Nachts auf der Piazza. Das Ameliajournal vor der Abreise, nämlich das des Mittwochs, dem 27. Juli 2011, worinnen von einem Nachmittag und einem Abend erzählt wird, den sehr schöne Beine durchtanzten: und wie genau die Tänzerin das wußte inniTalien (11)! Und schließlich, heute, die zweite Festa, nicht der Sant’Anna, indes für Poesie. Helmut Schulzes Vierte Ameriner Elegie und einigem Nahsten Orient. Indes: ein Regentag.
11.41 Uhr:
[Kardinalsküche.]So kamen die Freunde, gestern, bereits früh in Amelia an, parkten den Wagen unten vom Tor zur alten Stadt (älter ist sie als Rom), und ich schritt hinab, sie hinaufzugeleiten, das kleine Mädchen und seine schöne indische Mama und deren, die schmale, immer gefaßte weltgereiste, kluge Frau, sowie Leukert in seinem Leinenweiß und dem Panamahut, eine Erscheinung gepflegtesten Geistes; selbst der mir an ihm ungewohnte Dreitagebart unterstrich eine Haltung des sorgsamen Schauens, mit der im Cortile schließlich >>>> Parallalie und er sich einander, nebeneinander sitzend, näherten: Bücher wurden zum Kaffee gereicht und zu der Salami, dem Schinken, dem Käse & Fior di latte an Basilico zum Öl, und zum Wasser, das in einer kleinen, stets nachgefüllten Erdenkaraffe von Hand zu Hand ging – vergaß ich das Brot? -, derweil sich das Töchterchen langsam vertraute, besonders mit meinem Sohn. Italienische Poesie, italienisch. Leukert las drin, wie einer kostet, ob ein Gericht auch im Abgang noch schmeckt. Da lag ein Glanz von Alter Zeit auf dem Hof, die es wahrscheinlich so nie gegeben, aber die wir uns fühlen.
: abgebrochen.
8.05 Uhr:
[Baia del Sole, vor Giglio Campese.]Der Junge, mit dem ich nachts noch, um halb zwölf, zur unentwegten Brandung kickerte vor der Restauration des Platzes, schläft noch. Ich bin seit halb sieben hoch, aber hier wird erst ab acht Uhr geöffnet. So daß ich bereits den kleinen Spaziergang in die Ortschaft hinunter unternahm, um mir eine offene Bar zu finden, auch schon frisches Brot zu kaufen und eine Pizza a taglia für den Buben zu seinem sicher, wie immer, späten Frühstück. Die Busse fahren, die Sandstrände unten werden gepflegt für die Sommergäste, da gibt es garantiert auch Kaffee.
Gab’s.
Man muß etwa einen Kilometer spazieren, die Straße etlang, die über dem Felsstrand hinabführt. Daran, direkt in den Hang, ist der Campingplatz gebaut, einfach ausgestattet, ohne Brimbamborium, schon gar nicht Animation, alles geht ruhig vor sich und ist nicht überlaufen. Unten im Ort, wo es einen kleinen, auf mehrere Betreuungen verteilten privatisierten Sandstrand gibt, ist das anders. Wo die Sonnenschirme stehen und flache Liege bei Liege. Geankerte Yachten dümpeln in der Buch davor und locken in strahlendem Weiß mit der Muße des Luxus.
„Guten Morgen, Papa.” Er hat seine Jacke an, es ist ihm noch kühl. Wiewohl wir mittarnachts noch 20 Grad hatten und es jetzt auf 27 hinaufgehen soll und gestern, als wir ankamen am frühen Abend, tatsächlich auch waren.
Das Meer ist türkis, zum Horizont tiefblau; es ist noch ein wenig vom „mosso” zu spüren, das es gewesen sei. Doch zurück noch einmal in den amerinischen Dienstag und zu den Frankfurtmainer Freunden, die immer noch im Cortile sitzen und dort für alle Ewigkeiten sitzenbleiben müßten, jedenfalls in der Literatur, ließe ich den schönen Tag nicht noch enden und den Trupp wieder fort nach Poggiola:
Klitschnaß kamen wir in der Kardinalsküche an, Handtücher wurden gereicht und ganze Partien Haut gerubbelt, ein grinsender Parallalie hatte die Hand schon am Kaffee, die Damen aber verlangten nach Grappa. Das Töchterlein, mitten im Pladdern hinunter, war im Buggy eingeschlafen und schlief drin erst einmal weiter, der im Cortile unter den schmalen Vorsprung einer Überdachung gestellt, geschützt im Wuchshaus des transparenten Kokons, womit der er, der Kinderwagen, umhüllt war.
So sprachen wir drinnen und fröstelten jeder ein bißchen für sich. Bis die Sonne wieder hervorkam, das Töchterchen pünktlich erwachte – man wußte nicht zu sagen, ob sein Erwachen die Sonne oder die Sonne dieses Erwachen gerufen; möglicherweise war’s eine konzertierte Aktion. Doch aber Zeit, sich auf den Weg zurückzumachen. Ich geleitete die Freundesfamilie wieder vors Tor der Stadt, am Bergfuß, wo ihr Wagen stand. Und wir winkten. Dann begab ich mich wieder hinauf, vorberuhigt, weil ich sie nun nicht habe auf ewig in Amelia gelassen.Doch der Regen setzte wieder ein und bauschte sich und berauschte sich, ich weiß nicht, ob an unserm erschreckten Verblüfftsein, ob an sich selbst. Fast wäre deshalb die Festa Sant’Anna ins Wasser gefallen, die die kleine Piazza nachts belebte, eine Empore war aufgebaut, von der verstärkte Klange einer akustischen Gitarre über das in die Nacht hineinstehende Auditorium, das teils aber auf Klappstühlen saß, hinüberklangen, um eine ebenso hypomane wie leptosome Frau zu begleiten, die wunderschöne Beine hatte. Sie wußte das und trug den Rock aus diesem Grund, und um uns zu behagen, bis nur knapp untern Schritt; er war (der Rock, nicht der Schritt) aus einem Material gefertigt, das die Gesäßbacken paßgenau umfaßte, indem er mit ihnen tat, was andre hätten freilich lieber und mancher wohl auch besser getan, denn diese Umfassung blieb zart, es kam nicht zum Greifen: ihr wie dem Sang war Transzendenz nicht vergönnt. Dafür tobten Parallalie und mein Junge durch Campari und Leute, kauften Lose sogar, und mein Junge gewann sich Nippes um Nippes. Auch der Freund ging nicht leer aus. Nun hat er eine Knuddelmaus, die genau in den Handteller paßt, mit rosaner Nase, wenn er am Nachdenken ist. Ich meinerseits, dem solches Glück sich entzieht wie den Beinen der Sängerin ihre Entsprechung beim sanglichen Vortrag, enthielt mich der Lose, weil sowieso schon das Gesäß in der Bar stand, auf den geschilderten Beinen umgeben von einer Art Gratulanten, und statt der Beine war nun ein Entertainer aufgetreten, der zu entertainen nicht aufhalten wollte, so daß es mich zurück in den Hof zog, bevor sowieso die ganze Gesellschaft vom abermaligen Wassersturz, einer Sintflut weggeschwemmt wurde, die den erwüteten Guten Geschmack der Musik als ihren Urheber wußte: kann sein, er hatte, sich selbst drin gefallend, Pergolesis Stabat mater gelauscht und war dabei gestört worden wie ein leiser lesender Mann von seinem Nachbarn, der mitten in der Nacht das BaßWUMM lospochen läßt, das wir bisweilen aus jugendlichen Autos vorbeidummen hören, die tiefgelegt wurden: getuned-eyyiii!, GTI und so. Jedenfalls wuschen sich die ganze Nacht über zum
Mittwoch, dem 27. Juli 2011:
Himmel und Erden kaskaden, als Adjektiv, ja! – und auf dem Hof ertranken die Steine, bis man in ihnen, durchs Wasser auf sie hinabseh’nd, Atlantis erkannte nach seinem Versinken. Das schien schon lange her zu sein, denn niemand winkte oder schwamm gar herauf, um gerettet zu werden. So daß der Rettung viemehr der Mittwochabend bedurfte, zu dem jener Folgewohner des Kardinals, ich spreche von Parallalie, die Gläubigen in den Cortile gerufen hatte. Der aber nun unpassierbar war und das blieb über den ganzen Mittwoch, an dessen Abend noch über die Stufen der runden, backsteinernen Treppe das Wildwasser sprang wie wirbelnde Gischt – vielleicht war dem Herrgott nunmehr nicht der Pop der Festa Dorn im Geschmack, sondern er mochte nicht dem Leib, was ihm die Verse geben, geben. So daß allein vier Wagemutige dennoch erschienen, mit dem Kanu heraufgewildwassert und, als sie in die Küche traten, mit den Paddeln um den Einlaß klopften., ihn also mehr forderten, schon um sich zu retten, als daß sie um ihn gebeten hätten. Sie konnten mir nichts vormachen, ihr „Permesso?”, wie zaghaft auch immer gefragt, war mit der Pistole das heilige Recht um den Herdschutz verlangt – besonders >>>> die glühende Neapolitanerin warf ihr tiefschwarzes, glänzendes Haar wie Verlangen… ah! dazu diese Zähne! das biß mir ins Herz… und wie sie die Tomaten schnitt! in eine Schüssel, die auffing. Und die dann vor mir stand. Ich konnte nur schauen, wie immer hierzuland, wenn mir die nötige Sprache fehlt, Eleganz für das Spiel.
Wir warteten.
Es kam niemand mehr.
Bis schließlich der Freund der neapolitanischen Venus um die Gedichte bat. „E la poesia?” Denn wir hatten uns zurückgehalten; ich hätte es für absurd gehalten, in dieser Runde von uns aus eine Lesung zu beginnen, für aufdringlich drängend, als wär das nun wirklich ein Anlaß.
Ich wich aus, auch Parallalie wich aus. Da beharrte diese junge, glühende Frau. „Du hast gewonnen”, sagte ich, was sie natürlich längst schon wußte, aber gefirmt haben wollte. So daß wir dann wirklich zu lesen begannen, vorzulesen. Ich war das erste Mal in einer Situation, die sich rein auf den Ausdruck verlassen mußte, auf Rhythmik und Klang, wovon ich erzählte, überblieb Parallelie; zugleich überblieb ihm ein eigener Klang, eigene Metrik, auch eigene Symbolik, weil, was die eine Sprache weiß, ihr unbewußt im Character treibend, ist der anderen, s o, ganz unbekannt – und umgekehrt. Der Übersetzer, freilich, kennt beides; da auch ist sein Beruf: Entsprechungen zu finden, die indes ganz andere Bilder sein nicht nur können, sondern oft müssen.
Ich weiß um meine Stimme, wenn ich vor Publikum lese. Ich weiß auch, was ich, gerade >>>> in den Liebesgedichten, erzähle: auf was der Vers blickt, welch eine Lava aus ihm herauswill und immer schon über die Ränder der Wörter steigt, um außen an ihnen herabzulaufen und nun, hier, in Amelia, auf den Fußboden der Kardinalsküche lief. Noch spüre ich den Hinterkopf, der mir beim Küßchen links und rechts, beim Abschied, für eine Ewigkeit kurz, in der linken Handfläche lag und für niemanden anderen merklich denn für den Kopf und die Hand.
„Nein”, sagte ich vorher, „keine der Elegien, das wäre zu lang.” Ameriner Elegie, so nenn ich für mich Parallalies Übertragung, des Lampes und Schulzes, der Vierten. Zumal es fast schon auf Mitternacht zuging, und sowieso: der Freund ist ein Dichter ganz selbst. So zeigte er auch vier seiner italienischen Gedichte, in einer Anthologie publiziert, herum, aber er las sie nicht vor, was ich ein wenig schade fand.
Es regnete weiter. Und Frau Wien kam in Skype.
[Freitag wieder, der 29. Juli:19.25 Uhr:
Das Bild entstand nicht dort, wo ich jetzt tippe; es hat immerhin Bruno Schulzens Zimtläden aufs Meer sehen lassen, in das wir, mein Junge und ich, heut oft gesprungen aus drei, einmal wohl auch fünf Metern Höhe Fels – dies ist hier ehmals ein Steinbruch gewesen. Das Wasser ist warm, doch überaus klar, doch kräftig gewellt; so trägt’s einen auf und trägt einen ab. Möglicherweise war es ein bißchen viel Sonne auf einmal, ich merke die Haut, creme, merke noch und wieder, creme. Außerdem bin ich proppesatt: sowas um fünf spazierten wir für Einkäufe hinunter, beschlossenl, essen zu gehen, aber vorher hatte ich eine solche Lust auf kalte Milch, daß ich einen ganzen Liter im Supermarkt erstand und fast zur Gänze, in einem Rusch, stürzte. Mein Bub zog Lemon soda vor. Danach kam für jeden ein Eis von cremig tiefer Konsistenz. Davor hatte der Junge noch ein Pizzastück aus der Bäckerei verdrückt. Deshalb seh ich das mit dem Essengehen heut nicht mehr recht, obwohl er es möchte.
Die Isola di Giglio ist teuer; das freilich muß gesagt sein, und hier oben am Campingplatz mehr sogar noch als unten im Ort, sofern man, vielleicht, von den Restaurants absieht, die direkte Meersicht haben. Aber – ]
– verzeihen Sie, wir sind ja noch bei gestern, also vorgestern nacht, als die Löwin in Skype kam und wie ununterbrochen bis zwei Uhr nachts in den
Donnerstag, den 28. Juli 2011
allerlei, sollte ich sagen, sprechtippend taten, bis ich weißGöttin die Tasten kaum mehr fand, der Morgen aber mich, und zwar nicht wenig verkatert. Der Freund war da schon einiges auf und wohlgemut an der Arbeit. Mein Bubh schlief noch. Ich ließ ihn, bis halb elf. Dann war zu packen. Er lief, um eine Apfeltasche, hinab in den Ort, ich wühlte Fahrpläne, wollte dem Freund an sich die weite Fahrt nicht zumuten, 2 ½ Stunden hin und alleine dann 2 ½ zurück – nicht also doch besser den Zug?
Das Problem bestand indes in den Folgen des Großbrands, den Tirburtina, der zweitgrößte Bahnhof Rom, drei Tage vorher erlitten. Unsere Nachbarin hatte uns vortags erzählt, sie habe für die normalerweise 45 Minuten bis Orte geradezu einen Tag gebraucht… und wir mußte in Porto Santo Stefano dann auch noch eine Fähre bekommen. Zudem (1) komme ich ungern des nachts an und baue das Zelt auf, wenn ich gar nichts mehr sehe. Zudem (2) gibt es auf Giglio keine wirkliche Ausweichmöglichkeiten, jedenfalls keine, die nicht die Reisekasse ein- für allemal sprengt. Immerhin, Parallalie rief beim Campingplatz an. Kein Problem, hieß es, die Unterbringung sei garantiert.
Also zusammenschnüren.Einen letzten Caffè an der Piazza sodan, sowie im SuperCoop Amelias die letzten Einkäufe. Dann ging die Überlandtour los.
Es ist nicht viel davon zu erzählen. Wie fuhren an der Stelle vorbei, wo Pasolini Die Taufe Christi gedreht hat; im letzten Jahr waren wir dort gewesen, hatten am Straßenrand geparkt, waren das Wegchen hinabgeklettert zu den kleinen Wildwassern unten, einer verfallenen Mühle aus Stein, eine urchristliche Szenerie, die noch duftet, der Vergessenheit durch die Moderne, – über Tuscania weiter, wo eine Freundin Parallalies uns, ebenfalls im letzten Jahr, empfing, ganz edle Dame, gestylt die Wohnung bis in den Puck, der den Abfluß verschließt, wenn jemand abwäscht (Porzellan? war es Keramik?), angerichtet auf Tellerchen, die man beim Juwelier kauft, Oliven, etwas Käse, Canapees, ein ganz wunderbares Paar, diese beiden, schon war, auf der Straße nach Grosseto der Monte Argentario zu sehen, ein Zwilling des überwachsenen, wildschweindurchtrüffelten Circefelsens südlich zwischen Rom und Neapel – auch hier diese Bodden, Lagunen, man kann da noch Salzmühlen sehen… und die gewundene schmale Straße, die um den Berg zum Fährhafen führt, war nahezu frei; das hatte ich so noch gar nie erlebt.
Irre schnell waren wir durchgekommen, hätten sogar noch den Traghetto der Maregiglio erwischen können, der grad beladen wurde – aber das wäre des Abschieds zu nüchtern gewesen, zu sehr um Biglietti gerannt und das Zeug zusammengerafft und hinübergelaufen – nein! der nächste Traghetto, nunmehr der staatlichen Torremar, ginge eine dreiviertel Stunde später. D e n wollten wir nehmen, dann bliebe noch auf einen Caffè und für den Jungen auf ein Eis Zeit. Und für Umarmung und Dank und die Freude voraus, einander bald wiederzusehen. Wie zudem uns das Netz den nahsten Kontakt auch erlaubt, wenn wir von Räumen getrennt sind, die zweihundert, was sag ich?!: einhundert Jahre zuvor wirklich Trennung bedeutet hätten.
Und so begann denn die Überfahrt.Wie immer, wenn ich eine Seefahrt starte, esse ich; diesmal war es meine erste Mahlzeit des Tags, um 16.20 Uhr. Mein Junge spielte mit seinem Fotohandy. Der Freund war schon, als das Schifflein abgelegt hatte, nicht mehr zu sehen, jenseits der runden Krümmung des Berges, die Beatles, wie ich wußte, im Player. Dagegen gleißte die See in einem Silber, das über Blau schmilzt. Vielleicht heißt der Berg ja deshalb so… – Villen aber reckten die Hälse von den Hängen des Berges nach Giglio hinüber, von wiederum wo nicht weit entfernt der Graf von Monte Christo den Rachereichtum bezog; mit einem eignen Motorboot könnte man schauen, ob er vielleicht paar Dublonen vergessen: John Silvers Papagei schrie mir Goldne Escudos ins Ohr. Sie sollten >>>> seine Memoiren lesen: welch eine Verbeugung vor Robert Stevensons Genie! Ich dachte noch über den Barbecue nach (Barbe durch den Cul, das hätte Arno Schmidt begeistert), da kam uns, dem Vater und seinem Sohn, nach kaum einer Stunde Fahrt, der Porto von Giglio in unseren Blick:Der Rest war nun leicht, denn wir kannten uns aus. Die Bus-Biglietti besorgen, die hier knapp das Doppelte kosten, was man für sie in Italien normalerweise verlangt – residenti, freichlich bezahlen einen Bruchteil davon; was gerecht ist: winters leben im sommerprallen Giglio Campese, dem eigentlichen Badeort, kaum mehr als zwanzig Menschen; fünf, vielleicht sechs Monate haben die meisten Menschen hier Zeit, ihre Kammern zu füllen. Jedesmal, wenn ich ein überteuertes Essen bezahle, fühle ich das mit, und zucke deshalb nur, sagen wir, gewohnheitshalber zusammen, und weil ich selbst oft so klamm war. Doch sowieso liegen wir gut in der Planung.
Wir kannten den Platz. Etwas oberhalb ließ uns der Fahrer des Busses hinaus; den restlichen Weg stiegen wir ab. Meldeten uns an. Alles völlig problemlos.Sogar ein WiFi gibt es hier, das auch funktioniert. Ah, ich verstehe: BritelCom. Die Stunde ist teuer – zehn Stunden aber, zwanzig Euro, rechnen sich (sofern ich nicht wieder mit meiner Löwin in ein skypendes Zucken gerate).
Und wieder dieses Gefühl, sein eignes Zuhause bei sich zu haben:So etwa hängt hier mein Anzug mit Weste für seine nächste Beanspruchung aus. Daß Ihnen das jetzt den Blick aufs Meer verhängt, sehn Sie mir bitte nach. Ich mach’s auch sofort wieder gut, nämlich am
Freitag, dem 29. Juli 2011,mit dem ich nunmehr angekommen wäre: nämlich heute. – Doch halt! Hab ich schon von der Crema catalana erzählt, die meinem Jungen momentlang die Beherrschung nahm? Heut früh indes nicht erwachen, d a s tat er so:(Ich weiß nun nicht recht, was weitererzählen. Wir machen nunmehr Ferien. Es sei denn… nun ja, es fällt mir eine Erzählung ein, an der >>>> Le Duchesse teilhaben könnte. Doch glaube ich das nicht. Freilich sind diese Frauen, die auf den Felsen liegen, entzückt von ihren Partnern gestreichelt, von enormer Präsenz, vor allem die Körper. Zum Beispiel fanden sie selbst ihre Brüste entrückend, und der Gefährte war eine Art Diener, der völlig zu recht avancieren soll. Ich tät’s an seiner Stelle auch. Fehlt Dir die Sprache, wird die Erscheinung zur Göttin – was etwas, zu Zeiten, höchst Gerechtes hat, dem wir uns, die Männer, beugen sollten und – beugen. Alle. Wie wir sind.)
Kann sein, daß es daran gelegen hat, daß Du ein Hemd hier vergessen hast (das weiße mit den doppelten Brusttaschen und dem Stehkragen (ich schick’s dann per Post in die Dunckerstraße)), denn ich komme gerade aus Porchiano wieder mit drei neuen Hemden (Direktimport aus Los Angeles) und Plänen für… morgen im TB mehr.
Das hab ich. Soeben im Rucksack gesucht. (Es ist der frühe Vormittag des Sonnabends, und ich setzte mich an die Bar, um zu schreiben und um zu schauen, ob jemand in Der Dschungel schrieb.)
Was hälst Du davon, wenn ich das Hemd beim Cortile lasse, als eine Art Pfand, ihm offeriert zum Wiederkommen?
Das Hemd vom Pressefoto? Überleg’s Dir. Hemden sind betuchlich! Ich denk‘, ich schick’s Dir. Außerdem wirft man eigentlich keine Hemden in die Fontana di Trevi, um ein Wiederkommen sicherzustellen.
Früher waren es ja T-shirts, lieber Bruno Lampe, die man als Pfand ließ. Oder forderte. Zum Schnuppern. Nur Verliebte kommen auf solche Ideen. Nun sind wir zwar inzwischen ausgewachsen, doch ich denke, nicht einmal das betuchlichste Hemd würde sich dagegen sträuben Pfand zu sein. Es erinnert sie an ihre Jugend.
Das kenn‘, liebe phyllis, ich auch, aber es waren weder T-Shirts noch Hemden, allerdings auch nicht die Monatsbinden. Das Hemd an sich erinnert tatsächlich an einen Besuch, dem man hier immer wieder Gegenbesuche abstatten kann. Gut, ich lasse es hängen. Der Staub, der sich darauf ablagert bis zum nächsten Jahr, wird die Zeit sein. Dies wird untrüglich mein Verhältnis zu ihr ausdrücken.