My name is Kotzebue. 24. 09. 2009. Paul Reichenbach telefoniert mit montgelas.

“Der Feind,
das ist die Frage in anderer Gestalt”
Carl Schmitt

Bilder, Personifikationen, Wortfetische lähmen, krähte gestern Abend spät montgelas mir durch die Hörmuschel. Es war ANH’ vermeintlicher “Antiamerikanismus”, der ihn auf die Palme gebracht hat Und als er quäkend schrie, my name is Kotzebue, spätestens dann wusste ich , dass er hoffnunglos besoffen ist. Schwamm drüber. “Gut ist die Vergesslichkeit!/ Wie sollte sonst / der Sohn von der Mutter gehen, die ihn gesäugt hat?” Das ist aus Brechts Lob der Vergesslichkeit, nicht von mir, obwohl ich mitunter eine flotte Neigung zum Vergessen habe,. weiß ich in diesem Fall besser als montgelas, was der eigentliche Grund für seinen Ausbruch gewesen ist. Die Fahrt nach Cottbus, ins Zuchthaus, er saß dort mit mir einige Zeit ein, die ich für morgen geplant habe, hat offenbar ein Trauma wieder belebt, dem er nur entfliehen kann, indem er sich ein anderes Feld zum Abreagieren sucht. Diesmal musste also ANH herhalten, der Gute. Das nächste mal werde ich es sein, an dem montgelas Carl Schmitts Satz vom Feind, der die FRAGE, in anderer Gestalt sei, exekutieren wird. Aber egal. Freundschaft muss emotionale Schwankungen, auch Widersprüche balancieren können. Das Gespräch, wir telefonierten ungefähr eine halbe Stunde, begann eigentlich harmlos.montgelas, bevor er ins Krähen kam, lobte die >>>>>Neufassung der Bamberger Elegien über alle Maßen, meinen Hinweis, dass damit der Hexameter, wie er selbst immer gefordert hatte, nicht aufgelockert wird, wischte er mit einem pah und das ist Schnee von gestern weg..

Heute Abend fahren wir los. Insgesamt werden wohl hin und zurück 1500 km durch Deutschland bewältigt werden müssen.

Bild: montgelas mit 33

9 thoughts on “My name is Kotzebue. 24. 09. 2009. Paul Reichenbach telefoniert mit montgelas.

  1. @Reichenbach. Wie kommt denn montgelas darauf, daß ich Antiamerikaner sei? Nichts ist verfehlter. Zum Beispiel mag ich Brasilien, Argentinien, Chile, sogar Peru, die Karibik ja sowieso, wo der Kontinent getauft worden ist; auch Mexiko finde ich hochinteressant, um von dem riesigen Kanada einmal zu schweigen. Sagen wir’s mal so: wenn jemand die Schweiz nicht leiden kann, ist er deshalb doch kein Anti-Europäer. Also, mal ernsthaft: ich ma g Amerika.
    Selbst was die USA anbelangt, so kann ich ihr landschaftlich einiges abgewinnen, die Adirondaks etwa sind hinreißend, und Jackson Heights in Queens New York ist auch kulturell ein grandioser Stadteil. Ich würd auch gern mal in die Everglades reisen.

    1. Fragen Sie mich was Leichteres. Wenn’s Trauma wirkt, bastelt er sich meist einen Konflikt, indem er sich austoben kann. Der Auslöser war wohl Ihr Brief an G. A. Bürger gestern,.die darin enthaltene Positionierung.

    2. Guten Morgen, Herr Reichenbach Erst wollte ich hier herkommen, um Carl Schmitt in die Tonne zu treten, ihn also zu verdichten, sie kennen das, man hat da so Pappen und dann sind diese Dinger mit dem grünen Punkt drauf immer schon voll…
      Aber dann dachte ich, dass der Flohmarkt ihm vielleicht doch eher anstünde oder doch das Antiquariat, wo er dann als Schmitt zwischen Müller und Meyer und – von mir aus dann auch Schulze, Lehmann und Thomas von Aquin doch gut steht und gelegentlich geblättert werden kann…
      Aber eben nur so lange, bis einem – nach oder mit Schmitt – klar geworden ist, dass der Feind nicht die Frage in einer anderen Gestalt ist, sondern derjenige, der die Gestalt von Feindschaft befragt.
      Sophisterei?
      Nein. Weil die Gestalt von Feindschaft zu befragen zu der Erkenntnis zwingt, dass Feindschaft eine Funktion ist, in der die Feinde sich einlösen, also auflösen.
      Wenn die Feinde aber in einer Funktion stehen, handelt es sich um Wechselwirkung. Man erkennt dann, dass die “Moral” ein Austauschteilchen ist, dass den Feinden Gewicht gibt und damit Feindschaft erzeugt. Aber diese Feindschaft ist eine – energetische – Bindung. Eine äußerst stabile.

    3. Moin, moin.

      Ich habe heute keine Zeit, um auf Ihre Dialektik näher einzugehen, sorry. Stattdessen ein Zitat von Schmitt, den Sie und ich gern, wegen seiner Nazierei zusammengepappt in der Tonne sähen, aus seiner Schrift „ Zur Theorie des Partisanen“, genug Stoff für Müllsammler allerorten zum Knuspern und Knispern:
      „Die Feindschaft wird so furchtbar werden, dass man vielleicht nicht einmal mehr von Feind oder Feindschaft sprechen darf und beides sogar in aller Form vorher geächtet und verdammt wird, bevor das Vernichtungswerk beginnen kann. Die Vernichtung wird dann ganz abstrakt und ganz absolut. Sie richtet sich überhaupt nicht mehr gegen einen Feind, sondern dient nur noch einer angeblich objektiven Durchsetzung höchster Werte, für die bekanntlich kein Preis zu hoch ist. Erst die Ableugnung der wirklichen Feindschaft macht die Bahn frei für das Vernichtungswerk einer absoluten Feindschaft.“

      Näheres dazu finden Sie hier:
      http://de.wikipedia.org/wiki/Theorie_des_Partisanen

      Und ehe Sie hier losballern, lassen Sie mich mit Max Weber schließen, der in Abgrenzung zur Jugendbewegung seiner Zeit einmal Folgendes formulierte, das auch für die Rezeption von Carl Schmitt gelten kann:
      “Bedenkt, der Teufel, der ist alt, so werdet alt, ihn zu verstehen.”

    4. Leider…kommt man um Hegel nicht drum rum, dummerweise nicht, oder jedenfalls solange nicht, wie sich Hegel in der Physik bei den Bindungsbeschreibungen der Kernprozesse wiederfindet, aus denen dann tatsächlich im Schmittschen Sinne die absolute, die furchtbare, die Feindschaft gegen alle Feindschaft entwickeln kann, sprich – die Kernwaffen, die alle geltenden Definitionen von “Feindschaft” letztlich verdampft.
      Wer will den Wissenschaftlern das Erkennen verbieten?

      Ein Atomkern ist die energetische Bindung verfeindeter Teilchen – Protonen, die sich – eigentlich abstoßen müssten, weil sie alle positiv geladen sind.
      Aber dass sie trotzdem zusammenhalten, wird vermittelt von den W – und Z-Bosonen. Ihre Wechselwirkung erzeugt eine Kraft, die viele Male stärker ist, als die abstoßende Kraft zwischen den zusammenhaltenden – “Feinden”
      Reisst man die Feinde, die Protonen, auseinander, heisst: spaltet man den Kern – dann werden die Bindungskräfte als Temperatur und Strahlungsdruck frei.

      Das Problem ist, dass Schmitt das geahnt haben kann, dass es eine meta-physische Teilchenphysik in der Gesellschaft gibt, demzufolge wollte er die “kleinen” Feindschaften als energetische Bindungen erhalten.
      Aber dieses Erhaltenwollen verkennt, dass es kein Anhalten geben wird und wie wir wissen, auch nicht gegeben hat. Denn es gibt eine Aussendrift der Bewegung, die erkennen will, weil sie erkennen muss. Es gibt den 2. Hauptsatz. Wenn der Geist seinen Geist benutzt, um ihm die Erkenntnis zu verweigern, holt ihn die Erkenntnis auf der energetischen Seite ein. Sie wird thermischer Blitz. Der Zerfall nämlich ist das Ergebnis der Schmittschen Position, die Status Quo wollte.
      Wer den Status Quo will, kommt darin um. Erkenntnis, Bewegung aufhalten wollen, heißt: Die Gattung zu DDRisieren. Wir wissen, wohin das führt.

      Letztlich nämlich wollte Schmitt die Identität retten. Schmitt war bekanntlich Katholik. Und er wusste, dass der Funktionärs – oder Führerstaat eigentlich eine kryptokatholische Konstruktion war.
      Und das heißt: Seinen eigenen Arsch wollte er retten. Und wer auf diese spezielle Weise, die Identität, das heißt, seinen eigenen Arsch retten will, der bekommt es früher oder später mit den Energien zu tun, vor denen er sich die Augen zuhält, wie ein Kind, das sich die Augen zuhält und denkt, es wird nicht gesehen. Wie die Menschen sich in Hieroshima sich die Augen zugehalten haben und gehofft haben, dass sie nicht g e s e h e n werden.
      Die Geschichte hat ihm unrecht gegeben. Die Energien haben uns gesehen. Und sich mit vollem Glanz gezeigt
      Er hat sich deshalb für mich disqualifiziert, weil ihm sein Arsch wichtiger war, als die Wahrheit – dass er in der Nazizeit agiert hat, ist nicht überraschend oder besonders ärgerlich. Es ist logisch, sozusagen höchstwahrscheinlich.
      Solange Hieroshima Hegel beweist, bleibt uns wohl nichts weiter übrig, als weiter an einer Wissenschaft von der Gesellschaft zu arbeiten.
      Wer das ablehnt, arbeitet weiter einer Identitätskonstruktion zu, die im schlimmsten Fall heute immer dazu bereit ist, ihre Identität mit der mächtigsten Energie, die zur Verfügung steht, zu beweisen.
      Wenn wir die Bewegungen der Wissenschaft nicht auf uns selbst zurückreflektieren, verlieren wir die Kontrolle über die Prozesse.
      Wer seinen Arsch retten will, geht früher oder später in denselbigen.
      Deshalb ist Schmidt kein Modell mehr. Nicht weil es den Nationalsozialismus gab, sondern weil er so wahrscheinlich war.
      Die philosophische Erkenntnis zu verbieten ist genau so unmöglich wie die Physik zu verbieten. Was auf der einen Seite verboten wird, fällt uns von hinten wieder an, nach dem es in unseren Rücken einen Kreis durchlaufen hat.

    5. Kann sein.. das die Freudsche Intuition in einer anderen WirkungsMenge – dem des wechselwirkend – energetisch-informell – wechselseitig sich erzeugenden Körper – Bewusstseins – einer ähnlichen Problematik nachspürt – und letztlich dürfte eine Gesamtwissenschaft möglicherweise zeigen, dass die Geist/Körper-Diskusionen und Operationen früherer Zeiten in erweiterte Darstellungs-Routinen ausgewandert ist. Eine davon ist die Psychologie. Bei Freud ist nie ganz klar, ob das Wissenschaft ist, aber nur Künstler war er auch nicht.
      Das macht ihn sicher fruchtbar aber immer auch fragwürdig, was sicher gut ist.
      Da Freud aber selbst in Begriffsbildungen sezierend und unterscheidend vorgegangen ist, gehört er für mich ebenfalls zur Rationalität. Wenn er vielleicht kein astreiener Wissenschaftler war, so doch ein rationalistischer Künstler, heißt nun wieder – kurisoserweise – oder dialektischer-Weise, dass er ein Aufklärer war, in der empirischen Methodik ein ganz modern technisch und experimentell und sezierend arbeitender Mensch.

      Was aber – wie ich finde, nicht mehr geht – genau das zu unterschlagen, und sich sozusagen den Freudschen Kaffee einzugießen, ohne dabei die rational konstruierte Kanne zu loben. Das geht nicht mehr.

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