Mein Bac, dein Bac. Unser Adorno. Aus den Archiven des Zeitgeists.

Schon toll, wer Adorno alles gelesen hat! Immerhin hatten zu meiner Zeit 7/5 der philosophischen Hauptfachstudenten unter seiner Lektüre eher gestöhnt, hörten nämlich Led Zeppelin lieber. Als sie der Rausch des Erkenntnisstils griff. Nun verwirrten sie sich quer durch die Mensen. Oh, ich sah sie sich bücken! über die Sätze zurück und zu Boden, wo immer verspätete Reflektion(!)spronomina flusten, die sie aufpflückten, um sie zu sich zu stecken. Woraufhin aus ihnen wirklich was wurde, das muß man sagen, alle hatten Adorno im Schrank, gefleddert fielen aus der Ästhetik die Blätter. Doch Verona Feldbusch erst (to put http://s.th. to it’s G-spot) bracht es auf den Punkt: „Verweigerung ist geil” hauchte sie und leckte sich bei Kerner den Nagellack trocken. Der Philosoph der Verweigerung, der uns Lesern aus Furcht, wir könnten gemissbraucht werden, alle normativen Sätze entzog, damit wir stundenlang über Schönheiten brüten, die nicht begreifbar sind, – dieser selbstverschworene Gegner, Negativmacher, Ächter der Pops, macht nun seit Feldbusch die Popper an den Büschen naß. Wobei Thea Dorn noch zuerstkam, die Adorno, da war er schon tot, auf das Bett ihres Prokrustesnamens schnallte. Eine Krimiautorin darf nekrophil sein, ich find das pc. Noch ein Stück meiner Leber gefällig? Ein Stück Hinterkopf konnte Thea aber nicht brauchen: „Schöne Stellen“ hieß ein Aufsatz zu Auswahlkonzerten, die vom Leierkastenmann allein die Leier spielen. Classic Radio hat das perfektioniert. „Wenn das nicht Dialektik ist!“ rief mein PD Rohs also aus, 1983, und antezipierte, hätte der Alte gesagt, Motto zu Motte (Dr., 120 bps): „A-Dorn-oh!“, „A-Dorn-oh!“, womit der Doktor Thea aber nicht meinte, sondern Adorno als Tattoo. Und auf den schwarzen Jeans der Love Parade 2004 kein Lovestern länger, Galactica auch nicht, sondern, nun: was? da, auf dem rechten Arschback getragen? Das Design kommt zur Wahrheit, sofern man sich setzt. Und erhebt man sich wieder… ah, Adorno und der Tanga. Das Muster eines geflochtenen Sitzes, Pressing statt Branding im Arschgesicht.
Nun kommt die Sache überhaupt erst ins Rollen, doch Dorn und Feldbusch sei Dank: Adorno als Cocktail (2 oz Fendant Sils Maria und so, 3 oz Cynar, das Ganze mit Cola und Eis zur „Fränkfurt Coketale“ aufgeshaket). Adorno auf Bettzeug bei Woolworth. Adorno für VIPs und Adorno für Prolls, da bleibt kein Auge ohne Splitter. Thomas Steinfeld verfaßt „Adornos nordischer Sozialgermanismus“ und Iris Radisch bekennt „Im Bett mit Adorno“. Harald Schmidt trägt eine Adornomaske, ist sonst aber Latex. Howard Carpendale komponiert „Ein Wiesengrund, Mein Musical“ (Michael Gielen am Pult, die Regie hat Carolin Reiber), und Liebeskind baut das „Adorneum 111“, quasi una judaica, an den Landwehrkanal. Die Einweihung, mit Karaoke, bestreitet Didi Hallervorden (Thomas Anders im Playback: Alternberglieder). Negative Dialektik als Schnittchen wird gereicht, mal mit Lachs, mal mit Nutella. Wochen der Frankfurter Schule selbst bei MacDonalds, das Mega-Spar-Menü für den philosophischen Nachwuchs: Adornonuggets mit Horkheimerdip, dazu gibt es Habermasfritten, Catchup, gebackene Gretes, zusammen 6.99, inklusive Softdrink. Gesamtbeflaggt am 11. September unser Schloß Bellevue: lauter Adornos auf Sternenbannern. „Nur im falschen Leben”, sagt Günther Jauch und gibt sein Mikro an Effenberg weiter, „ist ein wahres möglich.” Der spricht Goldene Toasts in die Runde, bevor man sie röstet. Eduard Zimmermann glänzt im Norbert-Miller-Duett, die Burgers kommen gar nicht mehr nach. Unser Adorno, Adorno als Waffe, Adorno & Ökologie. Wo Brummi war, Adorno soll werden. Adorno trifft auf Pittiplatsch. Der Vorschul-Adorno, Adorno als Sandmann, subversiver als Ulbrich, zumal so rasiert. Schließlich die Handbücher in, das wäre ihm wichtig gewesen, neuer deutscher Rechtschreibung: „Mit Adorno in die Südsee“, „Adorno und Tai Chi“, „Adornos nichtidentische Hausapotheke“, „Adornos Wasser- und Hausgeburt“, sowie „Adorno für das wundernde Fräulein”, von Volker Hage zusammengestellt. – Doch nicht nur Jugend ist bedacht. „Der Adorno des Dritten Lebensalters“, Adorno-Pastillen (Veilchen) dazu und Habermaskugeln. „Adorno”, das Deodorant. Merchandizing & Sockel. Im Stil von Schindler’s List wird sein Leben verfilmt, Robin Williams als „Teddy” Adornerl und Julia Roberts als Gretel. Welch glückliche Sitcom – maximalest Moralia.

(2003, Erstveröffentlichung).



11 thoughts on “Mein Bac, dein Bac. Unser Adorno. Aus den Archiven des Zeitgeists.

    1. @A.B. Ich habe einen starken Hang zum Fluß der Gedanken, Absätze zerhacken oder stauen ihn. Es wird auch oft beklagt, daß die Type Der Dschungel zu klein sei. Anders als in Büchern können Sie sie aber, indem Sie die Einstellung im Browser medifizieren, selber ändern; entsprechend kleiner wird die Notwendigkeit weiterer Absätze.

    2. Normative Sätze haben immer etwas mit Übereinkunft zu tun, über: mein, dein = unser. Erst recht werbestrategisch aber auch allgemein mediell, Grundlage hier ist das Ansprechen eines Teilhabegefühls und der Normativ versteckt sich, ist hier hin zum Du entwickelt, nicht von ihm ausgehend. Was sich eben sonst bei einem normativen Satz, so kategorisch imperativisch sich herausholen lässt, als Zweitschritt, der anders herum funktioniert. Dann ist es eine Einbeziehung. Aber jetzt kommt erst der Sockel (der Kontemplative, folgend dieser Logik), dann der Rest, undzwar im Verhältnis zu diesem, auch nicht neu in der bildenden Kunst als Behandeltes.

      Mal ganz allgemein gefragt, was nun nach Adorno Geschichte wirklich ist und über die geforderte Nachbetrachtung der Geschichte, aus philosophischer Sicht, die mir doch eines besonders herauskristallisiert, nämlich dass die Vernunft immer ein Adept seiner Zeit ist. So resümiert, über die Fragestellung weshalb Aufklärung in Barberei enden muss, herbeigeführt durch einen Kopierfehler eines mathematischen Formalismus im Denken, also blinder Fortschritt, frage ich mich, was gibt es einem für´s Vorwärts in die Hand, außer dem Umdenken in der Geschichtsphilosophie, eines genauer unter die Lupe genommenen Ursache und Wirkungsprinzips, und dem Fehler der Verklärung, des Widerständischen, Guten, Humanen, eines moralischen Wertes. Am Ende aber auch wieder verkleideten, durch diese. Irgendwo is dann aber auch Feierabend.

      Tschuldigung, irgendwie unirös von mir aber ich versuche Ihren Text genau zu verstehen, Ihre Position, und wie Sie Ihr Festhalten an den Mythen begründen, die Adorno ja auch ein Thema waren, bzw. die Mythologie.

      Eigentlich könnte ich jetzt obigen Ansatz, verbessert, hier drunter setzen, dann schließt es sich. Also der Markt hat Adorno gefressen, sich zu eigen gemacht, die Mythen auch, insofern war das mit dem Sockel schon richtig.

      Interessanterweise muss ich an Murnau denken und an etwas, dass ich über ihn gefunden habe, nämlich die Forderung, nach dem, was Einzug in die kybernetischen Geräte der Anderswelten halten sollte, schon hat.

    3. Das vorher war zu kleinlich gedacht, ich vergesse oft den Kontext, also meine einzelnen Gedankenschritte einzustellen, deswegen jetzt, ein allgemeinerer. Ich muss mich, wenn es um die Philosophie geht immer wieder von Neuem einlesen, nicht weil ich es nicht verstehe, aber es ist auch abstraktes Vokabular, dass bleibt einfach nicht hängen, in seinen Begriffen, die sich durch die Geschichte und philosoph. Betrachtungen ja ständig wandeln.

    4. Was man hier noch weiter anführen könnte, auch nur weil es mich gerade beschäftigt, thematisch zum Tannhäuser, angefangen beim Minnemann, über Hesse, zum Film BLADE RUNNER, eigentlich war es andersherum, vor allem aber weil ich in Ihrem Arbeitsjounal am Replikanten hängen blieb. Mich interessiert die Entwicklung, die der Tannhäuser durchmacht. Im Film ist „er“ ja nur kurz erwähnt. Vor allem aber das „Menschlicher als der Mensch“ Thema (auch hinsichtlich der Zielsetzung der Aufklärung) und warum Science-Fiction, sich immer wieder bei den Mythen und der biblischen Geschichte bedient. Nicht zu vergessen, der Turing-Test.

      Sie können es auch woanders hinschieben, ich weiß nicht ob das nicht gerade zuviel zur Travestie ist.

    5. @read An zu den Replikanten. Denken Sie daran, daß d i e Replikanten, von denen Scott nach Philipp K. Dick erzählt, „nicht mehr richtig funktionierende“ Replikanten sind; sie haben ihr Replikantentum abgelegt „und wollen ganze Menschen sein“, wozu sie, siehe das Tor des Orions, von dem Roy Batty erzählt, einiges Recht mehr als die Menschen haben. Da sind wir aber noch nicht. Wenn ich von Replikanten spreche, meine ich „richtig“ funktionierende. Wir sind in der Phase der ersten Prototypen. Um sie zu beschreiben, eignet sich zum Beispiel Ballards „Crash“, von Cronenberg verfilmt, ausgesprochen gut, worüber ich immer wieder, zum Beispiel >>>> da, schon geschrieben habe.

      Der Gedanke des nicht richtig funktionierenden Replikanten ist in der Tat ein christlicher, so, >>>> wie es Keuschnig eben geschrieben hat.

      (Hinter jeder Travestie steht ein Ernst.)

    6. „Der Gedanke des nicht richtig funktionierenden Replikanten ist in der Tat ein christlicher, …“. Also, im Sinne des revolutionären Gedankens, Zugzwang durch eine Forderung dieser, wenn ich mir Gregor Keuschnigs Kommentar durchlese.

      Und klar, Sie sprechen vom Prototypen, Replikanten sind wir noch nicht, bis die Entwicklungen der Wissenschaften dem Arbeitsmarkt hinterhergereift sind, vom Kinder kriegen bis zu den frisierten Genen. Gruselig für mich schon die Vorstellung, ich gehe zum „Arzt“, der keiner mehr ist. Vielleicht ein Auslesecomputer, nach kurzem Stich in den Finger, mit einen Diagnoseausdruck, und der sofortigen, spezifisch erstellten Pille. Mutterseelenallein. Könnte so sein. Und dennoch, obwohl wir es im Film mit Biomechanoiden zu tun haben, klingelt hier doch schon wieder Pinocchio durch. Nicht nur durch Fragestellungen, wie etwa: Wo fängt eine Existenz an? Sondern auch, Wo hört sie auf? Was fordert Roy Batty denn von seinem „Schöpfer“, der ein Mensch ist? Menschliche Lebenszeit, nicht etwa den Jungbrunnen, sondern die Zeit, die ihm und den anderen gar nicht erst gegeben wurde, zum Preis ihrer Fähigkeiten. Nicht unbedingt Preis! Menschliche Akkus haben ja doch nichts für sich. So entfernt ist das von heutigen Bedingungen aber nicht. Und sicher muss im Blade Runner jede Figur einzeln unter die Lupe genommen werden aber das für mich Wesentliche steckt in der >>>Sterbeszene von Pris, aus Deckards Sicht, über den sich all die Fragestellungen für den Zuschauer (den Leser lasse ich mal, weil mir die Änderungen zusagen) aufwerfen. Es ist dieser Iiiih-Machs-Tot „Reflex“, vornehmlich über die Spinne, ein stückweit, glaube ich, ein wirklich angeborener „Respekt“ oder Instinkt, den man im Laufe seines Lebens entweder behält, in einem guten Sinne, mit einer natürlichen Neugier, das kann man an kleinen Kindern sehen, wie sie auf eine Spinne reagieren oder es wächst sich in die falsche Richtung aus. Und ich will nicht sagen das Deckard diesem Reflex nachging als er sie tötete. Er wird lediglich mit diesem Bild, dem Chiffre dieser Angst konfrontiert. Genau, das was der Mensch diesen Replikanten verwehrt, um sie unter Kontrolle zu halten. Diese grundverwurzelten Existenzängste, etwas „Das Du nicht verstehst!“ So weit vorgegriffen sah ich ihn, unter diesem einen Aspekt, daher gar nicht. Mal abgesehen, dass hier an der Oberfläche der Handlung, noch streng getrennt wird zwischen Replikant und Mensch, sicher nicht im Résumé des Films/Romans, Voight-Test, und Einhorns Horn im Schoss der Jungfrau. Mann Mann.

      „Schade, dass Sie nicht Leben wird aber wer tut das schon!“ um die Biege zu Cronenbergs „Crash“ zu kriegen, in welchem sich die Materie mit einem ganz anderen Speed in den Schädel schießt…

      „Crash“, muss ich nachholen. Auto-Erotik, „zum Leben zu erwarmen“…
      Wussten Sie, dass in manchen Designstätten, das Frontdesign eines Autos, nach einem typ. symmetrischen, schön empfundenem Frauengesicht gestaltet wird? Das ermittelte, eigentliche Mittelmaß eben…

      (Olimpias) Legiertes Lächeln.
      Autsch!

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