Tja… Warum wohl? – Zu Florian Kessler von der Süddeutschen Zeitung.

Warum bleibt es dem bisweilen so nervig pathetischen Schriftsteller Alban Nikolai Herbst überlassen, in seiner ganzen Lebenspraxis in sein Weblog abzuwandern und dort an einer Poetik der Durchdringung von Digitalem und Analogem zu arbeiten?
>>>> Süddeutsche Zeitung, 5.4.2011.

Um alleine zu stehen und das auch weiter durchzuhalten, b r a u c h t es das Pathos – das kapieren Grüppler wie dieser >>>> Herr Florian Kessler nicht, dessen eigenes Pathos hinter der Rhetorik seiner Fragen versteckt ist: Wo bleibt denn etwa das deutschsprachige Literaturprojekt, bei dem falsche Foren-Freunde, Phantom-Webseiten und echte Romane erfundener Autoren den Leser so in den Irrealis führen, wie das im vergangenen Jahr der „My Darklyng”-Vampirroman des amerikanischen Slate-Magazins versuchte, der sich live auf Facebook vollzog? Der Mann liest nicht mit und liest nicht, über was er urteilt, etwa >>>> Die Fenster von Sainte Chapelle, sondern ignoriert, was ihm nicht in den ideologischen Kram paßt – ihm oder seinem Chef Thomas Steinfeld. So daß wir gut wissen, woher der Spatz im Dornbusch kräht: nämlich aus den gebeugten Knien in Richtung USA, mit der ganz billig poetischer „Realismus” gemeint ist, wenigstens – Pop.

32 thoughts on “Tja… Warum wohl? – Zu Florian Kessler von der Süddeutschen Zeitung.

  1. ich finde, in dem betreffenden artikel werden die dschungel durchaus mit einem respektierenden alleinstellungsmerkmal ausgestattet. dass man seitens der feuilletons bislang erst zögerlich im deutschsprachigen auf entdeckungsfahrt (in welchen meeren auch immer) ging … das liesse sich vielleicht vorhalten. (die system/umwelt-differenz, glaube ich, lässt sich nicht mit der dichotomie pop/nichtpop knacken …)

    1. @Abendschein. Das Urteil wird über das Pathos gesprochen – da liegt der Punkt. Denn nicht, daß Kessler weniger hätte – die Emphase, mir der er seine Beispiele aufführt, zeigt das -; vielmehr stört (“nervt”), womit das Pathos leidet und jauchzt: Das Nervige an mir scheint zu sein, daß meines der sogenannten Hochkultur gilt, kurz: einem emphatischen Begriff von Kunst. Kesslers wiederum gilt entweder dem Pop – hier am trashigen Beispiel des Vampirmythos – oder aber dem wohlgefälligen Mainstream, für den wieder einmal Hitlers Vernichtungsmaschinerie herhalten muß. Also wenn d a s kein Pathos ist: “Weshalb schließlich wäre ein derart eindringliches und neuartiges Kunstwerk wie Michaela Meliáns virtuelles Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus “Memory Loops” für die deutschsprachige Literatur nicht einmal im Ansatz denkbar?” – Weshalb, fragt es sich doch, sollte das n i c h t denkbar und dann auch gut machbar sein? Aber wozu, wenn es schon da ist? Noch n i c h t da war das, was ich mit den Fenstern von Sainte Chapelle getan habe.
      Da Die Dschungel gar nicht erwähnt wird, sondern nur der nervige Schriftsteller ANH, wird sie ganz sicher auch nicht mit dem Alleinstellungsmerkmal ausgestattet, mit dem man sie freilich auch nicht mehr ausstatten muß; denn das hat sie längst erstritten.

    2. kann man. im artikel gings aber hauptsächlich um formen des (tatsächlichen bzw. referenzierten) stattfindens. von daher wirkt diese persönliche präferenz eher etwas fremd.

  2. Übrigens beachtet Süddeutsche nicht einmal die Umgangsformen. Zu denen gehört in einer Netzpublikation, die sich auf andere Netzpublikationen bezieht, der Link – damit Leser auch nachprüfen können, was die Zeitschrift behauptet. Ich stehe nicht an, dieses Fehlen der Links für Absicht zu halten – für eine Rhetorik der Unterlassung. Es ist, kurz gesagt, schmutziger Stil.

  3. Sprachliche Ausdruckslosigkeit Mir geht schon dieser überelaborierte Code, dieses verdammte Feuilletonsprech auf die Nerven. Wer Sätze wie “Man sollte diese vier Menüpunkte nicht unterschätzen, sind sie doch immerhin als basale Apparatur eines ganzen Kulturmilieus weltweit einzigartig.” schreibt, haut damit natürlich im Großen und Ganzen seinen Artikel in die Tonne, er schreibt für den kleinen Kreis jener, die glauben, dass Sprache dieser Art sich auf einer oberen, süddeutschen oder zeitfazigen Ebene befände.
    Mit der Sprache geht die Erkenntnis, wie von vielen, auch mir, angenommen wird. Das hohe Niveau der Ausdruckslosigkeit also geht Hand in Hand mit dem hohen Niveau der Erkenntnislosigkeit. Hänsel und Gretel im Wald des Internets und keine Hexe ist in Sicht. Es gibt nichts was man braten könnte; nur verbraten kann man etwas, nämlich jenen Artikel.
    Einmal abgesehen davon, dass diese überelaborierte Sprache per se schon pathetisch ist und der Vorwurf gegen ANH, dieser sei in seiner – gänzlich anderen – Sprache “nervig pathetisch” fehlgeht, befindet sich das Manko des Artikels an anderer Stelle: Er stimmt einfach nicht, weil er den Begriff der Literatur und also des Literaten einfach von der Welt der gedruckten Bücher auf die des Netzes überträgt. Dort aber ist beides etwas ganz anderes.
    Und so fehlen jede Menge Schriftsteller und Autoren, die sich redlich abmühen, im Netz genau das zu schaffen, was durch das Netz ermöglicht wird: Nämlich schnelle, redundante, verknüpfte Statements unter Einbeziehung andere Medien, als es die Sprache selbst ist. Das aber ist genau das Problem des Artikels: Hätte der den tatsächlichen Stand abgebildet, so wäre er eine Linksammlung geworden. Hätte er sich nur auf jene konzentriert, deren Namen fest in den Feuilletons verankert ist, so hätte er eingefordert, was bei der geringen Anzahl der Betroffenen gar nicht einforderbar gewesen wäre.
    Der Florian Kessler hat ‘aus dem Kopf’ aufgeschrieben, was er so weiß. Er hat ganz offenbar nicht recherchiert, sonst hätte das Ergebnis ein anderes sein müssen.
    Das in der Tat vorhandene Alleinstellungsmerkmal ANHs und seiner Dschungel kann man übrigens mit Artikeln dieser Art ebenso wenig zu Tage fördern, wie die immer stärker zunehmende Präsenz von Kollegen im Netz beschreiben. Denn das Erste bedarf einer spezifischen Befassung mit diesem Blog; das Zweite aber statistischen Materials.
    Was herausgekommen ist, ist ein Artikel der mit überkandidelter sprachlicher Geste leider nicht viel mitteilt.

    1. @ Sukov: “Der Internetpräsenzenbetreuer des Kunstmannverlages”. Tatsächlich? Falls das stimmt, war das eine gute und erhellende Recherche, bzw. ein sehr nötiges Vorwissen. Ich meinerseits finde interessant, daß Kessler aus >>>> Ortheils Schriftstellerschule stammt, die zweifelsfrei gutes Handwerk vermittelt, aber irrtümlich meint, daß auf diese Weise Dichter entstünden: retortig.

    2. Dussligkeit Lieber Alban,

      Florian Kessler ist natürlich nicht Jakob Meiner. Meine Dusseligkeit, die beiden hier verwechselt zu haben. Ich muss mich dafür bei Jakob Meiner entschuldigen, der überhaupt nichts für diesen Text kann. Die entsprechende Passage habe ich selbstverständlich geändert.

  4. Florian Kesslers Beitrag (SZ, gedruckte Ausgabe, 5.4.2011, S.14) zeigt, wie intensiv die Entwicklung in einzelnen Bereichen beobachtet werden muß, um sich eine Meinung bilden zu können. Tatsächlich: der Mann liest nicht mit! Wer fast nur diejenigen Autoren im Netz aufsucht, die hohe Print-Auflagen erzielen oder sz-feuilleton-kompatibel sind, findet natürlich alles, was er für seine Polemik benötigt. “Die” deutschsprachigen Autoren, von denen er spricht, gibt es ebenso wenig wie “das” Internet. Zudem versäumt es Herr Kessler, auf tiefergehende Fragen einzugehen, etwa rechtlicher Art, denn wie soll der sicher nicht überbezahlte Autor mit seinen Texten und Projekten Geld verdienen, wenn er im Netz den Zirkusdirektor gibt? Und natürlich sollte auch nicht vergessen werden, daß es in der Schriftstellerei darum geht, als Autor Geschichten zu erzählen, auf die ein Leser sich lesend einläßt. Autor und Leser treffen sich im Lesevorgang also quasi in der Mitte, wo die Geschichte lebendig wird – dort ist der eigentliche virtuelle Raum.

  5. Machen wir uns nix vor, ob Sie im Internet sind oder woanders, das ist einem Kessler egal, was mich wirklich nervt, ist, dass man immer eine Art Monoblog fordert, sich einen Autor wünscht, der die Fäden in der Hand hält und zieht, kurz gesagt, man wünscht sich den allmächtigen Erzähler zurück, ist natürlich total epigonal, schon auf dem Papier, die Möglichkeiten des Internets unterschätzt es damit zur Gänze, ich denk halt dann immer mit Vian, die kapieren nicht. Aber das unkrontrollierbar Dynamische, das ist Autoren wie Kritikern scheinbar immer noch suspekt, sie wollen vom Autor sicher durch die Dschungel geführt werden und wissen, wie es zu verstehen sein soll, mit der Einstellung kommt man freilich durch keinen modernen Roman, da muss man wohl weiter Schiller lesen, iss ja auch ok.

  6. Ich weiß nicht, wie jemand sich erdreisten kann, in derart lächerlichem Jargon über Ungelesenes und Unverstandenes herzuziehen, wenn das Organ, wo dieses Textlein hingeschissen wurde mit einem “Header” im Internet aufwartet, auf dem einträchtig nebeneinander Günter Grass und Feuchtheroine Charlotte Roche posieren dürfen, während rechter Hand der unwichtigste aller Kritiker (so schon 1968 Peter Handke) seinen Zeigefinger erheben darf. Ist ein Organ wie “Süddeutsche Zeitung”, die derartiges zeigt, eigentlich überhaupt satisfaktionsfähig?

    1. Ich finde es auch bedenklich, wenn die Qualität eines Artikels in der Süddeutschen Zeitung nur Boulevardniveau erreicht. Da in der SZ aber regelmäßig auch hervorragende Leute schreiben, sollte man sicher nicht den Stab über dieser Zeitung brechen, wenn auch naturgemäß berücksichtigt werden muß, daß Kessler hier keine persönliche Ansicht in die Welt setzt, sondern wohl die seines literarisch-wissenschaftlich-hildesheimischen Umfelds. Wahrscheinlich hat man Kessler, eben weil er sich keine eigenständige Meinung erlauben kann, nur als Versuchsballon aufsteigen lassen, der jetzt abgeschossen wird. Mit anderen Worten: keine Munition verschwenden, es kommt sicher noch was nach.

    2. Pathetisch nervig, endlich schreibt es mal einer und es wird nicht gelöscht werden und wie sie sich aufregen, die ganzen Jünger, heissa, heute ist Feiertag!

    3. Es geht allein darum, einen schlecht recherchierten und schlecht geschriebenen Artikel mit guten Gründen zu kritisieren und wenn möglich die Motive herauszuarbeiten, die zu dem Text geführt haben. Das passiert immer, wenn Anspruch und Wirklichkeit nicht deckungsgleich sind, in allen Lebensbereichen, vor allem wenn Vollgeförderte nix Vernünftiges abliefern. Die Kirche im Dorf lassen sollte man dabei schon.

    4. @Norbert W. Schlinkert Es geht aber auch darum, dass ein Medium zur gleichen Zeit Literatur immer mehr trivialisiert (sichtbar durch diesen Header, aber im Einzelfall auch an Artikeln zu belegen) und jeden Anspruch – sei er auch noch so angreifbar wie bspw. Herbsts Netz-Ästhetik – einfach nur herunterputzt.

    5. @Gregor Keuschnig Die Gefahr besteht ganz sicher, da gebe ich Ihnen recht. Allerdings dürfte das in der Moderne schon immer so gewesen sein, da es ja immer auch um Geld und Marktmacht geht. Gewonnen hat die Literatur aber immer dann, wenn sich ein einzelner Mensch mit einem sogenannten guten Buch zurückzieht, um mit ihm eine innige Gemeinschaft auf Zeit zu bilden. Wenn diese Bücher trotz der mindestens gelegentlichen Trivialisierung in den führenden Medien immer noch zu Frau, Mann und Kind gelangen, dann sicher auch wegen der Arbeit der kleinen Verlage, die es in der großen Welt der Feuilletons so schwer haben, überhaupt wahrgenommen zu werden. So lange aber von eben diesen Verlagen hohe Qualität abgeliefert wird, ist auch noch Hoffnung da, denke ich. Tun wir einfach unseren Teil dazu.

    6. Die kleinen Verlage geben doch keine Qualität ab, wo denn außer Urs Engeler und edition Korrespondenzen, gibt esdoch nur Seifenblasen.

    7. @Max Greger (Gast) Natürlich liefern die kleinen Verlage auch nicht n u r hohe Qualität ab, doch eben häufig genug; zudem verbreitern sie das Themenspektrum, indem sie Texte verlegen, die die Publikumsverlage (aus thematischen und stilistischen Gründen) nicht haben wollen.

    8. Merkwürdig die Aufregung, die Frage ist doch positiv bis lobend formuliert: “Warum bleibt es (…) Alban Nikolai Herbst überlassen, in seiner ganzen Lebenspraxis in sein Weblog abzuwandern und dort an einer Poetik der Durchdringung von Digitalem und Analogem zu arbeiten?”

      Warum macht ihm niemand diesen Platz streitig, bzw. weshalb?

    9. Was könnte wohl ein Anderer auf dem Platz ausrichten, den ANH sich selbst eingerichtet hat? Ist wie in den Naturwissenschaften: wo ein Körper ist, kann kein anderer sein. Aber was mische ich mich ein!
      Und von wegen der Aufregung: es ging ursprünglich a u c h um die sicher nicht ausreichende Recherche, aufgrund derer ein Artikel eines gewissen Florian Kessler in der SZ als nicht recht gelungen erscheinen mußte. Und man wird sich doch noch über schlechte Texte aufregen dürfen!
      Vielleicht hätte sich Herr Kessler auch nicht einmischen sollen, denn jetzt hat er den Salat! (Apropos: ich geh jetzt einkaufen, regt Euch alle ohne mich auf.)

    10. Es soll ja niemand das “Vulkanlager” vom Herrn Herbst besetzen und ihn von seiner Kaffeemaschine schubsen, aber ein wenig mehr quasi-körperliche Präsenz im Netz könnte nicht schaden. Das habe ich mir auch selbst hinter den Spiegel geschrieben.

    11. traurig ist aber auch wie sehr inniglich und hingebend hier an dem kleinen Speichelfleck geleckt wird, dem irgendeinem Fölletondackel aus dem Mund gefallen ist.

    12. Wenn jemand an herausragender Stelle, nämlich im Kulturteil einer der wichtigsten deutschsprachigen Zeitungen, einen schlechten und dazu noch langen Artikel platziert, dann muss der deutsche Intellektuelle, wenn er eine Affinität zum Web hat, sich einmischen und die Dinge klar stellen. Verwunderlich wäre es nur, wenn der Herr Kessler sich nicht äußerte. Warten wir es ab.

    13. @Sabine von Maydame. und es wird nicht gelöscht werden.
      Weshalb denn auch. Sie sind, junger Mann, da Suie ja immer wieder herkommen, um zu lesen, was Sie so nervt, wie der junge Devote, der sein Herrchen bebettelt: “Schlag mich, schlag mich! Sag Tiernamen zu mir!” Der aber, Pech., hat da keine Lust zu.

  7. …erst wenn es etwas nicht mehr gibt, jammert man der schönen alten Zeit nac Eigentlich möchte ich meinen Kommentar nicht hier sehen, sondern direkt unter dem Artikel von Florian Kessler vom 5. 4. in der SZ. So gehört es sich nämlich, wenn man das Medium, in dem man publiziert, ernst nimmt. Soviel zum Medienverständnis des Publikationsorgans selbst. Zum Inhalt des Artikels: Ja, erst wenn es etwas nicht mehr gibt, jammert man der schönen alten Zeit nach. Das Problem ist nur, dass die Literaturkritik der deutschsprachigen Printpresse es bislang versäumt hat, darauf zu achten und zu reagieren, was sich literarisch im Internet abspielt. Mir ist kein Artikel bekannt, der sich mit Autorenhomepages von deutschsprachigen AutorInnen auseinandersetzt. Mit Literatur im Internet konnte man sich bis auf wenige Ausnahmen bislang weder als AutorIn noch als WissenschaftlerIn in unseren Breitengraden profilieren. Eine Institution wie die ELO (Electronic Literature Organisation), die literarische Internetprojekte wissenschaftlich und archivarisch betreut (und damit auch fördert) gibt es nicht. Das einzige Publikationsorgan, das konsequent literarische Entwicklungen im deutsch- und anderssprachigen Internet verfolgt, vorgestellt und kommentiert hat, war das von Edoardo Simanowski herausgegebene Online-Journal „dichtung-digital“< http://dichtung-digital.mewi.unibas.ch&gt; . Es wurde 2009, nach mehreren Versuchen, für das Magazin eine finanzielle Basis zu schaffen, eingestellt. Und jetzt wünscht sich Florian Kessler, dass auch andere AutorInnen dem guten, wenn auch pathetischen Beispiel ANH’s folgen (so habe ich den Passus verstanden). Verständlich, denn ich wünsche mir auch mehr Romane, die so gut wie der Ulysses sind. Bloß gibt’s den Ulysses halt nur einmal und die Dschungel. Anderswelt ebenfalls. Ich wüsste auch nicht, von wem, wie und vor allem warum ein solches Projekt nachgeahmt oder verbessert, d.h. ‚entpathetisiert’ werden sollte. Wäre es nicht einfacher, sinnvoller (und nicht zuletzt auch bescheidener), zuerst das zu schätzen, was man hat, bevor man nach Neuem verlangt? Und bevor dieses ‚Neue’ kommt, was und wie immer es sein mag, lohnt es sich, das ‚Alte’ zu bewahren, weshalb nicht nur Marbach sich bemüht, literarische Internetprojekte zu archivieren, sondern auch die Forschungseinrichtung für Literaturkritik, Literaturvermittlung und Rezeptionsforschung in Innsbruck (IZA ), die gerade erst vor zwei Wochen die Zusage vom österreichischen Wissenschanftsfonds FWF erhielt, dass ein Projekt zu Archivierung und Dokumentation von deutschsprachigen Autorenhomepages für drei Jahre gefördert wird.

  8. Typischer Fall von Kaltakquise Ein typischer Fall von „Kaltakquise“ ist dieser sog, SZ-Artikel – ich bin versucht ihn KESSELFLICKER-Artikel zu nennen.

    Ich hätte nicht gedacht, dass die SZ nun auch zu diesem Mittel des unseriösen Journalismus greift, noch dazu im Feuilleton. Dass sie dort zum Befüllen der Seiten einen in der Manier eines Lesereporters mit einer „Geschichte über Literatur im Internet“ beauftragt nach dem Motto: „Kost do amoi wos schreib`n? Bist doch mit deinem jungen Alter nah dran?“

    Wahrscheinlich entstand dieser Artikel zwischen zwei Esspressi in der Coffee2go-Bar neben der Uni und die Kommilitonen rsp. Freunde wurden gefragt: „Kennt Ihr ein paar JungautorInnen, die sich im Netz tummeln“; Namen wurden genannt, anschließend kurz gegoogelt und dann in wenigen Minuten die Zeilen auf dem Netbook runter gerissen, zwischen zwei, drei hastigen Espresso-Schlucken.

    So wie hier von einigen von Ihnen richtiger Weise bemerkt: OHNE anständige Recherche, OHNE mit erfahrenen Netz-Schriftstellern ein Gespräch geführt zu haben, OHNE, wie ANH zu recht kritisiert, ein empfohlenes Werk wie die „Fenster“ gelesen zu haben. OHNE auf Literaturprojekte wie “Dilimag” hingewiesen zu haben, OHNE einen vernünftigen ausgewogenen Mix von Alt- und Jungautoren, weiblichen und männlichen NetzautorInnen. OHNE Angabe von Quellen, in dem Fall Links. Das Fehlen all dessen kennzeichnet einen sog, klassischen “Kaltakquise”-Artikel.
    Leander Sukov bringt es in seinem Kommentar auf den Punkt „Er hat aus dem Kopf geschrieben“ – genau das ist Kaltakquise. Einfach schreiben, was man laienhaft glaubt zu wissen, oder nebenan beim Latte Macchiato gehört hat. Kein seriöser Journalismus.
    Das ist bei dem mickrigen Zeilenhonorar, das heute gezahlt wird, vom betriebswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Aufwand zwar nachzuvollziehen. Dennoch: ein seriöser Journalist, Redakteur, Autor arbeitet so nicht. Peinlich für die SZ und für ihre renommierten Redakteure, die es glücklicherweise noch gibt, jedoch nicht im Feuilleton! Oder wie oft ist diese “Kaltakquise” bei der SZ auch in anderen Ressorts, in der Politik, in der Wirtschaft, schon geschehen?

    Noch vor wenigen Jahren wäre ein solcher Artikel der erste und letzte für den „Kesselflicker“ gewesen.
    Was bleibt, ist einerseits, sich aufzuregen, wie es hier geschieht, weil immerhin ANH`s Dschungelblog wenigstens gewissse Aufmerksamkeit da draußen geniesst.
    Andererseits bliebe, die SZ nicht mehr zu kaufen und auf andere Medien auszuweichen. Sich selber seine Meinung bilden und solche Blüten des Kesselflicker-Journalismus in unseren Blogs aufdecken, v.a. wenn sie auf den Seiten solcher Zeitungen aufscheinen, die sich eigentlich als „Qualitätspresse“ bezeichnen.

    Eines werde ich gewiss tun, „Aufsätze“ jenes Herrn, der aber auch nichts mit der Qualität einer hiesigen bekannten Sektmarke gemein hat: Überblättern!

    Ooops, nun ist mir der Kommentar aber lang geraten, ich hoffe, nicht zu lange, lieber ANH.

Schreiben Sie einen Kommentar zu Deters Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .