Nein, für den Lebenswillen bedurfte es keines Aphrodisiakums; wer zur Liebe hinliegt, der schließt die Augen, dem werden sie wie dem zum Sterben Hinliegenden von fremd vertrauter Hand geschlossen, doch wer leben will, aufgerichtet zum Leben, der hält die Augen zum Himmel hin geöffnet, zur geöffneten Himmelshelle hin, aus der aller Wunsch zum Leben, aller Lebenswille geboren wird: oh, immer wieder die Himmelsbläue sehen dürfen, morgen, übermorgen, viele Jahre hindurch und nicht daliegen müssen, gebrochen-geschlossenen Auges, aufgebahrt lehmbraun-steifen Gesichtes, während draußen, nicht mehr erschaubar, die helle Himmelsbläue sich spannt, erfüllt von unhörbar gewordenem Taubengurren. So war der Tag gewesen, hell und blau, so war der Tag gewesen, als der Vater auf der Bahre gelegen hatte. Oh, leben dürfen!
Hermann Broch, >>>> Der Tod des Vergil, S. 269/270.
Gefällt mir:
Gefällt mir Wird geladen …