Als das Meer sich
zurückzog
von den Steinen
nahm es mit sich
nicht nur den Sand
den gelben.
Auch den Abdruck
ihres Leibes
der zuvor sich
unter Seufzern
dort eingrub
nahm es hinweg.
Auf den Spitzen der
felsigen Steine
wenn man
genau hinschaut
glitzert noch
dunkel ihr Fleisch.
wo lag sie denn nun, im sand, auf den steinen? ganz ihr ernst ist das nicht, oder?
jetzt muss sich schon wieder jemand nach einer göttin nennen.
oh je.
„glitzert noch dunkel ihr fleisch“
nennen sie sich doch lieber in johanna metzger um.
„umnennen“ – wie poetisch! obwohl der timokrat eine göttin nicht von einer muse unterscheiden kann…
obwohl eine muse eine schutzgöttin ist …
ja eben : ich versuche mich mal so als hobbypoet :
umnenn mich gleich des namens kühle feder
ach du schweifig tanzend meeresblick
von spitzbergen herüber
kommt fischig dein netzend
angehauchter gruss
zur botschaft übern deich
den steifen grogs
das murmeln
die steine
wenn sie
nicht murmeln
und die sonne
sich ihrer
sinne verschreibt
(sich zu / sinne verschreibt?)
Ja, ja, der Sand der Gelbe.
In Manierismus sind Sie echt gut, Herr Herbst.
Unbedingter Kandidat für die ohnehin nur spärlich gehegte Kategorie SchlechtesteGedichte.
Au fein! Am Strand gibts Klippen im Sand (für die, die nie am Meer waren), Terpsichore ist weder Göttin noch neu (sie schrieb hier schon vor 3 Jahren) und Herr Herbst schreibt hoffentlich bessere Gedichte als ich.
Ja, vielleicht gehört es in die Kategorie schlechter Gedichte, allerdings sollte man auch in der Lage sein, solches zu begründen. Das gebietet nicht nur der Anstand, es ist auch eine Frage der künstlerischen Kollegialität.
Ansonsten könnten Sie auch einfach an einen Baum pissen. Das wird Sie genauso gut erleichtern und hat für mich oder das Gedicht denselben Effekt wie Ihr Kommentar. Nämlich gar keinen.
entschuldigung, ich hab hier die schleusen geöffnet. und ich war tatsächlich irritiert, es steht auf seite eins, der name war mir nicht bekannt, und da man sich immer etwas mit dem ort an dem man schreibt identifiziert, denkt man dann, hm, will mich da gerade jemand veräppeln? und zum nasführen, so viel ist ja mal klar, gehört natürlich auch schon ein maß an könnerschaft, was noch so viel durchgehen lässt, hier den rhythmus, dass man es zu etwas rechnen mag, was man gedicht nennt, aber gleichzeitig es auch weit von sich weisen möchte. weil, a, in dieser bilderkiste der sandspurensuche schon mächtig gewühlt wurde und b, da, wenn man da nochmal durchwühlt, einfach die gefahr besteht, dass man den ganzen staub wieder mit aufwedelt, und da reagieren einige, nämlich ich, auch schon mal allergisch. dann muss man sich aber sagen, nun ja, einigen gibt das eben was. aber gleichzeitig möchte man denen dann wieder mit dem licht der aufklärung in den staub leuchten und sagen, hier, wollen sie das wirklich, oder wollen sie vielleicht nicht doch ganz anders schreiben? wenn ja, da gibt es mittel und wege, die sind im prinzip jedermann zugänglich, für dosierung und verwegenendichte fragen sie herrn herbst und die bibliotheken.
ich werte es als einen versuch in erotischer dichtung, darum wird hier des öfteren gerungen, ich steh dann immer etwas mit hängende schultern daneben und beiß mir auch schon mal auf die unterlippe, ja, und schaue den bogenschützen beim zielen zu, und murmel zenzerknirscht, starr nicht ständig uff dein ziel, dann wirste dit verfehlen, und hör die pfeile sirren. aber vielleicht ists auch nur mein knick in der optik, und sie haben vorzüglich getroffen, nur eben bei mir nit. aber enzensberger zielt heuer auch nicht schlecht daneben. also, nüscht für unjut.
Spuren
Als das Meer sich
zurückzog
von den Steinen
nahm es mit sich
nur den Sand
den gelben.
das wäre für mich ein gelungenes gedicht gewesen, das auf viel misslungenes antwortet. dichten ist für meine begriffe auch ein spiel mit den negativformen. vexierkunst.
@diadorim; „mit dem Licht der Aufklärung“ Wie missionarisch Sie werden können! Woher leuchtet denn Ihr Licht? Literaturkritik als Herrschaftswissen? Widerspricht das nicht genau Ihrem andrweitigen Plädoyer für laissez-faire persönlicher Ausdrucksmöglichkeiten?
oder: gammeln ja, aber in versen dann doch nach meiner pfeife, ja?
nö, es war nur wie ein stich ins schmerzzentrum meines stilempfindens. voll auf den musiknerv. das klingt dann auch schnell wieder ab. und da ich ja nicht weiß, wem ichs erzähle, geh ich davon aus, wovon ich ausgehen kann, nämlich vom text. so. ist natürlich dann etwas dumm, wenns wieder nur so ein avatar war, der sich dann denkt, weiß ich doch längst, warum erzählt sie es mir schon wieder, tja, woher soll ichs denn wissen? das kommt nämlich auch dabei rum, stillstand, wenn dem so ist. wenn nicht, wars vielleicht nicht unnütz, wenn doch, nun ja, eine unnütze tat mehr. who cares.
@ diadorim; schon klar: Und wenn man Sie sticht, bluten Sie dann nicht?
Doch Sie weichen aus. Wenn Sie Ihr Stilempfinden mit dem „Licht der Aufklärung“ koppeln, verabsolutieren Sie Persönliches zu etwas Allgemeinem, Normativem. Dazu paßt, daß Sie häufig und bewußt „man“ verwenden, daß Ihr Gegenüber plötzich „nur so ein avatar“ ist, daß Sie distanzieren („etwas, was man Gedicht nennt“), mit netter Mundart nur scheinbar versöhnlich schließen.
Das wissen Sie alles. Ich muß keine Eulen nach Athen tragen oder Ameisenbären nach Sao Paulo.
Es ist nur so eine Beobachtung zu Sprache als Machtinstrument – von „nur so einem avatar“.
Hundertköpfige, das sind Sie nicht: „nur ein Avatar“. Dafür legt mein Instinkt vor diadorims Augen die Hand ins Feuer.
nur scheinbar versöhnlich? will man mir denn gefallen? es steht jedem frei, bei meiner kritik zu denken, ist mir doch völlig wurst, was diadorim dazu meint, nur mir steht es nicht frei, weil nun mal gedichte zu meinem und überhaupt, ja, vielleicht selbstverständnis ganz wesentlich, ach, ja. so eben, und dann denkt man, kommt xy daher, und zeigt mir mal eben, wo der hammer hängt, denk ich, wollen wir ja mal sehen, wer hier was von installatione versteht, berufsehre. kann ja sein, dass terpsichore im echten leben in enorm vielen dingen enorm versiert ist, und dann denk ich gut, im dichten eben vielleicht nicht, und warum bildet sich eigentlich alle welt ein, sie könnte das. ich bild mir ja auch nicht ein, ich sei eine gute automechanikerin, und wenn mein bruder jetzt an zu dichten finge, um mir zu zeigen, hier, kann doch jeder, was er gern macht, diesen gestus hervorwühlen, dann würd ich den vermutlich auch mal beiseite nehmen und ihm sagen, bestes bruderherz, ich versteh nicht viel von motoren, aber du ebensowenig vom dichten, wir können uns gegenseitig was beibringen, wenn wir denn wollen, wenn wir nicht wollen, dann reiben wir uns unsere versuche dem jeweils anderen aber vermutlich nicht noch unter die nase.
alles wird für mein empfinden besser, wenn man weiß, was man wem sagt, dann muss man sich nicht ständig wiederholen, tuts wahrscheinlich trotzdem, aber man hätte wenigstens die chance, sich angemessen zu verhalten. nun denn. ja, die sprache als machtinstrument. ich hab jetzt keine zeit mehr. über meine macht mögen sie vielleicht dann noch etwas nachdenken. null. nada. niente. „i am nobody, who are you?“…
ach, hände im feuer, jute texte müssen her, darum gehts doch, oder?
Beim Lesen von Gedichten gehe ich immer davon aus, wenn scheinbar antagonistische Bilder auftauchen, dass die Dichter sich etwas dabei gedacht haben und bin mit einem Urteil vorsichtig.
Abgesehen davon, dass Wasser Sand und felsige Steine gut gleichzeitig besucht werden können, nicht überall sind Malediven.
In diesem Gedicht erübrigte sich für mich die Vorsicht, weil für mich der Text einen Zusammenhang zu Terpsichores früherer Existenz hier in den Dschungeln herstellt:
Ihre damaligen Originaltexte im Tagebuch, der Abdruck des Leibes im Sand, hat sie mitgenommen, während ihre Kommentare, Berührungen, Erwähnungen ihrer Existenz, allesamt Fleischreste ihrer Leibhaftigkeit, auf den Spitzen der felsigen Steine, wo sie anstoß nahm, wenn man genau hinschaut, noch zu finden sind.
Ach, danke Paul! Dass du das verstanden hast. Für mich waren die Bilder gar nicht antagonistisch, sondern ganz klar.. Nur ohne Versmaß das alles so aneinanderzureihen war nur mal ein Versuch. Was ich eigentlich zeigen wollte aber nicht schrub, war die Verletzung des Rückens. Und dass da etwas Hängengeblieben ist, rausgerissen wurde, aber trotzdem schön aussieht. Jaja, das Hängenbleiben. Alles unterzubringen in 6 Zeilen pro Strophe ohne Versmaß war irgendwie schwierig. Ich bin ja keine Gedichtschreiberin, es war nur ein Versuch, und es ist ja auch ein TAGEBUCHEINTRAG. Sozusagen in eine (verbeulte) Form gepresst. Hatte gehofft, dich und parallelie zu einem konstruktiv kritischen Kommentar verführen zu können. Wie krank ist das denn, dass man sich verletzt fühlt, wenn einer nicht perfekt Gedichte schreibt? Haut doch auch alle Behinderten tot, die nicht geradlinig neben euch auf der Straße laufen. Und reißt die Pflanzen aus, die nicht perfekt wachsen. Ts ts.. Ach ja. ES atmet mich. Om.
Im Übrigen beherrscht die Hälfte aller Schreiberlinge hier ja nicht einmal die deutsche Rechtschreibung. Wieso soll ich mich da schämen, wenn ich einen sechskommavierheben Jambus mit Eierlinkschlief und Anapästschleife kreieren kann?
@Terpsichore. Im Übrigen beherrscht die Hälfte aller Schreiberlinge hier ja nicht einmal die deutsche Rechtschreibung.Ich nehme an, Sie meinen einige der Kommentatoren. Irgendwo hab ich das auch schon mal als Einwand gebracht, wurde aber mal wieder zum… na ja, ich sag’s nicht mehr und leg auf die Lektorin des S.-Fischer-Verlages auch keinen Link mehr; nachher wird das Äffchen noch berühmt.
Jedenfalls freut es mich, daß Sie wieder da sind.
Das Problem mit Ihrem Text, jetzt, da Sie das zugrundeliegende Erleben konkretisiert haben, ist gerade dieses: Die Person hat sich (in Sand) eingegraben, aber die spitzen Felsen darunter nicht bemerkt; dann muß schon eine s e h r heftige Welle gekommen sein, um alles wegzuwaschen… oder aber es hat sie g an z auf etwas Klippenartiges gezogen: dann wäre es mit dunklem Glitzern aber schwierig, so unter Wasser; ich kann mir auch schlecht vorstellen, daß mehr als eine meinethalben tiefe Schürfwunde entstanden ist, nicht aber bleibt Fleisch auf den Felsen zurück. Ich glaube, Sie brauchen ein anderes Bild.
es sind aber felsige steine, die spitz sind, nicht schon ganze felsen. wenn der sand weggespült wird, der die seufzer barg. die dann am spitzen gestein hängen bleiben. das fleisch der seufzer. die zu den spitzen sich hingezogen fühlen. ich kann kein falsches bild sehen. vielleicht müßte das „felsige“ weg. denn den antagonismus stellt der gegensatz sand und steine her. das ganze meerbewegt. außerdem wird der sand nicht direkt unter dem körper fortgespült. sondern im rückblick. frag‘ mich überhaupt, warum die ganze aufregung!
Nein! Sie hat sich nicht selbst eingegraben! Guten Morgen, Herr Herbst, ich freu mich auch, wieder hier zu sein. Danke für Ihren Kommentar. Ja, das mit Bild ist so eine Sache.
Wieso kommt denn keiner auf die Idee, dass sie nicht alleine da lag? Sondern hineingedrückt WURDE?
Muss ich das schreiben?
Ich dachte, das kommt einem einfach so in den Sinn, denn ein Eigengewicht, da haben Sie allerdings Recht, lässt solche Verletzungen schwer entstehen. Es gibt so einige Hinweise darauf. (der zuvor sich unter Seufzern dort eingrub).. Ich meine, alleine liegt da niemand und seufzt, oder? Es sei denn ihm ist schlecht.
Das Wichtigste an dem Gedicht ist das, was NICHT geschrieben wurde. Alle halten sich an Klippen und Sand und wie das nun funktioniert mit dem Wasser auf. Aber darum ging es mir gar nicht.
Da ist etwas passiert, und das Einzige, was davon zeugt, ist hängengebliebenes Fleisch. Natürlich muss sie das gespürt haben. Darum geht es ja. Danach hat das Meer alles weggenommen, nur das Eine nicht.
Wie kann man etwas sagen, indem man es verschweigt? Das war eigentlich mein Ziel bei dem Gedicht. Da bleibt – so dachte ich – viel Raum für Phantasie und Vorstellung, aber irgendwas scheint den Leser dabei zu stören, so dass er sich aufhält an den physikalischen und geologischen Gegebenheiten und dort
HÄNGENBLEIBT.
@Terpsichore Guten Morgen ! Auf die Idee kam ich schon, aber muss ich das schreiben ? 🙂
@Terpsichore. Sie haben im Prinzip ganz recht. Tatsächlich aber kam mir, anders als offenbar Reichenbach, nicht einmal entfernt eine sexuelle Konnotation in den Sinn, und das will bei einem wie mir was heißen. Ich sah die Frau sich allein in den Sand wühlen, so, wie sich ihr Geschlecht in D.H. Laurence’s „Die Sonne“ der Sonne öffnet und die Wärme auf den Schamlippen spürt und in den Falten der Leisten: d a s war für mich dieses Seufzen, also ein – ich will mal sagen: auto-natur-erotisches. Dann kommt die Welle. >>>> Möglicherweise hat parallalie auch recht mit seiner plötzlichen Vermutung, der, nun ja, Widerspruch, entstehe durch das Felsige.
Ja, das will was heißen… und gerade Ihnen hätt ichs nun zugetraut, das ganze Szenario hardcore imaginieren zu können. Hehe.
Nein, Sie haben schon recht, irgendwie und irgendwo stimmts dann eben nicht. Ich sitze seit zwei Tagen drüber. Also ich brüte darüber. Wirklich. Hier ist es so heiß….
Danke einstweilen.
Terpsichore
@diadorim „…so eben, und dann denkt man, kommt xy daher, und zeigt mir mal eben, wo der hammer hängt, denk ich, wollen wir ja mal sehen, wer hier was von installatione versteht, berufsehre.“
was ist los mit ihnen, diadorim???. wieso will ihnen jemand zeigen, wo der hammer hängt. ich sehe da oben ein gedicht stehen, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
was los ist? manchmal langts mir einfach, dann denk ich, nee, das geht alles so nicht, ich, hier, zwischen solchen gedichten, nein, und nochmals nein. bei allem anderen ist es was anderes, bei gedichten ist es nun mal eben so und meine schmerzgrenze leider oft erreicht, und ich bin irgendwie auch persönlich beleidigt, wenn man das auf seite eins hievt. echt. ja, entschuldigung, andere kommen mit dem pop nicht klar, ich nicht damit, das man solche gedichte schreibt und schreiben will. findeiss, keine frage. für meine begriffe. der kann die klischeekosten tragen, weil, wo da zunächst tief eingetaucht wird, blitzt so ein gesicht wie der alte duke ellington wieder hervor und die wendung mit gefangen im indischen ozean ist sehr gekonnt. die pistolenschüsse versteh ich als bild nicht, aber die verse spielen schon ping pong unter der schädeldecke, das oszilliert, überraschung nicht ausgeschlossen. wenn solche texte hier gepostet werden, freue ich mich. nun denn, muss nun los.
Aber hoffentlich bilden sie sich nicht ein eine gute Dichterin zu sein, vielleicht eine gute versierte Tischtennisspielerin?
@Wiederholung Gast @diadorim. Herr Wiederholungsgast: Sie muß sich das nicht einbilden, sondern ist es.
Diadorim: Ich habe den Text nicht gehievt, sondern er stand einfach da; ich tat nichts dazu. In diesem Fall, da mich auch eine persönliche Erinnerung mit Terpsichore, wenn sie es denn ist, verbindet und sich außerdem schnell eine Diskussion entwickelt hat, halte ich es wie in vielen anderen Fällen: eine Zeit lang laß ich ihn dort stehen, dann nehme ich ihn herunter und in der Rubrik eingeordnet, in die die Autorin selbst ihn eingereiht hat: im Tagebuch. Auch die Wahl der Rubrik war nicht meine Entscheidung.
diadorim sie muten anderen Lesern ihrer Gedichte zu,
darüber zu rätseln, was STOL heißen soll, und finden das ein gekonntes Verfahren, um Leser in den Bann zu schlagen. Sie
finden es chic, im Inner – Circle einer
Dronten-Ära in der Flugzeugbildungswarteschleife
herumzuschreiben und sich auf Interessantheits-Hermetik von Orchideen-Wissen zu verlassen,
ableitend daraus eine durch Gedankenstriche vermittelte Entschlüsselungspoetik plus Holperigkeits-Onomatopoetik für Eingeweihte – das ist ihr gutes Recht, und dagegen ist nichts zu sagen – aber leiten sie daraus bitte nicht ab, sie hätten deswegen die Allgemeinformulierungskompetenz in der Beurteilung, was gut Texte sind.
ich hab die hammerhängvorrichtung schon gesehen, sonst noch was? ich klebe, keiner will das kapieren. ich klebe alles.
zumutungen an meine leser sollte ich den nächsten band nennen, dann lesen sie gefälligst weg.
und, nein, es geht mir nicht um die korrekte betätigung der lyrikgangschaltung, es muss niemand etwas von annapest und gittilepra verstehen, dieter roth und kippenberger schrieben gute gedichte, wovon sie etwas verstanden haben, ist, was vom einweihen, nichts vom einweichen. ich hau niemanden tot, so was bescheuertes. ja, es darf jeder richtig schlechte gedichte schreiben, hässlich, ohne irgendeinen bezug zu irgendwas gedichtigem, jeder darf das, und ich würde es begrüßen, aber zumeist wird sich ja rein gar nichts in die richtung getraut, es herrscht meist bildungsängstliches metapherngetappe, das will ich damit sagen, ach, rechtschreibung, es geht doch um was anderes beim schreiben, die rechtschreibung richtet der lektor, womit sie sich verständlich machen, die texte, darauf kommt es an. und, ich sag doch, mir allein stößt das auf, wer das so will, der soll es so machen. ja, lest das, davon gibt es genug, es soll euch an nichts mangeln. alles andere erledigt sich meist recht schnell eh von selbst, tierhauthandel ist eine möglichkeit.
undine-liebe ?
Diadorim ist Knotscher 95. Und vice versa.
falsch, ich war donald duck.
diadorim es kommt denke ich, für Leser, nicht so sehr darauf an, zu wissen, was ein anapäst ist. Eher darauf, dass der Schreiber mit diesem Wissen so souverän umgeht, dass er mir nicht permanent dieses Wissen um, das Wissen von, das Wissen über, das Wissen wozu, das Wissen an ins Gesicht brüllt, dann wären wir in der unsägliche wissensdichter Grünbeinfraktur, sie wissen in welche Art sowas schnell abgleitet. Ein Gedicht verkommt dann zu einer unsäglichen Bädeckertouristik der exotischen oder seltenen Formen, der Dichter wird dann zu einem Hilfscheckerbunny, der weiß, dass man die chinesische Mauer auch aus dem Weltall sehen kann oder er entdeckt sozusagen als Rucksacktourist ein seltenes Versmaß und glaubt dann als Individualtourist sich besser zu fühlen in der Geheimtippreisendengemeinde, und das dann beim aufschreiben womöglich fingerzählend den Jamben aufzwingt.
@Soost. Da kommt bei Ihnen jetzt also die Zurück-Zur-Natur-Lyrikdichtung durch: nur drauf, Versmaß egal, ja, was ist denn ein Versmaß? igitt! Wir wollen fressen, da scheren uns Tischsitten nicht. Hauptsache, es ist jung und frisch und klingt irgendwie so, daß man nix wissen muß, um’s zu verstehen: die sozusagen der-Proletarier-als-guter-Wilder-auf-dem-Unschuldsstande-Dichtung-die-
den-Knüppel-versteckt: Bildung – äh bä! und gar europäische… nee, wir suchen uns das mächtigste Land mit der niedrigsten Bildung als Vorbild, dann samma dahoam. Und kann sich nicht mal vorstellen, daß man anderswohin anders fährt denn als Tourist – mal abgesehen davon, daß das ja einer wäre, der Touren unternimmt, mithin das, was man einst einen „Reisenden“ nannte und damit nicht ein Berufsbild meinte: in d e m Sinne wäre auch Bruce Chatwin Tourist gewesen, und in d e m Sinne nähm ich’s gerne an. Der andere Sinn meint aber veranstaltete Reise, durchorganisierte, und zwar von Leuten, die einem das Risiko abnehmen gegen Bezahlung. D a s ist, was, wenn Sie den Begriff „Tourist“ verwenden, immer durchklingt und was zeigt, wie ahnungslos Sie sind… einfach so aus la mäng losbehauptet und hingesetzt, anonym, klar, man mag ja nicht etwa gradestehen wollen für seinen gehässigen Unfug. Meine Güte, welch eine Verachtung ich für so etwas habe!
ich meine eine unterwerfende Art, seinen Bildungshorizont sprachlich so zu vermitteln, dass derjenige, der ihn nicht hat oder ganz leicht darunter steht, eben nicht sozusagen brüskiert als Idiot vor einem Gedicht stehen bleiben muss. Ich bin sehr für Bildung, aber ich bin auch sehr für eine gewisse Raffinesse, für Höflichkeit, die mit dem eigenen Bildungshorizont so umgeht, dass er zum Beispiel einen Text nur durch ein Hintergrundrauschen anreichert, so dass auch ein ungebildeter Leser aber trotzdem seine Berührung durch den Text erfahren kann. Ich bin dagegen, dass Bildung in Form einer Schroffheit, also wie ein schroffer Felsen ausgestellt sich dem Leser in den Weg platzt. Das nenne ich Unterwerfungsgeste des Gebildeten gegenüber dem Ungebildeten. Und das, ja , finde ich heute unästhetisch, eigentlich sogar unliterarisch. Bädeckerhafte Anspielungsliteratur, die nur noch über das Augenzwinkern im Innercircel der Gebildeten funktioniert. Ich finde es schon einen Glücksfall, wenn überhaupt heute jemand irgend ein Gedicht liest. Warum den Kontakt mit Lesern nicht so organisieren, dass zwar ein Hochgebirg an Bildung da sein kann, aber es kann sich dem Leser ja mit einem ganz sanften langgezogenen und milden Anstiegsgrad präsentieren, also zunächst mal kommunikativ mit Weniger Gebildeten und ihn sozusagen mit Raffinesse hineinziehen. Goethes Faust 1. Teil wäre dafür ein gutes Beispiel. Heute habe ich das Gefühl, dass manche Autoren, ihren Leser sozusagen in jedem Gedicht immer sofort in der ersten Zeile mit Faust 4 und Faust 5 einschüchtern wollen.
‚here we are now. entertain us.‘
ich finde es schon einen glücksfall, wenn mal jemand nicht wieder den leser bemüht als endkonsument, dem ja die faust in der fresse irgendwie noch schmecken muss. sie fordern doch unterwerfung statt freiheit.
ich will überhaupt keine schreiber mehr, die in irgendeiner weise an den leser denken. ich will auch keine forscher, die an was anderes dabei denken, als das zu beforschende ding. kapisch?
unterwerfen sie mal mit literatur, dit will ich sehen. wie absurd ist das denn.
diadorim ihre Argumentation läuft doch auf die Agitation
von Spezialistentum hinaus. Spezialistentum
erzeugt schlechte Hermetik.
(Sie selbst schreiben sehr wohl für Leser, sie erzeugen Szene-Codes, die von der Szene erkannt werden sollen. Auch sie achten peinlich darauf, dass ihre Sachen den Stallgeruch des Auskennertums hübsch bedienen, mit erlaubten individuellen Abweichungen.)
Literaten, Lyriker kreieren ihr eigenes Auskennertum und zwinkern sich zu.
Das hat aber nichts mit Bildung
zu tun, eher mit Codes, die Gruppenzugehörigkeit
signalisieren. Der tiefere Grund für so ein Verhalten,
liegt in der Gesellschaft,
in der sich Spezialisten von Spezialisten abgrenzen, so werden systematisch Idioten erzeugt. Also die Gesellschaft wird immer idiotischer.
Selbstverständlich versteht niemand etwas, wenn sich – sagen wir mal – zwei Altphilologen miteinander verständigen oder zwei Kernphysiker. Gegen Fachsprachen innerhalb von Spezialisten ist ja nichts einzuwenden, aber gerade der Künstler oder der Dichter wäre heute vielleicht der einzige,
der die Freiheit hat eben nicht im eigenen Spezialistentum zu versinken, sondern sich daran erinnert, was Sprache eigentlich ist, nämlich eine geformte Art der Verständigung, die vielleicht mal irgendwann etwas mehr wollte, als nur von Kollegen verstanden zu werden
sie sollten eine kirche gründen. in brasilien ist das steuerfrei. die barrierefreie kommunikation. hagenbeck hat mal vom barrierefreien zoo geträumt, paradiesische zustände und der künstler teilt sein brot mit allen. oha. jeder versteht ihn, man möchte auch gern mal seine wunden berühren. ich hab gerade welche an fuß und knie. ecce ecce. avantgarde, worauf war das nochmal die antwortet? gabs eine frage? was kann man noch mehr wollen? belgische riesen? schützenverein? der künstler als kommunalpolitiker? oder doch eher die schießbudenfigur einer erschöpften gesellschaft, die sich wellness statt kunst wünscht?
@Soost. Auch für diadorim. Eine Literatur, die nicht a u c h Spezialistentum (wohlgemerkt: nicht n u r) wäre, erfaßte ihre Zeit nicht, sondern wäre pädagogisch. Das aber wäre dann g e r a d e arrogant; denn wer entscheidet, was „der Leser“ versteht und was nicht? Ich möchte hier ausdrücklich noch einmal >>>> auf Lezama Lima verweisen: „Nur das Schwierige ist anregend; nur der Widerstand, der uns herausfordert, kann unser Erkenntnisvermögen geschmeidig krümmen, es wecken und in Gang halten.“ – Es k a n n nicht darum gehen, sich dem Leser (der meist repräsentiert und nämlich zugerichtet ist durch den Markt) zuzubeugen; im Gegenteil. Wenn er etwas von der Lyrik oder Literatur-ganz-allgemein haben will, etwas durch die erfahren will, träumen will, in ihr erleben will, muß e r wollen. Die Dinge verfestigen sich in uns, wenn wir um sie gekämpft haben, was wir wohlfeil bekommen, hinterläßt keine Lebensspuren, sei es der Wollust, der Kunstlust, sei es des Schmerzes. So, wie es einen Kunstwillen gibt, gibt es, ich schrieb das schön öfter, auch sein Pendant: den Rezeptionswillen. Es war für mich nicht leicht, in die atonalen und seriellen Welten der Neuen Musik einzudringen, so, wie es nicht leicht ist, sehen zu lernen, um Neue Kunst zu verstehen. Die Energie muß vom Leser ausgehen, der Dichter, allenfalls, lockt; seine Energie geht in den Text, sie ist im pädagogischen Marketing künstlerisch verloren (nicht freilich im pekuniären Umsatz). Und es muß auch das Risiko dasein, daß der Leser etwas „Falsches“ liest. Bei aller Kunst gilt: ob sie eine gute sei oder eine schlechte, darüber können wir uns irren und werden es nie endgültig wissen, auch, übrigens, der Künstler selbst nicht.
[Diese Diskussion ist nicht neu. Siehe auch >>>> hier.]
Herbst, einverstanden mit dem meisten, was sie sagen – ja, Rezeptionswillen soll vorausgesetzt werden, sicher, man muss den Willen und die Lust haben, nicht ganz einverstanden bin ich mit der Rolle der Pädagogik, wenn sie sie als arrogant einstufen, vielleicht, am Ende, können gute texte auch nur aus der Erfahrung entstehen, aber ich denke, dass zum Beispiel Formen überhaupt auch Versformen früher einmal pädagogische Funktion hatten – nicht im sinne von belehrend – aber im Sinne von verführend, eben als Gesänge
Gute Pädagogik ist immer Verführung, sie strahlt Lust aus und macht Lust
Und deshalb ist Pädagogik auch zu den Künsten zu rechnen. Ein guter Pädagoge ist ein Künstler. So sehe ich das. Und ein guter Pädagoge vermag zu führen, ohne dass man es merkt, vielleicht sogar ohne dass er selbst es merkt.
Übrigens sollten sie wissen, das zum Beispiel Shakespeare im Grunde nur pädagogisch verführerisch gearbeitet hat. Shakespeare war zu seiner Zeit Pop. Er hat seine Stücke für die Masse geschrieben. Das elisabethanische Theater war nichts Elitäres. …
shakespeare war für seine Zeit kein „schwieriger Autor“, sondern Pop.
nur mal so eingeworfen.
– ja – diadorim – durchaus haben beinahe alle überlieferten Versmaße einmal die Funktion gehabt, für Barrierefreiheit zu sorgen – der Gesang steht per se für Barrierefreiheit. ich weiß garnicht, warum sie sich davon abgrenzen – was ist so abwegig an einem Gedanken der Barrierefreiheit.
Die Avantgarde hat doch letztlich nie funktioniert. Die Avantgarde ist die Erfindung der „Szene“ , der ismen – und letztlich auch des Kunstmarkts im großen Stil, bitteschön – aber dann sind wir wieder bei der alten Diskussion, welche Kriterien die Kunstwerk und Kunst der Selbstvermarktung noch auseinanderhält. Die Avantgarde hat, machen wir uns doch nichts vor , die Kriterien letztlich vernichtet.
Das Problem ist doch eher, dass auch die Avantgarde ursprünglich durchaus Konzepte der Barrierefreiheit beinhaltet hat, aber diese Konzepte sind dann in den Faschismus abgewandert, ja nu – wäre vielleicht an der Zeit, den Gedanken der Barriereabsenkung, der Verführung, ich rede nicht von Bareirefreiheit – neu zu bedenken.
Ansonsten, gut, bleibt’s halt in der Familie.
nichts steht per se für irgendwas. barrierefreiheit in zoos produziert slapstick, ‚aus aller welt‘ weiß davon zu berichten. das hippo elli fraß versehentlich das zebra tutti, als dieses wie immer von dem salatkopf aus seinem maul spalten wollte, versagte elli die natürliche maulsperre. alles ist im grunde friedlich. hare hare.
sie schmeißen alles in einen topf, die barrierefreiheit duchamps war eine im radikal denkerischen zugriff, die eine enorme barrikade bis heute für ein nicht mit kunst vertrautes publikum bedeutet, duchamp sei dank. nach ihrer argumentation kann das alles ihr kind auch, nein, heute müsste es wohl heissen, müsste ihr kind das auch verstehen können.
und, ja, der faschismus war ja dafür bekannt, dass er wahnsinnig unverständlich agitierte. arbeit macht frei zettbee. bis man den verführerischen protestantismus sich aus den schwieligen fingern gesogen hat, musste man sich sicher so manche ‚entartete kunst‘ angeschaut haben. na, dann machen sie sich mal weiter nichts vor, jedem das kleine, in ganz großem stil hat ja nur albert speer bauen wollen, blöd nur, dass american s architects da schon längst die manhattan skyline performten. tscha.
http://architettura.supereva.com/books/2001/200103010/03.jpg
jaja, die amis hatten die ersten wolkenkratzer, die nazis dafür die erste Rakete, wer war denn nun avantgarde, hä? auf diesen feldern vergleiche anpflanzen, bringt doch nichts, die wolkenkratzer und die V2 haben kulturhistorisch die selbe genetik, sie stammen im zweifelsfall immer vom Protestantimus ab naja jedem seine käfersammlung.
würd ich nie bringen, das argument mit den kindern, also jedenfalls nicht so. Hätte man übrigens duchamp gefragt, ob das jedes kind kann oder versteht, hätte er es wahrscheinlich freudig bejaht. Für ihn wäre das geradezu ein lob gewesen. Also der denkfehler besteht darin, dass sie duchamp die Erhabenheit einer tiefsinnproduktion unterstellen, die er selbst garnicht verfolgt hätte. Die Idee der Avantgarde war nicht Hermetik sondern Dynamik, die idee des bauhaus war nicht sich einmummeln sondern öffnend
häuser für alle, form folgt funktion , und daraus haben sie einen schönheitsbegriff abgeleitet, das ist etwas ganz anderes als ein elitär angehauchter spezialistenschönheitsbegriff.
darum hat sich ja bauhaus auch flächendeckend durchgesetzt, weil niemand mehr im altbau wohnen will. natürlich war avantgarde was für viele, aber sie war es in einem elitären sinn, sie grenzte sich zu allem bisherigen radikal ab und bot etwas anderes an, das sich letztlich beinahe nur in akademischen kreisen als wohnenswert durchsetzte. wer kauft sich denn heute designklassiker und weiß einen eames-stuhl zu erkennen, zu schätzen und den preis dafür zu zahlen, die masse? lachhaft. und wer stellt sich den dann in den renovierten altbau statt in den gropiusbau? und wie kams dazu? sagen sies mir, sie kommen bestimmt drauf.
sie vertauschen rezeption mit intention. und geben dann intention als rezeptionsrelevant aus. grober fehler. ausstellungseröffnung bauhaus ist mittwoch im mgb. sie begreifen die widersprüchlichkeiten nicht. eine rakete ist etwas anderes als eine wohnung. mal die basics. in dem einem kann man wohnen, das andere macht wohnung wie wohninsassen platt. ich finde da gibt es einen kategorischen unterschied. sie können und wollen den nicht sehen, von wegen die selbe genetik. sie schauen auf die materie und sagen, ist ja egal, ob amphibie oder primat, eh alles eins. back to the urschlamm, da blubberts sich dann eh ununterschieden, oder was? blabliblabblablubblub. hicks.
nee, ich meine es ist ja von Interesse, das mal zu beleuchten. Sogar spannend. Weil sie die designobjekte anführen, warum hat sich intention von rezeption getrennt. Das ich eine Rakete mit Wohnhäusern in einen Topf geworfen habe, deshalb, um mal den Hintergrund von „Moderne“ und was damit mal gemeint war, etwas aufzuziehen. Tatsächlich waren viele Designobjekte vom Bauhaus wirklich nicht für die heutige versnobte Anbetung als 10000 Euro-Auskenner-Designerstuhl gedacht. Das war so nicht die Intention des Bauhaus. Das Konzept beruhte tatsächlich auf etwas, dass wir heute nur noch spitzfingrig mit „Weltanschauung“ beschreiben würden. Bauhaus hatte mal ein ganzheitliches Weltverständnis „packen“ wollen, auch formal. Aus irgendeinem Grund wurde aus der Idee „Form folgt Funktion“ die „Funktion Rakete“ – auf der einen Seite – und die „Form als Ästhetik“ auf der anderen Seite. Sie können eine Rakete auch als hypermodernes Designerstück betrachten – während auf der anderen Seite es plötzlich nur noch um „Ästhetik“ ging. Aber in dem Moment, wo sich Ästhetik als Rezeption von der Ästhetik als Funktion abgelöst hatte – in dem Moment war sozusagen die Kacke am Dampfen. Dass sich Intention und Rezeption darauf hin getrennt haben, dass gehört für mich eigentlich mit zur Katastrophe. Das finde ich ein Verlust. Wenn ich hier herumsalbadere, dann auch deshalb, weil mir das ganzheitlich Konzept von Bauhaus, das ein weltanschauliches Konzept war, eigentlich sehr attraktiv und vorbildlich finde. Bauhaus hat sich nicht umsonst auch als „Schule“ ausgeprägt, weil dahinter ursprünglich auch ein pädagogisches Konzept stand.
Avantgarde ?
Wenn ich hier richtig mitgelesen habe, sind Künstler, die auf Empfänger außerhalb ihres Dunstkreises hin schaffen, so etwas wie „spezialdemokratische Verwaltungsartisten“ im Reich der Künste. Einer dieser Spezialisten heißt übrigens Brecht, der immer auf ein Publikum hin produziert hat und ein Freund von Pädagogik war. Nicht zu unrecht finde ich.
Kunst aber, die einen „pyramidalen Diskurs“(V. Flusser) anstrebt, funktioniert nur in Gesellschaften, die zwar hören, aber nicht antworten sollen. In diesem Sinn verstehe ich soost’ Hinweis auf totalitäre Regime und das verhängnisvolle Verhältnis einer selbsternannten„Avantgarde“ zu ihren Konsumenten. Die sich als Avantgarde verstehen, sind einem Kunstbegriff hörig, dies ist meine Meinung, der diese absolut setzt. Kunst absolut setzen, ist aber das falsche Gebot. Die heutigen Künstler wissen das, haben sie doch ihre Dialektik der Aufklärung gelesen. Um diese Falschheit zu verbergen bedient die postmoderne Avantgarde sich kommunikativer Formen, im Sinne Vilèm Flussers, der über den Begriff pyramidaler Diskurs, allerdings in einem anderen Zusammenhang einmal meinte:
Deshalb werden zwischen Sender und Empfänger Relais geschaltet. Der Sender wird für den Empfänger unzugänglich. Vorausgesetzt werden bei diesem Modell pyramidale Hierarchien wie das Priestertum, innerhalb deren die Botschaften des fernen Gottes ( Kunst, Ergänzung von mir) über Autoritäten – ich ergänze die Avantgarde – , in Richtung Empfänger gesandt werden. Die Funktion der Vermittler ist eine doppelte: Botschaften von Geräusch rein zu halten und Empfängern den Zugang zum „Autor“ (Kunst), Ergänzung von mir) zu sperren.
Vilèm Flusser, Nachgeschichten, 1990, S. 91.
Von Barrierefreiheit keine Spur!
Avantgarde, das ist heute ein Gespräch von Toten über ihren Sarg.
danke hazzi für die Ergänzung, vielleicht hatte Brecht es hier und da mit der Pädagogik zu weit getrieben, empfindliches thema, aber prinzipiell kommt der auch noch aus einer Tradition der „Moderne“ – der frühe Brecht zumindest ist wahrscheinlich in diesem Sinne viel mehr Bauhaus als DdA,
ja also da würd ich Flusser wohl zustimmen…ein verzwicktes Thema.
Auch Bauhaus wollte nie „nur Kunst“ von der Intention her.
man könnte hier wohl auch luhmann irgendwo wiederfinden – das „Relais“ ist eine gute Ergänzung von Flusser .
luhmann würde wohl einfach von der autopoiese des Systems „Kunst“ sprechen, das irgendwann die Kommunikation mit dem Empfänger abricht oder lediglich die Irritation an seine Stelle setzt.
spezialdemokratische Verwaltungsartisten – schönes Wort.
Luhmanns „Autopoiese“ ist eine gute Ergänzung, danke, zu Flusser. 🙂
Die „Crux“ ist, da wo Intention und Rezeption beieinanderlagen, ist auch nicht viel „Gescheites“ herausgekommen, wie Sie hier bei >>>>Paul Reichenbach lesen können.
man kann diese Zusammenhänge auch sehr schön bei Beat Wyss „Der Wille zur Kunst“ beleuchtet sehen….
Die Gefahr ist erst dann da, wenn es nur noch eine Schule geben soll.
Ansonsten habe ich nichts gegen Versuche Intention und Rezeption zusammenspielen zu lassen. Wahrscheinlich sind wir mental heute nicht einen Schritt weiter als in den 20iger -Jahren.
Nur dieVermeidungsstrategien sich mit den Möglichkeitshorizonten in ein Verhältnis zu setzen, sind raffinierter geworden.
Man bevorzugt eben das Geschmackliche.
sie ergänzen sich jedenfalls beide sehr gut, aber stimmt, flusser war früher
Klassizismus ist die beste Avantgarde.
@Peter Hacks. Das kommt darauf an. Hat er sich verfestigt, dann auch nicht mehr. Oder jedenfalls eine Zeit lang nicht, dann irgendwann wieder. Die Bewegung ist, denke ich, spiralförmig: es geht weiter, ist also kein Kreis von Wiederkehr, aber man hat den kreisförmigen Eindruck, wenn man mitten drin ist und auf Distanz geht. Was einfach daran liegt, daß man nicht zeitlich auf Distanz g e h e n kann.
eine rakete als hypermodernes designerstück betrachten? ich kann sie wohl als jemanden mit einem mächtigen diskursiven knall betrachten, aber mehr auch nicht. was hat ein eames-stuhl, eine wagenfeldlampe, ein barcelona sessel zur zeit seiner erfindung gekostet? und wie war der durchschnittsverdienst? wagner, schauen sie das nach. dann kommen sie wieder. weißenhof wollte keiner beziehen, warum nicht. es war neu. es war gewöhnungsbedürftig, vielleicht war es nicht mal billig? vergleichsweise. hansaviertel ist nicht billig. moabit ist billiger. sie meinen, das war früher anders, ich glaube, nein. aber glauben ist nicht wissen, also, was hat das gekostet, loslos, die kritische baugeschichte mal auf den tisch und mal in den fakten gewühlt, statt stumpf behauptet. julius shulman hat in L.A. mal kurz klargestellt, was die exilierten architekten neutra und schindler, die ach so armen auftragslosen, tatsächlich verdienten, und wie sie so schrecklich nicht darbten. kennen sie die relationen? sie kennen sie nicht. ich kenne wyss, der kostümschreit ist dort sehr gut beschrieben. ganzheitlich war auch behrens ansatz, war jugendstil, war arts and crafts nicht minder. und bauhaus war disparater als sie es verkaufen wollen, mies van der rohe hat mit van de velde nicht mehr viel zu tun, und mart stam ist heute fast vergessen, obgleich er mit dem ersten freischwinger heut nicht mehr aus den möbelhäusern zu denken ist. totsagen ist keine praktik von wirklich lebendigem.
man ist hier regelrecht besessen von der idee, dass man als künstler immer für alle zu schaffen hat, und dass das natürlich auch allen sofort verständlich sein muss, na, dann bleibt doch gleich bei den teletubbies. ich schick sie nächstens auch mal zum ganz allgemeinen mediziner, der diagnostiziert dann auch mal so ganz allgemein und verschreibt ihnen ein ganz allgemeines medikament, damit werden sie im allgemeinen bestimmt zufrieden sein, denn sie sind ja nur patient, nicht mediziner. wie absurd das alles ist.
Ein nichtbesessener Gruß aus der Tulpenwiese.
„Die Kunst, wie wir sie bisher kannten, pflegte mit einem Publikum zu rechnen. Das Publikum ist eine quallige und statutenlose, aber unleugbar vorhandene Gruppe von halbwegs gebildeten oder sonst einem Grund anteilnehmenden Nichtsachverständigen, eine Fach-Laienschaft. In unserer sich entziehenden Wirklichkeit ist nun auch das Publikum weggeschwunden; der Autor im Niedergang wagt nicht mehr, für es zu schreiben. Er nimmt von keinem mehr an, dass er ihn wollen könne, und hofft es stattdessen von jedem. Statt für das Publikum schreibt er für die Bevölkerung. Der Autor im Niedergang wird ängstlich, ob er verstanden werde. Er verbietet sich jeden Anspruch. Er ist immerfort einfach. Kurze Sätze, kurze Abschnitte verraten, dass der Autor nicht mit dem Bedürfnis des Lesers rechnet, seine Nachsicht zu erfahren, und dass er ihm die geringste Mühe spart. Aber die leserfreundliche Sprache der Unverstandenen ist nicht die Bestform der Sprache. Das ist Kindersprache für Erwachsene und eher ein Stilfehler…., „,
meine Herren soost und v. Hazzi, denn:
„Das Tiefprimitive ist von der Sprache, in der die Menschen miteinander umgehen, nicht minder abgesondert als das Hochschwierige. Simplizität ist die Öffentlichkeit des Isolierten. Irrenärzte stellen sich auf ihre Irren ein und sprechen eine Sprache, die kein Irrer versteht. Ich, was mich betrifft, verstehe die Sprache der Illustrierten nicht. Die Sprache der Dichter gilt inzwischen als Fremdsprache. die Wörter der Dichter gelten als Fremdwörter. Die Theaterleute, die längst entschlossen sind, das Publikum nach Haus zu schicken und die Masse herein zu bitten, haben erkannt, dass es zwischen Bühne und Saal eine hauptsächliche Verständigungsschwierigkeit gibt, den dramatischen Text. … „
usw. usf.
„
Wenn kein Ding mehr schön ist, lässt sich künstlerische Schönheit natürlich noch herstellen, das ist dann eben die Schönheit von keinem Ding. Die Kunstmittel sind noch verfügbar, sie sind nur eben keine Mittel mehr. Es entstehen bei mangelndem Weltvertrauen Stile von glänzender oder subtiler, jedenfalls leerer Schönheit. Diese leere Schönheit ist wohlbekannt unter dem Namen Formalismus. Die Kunstmittel sind noch verfügbar, nur eben keine Mittel mehr. Was der Formalismus nicht vermag, ist die Widergabe von Wichtigem oder der Aufbau einer Handlung oder gar die Befriedigung eines Gattungsanspruchs, daher in Zeiten der Décadence immer wieder die Vermutung sich breitmacht, ein Werk der Poesie bestehe aus Wörtern. Diese Vermutung ist wirklich abwegig. Ein Werk der Poesie besteht nicht aus Wörtern, es besteht aus Wörtern, die etwas meinen. Es sind die Meinungen der Wörter, die gegeneinander ins formale Verhältnis gesetzt sind, nicht bloß und nicht hauptsächlich das Lautliche an ihnen. Es gibt keine Sprachemelodie, die nicht zunächst Gedankenmelodie wäre. Die Musik, die in einem Gedicht ist, ist ein Musizieren mit Begriffen; wenn das nicht wäre, könnte man ja gleich Geige spielen. ….. „
Aus: Peter Hacks, DIE FREUDLOSE WISSENSCHAFT, S. 454ff. In „MASSGABEN DER KUNST. Edition Nautilus. 1996
@diadorim: Touchée. Was durchkommt, ist die alte Priesterfunktion, also eine Stellvertreterfunktion-als-Medium, nicht etwa des Künstlers selbst. Sicher nicht bewußt, aber versucht wird, die im 19. Jahrhundert von Künstlern ziemlich bitter erstrittene Autonomie wieder von ihnen wegzuziehen; man hätt sie gern als Neue Ministranten, die die Kerzen einer Anschauung tragen, die man für (allgemeine) Erkenntnis ausgeben will. Es ist, wohlgemerkt: nicht bewußt, der Versuch, den Künstler als Erscheinung wieder zu vergesellschaften, also kompatibel zu machen, damit er funktionalisiert werden kann. Das Hübsche daran ist die Forderung, er möge das bitte qua Werk gleich selbst tun; dann muß man sich nicht so anstrengen.
hacks ach gehen sie doch….das sind doch alles nur hilflose versuche der Selbstrechtfertigung eines totalverpeilten…der die welt nicht mehr versteht.
„Das Publikum ist eine quallige und statutenlose, aber unleugbar vorhandene Gruppe…“
Wer so etwas formuliert, hat sich totaldisqualifiziert,…na toll diadorim, da haben sie ja einen schönen verteidiger.
und das soll jetzt auch noch meine schuld sein? sie sind, scheints, auf gruppenbildung aus, nicht ich. ich wurstel die meiste zeit ohne jede gruppe ganz für mich. tjo. und jetzt wurstel ich in pfifferlingen und pfeife auf die kifferdinge.
hacks… oben wurde von brecht gesprochen, und von dem durchaus komplizierten Prozess oder der Beobachtung einer Moderne, die nun mal unleugbar eine Massengesellschaft ist. Sich dann hinstellen und schreiben, er verstehe die Illustrierten nicht, ist nett kokett, aber mehr auch nicht.
diadorim es täte gut, wenn sich der eine oder andere künstler mal wieder an die nase fassen täte, um zu überprüfen, was er eigentlich warum tut und für wen, was soll schlimm daran sein. sie bekommen nämlich bei mangelnder anerkennung ihres genres heute womöglich genau den grad an entsolidarisierung zu spüren, den eine gewisse hermetik im umgekehrten fall auch dem publikum gegenüber ausstrahlt. Sloterdijk nennt so etwas dann womöglich „maligne“ selbsteinkrümmung von systemen
schlotterteich ist wortmystiker, und ihre argumentation ähnelt einer auf retour gebürsteten kutsche. oh, der hermet, der hermet, wird bestraft mit dem publikum, was ihn nicht versteht. was er eigentlich warum tut und für wen, das hätten sie bestimmt auch pina bausch fragen wollen, weil sie einen ungebrochenen glauben an den zweck haben. das der aber irgendwie sinnlos sein könnte, darauf kommen sie nicht. bitte verlassen sie dieses land nicht und reden sie auch nicht mit menschen anderer religionen und anderer herkunft, sie werden sie nicht verstehen können, wenn sie sie nur nach dem zweck ihres tun und lassens fragen. sie werden die welt noch weniger verstehen, als ein hacks die illustrierten.
Sie dreschen ja ordentlich Phrasen junge Frau, an allem was sie sagen ist ja so gar nichts, nicht mal ein hübscher Satz der einem weiterhelfen könnte die anderen irgendwie zu verdauen.
Und Sie wollen ernsthaft eine Dichterin sein, wenn sie nicht einmal etwas sagen können, was vorher noch niemand gesagt hat.
Das ist natürlich alles gemein und böse das aufzuschreiben, aber ihr auftreten ist wirklich allerliebst, was bitte hat den ein Hacks mit Illustrierten am Hut, erwähnt er sie irgendwo?
‚erwähnt er sie irgendwo‘? tja, wenn sie lesen könnten, kämen sie vielleicht drauf.
ach ja, ich bin keine dichterin, wie kommen sie darauf? haben sie je ein gedicht hier von mir gelesen? na also.
diadorim achso, sloti ist wortmystiker, was würden sie dann unter einem wortnichtmystiker verstehen?
Guten Morgen, Herr Hacks. Vielen Dank für Ihren Beitrag, den ich mit Interesse gelesen habe.
„Ein Werk der Poesie besteht nicht aus Wörtern, es besteht aus Wörtern, die etwas meinen.“ Daran bin ich hängengeblieben.
Jedes Wort meint doch etwas, nur ist seine Bedeutung in einem Kontext stärker oder schwächer, Sprache an sich konkret oder unkonkret. Und selbst das ist nicht vom Wort allein abhängig.
Damit dieser Satz richtig sein kann, muss es Wörter geben, die NICHTS meinen. Und wenn ja, welches ist dann ihr Ursprung und Zweck?
Fragt neugierig
Terpsichore
Guten Morgen + Antwort incl. einer Nebenbemerkung. 🙂
Liebste Terpsichore,
ich weiß sie sind keine Milchschwester von Phryne, aber eben so schön.
Aus diesem Grund, wer kann Schönheit schon widerstehen, antworte ich Ihnen auch auf Ihre Frage, fürchte nur, dass ich Sie enttäusche. Ist doch ein Wort, dass Nichts meint nicht meines. Sie sind besser beraten, wenn Sie sich in diesem schwülen Urwald, was Ihr „Nichts“ betrifft, an solch hoffnungslose Neoromantiker wie >>>>Read An und Paul Reichenbach wenden, die mit „Elbischer Kerbe“ und Arbeiten von Fontana einer Höhlen – und Luftromantik huldigen, die ich nur höllenromantisch und sauerstoffarm wahrnehmen kann.
Achtung und Anbetung Ihrer Person versagen es mir Ihre Frage zu werten.
Hochachtungsvoll
Ihr Peter Hacks †
P.S. „In der Lehre von den Zeichen kam die Überlegung auf, es könne auch Zeichen geben, die nichts bezeichnen. Früher hätte man die Kritzeleien genannt; das war, urteilte man nun, zu eng gesehen. Wenn die Kritzeleien zwar Hinweise auf nichts seien, sagte man, aber es seien doch immer Hinweise.“ Aus: Peter Hacks, DIE FREUDLOSE WISSENSCHAFT/ Unter den Medien schweigen die Musen. In MASSGABEN DER KUNST, S. 393. Edition Nautilus 1992 Diese Hinweise, vertrauen Sie einfach einen Toten, der auch in diesem Sommer eine neue Tulpenart in Schwung gebracht hat, sind eine gaukelnde Spottgeburt von Dreck und Feuer, und damit auch wieder kein „Nichts“. Jedes Unding kann nur durch ein Ding erklärt werden. „Der Mensch kann denken und liebt es, wenn seine Untergänge von einer Theorie begleitet sind.“ Die Theorie von Ihrem „Nichts“ ist eine solche.
Nun, geschätzter Herr Hacks, Sie können Romantikern (auch / erst recht Neoromantikern) Vieles nachsagen, nur nicht, sie seien „hoffnungslos“. Ist doch Hoffnung, nämlich auf das Unerreichbare, dasjenige, was den Romantiker trägt – gerade soe wie den Klassiker die Erinnerung, was übrigens in Ihrem Fall (†) im Besonderen zutrifft.
Heraufwinkend aus dem Höllenschlunde,
Ihr
D.F.
@Fassmann
Hoffnungslos meint hier, ist die Hoffnung auf „Nichts“.
Lieber, geschätzter Herr Hacks, vielen Dank für Ihre Antwort. Sie haben es ja in ein hübsches Kompliment verpackt, dass Sie mir eigentlich sagen wollten, die Frage sei dumm. Aber schauen Sie, es ist ganz einfach. Man muss meine Frage nicht werten, man muss nur versuchen, sie so einfach wie möglich zu beantworten. Aber sie haben gekniffen und mich in die Romantikabteilung geschickt. Ich bin aber nun gar keine Romantikerin, ganz im Gegenteil. Ich flüchte nicht aus meinem Chaos, ich versuche es nur ein wenig zu ordnen, und
ich dachte, Sie könnten mir dabei behilflich sein. Das mit dem Nichts habe ich sogar verstanden. Also dass es das Nichts nicht gibt, wollten Sie mir sagen, nicht wahr? Jedenfalls nicht in meinem Sinn. Also dass da gar nichts mehr ist. Überhaupt nichts. Das kann ich mir sogar gut vorstellen, denn wenn ich mal versuche, an Nichts zu denken, dann geht das gar nicht. Und wenn ich meinen Mann frage: „Woran denkst du gerade?“ und er antwortet mir: „An Nichts!“, dann ist mir auch schön öfter der Gedanke gekommen, dass das nicht stimmen kann. Ansonsten habe ich so gar keine Theorie vom Nichts. Aber wenn ich ich nicht genau weiß, WAS etwas ist, dann liegt es doch nahe, zu fragen, was es NICHT ist. So oder ähnlich dachte ich mir das mit den Wörtern, die etwas meinen. Aber da hab ich mich selbst hereingelegt, fürchte ich. Weil das Gegenteil von Etwas nicht nur Nichts sein kann, sondern noch ganz viel dazwischen, nicht wahr?
Üm Übrigen haben sie noch ein ganz helles Köpfchen. Also dafür, dass Sie die Tulpen nurmehr von unten betrachten. Sie können sich jedenfalls selbst sehr gut zitieren. Das gefällt mir gut. Die meisten Menschen zitieren immer nur Andere.
Ich sitze hier ja in der Wüste. Weit und breit kein Buch zur Hand, in dem ich blättern könnte, und 48 Grad hats, da müssen Sie mir nachsehen, dass ich derweil kein so scharfes Denken habe. Sie haben es da wesentlich besser. Sie liegen schön kühl da unten und können es sich wohl sein lassen. Aber sagen Sie mal, jetzt, wo Sie da so liegen, müssten Sie doch eine Idee haben vom Nichts. Könnten Sie nicht mal …. Nein? Ach, ich bitte um Verzeihung. Schon wieder passiert mir das. Sie müssen mich noch für ganz dumm und verrückt halten. Dabei wollte ich so gerne irgendwann einmal hübsch UND klug sein. Naja, man kann eben nicht alles haben. Nichts für ungut. Ich lass Sie jetzt mal in Ruhe. Leben Sie wohl und nochmals vielen Dank, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, mir zu antworten. Ich weiß das sehr zu schätzen. Wo der Weg doch so weit ist.
Herzlichst –
Ihre Terpsichore
Vom Rand des Nichts, das nicht ist.
Liebste Terpsichore,
Würde ich noch leben, dann hätte es etwas Niederschmetterndes zu erfahren, dass Sie im Besitz eines Mannes sind. Es geschieht ja nicht oft, dass unsereiner sich zu einer Dame, deren Schönheit, wie ich mir habe berichten lassen, außergewöhnlich sein soll, hingezogen fühlt. Aber glücklicherweise bin ich ja tot und das Einzige, was zwei Meter unterm Rasen mein Skelett wärmt, ist manchmal ein Wurm, der von Knorpelresten schleckt, die seine Brüder und Schwestern übrig ließen.
Wenn Ihr beneidenswerter Mann die Frage, was er denn gerade, augenblicklich denke, mit „an Nichts“ beantwortet, sollten Sie ihm Glauben schenken. Männer, ich war ja selbst mal einer von ihnen, können das, gleich welche Außen– oder Innentemperatur gerade herrscht. Achtundvierzig Grad Celsius, schreiben Sie, misst man zur Zeit in Ihrer Wüste, ich hoffe, dass sie mit leichtem Tuch sich vor der Hitze genügend schützen? Oder sind sie vielleicht Anhängerin „jener Verschwörung gegen den Beischlaf, welche unter dem selbstverliehenen Namen Freikörperkultur bekannt ist. Ich muss kaum auf den Widersinn in dem Namen hinweisen. Kultur bedeutet einmal so viel wie künstliche Natur und verhält sich also zur natürlichen Natur so, wie Kleidung sich zur Haut verhält; das versteht sich ja von selbst, und auch diese Leute wissen es wohl; der Name ist zänkisch und gemein und enthält die Behauptung, der Mensch sei eigentlich nackt und nicht erst, wie es sich doch aber in Wahrheit verhält, nachdem er sich ausgezogen hat. Die Unkultur soll über die Kultur gestellt werden. Im Namen der Gesundheit wird die Schicklichkeit ausgetrieben, und eine Propaganda der Unbefangenheit will den Unterschied zwischen dem Menschen und seinen fernsten zoologischen Vorfahren verwischen; denn als der Mensch das letzte Mal nackt ging, war er noch ein Lurch. Ein ähnliches Ziel übrigens verfolgen auch die Vegetarier; indem sie den Fleischverzehr für Kannibalismus ausgeben, verstehen sie den Menschen als Langschwein. In dem Namen Freikörperkultur steckt die Behauptung, dass der Mensch ein Tier sei. Zu der Behauptung freilich fehlt denen, die den Namen gewählt haben, sogleich der Mut. Sie wagen nicht, ihn auszusprechen, und verwenden statt seiner eine entsprachlichte Formel, die Abkürzung FKK, so wie manche ja auch für einen Busenhalter BH, für Klosett WC oder, falls sie in einer Behörde beschäftigt sind, für einen Geschlechtsverkehr GV sagen; nämlich Abkürzungen sind grundsätzlich Ausdruck der Angst vor dem, was wirklich würde dastehen müssen. Fürst Pückler hat sogar F…mädchen, und ich tue ihm einen Dienst, wenn ich das als Freudenmädchen ausschreibe; man kann die drei Punkte leicht noch gröber lesen. Dasselbe gilt für Namen von Staaten, die sich anders als abgekürzt schwer vertreten ließen. Wenn ich es mir überlege, sind alle Abkürzungen Heimlichtuerei. Aus dieser Überlegung aber ziehe ich ein Gegenmittel gegen jenen Verfall der Sitten, der sonst unaufhaltsam scheint. Man müsste nur den Gebrauch der offenen und unverzimperten Namen anordnen. FKK müsste fortan Nacktwesen heißen, und auf die Schilder, die diese Leute bislang noch vor ihre Zäune stellen, müssten sie die gewöhnlichen Wörter schreiben, die ihren Einrichtungen der deutschen Sprache nach zukommen, Wörter wie Nacktverein, Nacktstrand oder Nacktwiese – und die ganze Bewegung wäre im Augenblick zerstoben. Ohne Heuchelei kann sie nicht bestehen; ihre Eigentlichkeit ist ja die in die Nacktheit geflüchtete Verklemmtheit. Der Zustand der Nacktheit ist vielen unheimlich, so versichern sie sich gegeneinander, dass an der Sache wirklich gar nichts ist. Das Geschlechtliche wird aus dem Nackten herausgewässert. Erwachsenste Seelenlagen werden im Planschbecken abgefertigt.“
Ich hoffe, Sie finden sich zu schön, um jemals der Versuchung zu unterliegen, sich an einem derartigen Treiben zu beteiligen?
Wird von nackten Tatsachen gesprochen, liebste Terpsichore, und ich spreche angesichts meiner Vorstellung von Ihnen, die leider Fiktion bleiben muss, gern davon, ist der Gedanke an Pornographie nicht allzu weit entfernt. Ermöglicht sie doch den erwachsenen Menschen „seine Sinnlichkeit nach anderen Verfahren zu erleben als den ihm angemessenen. Sie macht unerschöpfliche Angebote des Vergnügens und des Wissens, und die Angebote, die er verwirft, sind kaum minder wichtig für ihn als die, die er annimmt. Überhaupt muss die Beschuldigung zurückgewiesen werden, Pornographie sei fleischlos und ein Ersatz für Tatsachen. Alle Künste sind fleischlos und sind doch kein Ersatz; sie sind Gegentatsachen. Das Reich der Kunst ist das Reich der Vorschläge, worin man Dinge tut, indem man sie lässt. Die spielerische Erfahrung der Kunst vermittelt eine andere Art von Freiheit als die ernstere Erfahrung des Handelns, und zwischen der Welt und der Kunst waltet ganz das nämliche Verhältnis wie zwischen dem Geschlechtsgenuss und der Pornographie, wie, wenn Sie erlauben, zwischen Fick und Ficktion. Der Mensch, will ich sagen, ist ja außer dem, was er ist, auch, was nicht zu sein er beschlossen hat. In ihm halten sich eine Reihe ungelebter Leben zur Verfügung. Wer Kunst verbraucht, lebt ungelebte Leben. Wer Pornographie verbraucht, lebt ungelebte Geschlechtsleben…
Einen Vorwurf allerdings muss ich der Pornographie machen, – lesen Sie noch mit verehrungswürdige Terpsichore? – „betrachtet sie doch einen Gegenstand von außen, den anders denn als Teilnehmender, anders denn als Beteiligter und mit Beteiligung also, zu sehen nicht ratsam ist…“ Hebt doch die Pornographie die notwendige Selbsttäuschung eines Paares beim Beischlaf, nämlich einzigartig und allein im Universum zu sein auf. „Sie bringt eine Flut von Beispielen ins Bewusstsein, alles wird benennbar und zum Begriff. Was unvergleichlich sein sollte, wird von tausend Vergleichen gezwungen, sich an ihnen zu messen. Die Selbsttäuschung misslingt. Das Paar anstatt sich von der Wirklichkeit abzusondern und sich seinen fabelhaften Irrtümern hinzugeben, durchschaut sein Tun und kommt sich vor wie Hans und Grete: es könnten – verhängnisvoller Gedanke – ebenso gut zwei andere sein. Die Affen begatten die Äffinnen haufenweise, also allgemein, und die Pornographie stellt die europäischen Betten ins Affenhaus….“
Sehen Sie mir nach, mir ist langweilig in meiner Erdengruft, dass ich heute so abschweifend vom Nichts in Bereiche geraten bin, in denen Sie sich als Lebende sicher besser auskennen, als meine geknabberte Leiche, die nur noch die Bewegung von Bakterien und Würmern fühlen kann.
Hochachtungsvoll
Ihr Peter Hacks †
Zitierte Textquelle: Peter Hacks, BESTIMMUNGEN; Linke Arbeiter. In MASSGABEN DER KUNST Edition Nautilus, 1992.
Guten Morgen, Herr Hacks! Haben Sie gut geruht?
Dachten Sie vielleicht, ich hätte Sie vergessen?
Ich war unterwegs im Dschungel. Und auch tief unten im Meer. In der Tiefe des Wassers, so ungefähr bei 18 Metern, kam mir irgendwann der Gedanke, so oder ähnlich müsse sich das Nichts anfühlen.
Aber ich will Sie nicht länger mit hineinziehen. In meine Nicht-Reflexionen.
Eine schöne Abhandlung haben Sie da geschrieben. Dass Sie allerdings von der Vorstellung meiner Nacktheit direkt zur Pornografie den Weg finden, hat mich doch etwas, nunja, verstört. Ich hoffe, das war der Tatsache geschuldet, dass Sie zwingend darüber schreiben wollten und eine Abkürzung nehmen mussten.
Schauen Sie, die Beschreibung dieser Freikörperkultur stellt für mich eine Art ästhetische Bedrohung dar. Ich bin außerstande, mir all diese nackten Menschen vorzustellen. Ich verweigere meinem Kopf jede bildliche Vorstellung davon, so abschreckend erscheint sie mir.
Ich blende nie aus, was ich bewirke, und schließe die Möglichkeit, jemanden zu beleidigen mit meinem Anblick niemals aus. Da ist es nur unmittelbar von Belang, dass dies hier ein islamisches Land ist, aber alleine schon deshalb ist es ganz und gar unvorstellbar, nackt hier herumzuliegen. Es gibt Frauen, die baden so vollständig bekleidet, wie sie an Land herumlaufen. Ich frage mich, ob sie das Wasser auf ihrer Haut spüren können. Und stelle mir vor, wie beschützt oder beengt sie sich fühlen. Aber niemals, wirklich niemals, könnte ich mir vorstellen, zwischen ihnen nackt zu baden.
Ich las gestern übrigens mit Vergnügen hier die mittlerweile 133 Kommentare, (also mit lesen meine ich, dass ich die lese, die ich verstehe, und an denen vorbeilese, die mir kryptisch erscheinen, deshalb gings auch schnell) und musste immer wieder an ihren Satz denken: „Das Tiefprimitive ist von der Sprache, in der die Menschen miteinander umgehen, nicht minder abgesondert als das Hochschwierige.“ Die Vorstellung, einfach so von dieser Welt zu verschwinden, ohne etwas hinterlassen zu haben, muss manchen Menschen so unerträglich sein, dass sie zwingend irgendetwas absondern müssen, in der Hoffnung, irgendeine Spur zu hinterlassen. Und dieser Zwang, der ist dann da drin, in all ihren Worten. In ihrer Sprache. Und er ist so verschieden, dieser Zwang, vom zwingenden Kampf um die Schönheit und Tiefe der Sprache. Diesen bewundere ich, und zwinge dann wiederum mich, zu lesen. Und zu verstehen. Da ist ein Wachsen darin und ein Werden, dass mich verbunden fühlen lässt mit allem.
Aber ich will sie auch da nicht mit hineinziehen.
Sie haben es so schön ruhig da unten. Ich beneide Sie darum, ehrlich. Wenn Sie mir das nächste Mal schreiben (es gibt doch ein nächstes Mal?) könnten Sie mir ein wenig aus Ihrem Versuch über das Libretto zitieren?
Fragt und grüßt herzlichst
Terpsichore
absicht „…Je weiter sich die Produktionmaterieller Güter ausdehnt,
je müheloser sie uns mit dem Notwendigen versorgt,
desto deutlicher wird sich zeigen,
daß die Bewu?rseinsindustrie zur eigentlichen Schlüsselindustrie der Moderne geworden ist.
Ihre Zweideutigkeit liegt darin, daß sie Bewußtsein, Urteil, Fähigkeit zur Entscheidung bei einem jeder Bürger vorraussetzt und sie zugleich, im Dienste der Herrschaft, zu neutralisieren geneigt ist. Sie degeneriert vollends zu einem Instrument des Zwanges, wenn sie nicht ständiger Kritik ausgesetzt wird.“
Hans Magnus Enzensberger
@elster. Ich denke, man muß die Aussage noch radikaler fassen: „Ihre Zweideutigkeit liegt darin, daß sie Bewußtsein, Urteil, Fähigkeit zur Entscheidung bei einem jeder Bürger voraussetzt und sie zugleich, im Dienste der Herrschaft, inhaltlich völlig bestimmt: Sie p r ä g t (programmiert) die Empfänger (Konsumenten) schließlich absolut oder versucht dies doch mit je nach vorgeprägtem Bildungsstand (Sozialisation) erlangbarer Absolutheit. Ihre Zielrichtung ist Totalität.“ Danach dann Enzensberger im O-Ton weiter. – Woher stammt das Zitat? Ich läse, bei Enzensberger immer mißtrauisch, gerne den gesamten Text.
< a href=“http://enzensberger.germlit.rwth-aachen.de/einzelheiten.html“>Einzelheiten
< a href =“http://enzensberger.germlit.rwth-aachen.de/einzelheiten.html“Einzelheiten
@elster. Jetzt versteh ich: ein früher Enzensberger.
Danke für den Link.
na das muss doch irgendwie klappen Einzelheiten
@Elster. H a t geklappt.
enzensberger, diadorim Enzensberger ist obsolet, weil „Kritik“ heute immer zur Bewusstseinsindustrie dazu gehört. Kritik schafft Bewusstsein,verändert Bewusstsein und ernährt dadurch die Bewusstseinsindustrie. Treibt sie weiter voran. Kritik wird heute verarbeitet in einer Kritik-Industrie. Jede Kritik generiert Kritikmärkte. Enzensberger argumentiert, als gäbe es eine ausserindustrielle Form der Kritik, das ist Schwachdenken.
Dies gilt in einer modernen industriellen Gesellschaft, die keine übergeordneten Instanzen der kulturellen Regulation mehr hat, sondern nur noch halbwegs gut regulierte Legislative und eine medientechnikvermittelte Öffentlichkeit. Soll heißen, eine außserindustrielle Form der Kritik ist nicht mehr möglich. Weil auch Öffentlichkeit bei uns eine Öffentlichkeitsindustrie schafft.
Das ist etwas, das sie Diadorim und auch sie Herbst, nicht verstehen, weil sie Kultur lediglich konsumieren, diadorim, ihre Bauhausbestandsaufnahmen zeigt eine Kulturkonsumenten-Bewegung. Sie bewegen sich durch den Obi-Baumarkt der kulturellen Formen, packen hier ein Eames-Stuhl in den Wagen und dort einen gescheiterten Architekten und kommen dann zum Diskussionsort zurück, zeigen vor, was sie alles eingekauft haben und verwechseln das dann mit Emphatie oder Teilnahme an historischen Biografien und Prozessen. Diese Art des Kulturkonsumismus ist heute die Form, in der Kultur simuliert wird. (Herbst, dazu gehören auch ihre bädeckerhaften immer ein bisschen albern wirkende Namensklauberei, die sie bei jeder Gelegenheit als Mitbringsel hier auspacken wie der Ostseeurlauber seine Hühnergötter.)
Also Diadorim, nochmal zurück zur Diskussion, die Moderne war dispararat, sie war so ziemlich der Melting-Pot von allem, was wir heute so ausschwitzen. Was sie mir damit sagen wollen, dass einige Architekten es damals schwerer hatten, die anderen leichter – weiß ich nicht. Ich kann ihnen auch Gegenbeispiel nennen, Tessenows Lebensraumprojekte oder Mendelsohns Einsteinturm, oder einige Arbeitersiedlungen, die als Gartenstädte konzipiert waren, und sehr wohl gebaut wurden, das ist aber völlig am Thema vorbei, weil wir darüber diskutiert hatten, wie oder was Bauhaus ursprünglich war und wollte, Bauhaus wollte Industrielle technische Moderne und Gestaltung verbinden. Und das ist am Anfang zum Teil auch gelungen. Dahinter verbarg sich ein ideologischer Ansatz, man wollte Kunst auf der Höhe der technischen Moderne „bauen“ und man war gegen Retro. Das Wort „Serie“ sagt es schon. Die Idee war einfach, künstlerisch formal auf technische Entwicklungen zu reagieren, weg mit dem falschen Barock, den Rest können sie selbst nachlesen.
Kurz gesagt, die Stärke von Bauhaus war eine klare Idee, die auf Gegenwart intelligent reagiert hat, und erst dann, danach, nach dieser Idee haben sich – dann – die Handschriften entwickelt.
(Das Witzige an der Rakete ist, dass sie ein Designklassiker ist, sie war eine neue Form ohne Künstler, das wäre eigentlich die Idee des Bauhauses zu Ende gedacht.)
@ soost
Danke soost, dass Sie am Thema bleiben und so klare Worte finden. Leider habe ich heute keine Zeit mich tiefgründig mit einzumischen, unterschreibe aber jeden Satz Ihres Beitrages mit Lust und grüße in den Tag.
@Soost. Mit großem Dank an diadorim. Enzensberger ist obsolet, weil „Kritik“ heute immer zur Bewusstseinsindustrie dazu gehört. Kritik schafft Bewusstsein,verändert Bewusstsein und ernährt dadurch die Bewusstseinsindustrie. Treibt sie weiter voran. Kritik wird heute verarbeitet in einer Kritik-Industrie. Jede Kritik generiert Kritikmärkte. Enzensberger argumentiert, als gäbe es eine ausserindustrielle Form der Kritik, das ist Schwachdenken.Genau das beschreibt die Position des „postrmodernen“ Mitläufers; der angeblich schon zuhandene totale nicht nur Verblendungszusammenhang, sondern auch die Realisierung der Verblendung zu Meinen und Wissen e n t h e b t von Kritik – sie sei ja doch nur Teil des Ganzen – und bereitet den dann tatsächlich totalen Anschluß vor. „Anschluß“ meine ich durchaus historisch-politisch, nun aber findet er mit gutem Gewissen statt, wo vordem noch zumindest ein Ekel war.
Ihre Sichtweise ist außerdem rein auf die westliche Welt beschränkt und bezieht z.B. nicht in ihr Kalkül den Widerstand des fundamentalen Islamismus mit ein, gegen den manches, und Schweres, zu sagen ist, der aber zumindest am Aufstand festhält und – wer weiß es? – möglicherweise siegreich sein wird, indem nach Ihrer Meinung längst obsolete Werte wie Opferbereitschaft, Einstehen für Überzeugung, ja auch Ehre zu neuer Kraft gelangen. Sie predigen, Soost, die Affirmation; dagegen wäre – anders als der Fundamentalislam es tut – westlich etwa Achternbusch zu halten: „Du hast keine Chance, aber nutze sie.“ Dichtung lebt aus dem Widerstand und Widerspruch, und zwar auch dann, oder vielleicht gerade dann, wenn sie, und alle Kunst, die das ist, auf verlorenem Posten steht. Daß diadorim diesen verlorenen Posten einfach verteidigt, egal, was Klügler dagegen sagen, ob mit Recht oder Unrecht, ganz schnuppe, dafür danke ich ihr von Herzen.
Herbst, nur mal ein Beispiel: Die Kritik an der Umweltverschmutzung, die Kritik am Umgang mit Energieressourcen hat dazu geführt, dass ein Umdenken in Richtung alternativer Konzepte eingesetzt hat. Das ist ein positive Leistung der Bewusstseinsindustrie. Wer Bewusstseinsindustrie immer nur negativ bewertet, hat auch nichts verstanden. Die durch grüne Politik geförderte Solazellenherstellung, hat Deutschland hier technologisch an die Weltspitze gebracht. Das Ergebnis ist, dass jetzt, dass man in der Sahara Stromerzeugung plant.
Ich bin dafür. Ich freue mich darüber. Ich freue mich über diese Initiative, die unseren Planeten als Planet in den Blick nimmt. Afrika wird im wahrsten Sinne des Wortes „angeschlossen“ an den Zivilisationsprozess. Das ist großartig. Ein tolles Projekt. Es ist vielleicht die erste gute Nachricht seit Langem.
Und sie Herbst, sie kommen mir hier mit dem Islam. Gemach, wir werden uns mit dem Islam auseinandersetzen, und er wird auch bei uns kulturell einspülen…aber auch das wird im positiven Sinne von der Bewusstseinsindustrie verarbeitet werden. Da bin ich zuversichtlich.
@soost Sie bewerten die sog. bewusstseinsindustrie nicht durchweg negativ, auch nicht durchweg positiv. okay. Sie sind tatsächlich auch mal „für“ etwas – nett, da Sie bisher doch vor allem „dagegen“ geredet haben.
aber worauf, soost, wollen Sie eigentlich hinaus? wenn sich, wie Sie behaupten, alle kulturellen phänomene bereits in einem industrualisierten markt-zusammenhang bewegen, kritik eingeschlossen, und wenn ferner, wie Sie behaupten, herbst, diadorim und andere dies nicht erkennen – funktioniert denn dann herbsts, diadorims und anderer kritik an dieser perspektive nicht notwendigerweise ihrerseits innerhalb des industriellen marktzusammenhangs? so daß sie performativ das befeuern, was sie ablehnen? und könnten Sie, soost, dann nicht zufrieden sein, da „sich ja zeigt“, was Sie so wortreich vertreten?
und wenn Sie zufrieden sein könnten, worüber regen Sie sich dann auf? warum werfen Sie periodisch mit beschimpfungen um sich? was soll das Ihrer argumentation bringen?
schließlich: kann man in einer umfassend industrialisierten marktorientierten gesellschaft noch anders, als kultur zu „konsumieren“? (das scheinen Sie ja als gegenentwurf zu herbst und diadorim, den angeblichen „konsumenten“ zu unterstellen.) was für ein „anders“ wäre das dann? eines, das plötzlich doch außerhalb des industrie-marktes stattfindet, dessen „aussen“ es doch eigentlich gar nicht gibt?
gut nachgegefragt, aikmaier Fliegen im Honig, dazu hatte ich schon mal was gesagt, die Lage ist nicht einfach, auch wir, die wir hier diskutieren, gehören zur Bewusstseinsindustrie, also auch ich, herbst, sie, diadorim… und – ja – es gibt eine Möglichkeit, in ein Außerhalb einer kulturkonsumistischen Verhältnisses zu gelangen. Für die Gegenwart ist dies (noch) sehr schwierig, aber für die Vergangenheit, indem man zum Beispiel die Historie (nicht-menschlich) als technikvermittelte Informationsbewegung erkennt. An diese Bewegung sind wir angeschlossen. Aber hier beißt man in einen „unappetitlichen Bereich“ des Apfels. Weil damit auch automatisch die Subjektillusion sich aufhebt, ebenso wie der Begriff „Kultur“ ganz fragwürdig wird. Mehr brauche ich dazu nicht sagen, weil ich es an anderer stelle schon mal gesagt habe.
ich geh nicht durch den baumarkt, ich werde lediglich konkret, und ich laß mir ihre unverschämtheiten nicht länger gefallen, sie bemühen auch konkreta, die gartenbausiedlung etc, und egal, was man vorne bei ihnen reinstopft, hinten kommt immer der markt raus. da kann ich ihnen nicht weiterhelfen. sie missionieren die falsche. suchen sie sich doch bitte andere.
und wie sollen sich handschriften erst danach entwickelt haben, die menschen sind von klee bis schlemmer davor schon tätig gewesen und haben was je unterschiedliches eingebracht. und wie sie zu ihrem wissen gekommen sind, das müssen sie mir mal erklären, autosuggestion, oder vielleicht doch mal ein buch zur hand genommen? jetzt helfe ich mir selber? es ist schon eine enorme unhöflichkeitsleistung, die sie mir gegenüber an den tag legen. wenn sie sowieso davon ausgehen, sie reden mit einem unverbesserlichen laien, dann geben sie sich doch bitte nicht länger mit mir ab, kann ich da nur raten.
Erst wollen Sie nix mit dem zu tun haben und dann wollen Sie etwas erklärt haben.
hm, stilhandbuch unter r nachschlagen, wie rhetorische frage.
ich will sie nicht missionieren. Die Vehemenz der Diskussion ergibt sich aus dem Thema, die der Frage nachging, ob Künstler oder Dichter überwiegend damit beschäftigt sind, sich selbst zu bauen, oder ob er/sie noch irgendwie an einem Haus interessiert sind.
Außerdem komme ich Ihnen entgegen: Die Spannung zwischen Allgemeinem und Konkreten wird auch weiterhin nicht einfach aufzuheben sein.
also was die rakete mit dem bauhaus zu tun haben soll, soll mir mal einer erklären.
so weit ich weiss, wurden von bauhaus-künstlern auch so etwas wie handgewebte
teppiche oder geradezu archaisch anmutende stühle z.b. hergestellt.
ansonsten galt nicht nur dass eine form einer funktion zu folgen hatte oder zumindest in einem recht offenen konzept – innerhalb der architektur suchte man wohl nach einem menschlichen mass, was raumgrösse oder deckenhöhe anbetraf.
man suchte nach einer möglichst flexiblen architektur, innerhalb welcher es ohne
grösseren aufwand möglich war, gestalterisch individuell mit wohnraum auch im nachhinein umzugehen – also zwischenwände waren dann in wohneinheiten mühelos zu versetzen oder ganz herauszumehmen.
häuser wurden wenn möglich von innen heraus konzipiert nach kriterien eines möglichst hellen bauens – eines bauens mit optimaler raumhelligkeit.
funktionalität war wohl auf ein bedürfnis nach individueller gestaltungsabsicht
zugeschnitten.
aber meine frage war ja, was dies mit einer rakete zu tun gehabt haben sollte.
hörte gestern am tv – dass der erste mondflug alles in allem 80 milliarden us$ kostete.
@ soost; so ganz… … verstehe ich noch nicht, wo Sie hinwollen; ahne allenfalls, was Sie hier und vermutlich DORT meinen.
denn die FLIEGEN im HONIG können diesen ja weder verlassen, noch vollständig inkorporieren. insofern würde ich Ihre „honigfliege“ als ein romantisches konzept der vereinbarung des unendlich geschiedenen bezeichnen: internalisierung des außen, kannibalismus, wenn Sie mögen…
wie Sie geschichte als informationsbewegung verstehen wollen, müßten Sie mir auch erläutern, zumal den informationsbegriff: information „von jemandem“, „für jemanden“, „durch etwas“ – also via subjekte und medien? wo diese doch, wenn ich Sie recht verstehe, illusionär sind?
und schließlich: ist der honig, den Sie meinen, nicht v.a. die sprache, in der man ja (scheinbar) über sie sprechen kann, aber dennoch immer innerhalb ist, auch wenn man eine perspektive von außen suggeriert (wie ich jetzt mit diesem satz über sprache, der in wirklichkeit in der sprache ist etc. etc.)?
also funktionales schreiben – so wie es hier wohl von soost angesteuert wäre –
ohne individualität eines ausdrucks, hm, wie soll so etwas funktionieren ?
man / frau könnte sich dies vielleicht vornehmen aber was wollte frau 7 man dann schreiben ?
etwas was gut klingt und vor allem verständlich ist.
so etwas schüttelt aber doch keine(r) aus dem ärmel, oder ?
und deshalb ist für mich jemand der literatur herstellt auch ein künstler, jemand der dafür bezahlt werden sollte und nicht jemand, der literatur neben der betonmischmaschine oder ähnlichem gelegentlich festhält.
ich finde es übrigens grotesk, literatur mit architektur vergleichen zu wollen, ohne dabei zu berücksichtigen, welch unterschiedliche formen von architektur es gibt.
eine eigenheimarchitektur ist womöglich eine in stein usw. gegossene lyrik, wohingegen eine hochhausarchitektur grösste mühe hat, eine art in stein usw.
gegossene form von roman zu sein – schon eher wäre ein roman eine architektur, welche aus viellen versatzstücken architektonischer formen urbaner lebensraumgestaltung besteht.
@c und aikmaier was sie da beschreiben, wäre das Konzept des „Moduls“ – das wäre die Idee mittels verschiedener modularer aber flexibel anzuordnender Wohnraumeinheiten einen Lebensraum zu schaffen, den sie dann sozusagen seriell erweitern können. Oder flexibel kombinieren. In Kleinst-Serien.
Wenn Sie so wollen, findet sich so ein Konzept heute in der Raumfahrt wieder. Die ISS ist modular aufgebaut. Ebenso werden zukünftige Stationen auf dem Mars Modul-Charakter haben. Insofern sind solch Bauhaus -Ideen zutiefst visionär gewesen.
Die Rakete wäre damit quasi sinnvoll ins Bauhaus rückgekoppelt, obwohl ich etwas anderes meinte. Die Rakete ergibt sich als Form aus den physikalischen Eigenschaften, die sie haben muss. Zugleich aber kann man ihr als Objekt eine gewisse Ästhetik nicht absprechen. Bauhaus und Rakete kommen aber von der Idee her aus der klassischen Moderne – die eine ganz eigenartige Mischung aus Dynamik und Neuberaumung entwickelt hat.
@aikmaier
Sie sind da so schnell bei dem Begriff der Romantik, aber aus diesen fortgedachten Bauhaus-Modulen können sie ja ersehen, dass es irgendwo eine realexistierende oder obwirkende „Romantik“ gibt.
Also wir kommen heute nicht mehr auf die Idee, zum Beispiel die ISS auch ästhetisch zu bewerten, also dass ein Konzept der Funktion zugleich auch ästhetisch anbetrachtbar ist. Wenn sie so wollen, ist die ISS dann auch ein romantisches Objekt.
Die Sache mit der Information ist verzwickt, weil es zwei Informationsbegriffe gibt, der eine ist der nachrichtentechnische und der andere ist der von Flusser mitdefinierte.
Diese beiden Begriffe sind noch nicht miteinander versöhnt worden, und das führt dazu, dass wir nur das, was gelesen werden kann, als Information auffassen, dass aber auch das Physische und Destruktive also zum Beispiel Kriege ebenfalls ein Informationsvorgang ist, dass so anzusprechen, fällt uns nach wie vor schwer.
@soost was jetzt – rakete oder raumstation ?
ich bin mir nicht sicher ob bauhaus schon ein modulares bauen ansteuerte.
wenn aber, dann wäre modulares bauen als ein bauen grösstmöglicher flexibiltät
aufzufassen d.h. grösstmöglicher individualität.
funktionalität folgt dann individuellen bedürfnissen oder präziser ausgedrückt : läuft diesen voraus.
so etwas erkenne ich in der musik z.b. ganz deutlich affin in der „aleatorik“.
was die literatur anbetrifft, wäre es der leser selbst, welcher seine persönliche auswahl an oder innerhalb von textangebot trifft.
c. die Verbindung liegt doch da: Die Modularität oder das Serielle ergibt sich aus der Notwendigkeit des industriellen Fertigungsprozesses oder aus der Idee der Bewegung. (Flexibilität ist Beweglichkeit am Ort) Die Art und Weise, wie eine ISS aufgebaut wird, verlangt Modularität, das ist aber zugleich mit der Form des Transportmittels verknüpft. Die Module müssen in sich schematisiert sein, weil die Rakete eine bestimmte Kapazitätsbegrenzung aber auch eine Bestimmte form aufzwingt.
Grundsätzlich sind auch die Brand-Ziegel eines Hauses schon Module.
Feldsteine, die immer noch extra behauen werden müssen, sind noch keine Module.
ja, bauhaus kam vom handwerk, mies van der rohe kam vom doppel-t-träger, josef und anni albers haben viele teppichmuster nach draufsichtem mexikanischer tempel erstellt. und der taubenschlag des 17. jhdts. hatte auch schon module und war seriell. tiere in architektur. visionär war am bauhaus nicht allein die wohnmaschine gewesen, meiner meinung nach, sondern eher die faltbarkeit. wenn man so wie sie will, hat boulleé sich schon an die kanonenkugel gekoppelt. aber das ist für meine begriffe eine zutiefst ungeschichtliche betrachtungsweise. vergleichende immanenz allein schafft noch keine evidenzen, das wollen sie aber glauben machen, so kommt es mir vor.
@soost modulares bauen kann doch einfach nur heissen – kostengünstigeres bauen.
z.b.
es kann auch bedeuten, dass sich architektur flexibler in eine umgebung einpassen lässt.
es kann desweiteren bedeuten, dass architektur benutzerdefiert sich zu individuellen grössen oder / und formen gestalten lässt.
nun ist aber modulares bauen nur eine form des bauens.
nun vielleicht ist so ein thread so etwas wie modulare literatizität, so unbeholfen meine kommentare auch modular dazugestellt wären.
die funktion dient dann der kommunikation, welche einzelne meinungspositionen
zueinander gestellt darbietet.
ausgangspunkt war, dass jemand ein gedicht unpräzise formuliert fand.
@soost also „schön schreiben“ ist doch als etwas funktional auffassbares.
1. man / frau will schön schreiben.
2. man /frau klärt für sich ab, was für ihn / sie schön ist.
um anhand von architektur das zu beschreiben : jemandem gefällt ein fachwerkhaus,
dem anderen jemand ein haus aus beton und glas mit flachdach.
eine frage wäre, warum in einem mietshaus für arbeiter balkone möglichst klein gehalten wären, wenn.
nun – vielleicht will der bauherr und eigentümer, wecher womöglich in einer villa wohnt nicht, dass arbeiter im sommer auf einer art terasse sitzen und annähernd zufrieden wären wie jemand auf der terasse seiner villa.
architektur kann also etwas disziplinierendes sein oder etwas missgönnendes.
da würde ich erst anfangen, literatur mit architektur zu vergleichen.
diadorim so wie es eine etymologie in der sprache gibt, so dürfte es auch eine etymologie des Sprachlosen geben, des wortlosen Tuns oder der Physis. Mobilität macht Dinge und Techniken klein, handlich, transportabel, faltbar, modular, flexibel, praktisch, nutzbar. Man könnte menschliche Geschichte sozusagen durchaus als eine Geschichte des Ballasts verstehen. Mobilität, Aufbruch, Dynamik verringert Ballast, wirft Ballast ab.
Sesshaftigkeit, Zentralismus, Status Quo, Repräsentation – häuft Ballast an.
Bauhaus hat auf eine industrielle Dynamik und auf Mobilität reagiert und wollte Ballast abwerfen oder zumindest sollte Ästhetik auch auf Funktion hin abgeklopft werden.
Auch Jagdgesellschaften im 17 Jahrhundert kannten schon den faltbaren Stuhl, den Klapptisch…
Also wenn es eine Evidenz gibt, dann scheint sie mir in dem Verhältnis von Ballast und Dynamik zu liegen…
Wir leben gerade in einer ebenfalls sehr dynamischen Epoche, und erleben gerade, dass jede Menge Ballast in Frage gestellt wird.
diesmal ist es vielleicht der Mensch selbst, der dynamisch, flexibel, faltbar und mobil werden soll.
@ soost erkären sie mir mal, was sie unter dem ausdruck bewusstseinsindustrie verstehen – also was für sie eigentlich bewusstsein ist.
es muss jemandem zu bewusstsein kommen, was z.b. politisch machbar ist innerhalb z.b. der bundesrepublik.
also wäre es machbar, einen mindestlohn von 10€ einzuführen ?
wer will das denn beurteilen ?
kann es jemand tatsächlich bewusst sein, was es heisst für 5€ die stunde zu malochen und damit seinen lebensunterhalt bestreiten zu müssen ( also jemand zu sein, welcher mehr als 5 € die stunde für seine arbeit bekommt ) ohne für 5 € die stunde tatsächlich zu arbeiten ?
wollen das leute machen, welche nicht unter 40€ die stunde arbeiten wollen und welche sich deshalb vehement dagegen sperren, dass ein spietzensteuersatz ( rückwirkend ) angehoben wird ?
sind leute, die sich möglichst auf dauer bequem und sesshaft eingerichtet haben,
diejenigen, welche von leiharbeitern oder anderen grösstmögliche flexibilität erwarten dürfen ?
@ c. soost meint bestimmt damit, dass es eine art industrie gibt, welche bewusstsein
lenkt, nicht erzeugt, also reduziert oder fukossiert innerhalb massenwirksamer propaganda.
da werden – vielleicht vor wahlen – alle zu nachzeichnungen von clowndaseinshaftigkeiten animiert falls erforderlich, sprich das grundmotto eines allgemeinen bewusstseins wäre dann die streichholzschachtelparole „so lustig wie möglich !“ oder „nimm’s mit humor !“ oder „woanders geht’s den leuten schlechter“ oder „kritik zieht runter“.
c das ist mir jetzt zu kompliziert, da bin ich zu faul für.
Sie können davon ausgehen, dass die Bewusstseinsindustrie funktioniert als eine statistische Konsensmaschine. Soll heißen die Summe aus Sachzwängen, und Menschenzwängen übertragen durch Medien ergibt im Mittel die Bewusstseinsindustrie, die bei uns auch eine Konsensindustrie ist.
Politik passt ihre Entscheidungen ganz normal dem Leidensdruck an, der aus der Gesellschaft an sie herangetragen wird. Und so regeln sich auch die von ihnen gestellten Fragen.
Wenn sie mehr Geld haben wollen, gehen sie auf die Straße, oder streiken sie, wen sie genug Leidensgenossen finden, die mitmachen, dann ändert sich auch was, so einfach ist das.
hören sie soost sie sind einer von denen welche daran glauben, man könne den menschen wirklich alles einreden, nicht ?
man müsse bloss ein wenig rhetorisch geschickt zu werke gehen und schon halten die leute eine leben auf der müllhalde für das paradies.
( polemisch ausgedrückt )
das kann man vielleicht machen, aber dann wollen diese auch nicht mehr von der müllhalde herunter und womöglich ingenierswissenschaften studieren – das ist die crux von propaganda.
also : man hat womöglich 30% der bevölkerung zufrieden und im einklang mit ihrer manifesten armut zu halten.
dementsprechend unterhält man eine mediale beschwichtigungsmaschinerie.
diese maschinerie suggeriert zufriedensgefühle, aus welchen dann aber sich leute höchst unzufrieden aufmachen sollen, diese schnuckelige armut zu überwinden ?
das ist das problem der medialen manipulation.
meinen sie das könne man abbauen, indem man den armen leuten noch mehr die
löhne kürzt oder hartz 4 absenkt während die mediale maschinierie weiter gute laune macht und die kassen der reichen sich synchron weiterhin immer mehr füllen ?
hm.
also soost wenn der erste mondflug tatsächlich alles in allem 80 milliarden us$ kostete und sie das ersteinmal mit architektur vergleichen wollen, soost, so füge ich ein kleines versöhnlich-bodenständiges rechenexempel an :
also in die apollokapsel passten 3 leute und reisegepäck.
ein häuschen zum bauskostenpreis etwa 100.000 dollar kann womöglich schon einer 4 – köpfigen studenten-wg eine nette bleibe gewähren.
teilt man 80 milliarden durch 100.000 so erhält man die zahl 800.000.
800.000 häuschen für studi-wg’s zum preis von je 100.000 $.
lässt sich irgendwie kaum vergleichen, raumfahrt mit architektur finde ich oder ich verrechnete mich gerade.
ein ziemlich kostenintensiver onanierclub, die ISS da „oben“.
kostet nicht das pinkelbecken für dort schon 800.000 dollar – sprich acht 100.000 dollar wg-häuschen – womöglich gemischt besetzt und freie liebe praktizierend ?
ich hab ja nichts gegen daran womöglich angeschlossene observatorien, aber das müsste doch eigentlich reichen.
also kolumbus, hm, der erst einmal atmossphäre mit nach amerika hätte bringen müssen, ja also vielleicht nur so etwas wie energie ?
naja.
Ballast und Dynamik – urform folgt funktionierender evolution
– kontext = kraft & wort = gefühl s.a. klee/ totalisierung…
– auf den feldern die kammern aber ohne sahnebarrieren
– aufbrechten wir sind das volk
– die brauchen ein schild , das sind die bürger
– die freiheit ist der honig, epochales naschen die module
ABER ES GIBT KEIN ZURÜCK (wie unromantisch)
– die totalitäre regine ist die frage
– hermetik das ignorieren der rollen von rezeption
– der wille zur kunst gebiert den willen zur tat also je
mehr langeweile desto gut aber
– wer was will kriegt so lange prügel bis es sich hingibt
und endlich erfindet nicht das neue sondern neuland
individuell – nicht neu – dem eigenen kind einatmet
– zwangsläufige hunde in absoluter hingabe mitten auf der
kreuzung
– willen hingegen braucht das publikum insbesonder der
einzelne denn die hingabe des betrachters besteht aus
öffnung
die willentlich geschehen muss
@ soost; kurze nachfragen aus diesen fortgedachten Bauhaus-Modulen können sie ja ersehen, dass es irgendwo eine realexistierende oder obwirkende „Romantik“ gibt.
ja? wie das?
Also wir kommen heute nicht mehr auf die Idee, zum Beispiel die ISS auch ästhetisch zu bewerten, also dass ein Konzept der Funktion zugleich auch ästhetisch anbetrachtbar ist.
nein? warum nicht? Sie führen hier doch mit der diskussion um bauhaus und fff den gegenbeweis. aber können Sie auch das umegekerte? ein ästhetisches erzeugnis – sagen wir: ein gedicht? – abgesehen von einer funktion betrachten?
und der andere ist der von Flusser mitdefinierte.
flussers „information“ ist, wenn ich recht sehen, zunächst vom subjekt als dikursteilnehmer abgekoppelt (= diskurse verwalten informationen) und soll auf der positiven seite zu einer beliebig hohen anzahl von dialogen führen, am letzten utopos zu einer herrschaftsfreien, selbstverwalteten kommunikation, oder? verwenden Sie „information“ in diesem sinn? und wenn ja: wie paßt das zur Ihrer perspektive auf geschichte?
aikmaier ich bin kein Flusseradept, nur sein Informationsbegriff, der sozusagen wörtlich genommen ist, der das in Form gehen von etwas meint, den finde ich als Ergänzung wichtig und richtig, zu dem nachrichtentechnischen…
Klar kann ich Gedichte auch ästhetisch anschauen. Aber hier geht es ja darum, das andere mit dem anderen zu verbinden
Nichts ist doch langweiliger, als wenn sich Literaten über Literaten, Künstler über Kunst und Dichter über Gedichte austauschen… das ist doch einschläfernd. Und das finde ich eben an unserer Gesellschaft zumeist über die massen einschläfernd..
Mein Problem mit Gedichten in diesem Zusammenhang ist, dass sie immer Poesie als Eingebung behaupten… Ich sage ihnen mal ein Gedicht was ich gut finde:
Marlboro Light
Coca Cola
Tampons.
Das ist aber kein Gedicht, es ist ein Kassenzettel den ich – ungelogen – so mal gefunden habe.
Der ist doch ein Hammergedicht oder? Aber es hat keinen Dichter. Vielleicht aber jemand, der was eingekauft hat. Ich möchte keines Falls hier sozusagen einem Duchamp der Lyrik das Wort reden. Sicher gab es alle solche Konzepte auch schon. Aber das dumme ist, dass man an solchen Beispielen eigentlich spürt, wie poetisch an sich die Dinge schon sind oder viele Dinge.
Aber natürlich gibt es auch Gedichte, die ich gut finde von Dichtern,
Zum Beipiel finde ich ja die Idee von diadorim, über ein Flugzeug etwas zu schreiben, eigentlich gut, weil ich auch mal auf einer flugschau war, über dieses sehr sehr schöne flugzeug gäbe es einiges zu sagen, aber es geriet dann für meinen Geschmack etwas zu hermetisch.
hermetisch ( another ugly poem ) der eine findet cabrios ästhetisch.
der andere findet zweisitzige cabrios ästhetisch.
ein nächster findet zweisitzige cabrios der marke porsche ästhetisch.
ein weiterer findet das 911er cabrio von porsche ästhetisch.
dann gibt es einen der nur schwarze 911er cabrios von porsche ästhetisch
findet.
und dann noch einen, der nur schwarze 911er cabrios von porsche mit schwarzen
ledersitzen ästhetisch findet.
ich finde in der regel die frauen auf den beifahrersitzen solcher cabrios ästhetisch
insofern sie mit so einem gefährt so etwas wie eine einheit bilden.
anotherone bites the dust
and there’s lot of dusts
to be in order to be
always updated with
your better half
of porcelain right
on top of the fire place
I listen that now and before
and I ask myseflf, what a world makes me
listening that before and now.
http://www.youtube.com/watch?v=3hhP9ZGHTEQ
not a kind of yearning being mighty, I guess.
and now – just before thousands of turn arounds – i lay on my virtual tabling
zhat of scorseces casino piece, what was made by a sufferin group of boys,
sufferin in fact of a lack of harmonic basics of agreeablle circumcances.
so what.
http://www.youtube.com/watch?v=9muzyOd4Lh8
Marlboro Light/Coca Cola/Tampons. Das ist kein Gedicht.Es ist ein – wäre eine gewesen – Provokation, indem es sich auf eine andere, tatsächlich oder vermeintlich erstarrte F o r m bezieht und dadurch die Form dennoch mitdenken/mitspüren läßt. Unterdessen ist auch das readymake nur noch die Kloschüssel und als Kloschüssel-als-readymake ein label, also Verkaufsname für ein Produkt: es ist selber, nunmehr als Ware, erstarrt und braucht erneuerten Kunstwillen, um wieder zum „readymade“ zu werden: bereits in Vostells Envirnoments der Sechziger war diese Situation reflektiert.
Etwas sehr Änliches gilt für Sprachkunstwerke. Unterdessen ist das Elitäre zur Provokation geworden; auch hier bewegt sich Geschichte spiralförmig voran. Das Hermetische, das Formgefüllte.
aber, Herbst im Gegensatz zur Kloschüssel von Duchamp – können sie diesem „Gedicht“ nicht absprechen, dass es mit minimalstem Aufwand ein ziemlich starken Assoziationsraum öffnet, der weit weit über das Produktsein hinausweist oder anders gesagt – der gerade über das Produktsein, der darin vorkommenden Verweise und ihrem Zusammenspiel etwas leistet, dass die Kloschüssel nicht unbedingt leistet. Der Punkt ist doch der, das hier bereits Produkte, Namen, als Duchamp-Marken nocheinmal in Praxi des täglichen Handelns, in dem Falle des Einkaufens in einem Drogeriemarkt, miteinander poetisch fusionieren…. ganz abgesehen von den realphysikalischen Ingredienzien, als da wären Zucker, Tabak, Blut und Zellulose. Diese wiederum sind funktional miteinander gekoppelt, da Tabak und zucker und Coca etc… sofort ins Blut gehen usw….. dazu kämen noch ganz andere Assoziationen, die ich hier garnicht weiter behandeln will, also ich wüsste nicht, warum man diesem Gebilde Dichtigkeit absprechen sollte…oder auch Poesie.
@Soost. All das geschieht ganz außerhalb des künstlerischen Willens, der ein Wille zur Formung ist. Daß etwas Assoziationsräume öffnet, ist nicht das, was Kunst ausmacht, es kann sie auch aus machen.
Zigarrenasche
Leiter
Teheran
öffnet auch alle möglichen Assoziationsräume, ja für Denkende, geschweige Fühlende eröffnet a l l e s Assoziationsräume, ohne daß doch alles gleich ein Gedicht wäre. Daß Spannende an den wirklich guten Gedichen ist, daß sie bleiben, und zwar egal, ob sie in ihrer Zeit als fortschrittlich, reaktionär, formal, revolutionär und was es dergleichen mehr gibt, angesehen worden sind. Weshalb es von dem sehr zu Recht gescholtenen Hermann Hesse ebenso wie von Manfed Hausmann hinreißende Gedichte gibt, sie stehen einfach da und bleiben da stehen wie eine Idee in Platons Himmel: sie sind gerade n i c h t zeitbezogen und über zeitbezogene Reflektionen zu erfassen; jede Anstrengung der Interpretation versagt an ihnen, und wenn sie noch so sehr trifft. Dasselbe gilt für die meisten Texte Kafkas. Es geht dabei nicht nur um Lyrik, aber Lyrik zeigt es so unmittelbar-offensichtlich. Man weiß das übrigens als Autor selber, und im Moment, da man etwas geschrieben hat. Mein >>>> Engel-Gedicht (im Buch ist es noch mal leicht verändert) wird bleiben, da gibt es gar keinen Zweifel, vieles andere von mir ist nur, sagen wir, Stufe. Als solche zwar notwendig, aber es wird schließlich wegsinken. Man weiß sowas selber immer schon ganz genau.
@ANH Ja, die „Engel“ werden bleiben.
Bleiben wird aber auch >>> Svava und noch mehr.
soll es auch gehen?
herbst ihr Beispiel funktioniert nicht so gut. Es hat keine zwingenden inneren Kontexte. (Bei mir: Der Blut-Verweis.) Mein Beispiel hat diesen Kontext, der ein Ordnungsgefüge ergibt.
Aber sie hängen halt auch noch dem 19. Jahrhundert – Modell des Künstlers an. Wie sie neulich sagten: Die „Autonomie“ des Künstlers. Das war er nie und das ist er auch nicht und wird es nie sein…., Er war es auch nicht im 19. Jahrhundert.
aber egal…
…aber ich würde mal erklärt haben wollen, was das heißen soll: „wird bleiben….“
soost Und ich würde mal erklärt haben wollen, was denn „innere Kontexte“ sein sollen. Die sind doch immer außen.
Aber mit Innen und Außen scheinen Sie ja ohnehin sehr lax umzugehen und den eigentlich schwierigen Fragen auch gern mal auszuweichen.
Tja.
soso, mein gedicht war soost aus coosfeld etwas zu hermetisch. hm. die poetische wirklichkeit der kassenzettel, das soll es also sein. ok, das lässt sich leicht regeln, sagen sie mir nur, wo ich einkaufen soll und überweisen sie mir geld. ich lasse dann das schreiben, behalte die gekauften dinge und bewahre für sie die kassenzettel auf, ok?
diadorim… „das soll es also sein“ – habe ich so nicht gesagt, ich hatte auf aikmeier geantwortet, um herauszustellen, dass zeichenhafte Zusammenkünfte starke Dichtigkeit haben – können – ebenso wie sie funktional an einem profanen Vorgang gekoppelt sind, der seine Profanität aber verliert, wenn man ihn beobachtet.
Auch ich habe ja hier insofern als „Autor“ manipuliert, weil ich diesen Zettel gewählt habe. Es bedurfte meiner Beobachtung, um ihn in die ästhetische Isolierung zu stellen. Beobachtung ist immer auch schon eine Form der Manipulation. Es war also ein beobachtetes Gedicht.
@soost. Nein. Sondern ein erinterpretiertes, das allein noch abhängig von seinem, sagt man in der Prosa, „Plot“ ist. Hier macht allein der Leser das Gedicht. Das ist bei Gedichten, die sich auf Formen beziehen und ihnen nachgehen oder sie sogar auf die eine und/oder andere Weise erfüllen, anders. In diesem Fall bin ich auch >>>> mit montgelas nicht einverstanden.
Die Liebe ist so zellulose.
im Filter von glühenden Frauen
saugend am Marlboromann
Die rote Cola
Sommers wie Winters fließt sie durch
Landschaft braun von Süße
Cowboy im Ferment.
Sehnsucht, Nikotin,
geht durch den Tampon
in einem Ritt.
Als wär das nichts.
mir scheint, sie bedürfen der dichter nicht, sie sind im beobachten selber einer. die frage bleibt, woher nehmen sie ihre beobachtungsgabe? den kassenzettel als poetisch betrachten zu können, möglicherweise hat daran dichtung und haben dichter daran immer schon einen anteil und schaffen kriterien, wie sich welt überhaupt sprachlich beobachten lässt.
es mag sein, dass es schwerfallen dürfte, jetzt aus so einem Beispiel eine ganze Poetologie abzuleiten, aber es eignet sich wenigstens gut zur Erforschung dessen, was hier schon andiskutiert wurde auf den Informationsbegriff oder wie er einen an den Honig bindet.
diadorim, ich könnte jetzt ihre Frage auch so beantworten und sagen: Ich selbst muss durchblutet sein, und brauche einen dichtungsnotwendigen Anteil an Zucker in meinem Blut, ebenso, wie ich evolutionär betrachtet von der Nahrungskette abhänge, in der Zellulose (von Pflanzen) relativ am Anfang steht- Das kann (muss) fermentiert werden und wird dann zu einer verdaulichen Zuckerart, die mich (mein Bewusstsein) in den Stand setzt, eine Beobachtung vorzunehmen – oder – wie sie zu Recht anmerken – mich zu bilden, indem ich Bücher lese (in-formierte Zellulose) – seien es anderer Dichter oder medizinische Bücher, also mich in – formieren lasse, so dass ich in der Lage bin, als Beobachter darauf zurückzuschauen und mir „einen Reim“ auf die Existenz, auf meine Existenz zu machen, die vermittelt über den zivilisatorischen Umgang mit Zellulose und seinen Fermentationsabspaltungen (Sacherose, Destrose) sich auch verändert.
Dieses „sich einen Reim“ auf die Existenz machen, ist ja – vielleicht – ein wesentliches Merkmal von Spracharbeit, wobei die auch sich formt oder informiert wird durch die Kenntnisnahme von anderen Dichtern aber auch von physisch biologisch beobachtbaren Prozessen.
Wenn beide Perspektiven zusammenfallen, die Perspektive der rein energetischen Informiertheit (Zellulose, Zucker, Blut, Sex) und die daraus sich ableitende zivilisatorische Information (Zelluloid, Fim/Bild, Buch, Papier, Tabak, Metapher, Gedicht.) dann finde ich das einen ganz besonderen Glücksfall, weil hier die beiden Informationsbegriffe sich berühren.
Das empfinde ich als ein Moment von Utopie, diese Vereinigung. Wobei die Droge (hier als Beispiel das Nikotin) in diesem Fall der Stoff ist, der durch die Schranke knallt und lesbare semantische Information mit energetischer Information vermittelt.
Genau diese Aufgabe haben in allen Kulturen die Drogen, ob Alkohol oder Kaffee oder Zucker oder Kakao oder Nicotin oder was auch immer. Sie sind im Sinne des Wortes Erweiterungen.
Damit wäre auch die Frage von „Bewusstsein“ von „Innen“ und „Aussen“ – die hier von „Prost“ aufgeworfen wurde…wenigstens teilweise beantwortet.
Wahrscheinlich ist die technische Beherrschung des Fermentationsprozesses, also dessen, was sonst immer nur in Kuhmägen ablief – die Umwandlung von großmoleküliger harter Zellulose in Zucker eine ganz entscheidende technische Leistung. Dazu käme der Alkohol, der Tabak, das Leder, der Käse, das Gerben, und auch die Milchsäure, nebst vielen Haltbarmachungen.
Die Erfindung und Nutzung des Sauerkrauts (Milchsäure) die wichtig war zur Versorgung von Seefahrern mit haltbarem und gut transpotablem Vitamin C bei langen Fahrten – (ebenso wie das Überstehen von langen Wintern) hat letztlich dazu geführt, dass die erste Globalisierungsbewegung per Schiffsreisen erheblich forciert werden konnte. All dieses technische Machen und Tun und Erfinden und Fermentieren – letztlich die Umformung von Zellulose, findet nach meinem Dafürhalten nur sehr selten in Gedichten Eingang, obwohl das alles so überwältigend bedeutsam ist.
Soll heißen: Das Papier, auf dem das Gedicht geschrieben wird, kommt in dem Gedicht selbst nicht oder selten vor, es sei denn es ist ein Gedicht übers Schreiben, aber dann wird das Papier zumeist nicht als technische Unterlage angesprochen, sondern steht für Leere oder so, was ganz falsch ist. (Gut wer schreibt noch auch Papier.)
Der Zivilisationsprozess ist ein Verdauungsprozess, der sehr konkret physisch sich auslegt. Der Fermentationsprozess, der ein enzymatischer Aufspaltungsprozess ist, ist ein sprachloser Vorgang.
Man kommt ihm zumeist mit dem gewöhnlichen Metapherngestöber, das lediglich im semantischen Anteil der Information und Bedeutung operiert nur ungenügend bei.
Auch die Bewegung von der klobigen Großstruktur hin zur modularen, flexibel beweglichen Bauweise einer Raumstation entspräche einem Fermentationsprozess, der unverdauliche Großmoleküle in verdaulichere Bestandteile enzymatisch aufspaltet. So könnte man sagen:
Der klobige Feldstein ist holziges Gras. Im Kuhmagen des Zivilisationsprozesses wurde er aufgespalten in handlichere Brandziegel, die schon (verdaulichere) Module waren. Und so weiter bis zur ISS und der Station auf dem Mars.
Schließlich ist auch das Internet ein enzymatischer Kuhmagen, der Subjekte enzymatisch verdaut, aufspaltet.
so, sie müssen durchblutet sein. ah ja. sehr interessant, sprich, lebendigkeit ist eine notwendige voraussetzung zum erkennen des poetischen im allgemeinen und gedichte im besonderen. wow. i m deeply impressed. das ist schon fast auf der basis von slapstick: leser zum verleger: schreibt ihr autor immer so? verleger zum leser, nein, nur wenn er was sagen will. hm.
das papier selbst thematisieren, das hat machado des assis schon betrieben und sicher nicht nur er. oh mein gott, wir werden gerade alle verdaut. help! o secure! nit nit!
sie mögen sich ja darüber lustig machen…ich habe nicht davon gesprochen, das selbstverständliche als selbstverständliches nur zu wiederholen, sondern es neu zu empfinden und in Beziehung zu setzen, mit dem was gerade so passiert.
also, a, es findet all das eingang ins gedicht nur, b, was sie da so überwältigt kommt phänomenologisch vielleicht doch bei vielen eben ganz anders an, als sie es beschreiben. und selbst, wenn sie einigermaßen um die biologischchemischen prozesse wissen, beim abfallen des zuckerspiegels zb, ist es vielleicht doch für manchen, einschließlich ihrer selbst, nicht weniger interessant, was sie dann halluzinieren, statt wie sie halluzinieren. sonst genügten uns allen wahrscheinlich medizinische handbücher.
ja, gute Ergänzung, stimmt: nicht nur die Einnahme als Einnahmezustand, sondern auch der Mangel, der Entzug (Ausnahmezustand) kann eine Erweiterungserfahrung auslösen. Aber das Gedicht bleibt in beiden Fällen „auf Zucker notiert“
elf thesen über lyrik 1. Gedichte müssen geistesgegenwärtig sein. Ein Gedicht hat keine Zukunft, sondern nur Gegenwart.
2. Lyrik ist eine Spezies der Mode. Wir kleiden uns nicht nur modisch – wir sprechen auch so. Das Kind der Mode ist das Gedicht.
3. Individualismus ist altspätzisch. „Alles geht so vor sich“, sagt Lévi-Strauss, „als hätte in unserer Zivilisation jedes Individuum seine eigene Persönlichkeit zum Totem.“ Das ist unökonomisch. In diesen Gedichten verklärt das Individuum nicht länger seine privaten Gefühle: es reduziert sie auf Schlagzeilen.
4. Originalität ist Unsinn. Jeder Satz, den wir noch sagen können, ist schon tausendmal ausgesprochen worden. Darüber ist die Bedeutung verlorengegangen: der Gebrauch zerstört die Bedeutung.
5. Épater la bohème! Der Zwang des geordneten Lebens produziert als sein Gegenstück die heimliche Sehnsucht nach der Anarchie des Künstlers. Was soll das! Anarchistisch ist nur die Ordnung. Ordnung als Anarchie – das ist die message dieser Gedichte.
6. Ein Gedicht muß seinen Leser mundtot machen. Er darf sich nach der Lektüre nicht mehr trauen, den Mund aufzumachen.
7. Man kann keine neuen Gedichte mehr schreiben. Jedes Gedicht zitiert seine Vorfahren. Darum verfügen diese Gedichte gewissenlos über die Literaturgeschichte: nichts, nicht einmal Goethe, bleibt dem Leser erspart. Die Literaturgeschichte wird zum Panoptikum der Musen.
8. Die Sprache ist unbrauchbar geworden. Jeder ist von seinen Mitmenschen durch ein Sammelsurium von Vorurteilen getrennt. Wir leiden nicht am Unverständnis, sondern am Missverständnis. Die Gedichte verzichten darauf, noch irgendein Verständnis herstellen zu wollen. Sie nehmen das Missverständnis beim Wort: syntaktische Metaphern.
9. Die Welt zerfällt in Aggressionen. Der Sadismus ist die lebendigste Form der Kommunikation zwischen den Menschen. Nur wenn wir den anderen verletzen, spüren wir ihn noch. Der Rest ist Konvention.
10. Ein Gedicht ist keine Lehre, sondern ein Bild der Welt. Lyrik ist transzendental. Die Transzendentalphilosophie untersucht die Möglichkeit aller Erfahrung. Aber ist Erfahrung überhaupt noch möglich? An die Stelle von Erfahrung sind Klischees getreten. Klischees sind das Material des Gedichts.
11. Literatur ist ein Sprachspiel. Sie unterscheidet sich nicht von Autofahren, Kettenrauchen, Reiskochen, Museen besuchen. Literatur ist eine Lebensform. Nicht gerade die interessanteste, aber die Zeit vergeht.
Heidi Pataki
Ausser dem Zitat von Levi Strauss ist das alles ein feinherausgearbeiteter Blödsinn,
ein Gedicht kann alles sein
Bravo! Noch 84 Thesen hinzufügen, und ab an die Schlosskirchentür damit!
Absolution garantiert.
„Der Sadismus ist die lebendigste Form der Kommunikation zwischen den Menschen.“ Was für ein Unsinn!!
@elster. @soost. Ich fürchte, kein Aas wird nun mehr wissen wollen, wer Heide Pataki ist; jedenfalls will i c h Aas das nicht. Man kann nur hoffen, daß sie wenigstens schön ist, sonst hat sie ja nicht mal die Chance auf körperliche Feuden. Egal.
Jedes Gedicht zitiert seine Vorfahren.Das haben Gedichte seit jeher getan, wahrscheinlich bereits die allerersten. In diesem Sinn hat Günter Steffens einmal gesagt, daß es Sätze gebe, die seien bereits bei ihrer Erfindung Zitat. Das denkt, wie ich es tue, Muster mit, prozessuale Gruppen von Entitäten, die sich nicht in gleicher, aber immer ähnlicher Form jenseits aller Individuen bewegen. Dahinter steht eine Spielart von Platonismus, die ich mitspielend teile.
Aber es kann gut sein, daß Ihnen aufgrund eines internalisierten Zwanges zur Profanierung, für das „Bleiben“ das Gefühl – es ist eine Instinktform – abhanden gekommen ist.
profanierend würde ich das nicht sehen. Nein, ich staune und freue mich über die Welt, die mir plötzlich in Form eines Kassenzettels, ihr Großes zuweht. Ihr ureigenstes Gedicht. Und hier auch ein Wunder der Sprachen der Zeichen der Dinge sich anzeigen lässt. Plötzlich materialisiert sich etwas auf einem Kassenzettlel in einer Stimmigkeit, dass ich mir sage: Hut ab vor der Dichtkunst der Wirklichkeit.
@ anh zum einen war sie wie alle österreicherinnen schön, hat auch mit dem Material anderer Gedichte und mit Sprache gespielt (deshalb das Zitat, welches m.E. zu ihrem frühen Werk gehört), hat durchaus Sachen geschrieben, die auch Ihnen nicht mißfallen sollten:
ein blutbad ist die liebe, und sei’s der duft
von lilien; ein knirschgarten, so weiß erblüht
im schwanz des winters, also jetzt im märz
aber mit den körperlichen Freuden haben Sie Recht, da vor einigen Jahren
verstorben
@der profi. Der Gedichtauszug ist wundervoll. Er scheint mir aber wenig mit dem zu tun zu haben, was da Manifest fordert. Kann man davon ausgehen, daß das Manifest einer anderen Zeit entstammt als das Gedicht und vor allem eine politische Positionierung vornimmt, an die sich die Lyrik Patakis gar nicht hält?
[Pataki kaufen. Jetzt bekommt soosts Einkaufszettel doch noch was Poetisches.]
Spuren – überarbeitet wenn das meer
sich zurückzieht
manchmal da
blecken die nassen
klippen die zähne
triumph! – ha
dass sie
gestohlen
das blutende
fleisch vom
rücken der
leiber – die
gerade noch
liebend in den
sand sich gegraben
nicht achtend
dass tieferes lauert
(mit dank an parallelie fürs drüberschauen)