Auf ein Lied von PJ Harvey, 2.
Drück zu, drücke zu, bis ich nach Atem schnappe
Lasse mir Luft, beenge mich nicht
Beeng mich, beeng mich Bleib mir vom Leib
Umschling mich, entblöß mich Laß mich alleine
Beschmutz mich, benutz mich Verpiß dich
Ich hab ein verläßlich Daheim
Reiße es nieder Berühre es nicht
Mir Mann genug bin ich selbst ohne Mann
Decke mich, deck mich Faß mich nicht an
Lecke mich Leck mich Zerfetz mich
Saug mich zugrunde, trinke mich aus
Aber fasse Doch faß mich bloß nicht an
(Erster Versuch <<<<)
Das „fasse“ im letzten Vers stört mich. Noch habe ich keine Lösung, ich brauche die Erweiterung von „faß“ zu „fasse“ rhyhtmisch; aber es ist grammatisch inkorrekt. Einschränkende Wörter, die aber den Rhythmus stützen würden, sind wiederum zu erklärend, zu distanzierend; lieber nehme ich die kleine Inkorrektheit inkauf – einstweilen. Schon das „Aber“ ist hier eigentlich, semantisch, zu viel.
(Allerdings hat dieses „fasse“, weil es, wenn man es ausspricht, den Rhythmus retardiert, ja lähmt, ein Aggressives, das genau auch gemeint ist: Abwehrdynamik.)
ist es da oberflächlich bzw. ohnehin offensichtlich,
dass mir von der ersten zeile weg r.m.rilke mit
lösch mir die augen aus,
ich kann dich sehen (…)
in den sinn kommt?
@david ramirer zu Harveys Rilke. Ich habe daran nicht gedacht, Rilke ist mir momentan fern. Aber vielleicht doch nicht, nur nahe, ohne daß ich’s wußte. Ich war allein auf den Bedeutungsreichtum konzentriert, den PJ Harveys Verse haben – ohne, daß sie sich selbst dessen, vielleicht, bewußt sind. (Es ist eine meiner ersten bewußten, also gewollten, Näherungen an den Pop; das macht dieses Unternehmen für mich derart spannend. Nie zuvor hat jemand das in mir auszulösen verstanden. Für mich ist das ein Erdrutsch, auch wenn sich geradezu sofort >>>> die alten Prägungen melden und nach meiner Gegenwart verlangen.)
…
…
…
Faß hin
Aber mich nicht an
(Fiel mir so ein beim ersten Lesen.)
Zu@Read An deutlich.
Und auch nicht gemeint.
Vorschlag: „Aber fasse mich Fass mich nicht an“
Wäre dann ähnlich wie das „Schnür mir die Kehle Schnüre mir die Kehle nicht“ (bei dem man vielleicht auch erst Schnüre, dann Schnür schreiben könnte? Oder zweimal Schnür?)
@iris: mir fiel ungebührlicher weise hierbei ein gedicht von norbert c. kaser ein, das mit den worten endet: „ich bin ein faß“ (man kann’s leicht ergoogeln), so unwillkürlich wie ungewollt. @alban: seit gestern immer wieder diese zeile, wegen des ’noli me tangere‘-charakters: „erfaß mich, doch faß mich nicht an“ @david ramirer: ich danke aus rein persönlichen gründen für das rilke-zitat.
@parallalie. „“erfaß mich, doch faß mich nicht an““ würde harmonisieren, quasi eine erklärende Conclusio duntersetzen. Ich will es aber in den scharfen Widersprüchen lassen. Denn die Harmonisierung nähme die Gewalt aus dem Text, die einer seiner Grundzüge ist.
@Iris „Aber fasse mich“ als Einleitung der letzten Strophe wiederholte die vorletzte, verstärkte sie also. Das ist, meine ich, gerade zu vermeiden.
Auf keinen Fall erst „Schnüre“, dann „Schnür“, eben aus ryhthmischen Gründen. Bitte lesen Sie den Vers einmal laut:
/ – – / – /—/-/ In der durch drei Nichtbetonungen eingeleiteten zweiten Kehle verstärkt eben das das betonte „nicht“; es wird ein Aufschrei so. Ihr Vorschlag dagegen wäre mäßigend: / – – / – / – – /- -. Hören Sie’s? Das „nicht“ kann dann nicht mehr betont sein, es sei denn, man spräche gegen den Rhythmus.
Jetzt stimmt’s! Siehe >>>> oben (Hinzufügungen unterstrichen).