Tainted Talents und die Affen.

Über das schamlos diskriminierte Tier:

(>>>>>) D o r t.

NACHTRAG, 17.57 Uhr:
>>>> Frau Kiehl hat Ihren gesamten Beitrag aus mir sehr verständlichen Gründen soeben offline gestellt. Den Text, dessentwegen >>>> Hans1962 mich fragte, ob er eine Satire sei, finden Sie nunmehr >>>> hier. Selbstverständlich ist es k e i n e Satire, was wir schon daraus erlesen, daß jedes einzelne in ihm genannte Faktum ein Faktum eben i s t. Die Zeiten scheinen zurückgekehrt zu sein, in denen Texte Labels brauchen. Und wie weiland >>>> Karl Kraus sollte der Dichter Schilder über sich halten, auf denen “Vorsicht! Ironie!” steht. Sie wird sonst nicht bemerkt.
ANH
Herbst & Deters Fiktionaere

6 thoughts on “Tainted Talents und die Affen.

  1. Die Hochkultur der Affen, wenn auch gefährdet.

    Es ist mir nach einer schlaflosen Nacht, in der die beleidigten Affen mich anflehten, für sie zwar nicht meine Stange, denn die breche ich nicht, zu brechen, sondern vielmehr eine Verteidigungsrede vom Zaun – nachdem all die anderen Verteidiger von Affenwesen und -ehre an einer derart ignoranten Kälte, wie sie für den autokratischen Menschen, der doch aber selbst nur ein Aff’, typisch zu sein scheinen, schier zu scheitern schienen: dies freilich an den schon im Titel verdorbenen Talenten Frau Kiehls, welche sich immerhin nackicht machen darf, auch öffentlich, das gestehn wir ihr zu, nicht aber, daß sie das arme geschlagene Tier verhöhnt, mit den Worten eines Hirnforschers zumal, der ja als solcher, und sowieso kaum ein Mensch, eine gänzlich verdorbene und darum irreversibel entstillte, will sagen: vom Busen der warmen Natur gerissene Intelligenzbestialität ist. Es wird offenbar Zeit, an die hohen kulturellen Leistungen des Affenwesens-an-sich sowie an seine lange Geschichte zu erinnern.

    Machen wir uns klar, was, im Gegensatz zum Menschen, der Affe alles erreicht hat. Dann werden wir nicht mehr derart gemütlos über ihn herziehen, wie dies Frau Kiehl getan hat. Allein, ihren Namen noch zu schreiben, mißbehagt mir deshalb sehr. Doch komm ich hier kaum umhin. Zu kurz der Platz, das zu beklagen. – Also: wodurch unterscheidet der Affe sich von uns?

    Zuerst einmal durch die Kunst. Es sind Gemälde von ihm bekannt, gegen die des da Vincis Erzeugnisse wie Strichzeichnungen von Ratten wirken. Man denke nur an das zu Recht berühmte Bildnis der Donna Leonor mit Banane oder an Aff v. Cheetas Guernica. Der gesamte Fluxus ist ohne Affen nicht zu denken, und noch im Schwarzen Quadrat brodelt eine Affenliebe zur konzentrierten Form, wie ein Mensch sie nicht einmal ahnen könnte.
    Dann die Musik. Ach, hätten doch wir Menschen eine solche Befähigung zur Sinfonie, zur Fuge und zu Streichquartetten! Aber auch um ihre Tanzmusik wurden die Affen seit jeher, und zwar von den Elfen, beneidet. Dabei möchte ich gar nicht auf die Genialität hinweisen, die es den Affen erlaubt hat, ihrem ausgeprägten Selbstbewußtsein, das der oben ganz sicher mit Bedacht nicht genannte Hirnforscher so diskriminierend bestreitet, die geradezu griechische Gestalt marmorner Nymphen zu geben. Vor allem aber, dann, die Dichtung! Was käme einem äffischen Sonett gleich? Ich kann gar nicht annähernd aufzählen, was der Affe hierin alles erreicht hat. Wir müssen weinen, wenn wir dem lauschen. Unsere Tränen dagegen, wenn wir ehrlich sind, kommen nur, weil wir uns schämen.

    Und dann, Frau Kiehl… ich ersuche Sie dringend, ihre Diffamierung zurückzunehmen und erwarte, wie alle anderen, die bislang ihre Stimme erhoben, eine Entschuldigung, ja Zerknirschung: wie wollen Sie denn jemals noch einem Affenmännchen sinnlich in die Augen schauen? Leider haben wir die heilsame Institution der Klöster für gefallene Frauen nicht mehr… – – … und dann, wollte ich sagen, aber, und vielleicht wichtiger als alles: W e r hat das Bürgerliche Gesetzbuch, w e r die Grundrechte formuliert und erstritten? Wir etwa? Ist Ihnen denn nicht klar, daß wir ohne den Affen noch immer auf den Bäumen lebten? Kindergärten, Krankenkhäuser, ja die Straßenbeleuchtung und daß wir nicht mehr täglich durch Schlamm warten müssen: all das ist allein dem Affen zu verdanken. Das hat e r uns gegeben, derweil wir uns tumb die Achseln lausten. Da wollen Sie uns ihm, dem Affen, allen Ernstes nicht nur gleichstellen, sondern meinen auch noch, wir stünden höher und seien wertvoller für die Evolution? A l s Evolution?! Auf solch einen Gedanken können nur wahrlich Verwirrte verfallen. W e r hat denn das Penicillin zur Wohlfahrt seiner Art erfunden? Wer forscht unentwegt nach einer Hilfe gegen die Geißel des Krebses? Von wem stammt der kategorische Imperativ der Moral? W e r hat vom Prinzip Hoffnung gesprochen und wer hat Äcker urbar gemacht? Wir würden verhungern ohne den Affen! Wir würden bei jedem Verkehrsunfall einfach liegenbleiben, weil es keine Krankenversorgung gäbe, keinen Notfalleinsatz, keine Sanitäter. Wir wären ein unbewußtes Spaltprodukt der Natur, nackt, armselig, gejagt, unansehnlich.
    Und was ist mit dem Eros? Sie meinen im Ernst, wir hätten auch nur den Begriff, gäb es nicht den Affen? Der Kühlschrank, die Wasserleitung, ja die WC-Spülung: all das sind Erfindungen seiner grandiosen Art (wie die Nagelfeile, der Rasieraparat, überhaupt: die Seife; das Papier und die Bücher, das Licht in der Nacht, das Bett und die Bettdecke). Wie kann denn da überhaupt Zweifel sein, w e r das höhere Geschöpf ist?

    Gehen Sie in sich, Frau Kiehl! Leisten Sie Abbitte! Und, um einmal wieder versöhnlich zu werden, seien Sie gewiß, es gibt einen Gott, der Reue versteht und Sie an seine Brust ziehen wird, sowie Sie endlich Einsicht zeigen. Es gibt die Vergebung. Und auch sie, ich sag es in Demut, ist eine äffische Tugend.

  2. Scho recht, aber ob man den Tieren wirklich vorwerfen kann, dass sie Tiere sind? In einer Affenwelt zählt ein da Vinci wohl wenig. Und so ein Hirnforscher ist ja nun mal auch kein Affe und wird es uns wohl nicht so leicht erklären können, wie das so als Affe sein muss, und was man so als Affe denkt und fühlt. Ich find es schon irre, was Menschen über sich und andere Wesen herausfinden können, und dann gleichen sich die Gene fast aufs Haar, aber die Phänomene sehen doch so anders aus und dann behilft sich halt auch mal ein Hirnforscher mit etwas Dichtung, die ganz gut klingt und die man gut nachvollziehen kann, so als Mensch unter Menschen, allein, ich dachte, vielleicht unterhält er sich mal dazu mit ein paar versierten Verhaltensbiologen, ob die den Affen so sehen wie er, ich glaube, nein, das alles hatte freilich überhaupt nichts mit Frau Kiehl zu tun, der es nicht um Affen ging, aber manchmal ist halt auch schön, wenns mal um Affen geht.
    Was war denn eigentlicher Kampfgrund? Ich konnt gar nicht so schnell lesen, dann war alles weg.

    1. @sowieso zur Kulturstufe. Anlaß war die folgende Erzählung eines ihr befreundeten Hirnforschers: “Weißt Du, warum uns Menschenaffen so anrühren, es ist diese Traurigkeit in ihrem Blick, sie stehen so kurz vor der Bewusstwerdung, ein Winziges nur, und das spüren sie und können dennoch dort nie hin. Immer aber, sagte er, spüren sie, dass da etwas ist, das macht diesen Blick, sie sind gefangen in ihrem fast da sein.”
      Ich hatte diese Stelle ausgesprochen poetisch gefunden und voll einer emphatischen Wahrheit, weshalb ich leise moniert hatte, hier gehöre eigentlich der Verfasser genannt – schon damit nicht irgend ein Dussel sie kopiere und für sein eigen ausgebe. Aus mir vorstellbaren Gründen wollte Frau Kiehl den Autor indes weiterhin nicht nennen.
      Dann aber ging eine Art Aufschrei der Empörung los in dem Sinne, welche Arroganz das doch vom Menschen sei, sich derart über das Tier zu erheben. Kurz: eine tieremphatische Correctness brach sich mit einem Mal Bahn und ging die ganze Nacht in zunehmend unverständlichen Sprachkonstrukten derart hin und her, daß ich mich heute früh geradezu verpflichtet fühlte, auch meinesteils klarzustellen, um wieviel höher der Affe über dem Menschen steht, und also Frau Kiehl zu Zeichen tiefster Reue zu bewegen. Denn es kann ja kein Zweifel daran bestehen, daß der Affe, nicht etwa wir sind’s, die weiterentwickelte Art ist, alleine schon, wenn man das kulturell betrachtet. Da ist von Politik, gar Weltpolitik noch nicht keine Rede. Warten Sie nur, bis ich erst d a r a u f komme.

    2. Ok, warte ich mal. Finden Sie, die gucken traurig? Hat, glaube ich, aber was damit zu tun, dass die Gesichtsmuskulatur nicht so ausgeprägt ist bei Affen. Ja, die Poetik des Hinrforschers habe ich auch noch gelesen, denke aber, nee, so ist es gar nicht, aber ging ja darum, dass wir mit so einer Beschreibung viel anfangen können, weils eben wohl doch ein menschliches Empfinden ist, so zu denken, dass da vielleicht noch was geht, und dann gehts doch nicht mehr und dann ist man eben traurig. Mir ist dann nur so, dass ich denke, iss dem Affen vermutlich schnuppe, was da noch geht und ob da noch was geht. Und, klar, wenn der Affe irgendwie so drauf wäre, wie der Mensch, dann ließe der sich sicher nicht so leicht die Butter vom Brot nehmen, aber das spricht nicht in jeder Hinsicht für den Menschen, sondern nur für eine Art, die intelligent genug ist, rücksichtslos zu sein. Aber, ich muss zugeben, Fressfeinde hätte ich auch nicht wirklich gern. Nun möge Weltpolitik folgen.
      Ah, verzerrtes Wort sagt: fome, portugiesisch für Hunger, und hat verdammt recht damit. Schlundzeit!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .