanden. „Proletariat“ allerdings war d a nicht Gefolgschaft, wo es seinerseits in Gruppen eingebunden war. Wohin d a s wieder führen kann, sieht man gut an der DDR, wobei sich da auch wieder Oligarchien entwickelt haben; gestern abend saß neben mir ein älterer Australier >>>> in der Oper, der mir von 1958 erzählte, als er als britischer Soldat nach Ostdeutschland eben in die Lindenoper kam; er muß wohl Offizier gewesen sein. Was ihn entsetzte war, wie der Sekt da floß, während draußen die Massen darbten. Nein, ich habe vom sog. Kommunismus eine ebenso schlechte Meinung wie vom Kapitalismus, der es ja fertiggebracht hat, fast ganz ohne (direkte) Gewalt, die Massen zumindest ästhetisch so gleichzuschalten, wie es sich der Kommunismus gewünscht hätte, woran er aber gescheitert ist. Mir fällt da Brechnew ein. Auf die Frage, wann die USSR die klassenlose Gesellschaft denn erreicht haben werde, hat er geantwortet: „Sowie wir die Überflußgesellschaft erreicht haben.“
@Kleinermann. Hitler h a t t e die Mehrheit; es ist linke Ideologie, das zu bestreiten. Er hatte sie spätestens, als er fragte „Wollt ihr den totalen Krieg!“ Es gab auch keine revolutionäre Gegenbewegung, sondern nur Duckmäusertum. E i n z e l n e waren es, die opponierten, w e n i ge, die heimlich dagegenhielten. Die meisten machten mit. Und zwar: g e r n e. Bis in meine späte Schulzeit war das da und sehr deutlich spürbar; damit, tatsächlich, räumte 68 erst auf. Etwas, wofür man den 68ern bis hin zur RAF auf alle Zeit dankbar sein muß, was immer ich auch gegen ihre eigenen Verkrustungen, Blindheiten und Machtbesessenheiten bei Ausschluß Andersdenkender mit Recht einzuwenden habe.
Natürlich haben Sie Recht und auch wieder nicht, es gab sehr wohl auch die Linke und die Sozialdemokraten, einige und nicht wenige landeten im KZ und Goebels hat diesen idiotischen Satz gesagt und das Volk hat nicht ihn sondern den Satz gefressen
@ timas
an all das denkt der, und ob sich ricotta wohl rollen lässt.
… und dem faschismus.
also kommunismus, faschismus und kapitalismus verweigern dem menschen das nötige selbstbewusstsein, sich von der stets atavistischen grausamkeit seiner geschichte endgültig zu verabschieden und seine energie effizient zu nutzen – in jeder hinsicht.
ne utopie ist echt aber ein netterer zeitvertreib als irgendein herumgehacke eine mögliche freude am material etc.
sehen sie, ich habe da noch so ein reizwort entdeckt. ich schrieb mal einer freundin:
‚“Das Optimum an Wesentlichkeit ist etwas anderes als das Maximum an Zeitausfüllung oder eingehender Analyse. Es ist ein ähnlicher Unterschied wie der zwischen Akribie und logischer Genauigkeit.“ R. Musil
deshalb, ich weiss zwar, dass du immer wesentlich zeit ausfüllst, aber diesen gassenhauer aus unter den linden der mütter, dass du nun viel effizienter seist, den braucht es echt nicht für mich. denn ich schätze sehr, was du tust, nur effizienz, das ist so ein wort, das strahlt in meinem universum gar nicht. aber die schlaue ***, die strahlt, auch wenn sie mal ganz uneffizient ist und es hoffentlich auch bald mal wieder sein darf!‘
@Kleiner Mann („von der Straße“? — *lacht). Ich weiß. Und das deutsche – ja! – Kollektiv hat sie da hinbringen lassen: die M e h r h e i t hat das. Sonst wäre ja wohl die Mehrheit der Deutschen in den KZs umgebracht worden und eine Minderheit hätte diesen Krieg geführt – zu dem es übrigens auch aus ganz anderen als „bloß“ NS-Interessen kam; Versailles spielte eine Riesenrolle, die Schweiz spielte eine Rolle, auch Kapitalinteressen der USA spielten eine Rolle; wie immer ist die Wahrheit komplex und nicht einfach. Die Diskussion hier ging auch bloß los, weil ich Kollektive ablehne; eine Diskussion um Gründe und Herleitungen des sog. Dritten Reiches müßte anders aussehen und wird und wurde anderswo auch gut geführt. Hier geht es vornehmlich um die Gründe und Widergründe moderner ästhetischer Positionierungen.
Kleiner Mann in derStrasse…..
ja das habe ich ja auch verstanden, ich wollte halt nur
mal etwas Neonkluges sagen, weil ja dieser verkalkte Bismarck
oder war es Hindenburg, oh Gott meine Geschichtskenntnisse
beginnen einzufrieren, jedenfalls haben sie Hitler ja erst zum
Kanzler gemacht…
Egal, interessant ist übrigens, auch wenn es am Ende etwas
anderes ist, dass sich kein Schwein mehr um den Karadzic Prozeß interessert,
der Blödmann, der Verbrecher, ich werd mal googeln
diadorim ich glaube weder an eine normative kraft eines kontrafaktischen noch an ein talionsprinzip.
reziprozität von effizienz bedeudete auch eine effizienz eines ineffizienten innerhalb von relaxation, möglicherweise sogar von betrachtung.
nettes zitat von musil … der genauigkeit hold.
on cheepnis now.
me.
jetzt hab ich doch glatt einiges wichtiges von deinen kommentaren verschwitzt –
muss mich mal ans resichten machen –
lg
ach war das heute mal lustig !
oder es geht ums einsteigen in tu-hochhäuser und träume (ich träume immer von häusern, gebäuden, die mir fremd sind, oft, dass ich wo einziehe). in sp zeugen viele hochhäuser von einstiegsmöglichkeiten, weil es beinahe überall dort, wo das möglich ist, pixacoes gibt, eine graffitisprache der hiesigen szene. ich denke manchmal, sie müssten mal herkommen, sich das alles mal selbst anschauen. ich hab das gefühl, sie könnten was damit anfangen. ich hatte gehofft, auch x könne was damit anfangen, aber ich bin mir nicht sicher, weil es doch im ganzen eine eher politisch motivierte und völlig verständliche ablehnung bei ihm generiert, scheint mir, und ich glaube, damit kommt man der stadt nicht bei. vielleicht weil sie ja auch ein mann der widersprüche sind, so dass man sogar manchmal von korruptiven erzählen sprechen könnte. hm. weiss nicht. oder? muss ich mal eine weile drüber nachdenken. wie sich das formulieren lässt.
Um mal den Sound eines GRÖDRAZ in die Studioregler zu schieben: Literatur, Kunst – kommt aus dem Einverständnis. Einverständnis meint nicht Einverstandensein. Einverständnis meint Ein-Verstehen. Hineinverstehen. Wenn sie Einverständnis mit Einverstandensein verwechselt, ist es Kolportage. Wenn sie gar sich aus dem Dagegensein speist – than we call it Religion/Humanismus oder Journalismus. Bestenfalls.
h sagen sie mal t, jetzt versuchen sie die sprache zu öffnen, das gefällt mir im ansatz.
wohin ?
h. kunst – wortkunst als konzept ?
also ich tippe schwer darauf, dass sich rhythmik und aussage ( + wortfarbe ) + gesellschaftlich anerkannte codes je nach thema dezidiert zusammenschliessen.
der blanke horror eines abgleichens an mehrgliedrigen ausgangskriterien, aber irgendwie kompositorisch und demzufolge interessant.
ausgangsbasis wäre ein souveränes umgehen können mit stilen.
( verlangt nach ner gehörigen portion freude am spiel aber eben auch an trefflich-visionärem )
in gefahr und grösster not schnappt man sich brandy und mixe ihn rot. 🙂
( der abend ist für mich also gelaufen, na klasse )
@diadorim. „ich denke manchmal, sie müssten mal herkommen, sich das alles mal selbst anschauen.“ Das täte ich so gern. (Die Bemerkung w a r doch auf mich gemünzt?) Aber schon die Bamberg-Reise für meinen Sohn gestaltete sich heute schwierig, weil meine Visacard gesperrt war – was diesmal nicht an mir lag, sondern der Osterfeiertage wegen ist meine Überweisung nicht rechtzeitig verbucht gewesen; also mußte ich improvisieren, Pumpgenie, das ich (leider nur manchmal) bin. Ansonsten: sofort, auch Mexiko City, Lagos, Rio (nur Japan interessiert mich nicht mehr). Wäre ich nicht Vater, und ich bin es so gerne, ich reiste ohne Pfennig auf der Naht. Aber für meinen Sohn passe ich auf Risiken mehr auf, als es meinem Temperament entspricht.
Sie wissen, daß Borkenbrod, der unfreiwillige… na ja, „Held“ der Anderswelt-Bücher ein Graffito-Poet ist?Wie schreibe ich, dachte er, auf ein Lichtplakat ein Gedicht? Ich muß es auf den Projektor schreiben, es muß fein sein, nicht sichtbar fast, doch der Schatten wird sich zur Inschrift des Himmels machen. Er kraxelte das gefährliche Metallkonstrukt wieder runter und drüben, einen halben Kilometer, der über Nichts ging, entfernt, der über weite Segmente einfach nur leer war – der Gleiterstrom schwirrte hoch über dem lasierten Metall dieses Bodens, aus welchem schließlich, je mehr Vektorenquadrate des unsichtbar darunter verzweigten Kreuzschienennetzes Borkenbrod zur Glasfront gegenüber durchschritt, vereinzelte Häuser als vergessene Kondensatoren ragten -, kraxelte jene drüben mit der Geschwindigkeit eines Tiers wieder hoch, halb Insekt und halb Affe. Von Wand zu Wand und Boden zu Decke war so enormer Raum, daß man die Gleiter nicht voneinander unterscheiden konnte: Sie waren zwei ununterbrochene Ströme, deren einer glühte rot, der andere floß abgedimmt weiß. Und Borkenbrod, der in körperhohen Lettern schrieb, hatte nicht genug Farbe, seinen Vers, ja nur das Wort zu Ende zu bringen… aber wollte wiederkommen, Nacht um Nacht, bis er dastünde, der Text: mindestens so leuchtend wie das Plakat.
>>>> Buenos Aires. Anderswelt, II,1.
ja, war sie. netter ausdruck: auf was gemünzt sein. klingt wie die erschaffung einer eigenen währung, so wie charles fourier http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Fourier mal ein aktie drucken ließ, um sie an einem bestimmten tag, zu einer bestimmten zeit, an interessenten zu verkaufen, das lange warten des charles fourier hieß mal eine arbeit bei der examensausstellung von m, die ‚lückenbüßer – stellvertreter‘ titelte. einen teil musste er damals zerstören, weil er sie nicht lagern konnte, fragile styroportürme mit fliesenkleber verspachtelt, sie waren leicht, wirkten aber wie beton, womit er vorher gearbeitet hat. wie oft wir in der akademie waren. wenn ich mir die studienordnung des dll anschaue, bin ich einigermaßen entsetzt, das hat so gar nichts mit der kunstakademie gemein, dem strukturierten chaos, was ich mit institutionell geordnetem künstlertum verbinde. die küche, die die studenten betrieben, der hausmeister, der den künstlerbedarf (dolles wort) günstig verkaufte, das improvisierte gebäude an den gleisen, die berüchtigten timm ulrichs weinachtspartys, der noch jedes jahr alle seine ehemaligen schüler ausfindig machte, anrief und dazu einlud. immer hatte ich ihn an der strippe, was mir sagenhaft peinlich war, weil er mich immer daran erinnert hat, dass ich ihm mal einen brief geschrieben hab, nach meiner ablehnung, das war wohlmöglich mein erstes gedicht, es war, na ja, ein wenig fouriersch, glaub ich, es war mit schreibmaschine auf ein ziemlich grobes recyclingpapier gehauen. ich hoffte immer, er schmeisst es weg, aber timm ulrichs schmeisst nichts weg.
gute reise!