A.D. XIII Kal. Mai. Anno 2762 a.u.c.

Dreizehnter Tag vor den Kalenden. Cerealia. Dies nefastus publicus. Spiele im Circus. Die Sonne steht im Stier (Ovid).
Heute waren es mit Sicherheit Schwalben, die da kreisten, als ich am Vormittag aus dem Fenster des Badezimmers schaute, bevor es am Nachmittag wie lang nicht mehr die Straßen von breiten Rinnsalen begleiten und überqueren ließ. Die Hosenbeine vom Fußweg herab von der Oberstadt im Regen klamm und feucht. Wo ich zum Mittagessen war. Leider das übliche Theater. Und die eine Ex-Schwägerin, die aus Rieti gekommen war, amplifizierte dieses Unbehagen. Kurz, es ging die ganze Zeit darum, wie und was man ißt. Und warum was passieren wird, wenn man nicht ißt, wie und was man essen sollte. Es gab einen Moment, da wäre ich am liebsten aufgestanden und fortgegangen. Die Neffen aber mittlerweile abgebrüht genug, das – wenigstens heute – stoisch über sich ergehen zu lassen und die nicht ernst zu nehmenden Drohungen nicht ernst zu nehmen. Fehlende Müdigkeit heute, obwohl ich schon um vier aufwachte, als ich aufstand, eine Zigarette rauchte, mich wieder hinlegte. Perorationen noch und nöcher. Bis ich’s aufgab, wach zu liegen, weil schlafend zu liegen mir nicht gelang. Kein geglückter Tag, nicht mal der Versuch dazu, ihn, den Versuch, bloß gelesen. Im Nebenbei. Ich wohne ihm Nebenbei, scheint’s. Selbst wenn keine Arbeit anliegt, geschieht immer ein Nebenbei neben einem anderen Nebenbei. Erst am Abend gelingt es mir, ohne Nebenbei zu leben. Wahrscheinlich aus purer Erschöpfung. Aber auch dann Nebensachen, die ich mir zu Hauptsachen zurechtmache. Wie die Zwei, die mich unterm Schirm nach der Piazza dei Caduti fragten, was ich sofort abwiegelte: die Plätze wüßte ich wohl schon, bloß eben nie die Namen. Die Wege, die ich weiß, haben meistens keine Namen. Bis nach weiterem Beschreiben doch der Groschen fiel, und ich fingerzeigend sagen konnte: „Da lang, immer geradeaus“. Was auch wieder nicht stimmte, denn irgendwo muß doch abgebogen werden. Allerdings führen an dieser Abzweigung beide Wege dann doch letztendlich zum Ziel. Also war’s egal. Hauptsache, die Weinhandlung hatte auf. Da ich heute weiter nichts zu kaufen hatte – auch keine Zigaretten -, leistete ich mir einen „Superiore“. Superiore auch im Preis. Nein, so komme ich nicht in obere Regionen. Bin dafür heute etwas in die Niederungen geraten. Das Mittagessen. Beim Übersetzen die Liste der chirurgischen Eingriffe, die da eine gewisse Zusatzversicherung finanziert, die ich teils ergoogelte, teils pschyrembelte. Ektomien, Resektionen, Entfernungen, Beseitigungen, Enukleationen, demolierende Eingriffe: was eben so weg soll. Dachte dabei allerdings nicht an cellini (der ich ein rasches Sich-Wieder-Aufpäppeln wünsche), wahrscheinlich, weil ich das nicht zusammenzubringen vermochte (gehörte einfach nicht zusammen) auf dieser ganz anderen Ebene der Beschäftigung damit, eher schon dachte ich an eigene Eventualitäten, an all die „was ist, wenn“. Radikal schick wurde es am Ende der Liste mit den Eingriffen am Verdauungsapparat. An vorletzter Stelle der Magen weg, an letzter Stelle die Leber weg. Gut, die Orchiektomie dürfte auch nicht heiter sein, und schon gar nicht die beidseitige. „(Läuffer bleibt in tiefen Gedanken sitzen.)“ – Lenz, Der Hofmeister.

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