ABDM-115-APCA

Wie man sich verhakt in den Geschichten, während es einen fröstelt unten am Rio Grande, weil man nichts zum Überziehen mitgenommen hat. Auf einem langen Tisch standen überflüssige Pizzas, überflüssig, weil die niemand angekündigt hatte, und alle schon vorher gegessen hatten. Irgendein Mißverständnis. Der erste Haken kam nur anfangs andeutungsweise. Dylan selbst wird über verschiedene, jeweils eigenständige Knoten vernetzt, die sich zwar autonom entwickeln, aber untereinander ein Flimmern erzeugen. Nur kurz für mich war “How many roads” angedeutet, das der 16jährige kurz noch einmal klampfte, bevor er in der Nacht vom 1. auf den 2. Januar die 25 Kilometer zu Fuß nach Wolfsburg ging, um dort auf dem Bahnhof derselben Art des Redens wie daheim bei einem unendlich lange von der Mafia redenden Italiener zu begegnen, die schon immer vorgibt zu wissen, was Sache ist. Auch dies im Film ausgearbeitet. Die Polizei brachte ihn dann wieder zurück, nachdem er zuhause angerufen. Daraufhin erpreßte er sozusagen seinen Vater bzw. ich seinen oder er meinen, mich bzw. ihn ins Kino nach Wolfsburg zu fahren und auch wieder abzuholen, nach dem einen Mal im vorhergehenden Londoner Sommer noch einmal Woodstock zu sehen. War aber enttäuschend. Und schon gar nicht mehr dasselbe. Mal sehen, wie’s mir in der nächsten Wochen bei demselben Film unten am Rio Grande gehen wird. Wahrscheinlich werde ich mich über weite Strecken langweilen mittlerweile (allein geschähe das auf jeden Fall), es kommt auf die Leute an, die dort sein werden. Irgendwann kam Allen Ginsberg ins Blickfeld, und es schien, through the horrifying experiences described from life, als drehte ich wieder meine ewigen Runden durch die Straßen von Florenz und schriebe in den Pausen in meine Spiralblöcke, wo er (ohne ‘bzw. ich’, nämlich A.G.) dann eines Abends auf der Piazza Signoria las, und sich die Zukunft des nun schon 27jährigen entschied, weil ihm ein Rockzipfel ward, bei dem das Sirren da war, das mir A.G. überhaupt nicht vermittelte, ich wußte ja außer dem Howl-Amerikanisch, das ich nur halb verstand und auch nur deshalb hatte, weil’s mir jemand einfach so aus Philadelphia mal zugeschickt hatte, nichts von ihm. Irgendwann floh ich auch den Rockzipfel, als ich schon jenseits der 50 wie der 16jährige einst zuweilen ausbüchste, um ganz schlicht einfach nicht da zu sein: I’M NOT THERE. Neben mir saß eine Aurora, aber das ist eine andere Geschichte, dennoch ebenso mit dem Ganzen verhakt über die Begrifflichkeit des Namens. Von Sternen viel und der Kopf fiel viel oft in den Nacken ab und an, damit er von einer Schnuppe überrascht werde, jedennoch nur gelegentlich ein Blatt, das der Wind aus der Baumkrone brach und glitzernd vor der Leinwand herabsegeln ließ, die den Bruchteil einer Sekunde dauernde Verwechslung. Erst beim Gang zum Auto zum dunklen Parkplatz zusammen mit der Morgenröte erst das Entfalten der Milchstraße, dann doch noch der ersehnte schnelle Lichtstreif. Mir blieb nichts zu wünschen übrig.

Der Rest ist Archäologie im Rezenten: ich habe ihr, S., mal etwas über Bücher zitiert, was sie nicht mehr finden könne, dieser Text würde sehr gut passen für eine Ausstellung ihrer Bucheinbände, Ende August in Viterbo. Der kurze Anruf reichte, mich zumindest an den Autor zu erinnern, Hildesheimer. So eine Zufallstrouvaille, die ich ihr damals sofort schickte, denn auch zwischen ihren Bucheinbänden steht nicht ein einziges Wort:

Wie hieß er noch, dieser Buchbinder aus Leidenschaft, der mir seine Bibliothek zeigte? Sie war voller Schätze, Bücher aus herrlichen handgeschöpften Papieren, Pergamente wie geschaffen für Apokryphes oder Palimpseste, zartfarbene Vorsatzpapiere in alten Mustern, Bücher seltsamer Formen, oval und sechseckig. Arbeiten eines Lebens, und die Seiten alle leer. In seiner gesamten Bibliothek stand nicht ein einziges Wort. – Wolfgang Hildesheimer, Masante.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .