Arbeitsjournal. Freitag, der 15. Mai 2009. Mit Cronenberg und Kafka. Und einem Gedicht von sumuze.

6.49 Uhr:
[Arbeitswohnung. Rihm, Jagden und Formen.]
Mein Arbeitsrhythmus ist völlig hinüber: wieder erst um halb sieben auf; keine Ahnung momentan, wie ich das in den Griff kriege und wieder diszipliniere. Dafür ist das Wetter schön, wenigstens was. Die Päonien sind geradezu explodiert auf meinem Schreibtisch, aber wie vor dem sich Verschießen stehengeblieben und halten die Form; s i e halten sie. In >>>> Alias gab es jetzt eine Folge mit David Cronenberg als Gast-Darsteller; es war irrsinnig, wie die Cronenberg-Ästhetik, die ja eine von Körpergrenze&Seele ist, auf die Serie überging, was sie dann ziemlich brüsk, in der Folge darauf, wegbrechen mußte, damit das Serien-Prinzip erhalten bleibt, aber quasi j e d e r Character wird in die höchste Ambivalenz geführt, j e d e r verändert sich, wie Goltz bereits in >>>> BUENOS AIRES, von >>>> THETIS kommend, jeder ist eigentlich irgendwie programmiert und umprogammierbar, so daß zumindest der Eindruck entsteht, daß selbst die einem nahsten Menschen letzten Endes völlig unverläßlich, ja gefahrbringend sind, die eigene Frau, die eigene Mutter, der eigene Mann – auch schon Kinder werden programmiert, man kann auch „abgerichtet“ sagen. Die Nähe an die Maschine wird auf eine andere Art hergestellt als in >>>> Ballard/Cronenbergs „Crash“, flüssige Menschen-Verdinglichung bis hin ins „Ur“-Organische, ein Körperrest erhält sich über 500 Jahre, um seine DNS zu bewahren, die nun extrautrinär einem „Gegenwarts-Ei“, das zwangsentnommen ist, eingepflanzt wird; das alles aber – abgesehen von der Cronenberg-Folge – im hartrealistischen Krimistil erzählt, wie >>>> „24“ das vorgeführt hat, dabei wird nahezu konsequent Folter zur gängigen Verhörmethode: auch dies:: Überschreitung von Körpergrenze, Überschreitung von Körper. Man kann sagen: Erfahrung der politischen Wirklichkeit wird wie in der Wirklichkeit zur körperlichen Erfahrung, w i e d e r zur körperlichen Erfahrung, es war ja in Wahrheit nie anders. Ich habe so etwas bereits – v o r 9/11 – in THETIS durchge„spielt“ und dafür viel Schläge erhalten; wenige begriffen, was ich da tat, Burkhard Lindner etwa, dem das nicht gefiel, der es aber s a h. Interessant, wie – wenn man wenigstens e i n Identifikationssubjekt zur Rezeption reicht – das dennoch als Massenlockung funktioniert. Man muß das nur mal mit diadorims Überlegungen zu Christian Klar einerseits, zu Pasolini andererseits verschalten, um zu bemerken, auf welcher Spur man da ist.
Mir macht das deutlich, w i e konsequent mein Anderswelt-Projekt eigentlich ist, schon als Buchform w a r, es aber nun, in der projektierten Netz-Romanform, erst richtig werden wird. Ich will gleich ein Grundkonzept zur Programmierung skizzieren, also aufschreiben, was technisch möglich sein muß, dann in die Schweiz reichen, von wo das Angebot für den den nötigen Webspace kam; twoday schrieb gestern auf meine Anfrage zurück: Unterstützung und Space j a, Support nein, das sei für Knallgrau nicht darstellbar. So bin ich dieserhalb moralisch frei und kann disponieren. Es gibt eine ebook-Überlegung zudem, von dort, das ist nicht auf meinem Mist gewachsen, schon weil ich ebooks für eine Erfindung halte, die, wie Kafka an Milena gegen Briefe übers Telefon schrieb, „bereits im Absturz gemacht“ ist; Briefe würden, heißt es, „auf ihrem Weg von den Gespenstern ausgetrunken“: dieser Satz hat mich nie verlassen. Wie er s o ins Unmittelbare wollte, dem er sich zugleich nicht stellen konnte und zu einem Bild des Unbewußten griff; Cronenberg dagegen läßt die Gespenster i n den Menschen los: Verwandlung wird bei ihm wirklich.

8.21 Uhr:
[Turnage/Scofield, Scorched.]
S e h r intensives >>>> Gedicht bei sumuze (etwa runterscrollen), übrigens . Klar, daß sowas dann eher abwehrend diskutiert wird.

23.10 Uhr:
Grad mit meinem Buben aus dem neuen >>>> Star Trek zurück. Er hatte sich das Kino nach unserem vielen Üben auch wirklich verdient: die Deutscharbeit ging im Diktat mit 1, in der Grammatik mit 2+ aus. Aber der Film ist an sich nichts für ihn, überhaupt nicht für eine Generation, die lange nach meiner geboren wurde, einfach weil so sehr viele Anspielungen, Ähnlichkeiten, einiger Witz „tiefe“ Vorkenntnisse voraussetzen, die meine Generation, auch noch die Generation danach mit in den Film bringt, nicht aber mehr jemand, dem die Serie schon technikhalber wie eine Fabrik alter Hüte anmuten muß. Ich selbst hab mich amüsiert, auch über Leonard Nimoys Begegnung mit sich selbst als jungem Spock; der junge Pille ist gut getroffen, der junge Kirk auch, besonders aber Zulu und Ohara, die hübscherweise mit Spock, dem jungen, techtelmechtelt. Wie auch immer, Du mußt jetzt ins Bett, Junior. Und ich kipp noch ein Bier.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .