[Arbeitswohnung.]
Diese >>>> bei>>>>den Erzählungen gehören, so fühl ich’s, zusammen; deshalb habe ich sie von hinter der Tür der >>>> Tagebuchrubrik auf die Hauptsite Der Dschungel gebeten, auch aber, weil ich selbst für dort momentan nichts anderes einstellen könnte als immer nur weitere Auszüge aus dem Argo-Epilog, der in diesen Tagen meine ganze Aufmerksamkeit fordert. Immer nach einigen Versen schwirrt sie weg; dann gucke ich auf eine Pornosite gern auch heftiger Art, lasse mich halbsteif erregen und leite die sich am Unterleib sammelnde Energie in die sehr strenge Versarbeit zurück – eine Strategie, die mir schon oft geholfen hat. Sie hält mich in stetiger Spannung. Fünfzig Verse und mehr pro Tag zehren. Zudem läuft jetzt schon seit Tagen ein persönliches Experiment; ich schrieb, erinner ich mich, schon darüber: ohne Wecker zu erwachen; einfach den Körper selbst machen zu lassen und zu schauen, wohin das führt.
Nachmittags, gestern, beisammen mit लक्ष्मी, meinem Sohn und seiner Freundin C. im Pratergarten gesessen, drei Bier getrunken – auf, upps, nüchternen Magen –, ein sehr gelöstes Familien-Zusammen; der Junge, fast junge Mann, ist unterdessen größer als seine Mutter gewachsen. Manchmal kann ich nicht anders und seh ihn nur staunend an, versuche aber, das kurz zu halten. Die Dschungel kennt ihn noch als kleines Kind, so denn auch ihre langjährigen Leser. Auch hier erhebt sich nun das Geschlecht, auch er wird sehr bald vor Venus‘ Kimme und Amors Korn geraten; ich hör den Pfeil schon schwirren.
Wir hörten ihn schwirren, Jürgensen und ich, gestern abend und nacht; abermals war ich in den Pratergarten gefahren; es reichte dort für zwei weitere Bier, dann trieb uns ein Scheinregen weg – aber nur nach gegenüber, wo wir vor dem Schönen Sonntag im August saßen, jetzt im mit sich hebender Nacht doch noch ein wenig kühlen Mai, über Argo sprachen, über Literatur „allgemein“, das sogar länger, über den Unterschied von faktischer und emphatischer Wahrheit, auch über Frauen, selbstverständlich. Ich hatte in der kurzen Zeit zwischen Familie und Jürgensen gedacht, verwundert, meine Güte, wie viele Mösen habe ich in meinem Leben gesehen, berührt, geschmeckt, an wie vielen Schamlippen (das Englische spricht von „laps“, was geradezu onomatopoetisch wäre, wenn die „Nachmachung“ sich nicht auf einen Laut, sondern die organische Struktur, Haut, Fleischlichkeit, Durchblutung bezöge) gezogen, sie auseinandergezogen, wie viele Ähnlichkeiten der Form mit anderen Formationen in der Natur, etwa von Calamari, entdeckt, – ich hab ja mal eine Liste angefangen, sie aber dann aufgegeben, weil ich nicht alle Namen, die mir eingefallen, gleich behandeln mochte, – also wie viele Vaginen, Brüste, Gesäße mitsamt den Rosetten gesehen, man müßte meinen, das hat man doch irgendwann über, aber nein! Die Faszination und Erregung ist nach wie vor da, egal, wie viel auch Zusammenhänge ich kenne; dabei ist alles, meint man, „nur“ eine zielgerechte Konfiguration biologischer Möglichkeiten und durchaus nicht ohne bloße Mechanik -; ja, so redeten wir und sahen den Frühling, spürten den Frühling in uns selbst, man kann zwanzig sein oder sechzig, völlig Banane, immer wieder geht es los.
Es irritiere, glaube er, Jürgensen, viele Leute, daß ich über Sexualität einfach so spreche, mich nicht bedecke wie andere, die ganz sicher ähnliche Erfahrungen, auch in den Mengen, gemacht; aber sie schwiegen. Meine Offenheit mache die Leute, ich weiß nicht mehr, ob er „verletzbar“ sagte. Mich macht sie nicht verletzbar, auch wenn sie Nachteile mit sich bringt. Mich macht sie frei.
Ich bin ein freier Mann. Mit diesem Gedanken stand ich vor der Pavoni, spät aufgestanden, nur eben meinen holmes’schen Morgenmantel übergeworfen, und bereitete mir den ersten Latte macchiato. Ich bin ein freier Mann. Das geht mir sogar über meine Literatur. Eine, ich kann Ihnen gar nicht schreiben, wie tiefe Erkenntnis eines Antriebs meines Selbsts: worauf es mir, unter a l l e m liegend, ankommt. Und daß ich genau das meinem Sohn weiterreichen will: ein in Gedanke, Rede und Tat durch nichts, gar nichts, einzuschränkender Mensch zu werden – außer, selbstverständlich, durch eigene Einsicht, nämlich Erkenntnis. Aber nicht – n i emals – durch Gesetz, Regel und Gewohnheit und vor allem, also, nicht durch Angst, weder um einen Arbeitsplatz noch um gar Geld noch um Frauen, noch um die Akzeptanz meiner poetische Arbeit oder Stellung und Prestige. Gegenüber der eigenen Freiheit schmilzt das alles zu Schlacke dahin.
Und jetzt wieder an die Versarbeit.
10.55 Uhr:
Mir war >>>> danach. Sehn wir’s mal als Fingerübung. Denn jetzt w i r k l i c h wieder an den Epilog.
17.55 Uhr:
Fünf sind es, wie Sie sehen können, wenn Sie zum Mitteltisch weiterschauen. Eine aus dem Bund separiere ich immer und stelle sie, in einer dreiviertelmeterhohen, sehr schmalen Vase direkt vor meinen Schreibtisch.
Wollte was essen gehen bei „meiner“ charmanten, stets flirtenden Vietnamesin, aber dann, als ich vorher Cigarillo-Nachschub besorgte, mußte ich an einem Spargelstand halten. Jetzt sind die Stangen bereits geschält und warten darauf, ins siedende Wasser getan zu werden. Ich bin beim Epilogvers 505:
/-/–/–/–/–/-
Denn nicht wenige trugen den türmenden Hügel zusammen’.“
Wie wäre es? Wir beide als Herausgeber einer Anthologie. „Autoren erzählen wie sie Sexualität erleben“ (Arbeitstitel)
Fröhliches Sprießen wünscht
PHG
@PHG. Ich zweifle sehr daran, daß Autor:inn:en über Sexualität mehr oder gar wichtigeres zu erzählen haben als Menschen anderer Berufe und Berufungen; manchmal fürchte ich sogar, sie wissen sehr viel weniger darüber, weil sie sich’s im Beobachten zu eingerichtet haben. Interessanter wäre, Menschen, denen der Autoren Beschreibungsroutinen und -fähigkeiten abgehen, die Sprache zu leihen. Es kommt ja nicht auf die Profession an, die jemand ausübt, sondern auf die Intensität, mit der sie und er lebt. Viele Autoren tendieren dazu, sich von der Intensität zu distanzieren, etwa durch ironische Haltungen und dergleichen; d.h. sie werden uneigentlich. Uneigentliche Texte mag aber ich nicht vertreten.
Unterm Strich wäre eine Anthologie „Autoren erleben Sexualität“ ebenso fade wie eine Anthologie „Müllmänner erleben Sexualität“.
Das muss nicht sein, … … es wäre schlicht Aufgabe der Herausgeber, dies zu verhindern. Außerdem habe ich die ‚Autoren‘ nur gewählt, weil es sich dann besser verkauft, als wenn man schreibt ‚No names über Sexualität‘.
Aber egal, anderer Vorschlag, da ich heute mal am Vorschlagen bin. Wie wäre eine jährliche Publikation der „Hundert wichtigsten Pornoseiten“? Ein Web-Führer mit ausführlichen Vorstellungen der Pornoseiten. Und dazu vergeben wir dann jedes Jahr den „Porno-Web Award“. Ich glaube, das wäre ein Projekt, das uns in sämtliche Talkshows brächte.
Au ja! @PHG. Aber es würfe uns auch aus sämtlichen „seriösen“ Feuilletons. Ich fürchte nur, daß es so etwas längst gibt, also sowohl die Hinauswürfe als auch den Award. In Berlin gibt es ein sehr gut eingeführtes und akzeptiertes Porno-Filmfestival, auf dem meines Wissens auch mit Preisen versehene Streifen gezeigt werden.
Ich fände ja eine Umfrage bei als ehrlich bekannten, in der Öffentlichkeit stehenden Menschen beiderlei Geschlechts besser, also bei Politikern, Fernsehmoderatoren, Schauspielern, Managern, Sportlern usw., denn wenn die alle sagen, welche Pornoseiten sie am liebsten besuchen, ergibt sich ja automatisch so eine Art Rangliste. So könnte man auch sehen, welche Seiten eher christdemokratisch, sozialdemokratisch, grün oder links sind, welche eher von Kulturmenschen frequentiert werden oder von Materialisten, eher von Frauen oder von Männern und so weiter. Das wäre über den Aha-Effekt hinaus auch kulturwissenschaftlich interessant, finde ich.
Das finde ich. Auch.
(Und seh schon die Betreiber:innen der Sites mit Scheinen für ihre Nennung winken. Oder sie verkaufen gleich Popups, auf denen zum Beispiel „Angela Ferkels Lieblingsseite“ steht; [Name von der Redaktion Der Dschungel geändert].)
Porno Gerade jetzt dieser Dialog… wo ich doch gestern nach Hause kam und von oben schreckliches Gestöhne hörte: Mein Mann guckte Porno. Warum nur erschreckt mich das, macht mir Zittern und Herzrasen? Wo es doch das Normalste von der Welt sei, wie meine Tochter sagt. Ich fühle mich dadurch gekränkt… Wie gehe ich damit um, Ihr Weisen? Wie kann ich meinem armen alten Mann das gönnen ohne selbst darunter zu leiden?
Hier ist niemand weise, so weit ich das beurteilen kann; ich gebe allerdings zu bedenken, daß Woody Allen in einem Film den überdenkenswerten Satz aufsagte „Onanie ist Sex mit einem, den man wirklich liebt“ – was aber nicht heißt, nur sich allein (als armer alter Mann!?) zu lieben. (Man kann Filme jedweder Art am Rechner allerdings auch mit Kopfhörer verkosten, dann bliebe es ja vielleicht ohnehin geheim, was Mann oder Frau da tut – und was der Mensch nicht weiß, macht ihn nicht heiß.)
@Penelope. Hören Sie einfach damit auf zu leiden. Sie können die pornographische Lust nicht ersetzen, niemand kann das, weil es einen Unterschied zwischen realem Leben und Innenschau gibt. Zudem müssen wir alle mit dem Umstand leben, daß die sexuelle Erregung durch Gewohnheit stumpf wird, auch durch eine, die Liebe, dauerhafte, heißt. Die Dauer, eben, i s t für die Erotik Verhängnis. Ob uns das gefällt oder nicht. (Mir hat es nie gefallen, aber auch ich mußte mich dem stellen.)
Sagen Sie mal Herr Herbst glauben Sie diesen Unsinn, sie kommt nachHause, erwischt ihren Alten beim Porno und ihre Tochter sagt, macht nix Mutti, viel schlimmer wäre es gewesen, wenn er meine Schokolade aufgegessen hätte
@DerDreier. So ungefähr würde es mein Dreizehnjähriger halten, allerdings sich die Bemerkung mit der Schokolade sparen. (Und selbstverständlich glaube ich nicht, was Penelope schrieb, aber es war ein guter Aufhänger, um auf etwas zu leiten, das k e i n Unsinn ist; eine „Steilvorlage“, wenn Sie so wollen.)
Das stimmt…schon…:-) mit der Steilvorlage …Ich war gestern im Supermarkt und da meinte eine Junge Dame am Handy (Grazie kann man auch sagen) Du, ich hab gestern einen Dreier gehabt (und ich dachte zuerst tatsächlich an einen Lottogewinn)