Heute 19

Blendend! Wie alles Schweigen. Man sieht nichts mehr. Schade, daß dieser Ort nicht in Indien liegt, dort soll die ringförmige Sonnenfinsternis am besten zu sehen gewesen sein. Mehr als elf Minuten habe das ‚Phänomen‘ gedauert. Die angstgeweitete Pupille der Sonne. Die nächstbeste Gelegenheit sei im 4. Jahrtausend. Mich hingegen blendete sie, weil ich nicht anders konnte, als um die Zeit ins Städtchen zu fahren, in der sie beginnt, sich in die Waagerechte des stieren Autofahrerblicks nach vorn zu senken. Stierer Blick auch auf den Bildschirm. Zwölf Stunden heute. Die Augen schmerzen ein wenig. Zu sagen ist nichts. Das ‚Buch der Unruhe‘ (Pessoa) langweilt mich. Es stehen lauter Sätze darin, die ich selber hätte sagen können. Wahrscheinlich liegt darin sein Wert. Daß es das sagt, was man für ein Ohneweiteres hinnimmt. Klar! Aber ich weiß nicht, ob ich in der Lage bin, das Gedicht mit dem verwechselten Handschuh zu übersetzen. Ich glaube nicht. Las in der letzten Woche Anna Achmatowa. Nämlich. Gesang von der letzten Begegnung. Und fackelte vor ein paar Tagen nicht lange, doch mal die ‚Fackel‘ ganz zu lesen: ein Jahr? zwei Jahre? Immer noch wartend auf die Überraschung : nach solch großer Liebe : die er : Ungaretti : glaubte über die Welt : verstreut zu haben. Das Buch der Unruhe macht Unruhe. Und ich soll mich auch noch mit allen meinen Vornamen nennen hier in diesem Land. Die Gemeinde dekretierte es aufgrund meines Reisepasses, weil da was zu verlängern war, und das eine nicht mehr galt. Und ich meinen Friedrichwilhelm gefälligst dazuzusetzen habe, der mir ins Taufbecken gesprochen worden. Ergo galt auch das andere nicht mehr. Das Buch der Unruhe kommt mir banal vor. Wahrscheinlich, weil ich mir selber banal vorkomme. Oder auch nicht. Egal. Zwei aus dem Oberstädtchen haben sich bis März in die Welt verstreut. MM in Kalifornien, ein Gärtchen herzurichten, L in Guatemala, Missionsarbeit zu leisten oder sich wahrscheinlich in der Ferne sich selber näher zu fühlen. Aber Worte gibt’s dennoch nicht. Nicht dafür: daß einer von der Liga Nord eine Stelle in Anne Franks Tagebüchern (nie gelesen) als ‚hardcore‘ bezeichnet, weil sie dort detailliert ihr Geschlecht beschreibe, und das zu lesen, sei nicht gut für Grundschüler. Ich sollte mal wieder meine Schamhaare rasieren. Irgendwie so, schlitternd.

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