Unter Gleichen. (Entwurf).

Ich werde dir, was zu erleben
du begehrst, als deine Brust
sich spitzt zur Lust
und will schon vorher beben,
in ganzem Ausmaß geben,

wenn du dich tief hinunterbeugst,
und es vor mir, dem Herrn, bezeugst,
dein Tier, das im Erzittern eben
deiner Flanken sich erhebt,
als du auf meine nackten Füße

mit deiner langen Zunge süße
Kreise der Ergebung, wie gewebt
am Spann und nasse unter meinen Sohlen,
ziehst, und spreizt sie, hochgereckt
wie Katzen in der Ranz, und unbedeckt,

die Backen, um mein Blicken einzuholen,
als säße ich in einem Spiegel
zugleich, der, hinter dich gestellt,
den Ursprung aller Welt betrachtet,
Gustave Courbets,

und wartest auf mein Siegel,
das deines Ichs nicht achtet,
nicht deiner Wehs, auf keinen Schrei,
wenn es sich eindrückt – f r e i:
s o, Herr, als Gleicher vor dem Gleichen,

steh ich, wenn in der Frau verzückt
das Sekret zur Schöpfung fließt, entrückt
vor dir und stolz – : Vor ihr, vielleicht,
zurück, doch nicht, du Gott, vor dir
wird, wer ein Mann ist, weichen.


13 thoughts on “Unter Gleichen. (Entwurf).

  1. d a s, anh, ist Ihnen gelungen. da wünschte ich, wenn nicht in diesem jahr, so doch bald, der engel neue ordnungen.

    nur zwei nachfragen: wo ist der angekündigte schlussvers „so halt ich’s mit dem Schöpfer“ geblieben? und: warum nicht das Sekret, nur aus rhythmischen gründen?

    ein gutes neues jahr noch, übrigens.

    A.

    1. Das hat mir@Aikmaier der Schöpfer ganz offenbar geklaut.

      Mit „das Sekret“ haben Sie rhythmisch recht; gerade darum, wider die Glätte, entschied ich mich für den Artikel, der außerdem noch auf ein Bestimmtes anspielt und insofern weniger abstrahiert. Vielleicht entscheide ich aber wieder um; ich bin, wie Sie sehen können, dabei, wieder und wieder zu feilen. Es hat drei nachträgliche Anläufe gebraucht, das doppelte Beben aus dem Gedicht hinauszubekommen, und momentan hängt mir das „vielleicht“ noch zu ungebunden im Raum, wobei die Binnen-Alliteration von „Gleichen“ möglicherweise aber schon genug ist. Ich schrieb auch hier bewußt „Entwurf“ oben drüber, weil manche Entscheidungen ein bißchen zeitlichen Abstand brauchen.

      Ein nächster Gedichtband ist geplant; es gibt schon Gespräche. Eigentlich sind seit „Der Engel Ordnungen“ schon genügend Texte entstanden, einige allerdings noch Fragment geblieben, vor allem in den Zyklen, die dann abgeschlossen werden müssen.

    2. @ anh; d a s habe ich mir schon gedacht, also den absichtlichen bruch des rhythmus. ob er aber gerade an der stelle des fließens sein muss? — andererseits leuchtet es ein, das konkrete sekret vorzuziehen.

      zum „vielleicht“: für mich ist es nicht nur durch das „gleich“ zum „gleichen“ gerechtfertigt, sondern auch dadurch, dass es im nachklapp die hohe (und zu denken gebende) ambivalenz des bezuges von „vor der“ betont.

      schließlich ist der titel, ebenso passend wie unpassend zum inhalt, klug gewählt (oder eben: „glücklich inspiriert“).

    3. @Aikmaier zum Titel. Da habe ich ein bißchen dran rumlaboriert. Die Ihnen in Ihrem ersten Kommentar fehlende Zeile hätte sich ebenfalls geeignet, aber dann nahm mir das zu sehr das umgedreht religiöse – pervers aufbegehrende – Element vorweg, in das sich der Text dann dreht. Es hätte sich auch etwas Klassisches, etwa „prometheisch“ angeboten; das hätte aber die Leser:innenschaft sofort eingeschränkt, weil gleich im Titel mit Vorwissen gearbeitet worden wäre.
      Daß der Text mit „Opfer“ zusammenhängt, aus >>>> Der Engel Ordnungen, über dessen erste Fassungen es >>>> damals diese Diskussion gegeben hat, wird Ihnen klarsein, Je älter ich werde, desto stärker konnotiere ich gelebte Sexualität mit Religion. Das finde ich selbst auffallend.

    4. @ anh (ergänzt, dann wieder herausgenommen, weil sich kommentare überschnitten): nicht sicher bin ich mir allerdings, ob der plural „deiner Wehs“ nicht zu kühn ist…

      zum titel: genau das macht den reiz aus: man kann sich nach den ersten beiden strophen nicht vorstellen, was dies mit gleichheit zu tun haben könnte. und diese spannung wird, perversion oder nicht, bis zum schluss nicht wirklich aufgelöst. vielleicht auch darin ein religiöses moment. immerhin ist, um dieses gespräch nun DAMIT zu verknüpfen, der „herr“ angeblich mensch geworden, also ein gleicher unter gleichen… und doch eben nicht gleich.

    5. Menschwerdung@Aikmaier. Eben, genau!

      „Deiner Wehs“ – d a s m u ß sein, auch wenn es aus der ersten Fassung, die hier nicht mehr steht, aus „nicht deiner Wehs und Schreie“ gewonnen war. „Schreie“ hätte aber ein „frei“ im Reimwort gebraucht, was mir zu manieriert gewesen ist; deshalb die spätere Umformulierung. „Schrei“ auf „frei“ zu reimen ist eine, in Ihren Worten, Kühnheit, die die der „Wehs“, glaube ich, genügend ausbalanciert. Es trifft zumal exakt sowohl das sexuelle wie, sagen wir mal, spirituell-ekstatische Moment dieses speziell Sexuellen.

  2. als „als deine Brust sich spitzt zur Lust….“ und „als du auf meine nackten Füße…süße Kreise der Ergebung ziehst“.
    Wäre es nicht besser, beide Male das „als“ durch „wenn“ zu ersetzen. Rein grammatikalisch scheint mir das „als“ nicht richtig. „Als“ wäre richtig, wenn dies ein Blick in die Vergangenheit wäre, also wenn Sie Vergangenes erzählen würden: „als deine Brust sich spitzte zur Lust“… und „als du auf meine nackten Füße..süße Kreise der Regebung zogst“. Das „Als“ empfinde ich in diesem Gegenwartsbezug als falsch.

    1. @Cellofreund zur Grammatik. Grammatikalisch haben Sie recht, poetisch nicht. Das „als“ erzählt de facto eine vergangene Situation, die aber über das Futur des „ich werde dich“s permanent gegenwärtig bleibt und über das Versprechen des „Ich werde dich“s bereits die Wiederholung setzt. Deshalb auch die andere Wiederholung des als-Figur in „als du auf meine“. Balanciert wird die Konstruktion über den Irrealis des Spiegelbildes, da ganz ebenfalls etwas tatsächlich Geschehenes erzählt.

  3. Schön! Gegenstand, Sprache und Form. Und dass nicht eins das andere aussticht oder ihm zuliebe geopfert wird.

    Wie wäre es denn mit „der Saft“ statt „das Sekret“? Denn die Stolperstelle stört wirklich (wenn ich das so unbekannterweise hier reinplatzend sagen darf).

    Lieben Gruß,
    Iris

    1. @maudit. Sie haben recht, „Gustave“ selbstverständlich; ich habe den Fehler übersehen und soeben korrigiert.

      Andererseits macht der eingedeutschte Vorname den Blick härter und gibt dem Text zugleich etwas Altes, ich will nicht gleich sagen „Biblisches“, aber es geht in die Richtung. Sie ist vielleicht nicht ohne Reiz gerade im Pathos der Erhebung zum Schluß. Das laß ich noch noch auf mich wirken, ganz bestimmt.
      Spannende Frage.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .