Wieder Glöcklers-Ives‘-Journal: die Rezension schreiben. Mit einem Marburger Nachblick aus dem Sonntag, dem 25. November 2012, an dem von Nora Frankenberg erzählt wird, in den Sonnabend, worin vom Flughafenwandern die Rede.

4.50 Uhr:
[Cowell, Concert for piano & orchestra.]
Wäre ich dann noch geblieben, der schönen Nora Frankenberg wegen, säß ich jetzt nicht hier und geriete in einen Zustand außer Arbeit, der grad zur Zeit nicht angemessen wär, ihr nicht, also beider. Ich war aber der Meinung, sie könne ja klingeln, wenn sie zur Feier zurückkäm und mich nicht mehr vorfände; mit viereinhalb Blicken, von denen zweieinhalb ein loses freches Sprechen ist, das kein Berlinisch scheut, fesselt sie und stößt sie fort, die Männer, meine ich, von denen sie nicht ohne Strategie erzählt, ob die Instinkt sei, ob Kalkül – ich reagiere bekanntlich auf Zicken, sofern sie solche Handgelenke haben und einen solchen schmalen, gliederigen Hals und spöttisch wissen, daß sie‘s sind: immer halb schon auf dem Fortflug vom Gelände, sowie es ihnen sicher. Nein, nachdem sie fort war auf eines zweiten Freundes Geburtstag, zwar wiederkommen wollte und mich mit einer ErinnerungsAufgabe zurückließ, aber noch um Mitternacht fehlte sie am engen Langtisch, stand ich preußisch auf, weil ich ja um halb fünf wieder aus dem Bett wollte, sonst wär mir dies Heute durcheinandergeraten, zog mir den Mantel über, nahm BRSMA verabschiedend in den Arm, bemerkte, Frau Frankenberg werde ohnedies nicht mehr kommen – sie selbst hätte daraus sofort wieder eine Anzüglichkeit herunmdrehblitzen lassen -… woraufhin der Freund: „Oh, sie hat gerade angerufen, sie sei auf dem Weg“. Momentanes Zögern, meinerseits. Dann: „Nee, grüß sie, aber mir wird es zu spät. Sie kann ja klingeln, wenn sie mag.“ Ich war ihr bereits zwei Mal begegnet, mein Flirten hing ihr in den Wimpern beider Oberlider, dann hatte ich meinen seelischen Strich unter die allbereiten Dinge dieses Spieles gezogen, schon, weil sexuell nun wirklich nicht hungernd. So denn auch nun, ich meine den Strich. Jetzt ist das fast schon Rechnung. Doch während ich dies schreibe, stelle ich mir vor, wie sie es vielleicht liest, die, wie sie gestern abend erzählte, direkt hierhergezogen sei, ins selbe Haus, wenngleich aus Sicherheitsgründen ein Treppenhaus weiter. Wiederum BRSMA, meines Fortziehens nicht wirklich unglücklich: „Nun, ich bin ja auch noch da.“
Dann lag ich und schlief sofort ein. Wachte auf, zog mich an, völlig überzeugt davon, der Wecker habe geklingelt, irgend etwas hatte tatsächlich geklingelt, denke ich jetzt, nur daß es mein Schlafkopf falsch interpretiert hat, was ich aber erst angezogen registrierte. Ach du Schreck, erst halb drei… – der Kopf war etwas zu rund, die Beine wollten auch noch nicht, aber an den „wirklichen“ Traum erinner ich mich nicht, nur an meinen Entschluß: nee, wirklich! und wieder ins Bett. Zwei Minuten Tiefschlaf, so danach, und der Wecker klingelt wieder. Jetzt war es wirklich halb fünf. Weshalb ich ausgerechnet da an >>>> Chromò denken mußte, weiß ich nicht. Ah, doch: die beiden könnten Schwestern sein, diese ein wenig älter, jene ein wenig jünger, beide im selben Elternhaus erzogen; die eine die inverse Projektion des Temperaments der andern.
Latte macchiato, Morgenpfeife.
Es war auch ohne Frau Frankenberg eine schöne Feier; lang unterhielt ich mich mit einer Illustratorin über New York City, wo sie dreieinhalb Jahre gelebt. Die Sprache kam >>>> von meinem Buch aufs Kinderkriegen, und, nachdem eins auf der Welt war, ging sie in das Buch zurück und mit diesem unterm Arm zu ihren, der Illustratorin, Erlebnissen, Die Deutsche und der Schwarze, in einer aufs Making Money orientierten Ghettowelt. Weder fürs flirtende Sehnen noch für Langeweile war da irgend eine Zeit, die statt dessen im Fluge undsoweiter, so daß ich schon vor BRSMA, im Mantel eben, stand und dies „Sie kann ja klingeln“ sagte.

Von Marburg ist noch nachzutragen. Das habe ich >>>> soeben getan. Und kehre nunmehr zurück >>>> zu Glöcklers Ives, um meine Rezension für >>>> Volltext zu schreiben. Wiederum danach ist leider von Kosten, Ausgaben, Einnahmen eine längere Aufstellung dahinzubi- und balanzieren, die schon verspätet ist; am vergangenen Donnerstag lief die Frist ab, aber wenn ich jetzt noch… nun gut, das wird mich Zeit kosten. Bei alledem >>>> Henry Cowell, vielleicht auch etwas Ives. Das wird den Tag erfüllen. Was, aber, noch einmal Frau Frankenberg angeht, so habe ich ihren Namen mit Absicht nicht verändert. Wenn sie nach ihm googelt, soll sie mich auch finden. „Die Irrenden“, bonmote sie gestern, „dürfen gerne laut irren, wenn man dazu schweigen darf.“
Zweiter Latte macchiato. In einer Stunde wird die Löwin geweckt, die heute früh hinaus muß, um einen Flieger nach Zürich zu kriegen. Was mich nun auf den Bericht kommen läßt, den ich jetzt schreiben möchte. Morgen dann wieder, zum letzten stilistischen Durchlauf, an Argo.

11.25 Uhr:
So, fertig geworden mit der Rezension. Schöner Titel, glaub ich: „Dem dürren Acker der Seele“. – Jetzt noch einmal auf Papier lesen, dann bis spätnachmittag oder abends ein weiteres Mal drübergehen, ein drittes Mal morgen zur Früharbeit, dann sofort an Volltext raus, s0 daß das Typoskriptlein pünktlich zu Redaktionsbeginn in Wien liegen wird. Aber vielleicht bin ich auch schon heute abend so weit.
Und nun dieses, bäh, Buchhaltungszeug, damit das endlich vom Tisch ist.

6 thoughts on “Wieder Glöcklers-Ives‘-Journal: die Rezension schreiben. Mit einem Marburger Nachblick aus dem Sonntag, dem 25. November 2012, an dem von Nora Frankenberg erzählt wird, in den Sonnabend, worin vom Flughafenwandern die Rede.

  1. Der Strich ward schon gemacht, der Rechnungsbeleg lag schon bereit, als Frau Frankenberg zwischen hier und nirgendwo das Radiergummi hervor zog und die Striche im Nichts auflöste.
    Die Beteiligten verwirrt zurücklassend, während sie längst Zukunft zur Vergangenheit gestempelt hatten, lies sich Frau von und zu , ich bin weg bevor ich da bin ,nicht in eine Strichrechnung multiplizieren, fing an zu dividieren, wartend mit dem Wurzelziehn, aber noch lange nicht beim Strich, da die Rechnung noch nicht aufgeht….

    1. Es sind@Nora F., manche Rechnungen höchst kapriziös und wollen bezahlt sein, bevor man sie ausstellt. Manche lauern, ohne daß man sie sieht, geschweige ausradieren kann, über jedes gepfändete Konto hinweg. Andere hält man für – Gaben. Die sind am teuersten in ihrem Verlangen.

      (Mit einem äußerst scharfen Messer bin ich grade heimgekommen. So seien Sie gewarnt:


      )
    2. Noras Worte Als würde sie sich fürchten und nicht eher anderen fürchten lehren blitzte es in Noras Gedanken auf, während sie doch wissend schwieg.

    3. Da war, ich erinner mich gut. Dieser Satz, der die Irrenden einfing. Aber kennen Sie das Wort vom Beifang? Fischer sind es, die es verwenden. Nicht jeder tut ihrem Umsatz gut. Denn mancher geht aufs Netz.

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