Das kleine Haus an der Allee mit der Liebe zur großen Oper widmet sich in diesem Jahr Bizets „Carmen“. Die Inszenierung von Jan Richard Kehl bietet eine Perlenkette schöner Melodien. Alle Protagonisten singen ihre bekannten Arien. Die Dramaturgie kommt ein wenig zu kurz – schließlich wartet man aufs nächste „Zuckerl“. Aber auch schöne Lösungen des eingedampften Opus sind zu sehen. Ist die Arie gesungen, verschwindet der Sänger nicht, sondern geht ab in den Bühnenhintergrund und setzt sich dort – rücklings zum Publikum – auf den angeschrägten Bühnenboden. Das schafft Bühnentiefe und Präsenz zugleich. Ein Streit zwischen zwei Künstlerinnen, allen Theatern dieser Welt nicht unbekannt, entbrennt. Die eine keift, die andere zieht sich auf offener Szene um und zeigt spärlich bekleidet ihren wohlgeformten Körper – der Bühnenumbau im Hintergrund ist beendet – und niemand hat es bemerkt. Auch die Oper vom Ende beginnen zu lassen, Don Jose sitzt nach Carmens Ermordung im Gefängnis und wartet auf seinen Tod – wie alles kam -, ist ein geschickter Schachzug. Gesungen wird durchweg gut an diesem Abend. Die Fairness gebietet es, die Leistungen von Christina Bader (Carmen) und der mit viel komödiantischem Talent gesegneten Joo-Anne Bitter (Micaela, Frasquita, Zigeunerin) hervorzuheben. Die Herren: Keith Boldt (Jose) legte bald seine Nervosität ab. Daniel Puhnert /Zuniga), Marius Adam (Lillas Pastias), Michael Müller-Deeken sind souverän. Die musikalische Bearbeitung von Fabian Dobler, gleichzeitig Leitung, stellte hohe Anforderungen an das fabelhaft musizierende Allee Theater Ensemble. Übrigens: Es ist ratsam, sich von der gelungenen Textfassung von Barbara Hass (auch Kostüme) durch den Abend führen zu lassen.