Aus der Körperwerkstatt (2). PP199, 30. Juli 2014: Mittwoch. Darinnen Röhnerts Thrakien und Eckers Große, aber, Kränkung.

(8.56 Uhr, MariaHeimsuchung.
Balkon.)

Nein, ich war >>>> gestern nicht zu schwach, um, Leserin, Ihnen zu schreiben. Sondern zum einen dachte ich, das sei zu früh, übersteige Ihre – verzeihen Sie meine Incharmanz – mit meinen Innenbildern gewiß noch viel zu beschäftigte Vorstellungskraft; zum anderen indes wollte ich vor allem lesen, erst einmal >>>> Röhnerts Thrakisches Tagebuch:

das mich dann aber doch nicht genügend überzeugt hat, um darüber, wie ich’s wollte, zu schreiben; es gibt darin sehr schöne Formulierungen, zwar:Trübsinnige und bedächtige Hunde;
S.62;
(… die Bilder wachsen ständig an, zu vielfältigem Gebrauch, durchaus, doch statt Tiefe tut sich nur die Oberfläche mit ihrem leeren Abgrund vor uns auf;
Ebda;
freilich auch mit diesem da:(….) einen Moment der Schönheit (…), der nur so lange dauert, wie der Atem die Strophen haucht;
A.19

doch trotz einem solchen Strophen hauchenden Atem bleiben die Tagebucheinträge-selbst auf der Oberfläche, ist mein Eindruck, der Eindruck meiner Sinne, denn der Geist ist selbst ein Sinn, wenn man denn noch Instinkte hat, solche nämlich abermals des Geistes selbst; bei Röhnert hingegen, hier in diesem einen Buch, oder Halbbuch im Quartsformat, bestimmt ein gewisser pädagogischer Ton, einer des Lehrens, den Stil; ja bisweilen ist es, als belehrte er sich hie und da selbst, und weil man aber als Leser an die Rwzeptionsstelle des Autors tritt, wird man d o c h selbst belehrt, wo wir imgrunde fühlen wollen, und zwar auch die Lehre. Röhnert steht hier, wie ich glaube, sein akademisches Lehramt im Weg, ein Vorherrschen der profanen Rationalität, die er zugleich beklagt, aber eben pädagogisch beklagt, anstatt Mänaden loszulassen. Deshalb wird das Bücherl immer da nur vorzuzüglich, wo es einerseits Pound, zum anderen Nietzsche die Zügel gibt, um sie dem Pferd, das dieses Buch sein sollte, freizulassen. Hinzu kommen die vielen reproduzierten Handy-Fotografien, deren Kraftlosigkeit fast schon Qualität ist, so eine Art Deutschland-privat-in-Thrakien, doch ohne FKK, um von Dionysos zu schweigen. Über den ist gelehrt nicht zu schreiben, sondern man muß Orgien wollen, um ihn zu erfassen. Nein, ich verstehe beide nicht, nicht Röhnert, mit dem ich befreundet bin, noch Leukert, mit dem ich sogar e n g befreundet bin, – verstehe nicht, weshalb ausgerechnet solch eine müßige, wenn auch gutgemeinte Publikation in die erste Reihe der neuen Faust-Edition gesetzt ward. (Kann sein, daß meine Bemerkungen mich nun abermals Zuneigung kosten, aber ich bin der Dichtung verpflichtet: prima le parole.)
Anders, völlig anders dagegen – das war so auch zu erwarten – Christopher Eckers neues, im just verstrichenen Frühjahr erschienenes Buch „Die letzte Kränkung“. Dessen einzig Mäkel„wertes“ ist, daß es sich keineswegs um einen Roman handelt, wie aber der Buchtitel will, sondern viel eher um eine Novelle, bzw. Phantastische Erzählung, deren „Schlitz“, das heißt narrativer Focus, ein nunmehr nicht rundes, sondern längliches und gleichsam begehbares >>>> Aleph ist, ein in zwiefachem Sinn ver/rücktes Schwarzes Loch, das sich auch als ein Auge ansehen ließe, das sehr geschwollene Lider umgeben. Dabei lesen wir wahrscheinlich nichts anderes als die Geschichte eines deutschen Deserteurs, jedenfalls eines Mannes, der sich vor dem Krieg in einem bretonischen Dorf verkrochen hat und den, statt der Jäger des Feldes, solche des eigenen Geistes und der eigenen Schuld in das Verschwinden treiben. Das ist in einer höchst klaren, fast kleistmodernen Sprache geschrieben, womit ich sagen möchte, daß ein Kleist unserer Gegenwart genau so schriebe, vielleicht, und – ecco! – schreibt. Nicht nur gibt es in der Erzählung „nach Baumrinde und Ebbe duftende“ Sommernächte, nicht nur „neben dem Bett“ den „leere(n) Leuchtturm der Weinflasche“, nein, die Erzählung zielt auf uns Menschen fast allgemein:Wir alle sind Bündel aus Geschichten, die wir anderen über uns erzählen oder die wir von anderen über uns erzählt bekommen, und diese anderen sind Bündel aus Geschichten, die sie uns über sich erzählen oder die die von uns oder Dritten über sich erzählt oder die wir über sie von Dritten erzählt bekommen.
S.62.
Und, bereits in der Coda, abgesehen von den „Tiden des Atmens“:Die vierte Kränkung war der Tod. Nicht der eigene Tod, sondern der Tod derer, die man liebt.
S.118
Ich kann Ihnen wirklich nur empfehlen, dieses Buch – es liest sich bequem an einem einzigen Tag – sich zu kaufen und abermals, bitte, auch für es zu >>>> „voten“:

>>>> Bestellen.

*******
Aber zurück in die Körperwerkstatt, auf deren Balkonchen ich nun wieder sitze, bereits seit knapp sieben Uhr morgens, um dort gelesen zu haben und nun zu schreiben; sogar gefrühstückt habe ich hier, und wenn auch die beiden Brötchen so weich waren, daß man von ihnen nicht beißen konnte, sondern abziehen mußte, mag ich dennoch nicht in das allgemeine, mir viel zu wohlfeile Lamento über die Krankenhausverpflegung einstimmen; wer mag, kann ja nach gegenüber gehen, wo es einen guten Vietnamesen, aber auch den Ihnen schon bekannten Italiener gibt. Interessanter ist etwas, nein mehreres, anderes:

Zum einen erlebe ich hier die Tendenz ganz sicher gar nicht beabsichtigter Entwürdigungen; die ergeben sich durch Einschliff, niemand meint es wirklich böse. Aber der ständige Umgang mit Kranken und Selbstentscheidungsbehinderten läßt einen Ton wie gegenüber Kindern entstehen, und die Patienten selbst, ist mein Eindruck, ergeben sich der Regression. So, wie sie auch geneigt sind, eigene Entscheidungen in fremde Hände zu legen. Etwa – das ging gestern morgen gleich los – die „Frage“ meiner Körperrasur. Ich hatte Ihnen schon erzählt, daß ich da heikel bin; alles unterhalb der Brustwarzen sollte weg, was ich für eine Operation in der Leistengegend für komplett übertrieben hielt und halte, dem Arzt das so auch gesagt hatte, und er hatte mir schließlich zugestimmt. Also enthaarte ich mich vorgestern abend „brav“ unter halb des Bauchnabels bis zu den oberen Oberschenkeln. Das sieht bizarr genug bei einem Mann mit Fell aus, der ich bin.
Jedenfalls wachte ich gestern morgen auf, ich schlafe auch hier nackt, und die eine Schwester sieht mich und sagt: „Und rasiert hat er sich a u c h nicht…“ Schon der Ton brachte mich in Harnisch, den ich aber mit einem Lächeln verfruchtgummite, indem ich säuselte: „Aber gewiß, junge Frau“ (sie ist sowas um fünfzig), „alles unterhalb des Nabels.“ Darauf sie, rüde: „Das reicht nicht. Da muß a l l e s ab.“ „Tut mir leid, aber das hab ich mit dem Arzt anders besprochen.“ „Das gibt es nicht!“ Und zur Kollegin: „Hol schon mal den Rasierer.“ Ich: „Sie haben Pech, damit kommen Sie bei mir nicht durch.“ Ich spürte es deutlich, es ging hier um eine bestimmte Form von Entmannung. Klar hätte ich beiden jetzt von Samson erzählen können, vermutete aber, daß sie zu dieser Stunde in der Schule gefehlt – wobei man von Glück sprechen kann, wenn dergleichen heutzutage noch durchgenommen wird; man kann da nur auf die Jesuiten noch hoffen. Egal, denn nun wieder sie: „Das m u ß abrasiert werden. Das wird hier immer so gemacht.“ Ein Satz, den ich besonders liebe, wie Sie wissen. „Dann reden Sie erst einmal mit dem Arzt, schicken ihn her, und er selbst soll mir das erklären. Wenn ich den Grund einsehe, werde ich folgen.“
Es kam kein Arzt, und die Angelegenheit wurde fortan nicht mehr erwähnt. Aber meine Aufsässigkeit hatte noch kein Ende. Nämlich kriegte ich Pillen hingestellt. Ich: „Was i s t das?“ „Das hat die Narkoseärztin verschrieben.“ „Ich will keine Narkose. Also sagen Sie mir, was das ist.“ „Da müssen wir nachgucken.“ „Eben darum bitte ich Sie.“
Und wieder hörte ich nichts, ging also selbst zum Glaskasten, fragte bei anderen Schwestern nach. Die wußten auch nichts Genaues, nur: „Ein Beruhigungsmittel..“ „Ich bin nicht beunruhigt.“ War ich auch tatsächlich nicht. „Vielleicht sehen Sie mal nach, wie die Tabletten heißen. Dann kann ich sie googlen und dann entscheiden, ob ich sie nehme.“
Man begibt sich viel zu schnell in anderer Leute Gewalt, vor allem aber in die Gewalt von Institutionen und genormten Abläufen, die kein Mensch mehr hinterfragt. Zugleich spürte ich, wie schwierig der Widerstrand ist und daß man sehr viel Rückrat braucht, um ihnn zu wagen. Wenn jemand wirklich krank ist, hat er – hat sie – das nicht mehr, k a n n es gar nicht haben.
Ich schluckte die Pille schließlich aber doch, eine Art Valium – und bereute es nachher. Weil ich müde wurde davon und doch aber meine OP voll bewußt erleben wollte. So nahm ich alle Konzentration zusammen, um mich gegen diese Müdigkeit zu wehren – schaffte es auch, verschob sie auf mittags nach der OP, wo ich dann fast zweieinhalb Stunden lang schlief – bis meine quasi-Familie in de Tür stand.
Zur OP das schon bekannte Nachthemd mit freiem Gesäßblick und aber einem Stoffhöschen und einer ziemlich dicken Damenbinde als Einlage. Das war zu verstehen, ich war noch nicht auf Toilette gewesen, hatte ja nach der Kolo auch nur sehr wenig zu essen bekommen. Prinzipiell möglich, daß ich während der OP was verlor. Da ich bei Bewußtsein blieb, tat ich’s aber nicht. „Das ist vielleicht ein Gefühl!“ rief ich mit der Binde zwischen den Beinen aus. „Da sehen Sie mal“, antwortete die Schwester – ebendie, mit der ich zuvor die kleine Auseinandersetzung gehabt – „was wir Frauen dauernd müssen.“ Woraufhin ich: „Na ja, bei mir ist da aber a bisserl was im Weg.“ Woraufhin sie laut auflachte, womit wiederum zwischen uns ein Frieden geschlossen war, der immer noch anhält. Begegnen wir uns jetzt, müssen wir beide jedesmal lächeln.
Dann ging’s also im Hemdchen, das ein irgendwie seinerseits Regreßmuster hat, anstelle, daß man’s einfach weiß oder blau oder gerne auch knallegrün oder rot sein läßt, — also im Hemdchen gefahren in den OP, gerollt heißt das, wobei ich viel lieber zu Fuß gegangen wäre. „Na gut“, sagte die, jetzt eine andere, Schwester, „auf der Rückfahrt rollen Sie m i c h.“ Sie jedenfalls hatte von Anfang an Humor. Ich stemmte mich gegen die Tablettenmüdigkeit und setzte mich deshalb aufrecht. „Bitte legen Sie sich hin, das ist Vorschrift.“ „Ich bin meine eigene Vorschrift.“ Woraufhin sie abermals lachte. „Verfluchte Tabletten“, sagte ich. Und Sie: „Sie lassen sich nicht unterkriegen, oder?“ „Schon gar nicht von Tabletten.“
Wir langten an.
Vorraum. Vorbereitung für die Rückennarkose, unterhalb des zweiten oder dritztenm Wirbels, wo es kein Mark mehr gibt, hatte ich mir erklären lassen,“nur“ noch Nervenadern, die aus dem Mark herauszüngeln. Ich fand das rasend spannend, und bsonders diese Spannung bot der Müdigkeit pari. Nochmal Puls, nochmal Blutdruck, 60 :120, ich will auf meinen Ruhepuls von 50 zurück.
„Setzen Sie sich bitte hin, die Füße auf den Sockel, ja, richtig, und den Rücken runden“ – wie bei einer Trainingseinheit für die Rückenmuskulatur, bei der man sich gerundet, nicht etwa, was die meisten falsch machen, steif gestreckt wieder nach oben gleitet, dabei in der Beugung das Kinn in die Schlüsselbeinkuhle gelegt. Erste Betäubung für die Spritze selbst, dann die Spritze – ich ließ sie mir erst einmal zeigen, 10 bis 12 cm Länge – hinein. Zu spüren war schlichtweg – nichts.
Und langlegen wieder, Einfahrt in den kleinen OP-Raum, dreivier Schwestern, der Chirurg, Begrüßung. „Sie wollen bei Bewußtsein bleiben?“ „Klar.“ Nur daß so eine Art Gardine zwischen mich und meine Brust gezogen wurde. „Ich mach jetzt den Schnitt.“ „Ich hätte hier gerne ein Fenster. Nehmen Sie das bitte in die Wunschliste auf?“ Er lachte. „Offen.“ Wieder nichts zu spüren. Meine Füße waren warm, auch die Oberschenkel, sonst nichts zu fühlen. Ob ich noch einen Schwanz hatte? Das prüfte ich als allererstes, als ich schließlich wieder in meinem Zimmer lag, nach. Zu fühlen war er wirklich nicht, also nicht von sich aus. Aber ich hatte ja Fingerspitzen, um mich zu beruhigen; das taten sie denn auch.
Doch vorher noch, von der OP, bekam ich wirklich alles mit. Der Arzt erzählte, was er grad tat, und ich war nur traurig, daß ich nichts sah und daß mir vor allem nicht erlaubt worden war, die Originaltöne mitzuschneiden. Das wird mich noch wochenlang wurmen.
„Fertig.“
„Ja, dann sage ich herzlich danke“, sagte ich. – „Aber gerne.“ – „Tschüß“, sagte ich. „Tschüß“, sagten die Schwestern, derweil mein Chirurg bereits in den nächsten OP-Saal davonwar. Diese Menschen arbeiten wirklich; ich habe tiefste Hochachtung vor jedem richtigen – wahren – Beruf. Jobs hingegen find ich verächtlich.
Dann lag ich wieder auf dem Zimmer, und eigentlich war mir nach Aufstehen, gleich hinaus wenigstens auf meinen Balkonplatz, mit eCigarillo und, wenn schon nicht einem Talisker, so doch wenigstens Kaffee. War aber nicht. Nicht, daß man’s mir verweigert hätte, aber ich war halt unterhalb des Bauchnabels irgendwie nicht da. Immerhin meldete sich schon sehr bald das linke Bein, erstmal zehzuckenshalber, dann auch der Oberschenkel; nur das rechte befand sich noch im Nichts. Geduld, also, Herbst, Geduld – was die für mich schwierigste aller Disziplinen ist. Schmerz? Unfug, kann ich mit umgehen. Aggressionen? Okay, aggressier ich zurück. Verachtung? Bitte sehr, ich überführ meine Verächter der Korruption, nahezu immer. Hunger? Kriegt man ebenfalls schnell in den Griff. Müdigkeit? Ähm, wovon sprechen Sie? Ach, Sie meinen Erschöpfung. Na, wenn Sie sowas h a b e n, bitte, nur zu. Is’ I h r e Entscheidung, nicht meine. Aber Geduld? Daran kann ich sterben. Dagegen ist der einzige, sagt Heller, Fluchtpunkt der Schlaf. Der aber nicht kam, ich war viel zu aufgedreht. Erst, nachdem ich ein, horribile dictu, Süppchen bekommen und, wie meine Oris meinte, es auch an der Zeit sei, drehte ich mich zur Seite und schlief zwei Stunden durch. Da stand dann mein Sohn mit der Mama am Bett.

Der Tag verging im Geplauder. Die Wunde tut ein bißchen weh, ich ging auch nicht grad in aller Frische herum, aber kam gut von hier nach dort und zurück und wieder von dort nach da und abermals zurück; überhaupt hatte ich ein irres Bedürfnis nach Bewegung. Im Bett liege ich quasi nie, es sei denn zur Nacht und auch dann nicht vor halb nach Mitternacht. Blöde ist, daß die Kantine erst um neun öffnet; also wenn ich, was der Fall ist, um halb sechs auf bin, krieg ich weder Espresso noch Latte macchiato, ja nicht einmal von der Plörre, die die Deutschen Kaffee nennen; denn das Frühstück gibt’s erst zwischen acht und halb neun. Was alles zu einer Art Zwangsschlaf zwingt. Und eben, heute, 30. Juli, teilt mir der junge Betreuungsarzt mit, daß ich morgen „auf jeden Fall!“ noch hierbleiben müsse, wahrscheinlich auch noch am Freitag. Morgen werde noch mal ein Blutbild gemacht, und mit der Physiotherapeutin solle ich sprechen, was ich flug vorgeholt habe, weil sie mir grad entgegenkam auf meinem Weg hinauf zu einem Espresso. Also: Kraftsport einVierteljahr lang bitte nicht, auch niemandem beim Umzug helfen. Über meinen Rucksack sprach ich nicht. Besondere Hitze bitte meiden. Das wird am schwersten für mich sein. „Bitte bei allem nur Mittelmaß“ – was für mich einem Todesurteil gleichkommt, woran ich mich auch nicht halten werde, ja gar nicht k a n n. Aber ich denke mir, so sprechen eh nur Menschen, die auf halber Flamme leben. Schließlich gibt’s auch in Arabien Leistenbrüche, und auch dort werden sie operiert, und in Süditalien und den Tropen. Wir in unseren in jederlei Sinn gemäßigten Zonen nehmen das alles zu ernst. Es ist die Furcht, die zur Krankheit führt. Im übrigen gilt, daß sich mein Wille auch nicht vom Körper dominieren läßt.
Jetzt aber zurück zur guten Laune, die mir gerade vergehen wollte. Und wenn man mich am Freitag nicht heimlassen will, unterzeichne ich das Papier, daß ich auf eigenes Risiko heimgehen werde. Sowieso: Mein Leben i s t mein Risiko, ist niemandes sonst, und ich habe nicht vor, es zu delegieren, noch, es mir abneghmen zu lassen. Ich gebe Verantwortung auf keinen Fall ab

Punkt:     .

7 thoughts on “Aus der Körperwerkstatt (2). PP199, 30. Juli 2014: Mittwoch. Darinnen Röhnerts Thrakien und Eckers Große, aber, Kränkung.

  1. Eugenio Montale. S e h r schönes Motto für das Traumschiff.

    Tendono alla chiarità le cose oscure,
    se esauriscono i corpi in un fluire
    di tinte: queste in musiche. Svanire
    è dunque la ventura delle venture
    :

    Denn das, nach dem Ecker, ist jetzt meine nächste Lektüre. Für den Sterberoman werde ich diese Zeilen allerdings selbst übersetzen; >>>> in der Nachdichtung Christoph Ferbers lauten sie:

    Zur Helle drängen die finsteren Dinge,
    und am Ende sind alle Körper ein bloßes
    Zerfließen in Farben: in Klängen. Entschwinden
    ist also das Los jedes Loses.

    (15.23 Uhr.)
    Jetzt weiter mit den O-Ton-Protokollen für das Hörstück.

  2. gut, dass es überstanden ist, glückwunsch. ich hab mich nur gefragt, wenn man ja eh nicht wegrennen, es unterbrechen und drauf einwirken kann, was hat es dann für einen sinn bei bewusst sein zu bleiben, es sei denn man hat panische angst vor narkosen. alles andere kann ich gut verstehen, in den letzten 4 jahren habe ich 3 mal versucht meinen eigenen kopf durchzusetzen. beim ersten mal kroch ich auf dem boden vor schmerzen, weil ich diese op nicht wollte und es mit tabletten im off label use auf natürlich eigene verantwortung versuchte, ergebnis, die ganze quälerei hat nix gebracht, ich musste dann doch auf den op tisch, es war schlichtweg zum kotzen, ich hab mich jedes mal total ausgeliefert gefühlt und noch als man mir die narkosespritze setzte musste ich mir furchtbaren trost, der keiner war, anhören, aber das ganze dann auch noch bei bewusstsein erleben, ich wäre vermutlich einfach noch tiefer verletzt gewesen und hätte mich noch ohnmächtiger gefühlt.

    1. @diadorim Ich möchte s e h e n, zumindest hören, wovor ich nicht weglaufen kann. Ich wollte ja auch nie weglaufen, sondern wenn es da etwas zu bewältigen gibt, dann tu ich’s, und er erfüllt mich mit Lust, es zu tun, wie schmerzhaft es immer auch sein mag. Wobei es meistens so schlimm gar nicht ist, sondern wir haben einen so gottberührten Körper, daß er es trägt. Davon erleben wir, wenn narkotisiert, gar nichts, sondern überlassen den Selbsttriumph anderen, mit denen ich ihn aber sehr gerne teile – so, wie hier mit den Ärzten. Es ist, zumindest für mich, auch ein ästhetischer großer Gewinn, Perfektion zu erleben, an anderen, oder einfacher: engagiertes Können. Insofern gehe ich, wenn ich so etwas bei Bewußtsein erlebe, reich beschenkt aus dem Krankenhaus; es prägt sich in mein Welt- und Lebensbild tief ein und wird damit ein Teil von mir.
      Nein, ich habe keine, schon gar keine “panische” Angst vor Narkosen. Aber Narkosen sperren mich von der Welt weg, der ich aber angehöre und angehören will: mit ganzer, so kitschig das klingt, Seele. Ich l i e b e dieses Leben, will nicht von ihm weg, und der Schmerz gehört dazu. Wäre ich freilich schwer krank, hätte n u r noch Leid, wäre das wahrscheinlich anders. Aber dann würde ich – gehen. Ohne Vorwurf, aber so, wie man es tut, wenn man weiß, es ist nun vorbei. Schon um, schrieb ich in den Elegien, das Leben nicht noch im nachhinein zu diskriminieren.

  3. Arabien Lawrence Wright erzählt in seinem Buch THE LOOMING TOWER, das ein Verwandter Osama Bin Ladens (Onkel oder Bruder, ich sehe nicht nach) von seiner Hämorrhoiden-Operation ein Video anfertig ließ und das Video dem König als Geschenk zukommen ließ.

    1. @Hütt: Welch ein pfiffiger Ben Berlichingen! Leider kann es darüber im Westöstlichen Divan kein Gedicht gegeben haben. Nicht mal im “Duftenden Garten” wird sowas erwähnt. Nun wär’s freilich reizvoll, eines zu fälschen. Erinnern Sie sich? Goethe und die Schrebergärten.

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