Die letzten Tage 94

Wasser von oben gestern, aber aus den Wolken dieses Mal. Ein paar Donnerschläge. Das Thermometer ist gesunken. In der vorletzten Nacht mußte ich aufstehen, um mir die Decke zu holen. In der letzten deckte ich mich gleich zu. (Es bimmelte an der Tür: „Ciao, stavamo distribuendo il giornale comunista. Le interessa una copia?” Nach einer, nein „der“ kommunistischen Zeitung steht mir das Gemüt nun nicht, wirft aber meine Erinnerung wieder mehr als dreißig Jahre zurück, als ich mit einem Packen Zeitungen mit dem Titel „Kommunistische Volkszeitung“ in Wolfsburg auf der Porschestraße stand und versuchte, sie mir den Mund fusselig redend zu verkaufen. Es hat dafür nie ein triftiges „Weil“ gegeben, simples Gegen-Mit. Dauerte aber nicht lange diese Zeit, bald füllte sich das Regal mit Schmidt-Taschenbüchern.) Geld-Hektik wieder in diesen Tagen. Alles mögliche wird fällig. Das vergebliche Anrufen in einer Agentur wegen einer im Juni ausgestellten Rechnung. Arbeiten für das offizielle römische Tourismusportal (über Agentur). Aber da kommt Arbeit auch nicht mehr. Sah auch, daß sie den Übersetzer gewechselt haben (oder die): „Aida. Oper in vier Akten von Giuseppe Verdi nach dem Libretto von Antonio Ghislanzoni, verfasst nach einem Szenarium von Auguste Mariette.“ (ist das jetzt die schicke Mediensprache? (es befallen mich ja immer wieder Zweifel, der ich so himmelweit davon entfernt lebe (oder ist’s doch bloß Blödelei? (weil die Wirtschaft ja voller Szenarien, und man das eben halt einfach so sagt)))) – oder: „Die Öffnung am Abend des Kolosseums, die ab Juni vorgesehen war, ist momentan auf einen noch zu bestimmenden Zeitpunkt verschoben.“ Wahrscheinlich hat sich da jemand für noch weniger Geld angeboten. Is’ jedenfalls nich’ von mir. Im Grunde bin ich froh, das los zu sein. Beim Fressen beim Fernsehen fällt der Vater dem Kartoffel aus dem Maul, Henscheid, obwohl ich den nicht mehr mag (bis auf die frühen Sachen, die würd’ ich vielleicht doch noch mal lesen wollen). Und beim Zeitlupen-Abstauben der und dem -Einordnen neuer Bücher in die Regale gemerkt, daß auf Henscheid nahtlos Herbst folgt. Das beißt sich irgendwie. Wenn Herbst vorbeikommt, werde ich ihm einen Heraklit dazwischenschieben: In sich verschieden und sogar zwieträchtig ist das Sein so doch wieder einträchtig: ‚Zusammenfügung des Gegensätzlichen’ (palintropos harmonia), seggt Brockhaus. Und, wer sich sprachlich schulen will, der solle einmal Patent-Beschreibungen übersetzen: ein 20-Zeilen-Satz war das heute, dabei ging’s bloß um einen Scheibenwischer. Bernhard ist nichts dagegen. Ach ja, die Geld-Hektik. Kfz.-Steuer war fällig. Übermorgen die Kfz.-Versicherung. TÜV. Das bei allgemeiner Arbeitsflaute. Gesundheits-Hektik. Morgen vormittag abschließende Röntgenaufnahme der lädierten Rippen und wieder anderthalb Stunden beim Arzt, wenn ich’s schaff’ morgen vormittag, wenn nicht am Nachmittag des darauffolgenden Tages. Überraschend rief mich gestern Abend jemand an, den ich schon seit zwei Jahren aus den Augen verloren. Das gibt ein Nachspiel. Aber weder hier noch bei mir. Das wissen die Äonen, die in dem wohnen, was das Nachspiel ist bzw. sein wird.

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