29. September 2009

Weiß ich, worauf ich mich da einließ? Habe ich mich das jemals gefragt? Hat mich das jemals jemand gefragt? Nein. Keine gute Freundin, doch, eine weiß davon, hat es gewagt. Zwei Männer zu lieben. Zu trauen, vertraut zu sein, darauf ist es jetzt hinausgelaufen, bei beiden. Beide sind auf ihre Art wichtig. Sie sind beide Vertraute eines Teils meines Ichs und so bin ich es für sie.
Vertrauen bedeutet hier aber auch Verlust. Verlust des Fremden, des Reizes, der uns zueinander brachte. Vertrauen war praktisch vom ersten Moment da und diese unbändige Gier nach des anderen Fleisch. Kratzend und beißend in einander verhakt sein, für ein halbes Jahr konnten wir das leben. Nun ist da Freundschaft. Tiefe innige Freundschaft, das ewige Tier tobt in mir, jedesmal, wenn ich gehe und nachgab. Ich bin nicht in der Situation, fordern zu dürfen, oder zu können. Aber ich trauere. Ich trauere um die Freiheit, die ich gerne hätte, die ich mir nicht nahm, als ich sie hatte. Ich trauere um das, an dessen Stelle die Freundschaft trat. Das ist ein wenig schizophren, denn diese Freundschaft hat so viel mehr für mich getan, als das, was durch Ausleben der Gier möglich wäre.
Wie nur wie drücke ich das weg, denn es gehört da nicht hin, diese Trauer, und auch nicht die Verletzung die es macht, dass er weiter sucht. Wieder sucht, was wir hatten, was wir nicht zurückholen können, ist er doch mein Freund – heute.
Ich hingegen suche auch, ich spiele lasse kommen gehe ein Stück schaue wer folgt und traue mich nie den letzten Schritt zu tun, zu sehr hat sich die Situation verändert. Zu viel ist mir inzwischen teuer, als dass ich es aufs Spiel setzte. Das bedeutet sich selbst Versagen.
Ich denke nicht, dass wir ewig so weiter machen können. Ich suche nicht das ewige. Nur Veränderung ist stetig, welch Weisheit. Würde noch jemand so weise um mich werben, ich legte mich unter seine Hand. Aber schon lange sind meine Nächte nicht mehr meine allein, ich teile sie, entschied mich damals für das Leben, dagegen einen Engel zu schaffen.
Gestern musste ich Carolina helfen, ihrer Tochter aus der Trauer zu holen, zu komplex sind die Probleme, als dass sie sich hier darstellen ließen. Ich wünschte nur, einen Moment lang jemand, irgendjemand wäre da zu sehen, wie komplex es eigentlich bei mir ist. Ich hüte mich davor, meine Neigung oder meine zweite Seite mitzuteilen. Es ist einfach nicht machbar, das zu vermitteln. S. hat recht, die mir schrieb, die Gesellschaft akzeptiert es nicht. Nein. Es wäre zu viel verlangt, auf differenziertes Denken zu hoffen. Zu schnell wird über einen Kamm geschert. Dann mein guter Freund N., der Liebe fand, als er sie nicht suchte, wo er sie nicht suchte – wie ich – der sagte: wenn du Freiheit hast, vermisst du die Sicherheit der Beziehung, wenn du eine Beziehung hast, vermisst du deine Freiheit. Das ist alles ja nicht neu. Auch für mich nicht. Aber ich werde ein wenig ruppig auf diese Tatsachen zurückgeworfen, eben da, wo ich es eigentlich nicht will. Denn diese Freundschaft zu Anwar ist ein Stück Freiheit, die ich mir nehme – aber sie genügt nicht. Ihm nicht und mir nicht, das ist mein Schmerz.

Noch schaffe ich es, mich zu wehren gegen Er-Nüchterung.