5.17 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Um 4.42 Uhr hoch; also das hat schon mal funktioniert. Latte macchiato, erste Zigarette, >>>> das heutige DTs skizziert; strikt werd ich mich wahrscheinlich nur bei der Frühstarbeit dran halten können; zwischendurch kommen ja immer wieder Anrufe und Sendungen/Fragen/Bitten in den elektronischen Briefkasten. Außerdem kann ich nicht einschätzen, wie lange das Team für den Podcast braucht, das heute im Auftrag der >>>> Kulturmaschinen hier anrückt. Auch >>>> Elfenbein hat sich vor einzwei Tagen wegen der >>>> BAMBERGER ELEGIEN gemeldet; darauf muß (und will) ich noch antworten. Jedenfalls sollte ich bis neun Uhr den Leukert-Artikel fertighaben und dann auch gleich an Büning schicken. Wobei ich sicher im Umfang länger sein werde, als beauftragt war (allerdings mit Frage: „reichen Ihnen 3500 Zeichen?”). Da muß ich argumentieren. Das tu ich schriftlich, kündige aber im Brief meinen Anruf an. Dann mal sehen. Und wenn die Podcastler anrücken, sollte ich angezogen sein. Jetzt halte ich das erstmal wie „früher”: Nach dem Aufstehen irgendwas mehrfach übereinander anziehen, den Laptop anschalten und, während er hochfährt, in die Küche, um meinen ersten Latte macchiato zu bereiten. Zähneputzen, Frühstück, alles das erst um neun nach der ersten „Schicht”. Erst dann, a b e r dann, mich äußerlich zivilisieren. Wenn ich einen Text zu überarbeiten habe, gilt: keine Musik. Schreibe ich an einem neuen oder arbeite an Der Dschungel usw., d a n n Musik.
Ich will jetzt, wenn die Auftragsarbeiten erledigt sind, die Abgabetermine haben, >>>> „Die Fenster von Sainte Chapelle” wieder aufnehmen; die Erzählung soll ja im Dezember bereits als Buch dasein, gleich nach „Azreds Buch”. Es gibt ein erzählerisch-inhaltliches Problem, das mich hat stocken lassen, zumal sich andere Arbeiten davorschoben, die mich nicht die Ruhe finden ließen, über eine Lösung nachzudenken. Jedenfalls wird die fertige Buch-Erzählung dann doch um einiges von der spontan entstandenen Netz-Erzählung abweichen; na ja: eh – weil die Umformung in einen Buchtext anderen ästhetischen Gesetzen folgt, zumal die Frage, wie denn mit den Kommentaren umzugehen sei, einige Artistik verlangt. Man muß sowas üben, wenn man den Ansatz gefunden hat. Hab ich übrigens, nur muß man auf solch einem gespannten Seil auch gehen können.
Nach wie vor, immer wieder: >>>> Michael Lentz’ „100 Liebesgedichte”; es tut gut, wie gestern nacht vor der Bar zu sitzen – es war noch und einmal wieder eine Ahnung von Spätsommernacht; es kühlte sich erst gegen 23 Uhr ein – und auf den Profi nicht eigentlich zu warten, sondern diese Gedichte zu lesen. Noch lese ich sie strikt nacheinander, manche mehrmals, dann schlage ich zum nächsten weiter. Manche würde ich gern auswendig lernen. So traurig sie oft sind. Dabei bin ich mir bewußt, daß und wie stark ein Identifikationsprozeß greift: er ist aber, sozusagen, gereinigt; er will nichts mehr; er „schaut sich an”.
So, an den Leukert-Text. Übrigens ist auch noch wegen >>>> Robert HP Platzens Kürzungen an >>>> LILITH zu schauen und ein Okay zu geben, damit >>>> Isherwood das Stück wieder einstudieren und damit auf Tournee gehen kann. Aber daran geh ich erst morgen. Ich muß dringendst in die GEMA. (Mein >>>> gestriges DTs, übrigens, auf den Punkt erfüllt. Tut gut. Selbstdisziplin tut gut. Ganz wie die Löwin sagte, mit der ich nachts noch telefonierte: „Es ist a u c h ein Rausch, seine eigene Zeit zu beherrschen.” Dazu fiel mir ein: was seien wir anderes, als das, was wir täten? das, gegen was wir, >>>> so Saint-Exupéry, „uns austauschen”; das, so nun ich, wir werden? Eigentlich d a s ist >>>> der Werkgedanke.)
8.58 Uhr:
Der Leukert-Artikel ist fertig. Jetzt will ich ihn ausdrucken und auf Papier korrigieren. Allerdings, nach wie vor ist er fast doppelt so lang, wie Bünig anfragte. Es ist aber sinnvoll, Leukerts Kino für die Ohren in einen Zusammenhang zu stellen, der s o gar nicht allgemein bekannt ist. Mal sehn, ob man mir den Platz gewährt. Ansonsten schreibe ich eine Langversion und stelle nach dem Erscheinen in der Zeitung den Originaltext >>>> wieder hier ein.
Zähne putzen, anziehen, etwas aufräumen; damit die Podcastler nicht erschrecken. Dazwischen als Frühstück den Pflaumenkuchen verputzen, den लक gebacken und mir mitgegeben hat.
11.43 Uhr:
So, die beiden Podcastler sind weg, ein deutsches Männchen, ein austriches Weibchen und allerlei Fragen. Etwa zwanzig Minuten Interview, aus denen zehn gefiltert werden sollen. Dazu kommen noch fünf Minuten Lesung, die ich aber im Studio aufnehmen will. Sowie das Ding auf der >>>> Homepage des Verlages für Sie bereitsteht, werde ich’s in Der Dschungel annoncieren. Jetzt kurz zurück zum Leukert, um wenigstens die Einleitung des Textes noch etwas zu kürzen. Ein Freund der gegenlas, rief deshalb an. Danach Besorgung vor dem Mittagsschlaf. Bislang bin ich’s für heute zufrieden.
14.38 Uhr:
[Couperin, Leçons de ténèbres.]
Noch ist mein Junge nicht da, wird aber wohl jeden Moment kommen. Das Essen jedenfalls ist fast fertig. – Wege erledigt, dann kam hier ein ganzer Haufen Krawatten von ebay an. Dem >>>> DTs getreu eine Stunde zu schlafen versucht, aber nur geschlummert. Der Leukert-Artikel liegt bei der FAZ; bin gespannt, was Büning dazu schreiben wird. Die Löwin las gegen, da es mir darauf ankommt, daß ihn auch jemand versteht, der mit der Geschichte der Neuen Musik gar nicht oder nicht so vertraut ist, wie ich es bin. Und daß er auch einem solchen Menschen Geschmack auf diese Hörstücke macht. >>>> Dort ist der Vorabdruck einer bislang nie anderweitig veröffentlichen Erzählung aus „Azreds Buch” zu lesen. Ich weise aber auch sonst sehr gerne auf diese neue Kulturzeitschrift hin.
20.07 Uhr:
[Schumann, Fantasie C-Dur (Svjatoslav Richter).]
Jetzt komme ich weder zu dem einen noch dem anderen; mein Junge war so lange hier, unterbrochen von einer Cellostunde im Orchester, wohin er unbedingt wollte; ansonsten: Hausaufgaben und lernen, vor allem Latein und, tja, Deutsch. Satzgliederbestimmung; er bringt das ständig mit den Wortarten durcheinander, was besonders in Latein problematisch ist, weil sich diese Sprache ja erst mal erschließen muß. Und der Bub, wie ich, lernt nicht gerne… formales Lernen, auch ich hab’s gehaßt – und flog dann ja auch vom Gymnasium. Lehre schließlich, Zivildienst, danach die Knocherei des Abendgymnasiums. Aber immerhin, da w o l l t e ich. Also bekam ich erstmals Spaß an den Lehrsachen. Nur muß mein Junge denn wirklich alles wiederholen?
Jedenfalls kam ich nachmittags mit der eigenen Arbeit nicht weit. Korrekturen für Die Fenster von Chapelle übertragen, ein wenig, das schon, aber z u wenig eben. Deshalb bleib ich nun hier und gehe aber wohl gegen 22 Uhr >>>> mit Aléa einen Wein trinken. Sie soll mir von Olga erzählen.
K e i n Dietmar Dath, >>>> las ich vorhin. Schade.
„gegenlas“ –> Gentgelas las ich daraus. Wird er hier wieder schreiben?
Ich hoffe!
Er fehlt.
S e h r, Madame. Und @Deters: Ich weiß es nicht. Die Freunde, alle, haben es immer wieder versucht, ihn zu erreichen. Er wird sich melden, wenn es soweit ist.
@ dort: Azred, „Besuch eines Kaufhauses“ Puppenliebe platzt. Traumfrau überfahren.
Kaufhauspuppen sind kahlköpfig. Wie das Geschöpf in Munchs „Schrei“. Ein geträumtes Angstbild todesschreit. Schreit der Maler? Der Betrachter? Das Geschöpf? Die Puppe? Polst?
Eine verrückte Geschichte. Wahnsinn und Todesahnung wie in Munchs Bild. Widernatürliche Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit. Ein Irrer ist verliebt. Wahnsinnig. Verliebt. Und krank, denn Polst ist ja wohl nicht ganz beisammen. Wie die Puppe. Die auch nicht, die ist im Unterleib verkrüppelt. Wie Ziemßen im Zauberberg, wie der standhafte Zinnsoldat, die überleben es auch nicht.
Eine skurrile Geschichte. Witzig und beklemmend. Ein Slapstickstreit um Unverkäufliches. Tobender Abteilungsleiterzwerg! Liebe auf den ersten Blick, zögerliches Begehren, wunderschön, mitgefühlt, fast überwältigt, dann schockiert, weil Wirklichkeit wiederkommt: Es ist ja eine Puppe! Kaufhausgewühl eingerahmt in eine richterliche Befragung. Und vorher schon verurteilt das Scherbengericht (der berstenden Parfümflaschen) die Geliebte zum Tode durch den Bus.
Bleibt die Frage: Liebevoll soll das Gegenteil von Liebe sein? Nicht vielleicht nur das Gegenteil von Begehren?
Und das Baby? Ein Hoffnungs-, ein Zukunftssymbol?
Eine schrecklich schöne Geschichte jedenfalls.
Freue mich auf mehr am 14. Oktober!
Beste Grüße
NO
@Dr. No. Dank Ihnen. Ich schrieb das Dingerl, als ich zwanzig war; da hatte es allerdings noch nicht ganz die jetzige Form.
Nochmal wegen des Wolpertingers: >>> dazu bin ich Ihnen noch eine vor-italienische Antwort schuldig. Skizziert liegt sie auch bereits seit ziemlich genau zwei Monaten auf meinem Laptop. Mir ist dieses Gespräch sehr wichtig. Also werde ich mich dransetzen und meine Antwort zuende formulieren. Irgendwann in den nächsten Tagen. Ich hoffe, Sie sind mir nicht gram.
Wie süß! Sagen Sie mal, Herr Herbst, Ihr Sohn ist ja ein süßer Wonneproppen. Wie schön seine Hüftansätze unter der italienischen Sonne glänzen. Man sieht richtig, wie er’s sich bei Ihnen schmecken läßt. Süß!
@Sarah. Das stimmt. Die Frauen – alle – lieben ihn. (Und er sie).