Vierter Tag vor den Nonen. Dies comitialis.
Ich erkannte sie an den Haaren. Oder zog sie an dieser Analogie der Haare in mein Wiedererkennen. Es war auch die Art des Gehens. Jedenfalls meinte ich, O. gehe dort unten auf der herauf führenden Straße, wage es aber nicht, hier bei mir vorbeizuschauen. Denn sie bog dann in die andere, wieder nach unten führende Straße. Plausibel wär’s, da ich gestern schon wieder nicht anders konnte, als ihr zu schreiben. Und die Uhrzeit stimmte auch: nach Schulschluß. Nein, ich trat nicht auf den Balkon. Ich hätte es als Albernheit empfunden. Das Gefühl, es breite sich ein Gift in mir aus, seit Kassandra mich das letzte Mal angerufen mit ihrem: „Weißt du schon das Neueste von deiner Ex?“ Es vergiftet gleichzeitig T. und S. Es fädelt sich so in Alles ein. Eine Katastrophe. Und die zwei Jahre hier sind nichts gewesen als ein Strampeln im Fremdenasyl. lysanedmerF. Klappt’s, mich so hinaus zu werfen? Vielleicht. Verdunkelungsstrategie im Wohnzimmer kam auch hinzu. Also den weiten Abendhimmel ausschließen, diesen Blick ins weite Nichts. Ich bedarf doch des Leseansatzes. Der Lebensansatz hat ein zu Einförmiges. Er lebt einfach nur nach vorgegebenen Mustern. Woraus ich schließe, es lasse sich nicht aus dem eigenen Leben als solchem schöpfen. Denn mit O. will sich dieser Tage ein Netz herstellen, das reine Imagination ist. Aus der sich aber kein Tag machen läßt. Und schon gar keine Nacht. Dann im lampenhellen Zimmer: „Kein Gefühl ist reicher an Varianten als die Angst.“ Benjamin zu Goethe. Dann Kontaktversuche aus diesem Lampenhellen. lysanedmerF. Mich von hinten wieder aufbauen. „Und so, über Gräber, vorwärts!“. Goethe an Zelter, den Tod seines Sohnes vermeldend. Bleich hat sie nicht ausgesehen heute. Da ging also keine Tote. Ich vielleicht ein wenig. Bevor ich meine Runde drehte. Mit einem Schlag ins Rosa. Wenn das Rote sich des Weißen bemächtigt. Das Weißsein dessen, was aus den Nasenporen hervorkam zwischen Fingernagel und Fingernagel. lysanedmerF. Genug der Beschwörung. „… gesteigerter Anteil an den Sachverhalten des eignen Lebens.“ (ebd.). Wäre das jetzt eine weitere Tagebuch-Definition? Nein. Die Sachverhalte liegen anderswo begraben am Ende des Tages. Nämlich da, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen.