Siebter Tag vor den Kalenden. Robigalia [ROBÍGVS, i, ein Gott der Römer, welchem sein Opfer gebracht wurde, damit der Rost oder Brand dem Getraide nicht schaden sollte. Varro de LL. l. V. c. 3. Er wird auch Robigo oder Rubigo genannt; Ovid, Fast. IV. v. 907. da ihn denn einige für eine Göttinn angeben. Augustin. de C. D. l. IV. c. 21. Sein Fest hieß Robigalia, Varro l. c. und wurde am 25sten April gefeyret. Plin. H. N. l. XIX. c. 29. An demselben wurden ihm Weihrauch, Wein, Schafe und Hunde geopfert, und zwar letztere insonderheit, weil der Hundsstern viel mit beytragen soll, daß der Rost das Getraide befällt. Ovid. l. c. v. 395. – Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon] Dies nefastus publicus. Mitte des Frühlings. Der Widder geht unter. Schlechtes Wetter (Columella). Das Sternbild des Hundes geht auf (Ovid). Die Ziegenböckchen [Haedi, „zwei Sterne an der Vorhand des Fuhrmanns“ (Georges), des Auriga, wo mein Sternenatlas Hoedus I und Hoedus II verzeichnet] gehen auf (Plinius).
Schrilles Vorbei einer Schwalbe ab und zu, deren Flug so durch das noch offene Küchenfenster dringt. Fenstererlebnisse. Ich lag auf dem Sofa, las, das eine Viereck mit dem Blau, ein sich hineinzeichnender Kondensstreifen, von links kommend, einen Bogen beschreibend und geradenwegs nach oben sich hinziehend. So ein zweidimensionaler Raum, denn das Oben war ja ich, dem er sich näherte, als wäre ich selbst ein Oben, dessen Grenze nach oben hin offen, bis man umkippt, weil – stünde man draußen auf einer Ebene – dieses Oben zu einem Kippen nach hinten führen würde, wobei man sich natürlich auch umdrehen und in der zweiten Dimension als ein Unten begreifen könnte, das ebenso eine liegende Acht als Zielpunkt hätte. S. hatte dann doch noch zurückgerufen gestern abend. Lange gesprochen. Auch über das Vorgestrige. Die Beziehungen zu den Menschen im allgemeinen. Die Losigkeit. Die ihr ja auch eigen. Morgen fährt sie für eine Woche nach Salerno, ließ im Unsicheren, ob sie es heute schaffe, sich mit mir zu verabreden. Schaffte es auch nicht, müsse noch alles vorbereiten, brauche auch etwas Ruhe vor der Abreise in der Frühe morgen. Sie habe da Arbeiten an der Wohnung ihres Vaters zu beaufsichtigen. Sofern Gespräch dennoch stattfindet, bin ich nicht ungern der, der ich bin. Nur finden sie nicht an jeder Straßenecke und nicht jeden Tag statt. Was mich dann, ehrlich gesagt, auch wieder stören würde. Auch der Wal, bevor er wieder in die Tiefe abtaucht, muß mal kurz Luft holen. Tag der Befreiung heute, vom Nazifaschismus, mit offenen Supermärkten und viel auswärtigen Nummerschildern, also Ausflügler. Wieder im Schwange: die nationale Gesamtaussöhnung, Repubblica di Salò mit inbegriffen und berücksichtigt und als Faktum der Historie einverleibt. Jut. Aber wenn Berlusconi meint, der Tag solle besser fortan Tag der Freiheit statt der Befreiung heißen, dann sagt das der Exponent der Partei der Freiheit. L’eclat c’est moi. – Allerdings täuscht das Bild vom Sofa, das ich anfangs wiedergegeben: vormittags setzte ich mich an den Schreibtisch (ohne etwas zu tun zu haben: zwar waren zwei Arbeitsvorschläge am Freitag gekommen, die aber nicht mehr bestätigt wurden, was mir dann wahrscheinlich am Montag die Woche komplizieren wird, weil in beiden Fällen wieder mal vorderhand ein „Dringend“ hingehalten wurde), grübelte vor mich hin, stand auf, ging Kaffee holen, eine Zigarette rauchen, setzte mich wieder hin, grübelte weiter und entschloß mich zu nichts, auch weil ich auf S.’s Rückruf wartete wegen der Verabredung für heute. Auf die ich dann auch schon hinarbeitete: etwa Bartstutzen. Erst am Nachmittag fand ich den Diwan als den mir wirklich angemessenen Ort für heute. Briefe lesend. Und Briefe denkend. Sie-Adressen.