Seltsame Tage im Untriest 67. Freitag, der 17. Apil 2015.


Arbeitswohnung, 8.25 Uhr


Seltsame Tage, Geliebte,

so kommt es mir seit gestern vor: als w ä r e n es bereits, währte schon Tage. Als hätte ich Dich verletzt und weiß aber gar nicht, womit. Auch einen Freund habe ich verletzt; da freilich weiß ich den Grund: hab eben noch mal meine Eintragung gelesen, Bemerkungen zu einem Buch. Die Angelegenheit wird sich ausbügeln lassen, freilich ganz ohne Falten nicht bleiben. Hier kann ich nur sagen, ich war wahrhaftig. Habe ich Konsequenzen zu tragen, dann trage ich sie. Gut, ich hatte es eh schon.
Doch D i c h verletzt zu haben? Diana! Womit? Bisweilen scheint Zuneigung dafür zu genügen. Ziehe man sich dann auf Gedichte zurück, deren Zugeneigtsein indessen das Allgemeine verletzt – u n d das Persönliche anderer Naher? (Dies wäre wohl selbst schon ein lyrisches Thema? es sei denn, wir abstrahieren uns drin in ein Unerkennbares weg? Und verrätseln?)
Ich habe einige Briefe geschrieben, Anfragen für Lesungen, habe Listen geführt und ergänzt, habe über mögliche Geldquellen nachgedacht und mit Freunden gesprochen, teils geschrieben, Ideen umkreist, deren eine mir ziemlich gleich die Samarkandin zerzupfte: Gar keine Chance! rief sie aus – schon gar nicht Sie in Ihrer kompletten Auffälligkeit. Im Gegenteil! Sie kennen doch Frauen, wie einige sind..! Du meine Güte, wie erpreßbar Sie wären!
Dabei, mein Herz, würde ich mich gar nicht verstecken wollen, auch hierbei gänzlich öffentlich bleiben – ich, wohlgemerkt, nicht die, die ich begleiten würde. Über denen läge das Tuch meines Schutzes. Wobei ich eine viel weniger charmante Idee mit mir herumtrage, schon seit knapp einem Jahr, die wiederum mit dem >>>>Melusine-Walser-Roman zusammenhängt. Der ist mir selbstverständlich nicht aus dem Kopf. Freilich gehen >>>> die Triestbriefe vor, für die nun wieder Zeit ist, nachdem unsere, meiner Lektorin und meine, Arbeit am >>>> Traumschiff abgeschlossen ist.
Eine andere war, also Idee, Aktmodell zu stehen. Ich fürchte nur, für mein Naturell, mir wär das zu passiv. Außerdem winkte die Löwin ab: Da verdienen Sie nichts, also nicht genug, daß es reichen würde. Aber Ihr Freund, der es vorschlug, hat recht: ältere Körper sind für den Zeichenstift ideal. Und sie lachte hell auf: Am liebsten haben wir früher die Dicken gemalt. So daß ich mich wirklich anstrengen müßte –

ach, sei mir, Liebste, wieder gut!

Dein
heute einmal Joseph K.
(der vorm Schloß steht und nicht den Blumenladen findet. Ist‘s denn nicht Zeit für die Pfingstrosen schon? – die wir verschenken, an Romy Schneider zum Beispiel (als Leni), wie unser eigenes schäumendes Blut:

>>> …
Gleich einer späten Liebe,
Die lang in sich geruht,
Bricht sie mit mächtgem Triebe
Jetzt aus in Purpurglut.

Doch ist’s noch gar nicht Mai, Du hast ja ganz recht.)


16.50 Uhr

Schau einmal! Die gebundenen Fahnen sind vom Verlag gekommen:


Und natürlich hab ich gleich n o c h was gefunden. Ist immer so, man könnte durchdrehen.

Weitere Briefe geschrieben, veranstaltungshalber. Und endlich das Gedicht skizziert, das mir seit Tagen durch den Kopf ging. Nun hat es schon mal Gestalt, wenn auch noch nicht wirklich gemeißelt. Ist ja auch für Dich, hat den Anspruch noch nicht, fürs Allgemeine zu gelten – oder den Anspruch wohl schon, nicht indessen die Kälte. (Es kommt mir bezeichnend vor, daß, wenn sie sich einstellt, Leser:innen sie als eine ganz besondere Wärme empfinden.)

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