Stenhammar, Violinkonzert
nicht für Handelsgesetzbuch, da wär sonst das „g“ auch großgeschrieben, sondern für „Heftig gehende Böen“. So ist das nämlich heute in Berlin.
Gestern spätnachmittags kam ich zurück; mein Sohn holte mich von der Tram ab; streikhalber war die Fahrt lang gewesen, nicht aber, schon >>>> Witzels wegen, langweilig. Außerdem saß mir bis Braunschweig eine schöne junge Frau zur Seite, die immer mal wieder lächelte und die ich ganz gewiß noch angesprochen hätte, wäre nicht eben schnell klargeworden, daß sie schon in Braunschweig aussteigen würde; Liebe auf Entfernungen hab ich nun wirklich genug. Wobei ich dennoch „ausgerechnet!“ dachte; es ist ja die Stadt meiner Kindheit und frühen Jugend, des nicht nur sozusagen ersten Kusses.
Die junge Dame las Judith Butler. Die wäre zweifelsohne ein Gesprächsanlaß gewesen, wenn auch keiner, der sich sonderlich eignet, um mit ihm zu flirten. Außerdem saß an der anderen Seite der aparten Schönheit n o c h ein Mann, der‘s versuchte, bzw. es tatsächlich versuchte; ich blieb ja in meinen Witzel vertieft. Auch ließ sie ihn ziemlich butlersch abblitzen, was mir weder gefiel noch nicht gefiel; ich war jetzt nur gespannt – da sie zur Begleitung ihrer Lektüre oft SMSe schickte und bekam – , wer sie in Braunschweig abholen würde.
Es war wohl ihre Mutter, aus welchem Umstand sich Alban Holmes erschloß, daß sie, die junge Dame, aus Braunschweig stamme, übers Wochenende hergefahren war, und in Frankfurtmain studiere. Da bin ja auch ich zum ersten Mal mit Butler in Berührung gekommen, über Christa Bürger, die mich zu einem Vortag an der Uni einlud. >>>> Melusine wird sich erinnern. Und außerdem hätte ich nach den schönen Tagen mit der Löwin nicht wirklich Raum für jemanden Neues gehabt; ich leb ja j e t z t schon mit zwei Frauen. – Ach bitte, Leserinnen! Ich habe auf so viele Twitter-Nachrichten nicht reagiert. Sehen Sie‘s mit nach. Twitter „dient“ mir, wie Facebook auch fast nur, als Plattform für Annoncements, nicht zum Kommunizieren. Das ist kein böser Wille, sondern ein Ergebnis des Eingesponnenseins in meine Arbeit und also eine Notwendigkeit meiner Zeitökonomie… ich weiß, ich weiß, in FB halte ich es unterdessen, aber auch nur manchmal, anders. Jedenfalls danke, Cara, daß ich aufgrund Ihrer Zuschrift, den leeren Link auf ein Gedicht korrigieren konnte. Nun kann ich nur hoffen, es komme Ihnen nicht ebenso leer vor… Sie wissen schon, Geparden… –
Keine Lust, Liebste, auf Sport heute. Wichtig war mir, >>>> das nächste Witzelzitat einzustellen, weil es sich einem Gedankengang anschließt, der mich bekanntlich seit langem beschäftigt: daß das, was wir für wahr halten, sich durch Einschliff herstellt, also durch langes, schließlich gesellschaftskonsenses Meinen, nicht etwa – oder nur selten – durch Fakten, was sich banalerweise vor allem in dem Umstand gründet, daß wir die meisten nicht überprüfen können, sondern glauben müssen – wohl glauben auch wollen, weil wir auf diese Weise, indem wir „Spezialisten“ urteilen lassen, oder auch nur darstellen und „erklären“, um eine Arbeit herumkommen, die sich objektiv gar nicht leisten ließe, jedenfalls nicht, wenn wir leidenschaftlich in eigenen Projekten stecken, in unserm eignen „Werk“ oder sei es anderer uns täglich mehr oder minder lustvoll erschöpfender Arbeit. Ein jeder Arzt, der es mit Leib und Seele ist, weiß davon zu singen (allerdings i s t der Leib die Seele und sie er).
Ich (hätte Fontane dazu gesagt:) causiere heute; sieh‘s mir, Liebste, nach. Es ist der Versuch, mich wieder „einzuschreiben, nachdem die vergangene Woche diesbezüglich ruhte und ich vor allem las. Am Witzel fehlen mir nun nur noch 87 Seiten. Wär ganz gut, wenn ich sie heute „schaffte“; dann könnte ich nämlich die >>>> Volltext-Rezension beginnen.
Ich muß aber auch, und will‘s, nun endlich die Brüste der Béart zu einem Abschluß bringen, schon weil Werner Söllner gedrängt hat. Bis Ende Juni habe ich Zeit, ebenso wie für meinen Vortrag zu Heinrich Schirmbeck, für den, also jenen, ich auf jeden Fall noch einmal komplett die Novellen lesen möchte. Ah ja, und guck mal! Oberländer schickte mir eine Fotografie Wolfgang Beckers, die die Stimmung wundervoll wiedergibt, die den vergangenen Donnerstagabend beschloß, für alle, auch fürs Publikum. Er, Becker, wird es mir hoffentlich nicht übelnehmen, daß ich das Bild für Dich hier einstelle:
(v.r.n.l.:) Dath – Popp – ANH
Fotografie (©): Wolfgang Becker
Alban
Ach ja, nachts, muß man sagen, denn er verspätete sich wieder einmal, kam Boßmann noch her, um mit mir von den drei frischgebackenen Baguettes du tradition zweie zu verspeisen; dazu italienische Salami, französischen Weichkäse, Wein. Also hab ich gleich wieder ein Poolish angesetzt, diesmal nur mit eigenem Hefewasser und ein wenig Livieto madre. Und ich probiere aus, was sich ergibt, wenn ich den Hauptteig parallelführe, quasi als Quellstück. Heut gegen abend werd ich’s wissen. Das dritte Baguette, eher eine Ficelle, wird nachher mein Sohn, ich bin mir völlig sicher, restlos verdrücken.